Irene Scharenberg - Einmal morden ist nicht genug

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"Dat Sie vonne Polente sind, dafür hab ich nen Riecher, junge Frau." Schlechter Einstand für eine Befragung von Kommissaranwärterin Nadine! Sie soll ihren Kollegen Barnowski in einem neuen Fall unterstützen. Im Duisburger Rheinpark ist ein Ex-Knasti ermordet worden. Ein Motiv scheint es nicht zu geben. Der entscheidende Durchbruch gelingt ihrem Chef, Hauptkommissar Pielkötter. Er bringt die Ermittlungen durch eine einfühlsame Befragung von zwei jungen Mitarbeitern des Restaurants Ziegenpeter im Rheinpark entscheidend voran. Endlich eine vielversprechende Spur. Die junge und ehrgeizige Kripobeamtin folgt ihr im Alleingang und läuft dem Mörder direkt in die Arme …

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Handlung und Figuren dieses Romans entspringen der Phantasie der Autorin. Darum sind eventuelle Übereinstimmungen mit lebenden oder verstorbenen Personen zufällig und nicht beabsichtigt. Nicht erfunden sind Veranstaltungen, Institutionen, Straßen und Schauplätze im Ruhrgebiet.

Alle Rechte vorbehalten,

auch die des auszugsweisen Nachdrucks

und der fotomechanischen Wiedergabe

sowie der Einspeicherung und Verarbeitung

in elektronischen Systemen.

© Prolibris Verlag Rolf Wagner, Kassel, 2020

Tel.: 0561/766 449 0, Fax: 0561/766 449 29

Titelfoto: © Günter Pilger

E-Book: Prolibris Verlag

ISBN E-Book: 978-3-95475-218-8

Dieses Buch ist auch als Printausgabe im Buchhandel erhältlich.

ISBN: 978-3-95475-207-2

www.prolibris-verlag.de

Die Autorin

Irene Scharenberg ist in Duisburg aufgewachsen und hat hier Chemie und Theologie für das Lehramt studiert.

Seit 2004 sind zahlreiche ihrer Kurzgeschichten in Anthologien und Zeitschriften erschienen und in Wettbewerben ausgezeichnet worden. 2009 gehörte die Autorin zu den Gewinnern des Buchjournal-Schreibwettbewerbs, zu dem mehr als 750 Geschichten eingereicht wurden.

Irene Scharenberg ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Auch wenn sie heute am Rande des Ruhrgebiets in Moers lebt, so ist sie doch nach wie vor ihrer alten Heimat Duisburg und dem gesamten Pott sehr verbunden. »Einmal morden ist nicht genug« ist ihr neunter Kriminalroman mit dem liebenswert-kauzigen Kommissar Pielkötter.

Für Sabrina und Joachim

Prolog

In wilder Panik drehte Max sich nach hinten. Der Schweiß brannte in seinen Augen. Wie durch einen Schleier erkannte er die Konturen seines Verfolgers. Der Mörder, hämmerte es in seinem Schädel, der Mörder. Jeden Augenblick konnte er von einer Kugel getroffen werden. Nein, keine Kugel. Vor kaum einer Stunde hatte der Mann sein Opfer erschlagen, nicht erschossen. So würde Max sicher auch sterben, wenn er nicht schnell genug war. Das Blut rauschte in seinen Adern. Bäche von Schweiß rannen seinen Rücken hinunter. Wieder sah er den Toten vor sich. So durfte er nicht enden. Der Mann würde selbst zwei Leichen ohne große Probleme auf dem Firmengelände entsorgen können. Schließlich standen die Zementsäcke für den neuen Anbau schon auf dem Hof.

Max blickte erneut zurück. Wie erwartet kam sein Verfolger unaufhörlich näher. Außerdem schnitt er ihm den Weg zu seinem Roller ab, den er hinter ein paar Büschen versteckt hatte. Er musste den Kerl irgendwie stoppen. Ihm etwas zwischen die Beine werfen, ihn zum Stolpern bringen. Inzwischen hörte Max sogar schon seine Schritte, sein Keuchen. Gleich würde er ihn packen. Es hatte keinen Zweck, weiterzurennen. Ein Schwall Adrenalin schoss durch seine Adern. Blitzschnell drehte er sich um. Den überraschten Verfolger direkt vor sich zielte Max mit dem Fuß auf dessen Schienbein, dann auf seinen Schritt. Während der Kerl sich krümmte, spurtete Max los. Er musste schneller laufen, sonst holte ihn der Verfolger bald wieder ein.

Endlich erreichte Max das Firmentor. Hastig bog er zu der Seite ab, auf der die meisten Fahrzeuge parkten. Er musste sich dort irgendwie verstecken. Max hastete an einem PKW, an einem knallroten Lieferwagen und einem abgestellten Anhänger vorbei. Vor einem kleinen LKW stoppte er. Eilig löste er einige Schlaufen, mit denen die Plane an der gesicherten Ladeklappe befestigt war. Wenn er sich ganz dicht hinter die kleine Metallwand quetschen und der Kerl ins Innere schauen würde, konnte er ihn durchaus übersehen. Max hatte das noch nicht ganz zu Ende gedacht, da hörte er jemanden heranrennen. Scheiße. Das Blut pochte in seinen Schläfen. Ihm blieb keine Zeit, auch die letzte Schlaufe zu lösen und über die Ladeklappe zu klettern.

