„Kommst du von der Arbeit?“ konnte ich mir nicht verkneifen ihn mit Ironie zu empfangen, anstatt meiner sonstigen entgegenkommenden –vertraulichen Umarmung mit Kuss-Begrüßung, damit die Befremdung sofort vorbei war.
Meine Mimik hatte er wohl richtig gedeutet, denn er ging etwas auf Abstand als er erwiderte: „Klar, ich hab die ganze Nacht, bis elf heute morgen durchgearbeitet, sonst hätte ich nicht kommen können. Hatte ich dir doch geschrieben, dass ich die Arbeit fertig machen musste. Aber keine Panik- Süße, du hast doch ne Dusche, oder?“ grinste er und ging einfach an mir vorbei ins Schlafzimmer. „Ich habe alles dabei“, sagte er, stellte seinen Rucksack auf den Boden und packte eine Kulturtasche aus. „ Sogar ein Handtuch. Wo ist das Bad? Ach da ist es ja. Ich darf doch mal? Bis gleich!“ grinste der freche Kerl und zog die Badezimmertür hinter sich zu.
Ich war sprachlos, völlig perplex. Sachen gibt’s, unmöglich, dachte ich und setzte mich aufs Bett mit Blickrichtung Bad. Was blieb mir übrig? Ich wartete.
Als er nach gut zehn Minuten im Slip mit nassen Haaren die Tür öffnete, sah er zwar frisch aus, aber schöner war er dadurch keineswegs. Mit dem kleinen Kopf, den lichten feuchten Strähnen seiner blonden Haare und der leichten Hakennase glich er einem nassen Vogel. Ein Habicht nach nem kräftigem Regenguss, dachte ich belustigt und mein Ärger war verflogen.
Durch die Türöffnung sah ich seine restliche Kleidung ordentlich zusammen gelegt auf einer Badematte liegen. Seinen Kulturbeutel hielt er in der einen und eine Sektflasche in der anderen Hand, stellte beides auf meiner Kommode ab und befahl: „Bin soweit, hol mal Gläser. Ich muss mal erst was trinken.“
Ich erwachte aus meiner Lethargie, baute mich vor ihm auf, so dass ich ihn mit den hohen Pumps überragte und forderte gelassen: „Gib mal erst die Kohle mein Schatzi. Dann kannst du Forderungen stellen. Wo sind wir denn hier?“
Er lachte amüsiert, der Ton schien ihm zu gefallen, dann holte er zwei Hunderter aus der Tasche und fragte gelassen: „Ist doch genug für 2 bis 3 Stunden?“
„Das glaubst du nicht im Ernst mein Lieber? Ich komme dir zwar entgegen, das ist klar, aber so doch nicht. Da leg mal schön noch was zu. Duschen kostet auch, heißes Wasser ist teuer, also geh mal etwas tiefer ins Futter.“ Widersprach ich energisch und dachte an die lange Dauer mit Abneigung. Wie sollte ich bloß 3 Stunden mit diesem Verrückten ertragen? Ich mochte zwar keine Quickies, weil ich mich ungern beim Sex auf die Uhr konzentrierte und auch keinen schnellen Durchlauf hier im Haus haben wollte, aber mehr als eine Stunde mit einem Freier verbringen zu müssen, empfand ich als Tortur. Aber die Knete war das beste Argument.
„Okay, ist kein Problem Baby. Hier, noch ein Fuffi, dann ist aber gut, sonst reicht mein Bares nicht mehr für meine Heimfahrt. Also, nun mach und hol die Gläser. Ich hab Durst!“ gab er sich schmunzelnd großzügig.
Irgendwie fühlte ich mich nicht ernst genommen, trollte mich aber trotzdem widerspruchslos in die Küche, wo ich erst schnell die Scheine in Sicherheit brachte und dann das Öl erwärmte.
Als ich ins Schlafzimmer zurück gehen wollte, öffnete sich die Küchentür und hätte mir fast die Nase platt gedrückt.
„Hey du, was soll das? Sei nicht so frech! Hier ist mein Privatbereich. Eingang verboten! Oder was denkst du warum die Tür geschlossen ist?“ schimpfte ich erbost und schob ihn zurück in die Diele, dabei schloss ich den verbotenen Zugang wieder.
„Gott oh Gott, top secret? Stell dich mal nicht so an, ich wollte nur die Gläser holen. Ich verdurste. Hab schon nen trockenen Hals.“ Maulte er, ging aber zügig zur Kommode zurück.
Natürlich war er auch noch zu ungeschickt den Sekt zu öffnen.