Mit schlotternden Knien warf sich Max unter den LKW. Wenige Sekunden später hatte der Mörder ihn erreicht. Max erkannte ihn an seinen Schuhen und der teuren schwarzen Hose mit den etwas zu kurzen Beinen. Unwillkürlich hielt er die Luft an. Der Kerl näherte sich. Er inspizierte den Laderaum und schickte sich offensichtlich an, die Plane weiter zu öffnen. Max hoffte, er würde hineinsteigen, um ihn zwischen den Kisten zu suchen. Dann hätte er Zeit, zu verschwinden. Nein, seine Beine blieben am Boden! Max wagte weiterhin kaum zu atmen. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Jetzt, jetzt wird er sich hinunterbeugen, ging es ihm durch den Kopf, während seine Knie unkontrolliert zu zittern begannen. Und dann hörte er ihn fluchen: »Scheiße, der Mistkerl ist dort hinten. Warte, dich hab ich gleich.«

Der Mann lief los. Für einige Sekunden fühlte Max sich wie gelähmt, dann kroch er eilig unter dem LKW hervor und rannte so schnell er konnte in die andere Richtung. Es war die richtige, wenn er nach Hause wollte. Aber würde er es bis dahin schaffen?

Kapitel 1

Max Hölterhoff, eigentlich Maximilian, den Namen würde er seinen Eltern niemals verzeihen, stand auf dem Hof der Firma Teppichhandel Thorben Hachlinger im Gewerbegebiet Duisburg-Neuenkamp und schnippte die Asche von seiner Zigarette. Stoßweise blies er den Rauch aus. Er sah ihm nach, bis er sich aufgelöst hatte, und fragte sich, wie lange dieser elende Kunde noch im Büro seines Chefs abhängen würde. Missmutig blickte Max auf die billige Armbanduhr am linken Handgelenk. Seine Arbeitszeit war seit etwa fünfzig Minuten beendet und noch immer hatte sich keine Gelegenheit gefunden, mit dem Chef zu sprechen. Übermorgen fand das Auswärtsspiel seines Lieblingsvereins statt, bei dem Max unbedingt dabei sein wollte, aber dazu brauchte er von seinem Chef dringend ein paar Stunden eher Feierabend, wenn nicht gar einen ganzen Urlaubstag.

Max schaute nach unten auf seine Schuhe, die dringend geputzt werden mussten. Schließlich legte man in der Firma wegen der Kunden Wert auf das äußere Erscheinungsbild. Sein Mund verzog sich augenblicklich zu einem verächtlichen Grinsen. Alles Fassade. Max traute Thorben Hachlinger nicht zu, dass die Geschäftsbücher in Ordnung waren. Allerdings konnte er als Kleinganove, dessen Bewährungsfrist noch lange nicht abgelaufen war, Hachlinger Unregelmäßigkeiten kaum verübeln. Max warf die Kippe auf den Boden und trat sie aus. Für einen Moment erwog er, sie aufzuheben, aber dann kickte er sie einfach mit der Fußspitze etwas näher an die Wand.

Eine Frage beschäftigte ihn immer wieder. Hatte sein Chef ihn nur wegen Hannos Fürsprache eingestellt? Natürlich war sein Kumpel Hanno bei Hachlinger aus irgendeinem Grund gut angesehen, aber hatte das wirklich den Ausschlag gegeben? Max wurde das Gefühl nicht los, dass etwas anderes dahintersteckte und garantiert nicht Thorben Hachlingers Gutherzigkeit. Möglicherweise hatte der Chef vor, ihn später mal für eine windige Sache einzusetzen, zumal er seine kriminelle Vergangenheit kannte. Irgendetwas lief hier neben dem normalen Teppichgeschäft, darauf würde er wetten. Gespräche, die plötzlich verstummten, wenn er oder andere unbedarfte Kollegen sich näherten. Die helle Aufregung, als die Polizei einmal auf dem Firmengelände aufgetaucht war. Dabei hatten die nur nach einem mutmaßlichen Dieb gesucht, der sich auf dem Gelände verirrt oder versteckt haben sollte. Leider blockte Hanno in dieser Angelegenheit. Er tat seine Vermutung als Spinnerei ab und basta. Hatte er vom Chef genaue Instruktionen bekommen, wie weit er seinen Freund einweihen durfte?

Max wollte gerade laut seufzen, da öffnete sich die Tür zum Trakt, in dem sich das Büro des Chefs befand. Heraus trat ein Mann mittleren Alters mit getönter Brille und schütterem dunklen Haar. Eine dicke Strähne lag quer über seinem Kopf und schien seine Glatze eher richtig in Szene zu setzen, als zu kaschieren. Der Mann nickte Max gedankenverloren zu und lief dann in Richtung Straße. Max verlor keine Zeit und stürmte in das Firmengebäude. Im Vorraum zum Büro des Chefs saß normalerweise Hachlingers Sekretärin mit auffälligem Lippenstift und stets frisch manikürten Fingernägeln. Die Madame, wie er sie wegen ihres herrischen Gehabes insgeheim immer nannte, war durchgestylt bis zum Anschlag. Nur das dunkle Muttermal über der linken Augenbraue, das ihn seltsamerweise an eine Schlange erinnerte, störte das attraktive Erscheinungsbild. Sie selbst sah das wahrscheinlich anders, sonst hätte sie das Mal in ihrem Gesicht besser kaschiert oder vielleicht einfach von einem Arzt entfernen lassen. Womöglich auf Kosten des Chefs. Maximilian unterdrückte den aufkommenden Lachreiz. Er würde viel darauf verwetten, dass sie ein Verhältnis mit Thorben Hachlinger hatte. Okay, der Mann war frisch geschieden, aber hatte die Madame wirklich so lange abgewartet oder war sie vielmehr der Grund für die Scheidung?

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