„Mann, Ronald, pass mal ein bisschen auf, so geht der Sekt doch hoch!“ mahnte ich Kopfschüttelnd als ich sah wie grob er an dem Korken rubbelte und griff nach der Flasche. „Gib mal her, da muss die Fachfrau ran. So viel Schampus-Pullen, wie ich schon aufgemacht habe kannst du nicht mehr trinken. Der ist ja Pipiwarm. So kann man den doch nicht trinken.“ War ich mir sicher, als ich die Flasche vorsichtig öffnen wollte.
„Ist doch kein Problem“, widersprach der komisch nasse Vogel, hielt mir sein Glas hin und sah mir gespannt zu wie ich den Korken vorsichtig hin und her ruckelte.
„Wird man doch gleich besoffen! Warmer Sekt, igitt!“ schüttelte ich mich angewidert. „Den sollten wir mal besser ne Weile kalt stellen.“
Trotzig bestand der Durstige auf seinem Recht: „Nein, brauch ich nicht. Mach endlich auf- du Fachfrau. Ich trink den auch so, der muss nicht eiskalt sein.“
Dieser Mensch machte mir mein ganzes System kaputt mit seinem dämlichen schlabberig warmen Gesöff. Eigentlich kann ich doch froh sein, dass er sich mit dem sauren Saft beschäftigt, hab ich noch Pause dachte ich.
Deshalb goss ich sein Glas voll und hätte gerne auf das Getränk verzichtet, aber er bestand darauf: „Nix da- drücken gibt’s nicht. Wenigstens ein kleines Glas musst du mittrinken. Stell dich nicht so an.“ Sagte er, nahm mir die Flasche aus der Hand und füllte mein Glas.
Noch mit der Flasche in einer Hand schüttete Ronald das Zeug mit einem Zug runter, während ich nur vorsichtig an dem lauwarmen Sekt nippte. Bah, pfui, billiger trockener Sekt, der war mir viel zu bitter, für meinen sachkundigen, verwöhnten Gaumen, ekelhaft! Der Durstige füllte sein Glas sofort wieder. Ihm schien es zu schmecken. Sicher war er nichts Gutes gewöhnt.
Dieser Mann hatte es spielend geschafft mein normales Konzept abzuwürgen und das gefiel mir nicht besonders. Irgendwie hatte er die Führungsrolle übernommen, so dass mir nichts anderes übrig blieb als abzuwarten wie es weitergehen würde. Ich setzte mich auf den Rand meines Bettes und betrachtete das dünne Kerlchen. Schon rein optisch war er absolut nicht mein Fall. Das Kerlchen war zu klein und zu mager, da bestand beim Poppen Verletzungsgefahr, durch die spitzen Hüftknochen. Durch seine bunte locker sitzende kleine Unterhose sah ich nichts von dem angeblichen Riesen-Lümmel, auf den ich eigentlich gespannt gewesen war. In diesem Augenblick war meine Neugierde alleine deshalb total verschwunden, weil die ganze Anfangsphase so völlig aus dem Ruder gelaufen war.
Schon bei seinem Anblick war ich so enttäuscht, dass ich ihm am liebsten den Zutritt verweigert hätte und deshalb die normale Begrüßung einfach fallen gelassen hatte. Ich hatte zwar keine Schönheit erwartet, das ging nicht aus seinen Profilfotos hervor, aber die zerrissene, verschlissene Optik seiner Bekleidung, die dünnen Haare, durch die seine Schädeldecke leuchtete, das runzelige Gesicht mit den eingefallenen Wangen und die Raubvogel-Nase, hatten mich zur Abwehr verleitet. Der verschleierte Blick aus seinen großen wasserblauen Augen setzte meiner Ablehnung die Krone auf. Woran erinnerte mich dieser Ausdruck in seinen Augen?
Die Bewegung neben mir ließ mich zusammen zucken. Ronald hatte sich neben mir aufs Bett geworfen, mit dem halb vollen Glas in der Hand. „So, Baby, leg mal los!“ forderte er grinsend.
„Was? Womit soll ich loslegen?“ fragte ich verständnislos.
„Na, mit der Show! Du preist doch deine Leistungen bei vögeln so hoch an, als wärest du die heißeste Braut auf unserem Planeten. Lets go, leg mal nen geilen Strip hin, come on, Babe!” lachte er und rekelte sich so genüsslich, dass die warme Brühe im Glas überschwappte.
„Hey, du Spinner! Pass auf! Mann, bist du schon von den paar Tropfen so besoffen, dass du mir das Bett bekleckerst?“ maulte ich aufgebracht.
Ronald winkte ab, wischte sich über den Bauch und flachste: „Bleib cool, Honey, alles okay. Mein Bauch wollte auch ein Schlückchen.“ Grinste er breit, dabei leckte er seine Finger ab.
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