Stefan G. Wolf
Eine schräge Geschichte, die böse endet
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Inhaltsverzeichnis
Titel Stefan G. Wolf Eine schräge Geschichte, die böse endet Dieses ebook wurde erstellt bei
Ein Wort vorab Ein Wort vorab So, so, eine schräge Geschichte also, die böse endet. Nun ja, ich hätte dem Roman auch einen anderen Titel geben können, und wenn es nach meinem Lektor gegangen wäre, dann hätte er auch einen anderen bekommen. Erstens, so meinte er, seien die Erwartungen der Leser, was schräge Geschichten betrifft, heute sehr hoch, andererseits nehme der Titel ja schon den Ausgang vorweg, und das sei ja wie … und dann wedelte er mit der Rechten, die den roten Stift hielt, ziellos durch die Luft, ohne einen passenden Vergleich zu finden, so dass ich ihm aushalf: Das ist wie Tod eines Handlungsreisenden, sagte ich. Genau, zum Beispiel, stimmte er mir ohne Begeisterung zu. Nun denke ich mir, dass ein Buch, dem man, sagen wir mal, Anna Karenina auf den Umschlag gedruckt hat (oder Im Namen der Rose oder gar Hundert Jahre Einsamkeit), dass ein solches Buch überhaupt niemanden zum Lesen reizt, jedenfalls nicht, wenn es bloß vom Titel abhängen sollte. Ich aber spiele von Anfang an mit offenen Karten: Die Geschichte ist irgendwie schräg und sie endet wirklich böse. Immerhin gibt es darin noch so verrückte Sachen wie die menschlichen Echsen, so überraschende wie das Mädchen, das vom Tornado herbeigeweht wird, und so spannende wie ein brennender Fesselballon in der Antarktis. Und da ich schon einmal dabei bin: Alles, was ich erzähle, hat sich in jedem Detail genau so zugetragen, also zum Beispiel das mit den Knöpfen an Taleeshas Bluse oder Tante Mabels Kartoffelsalat oder meine starken Empfindungen, als Mette sich im Kino in Oslo auf meinen Schoß gesetzt hat, das stimmt alles, nur das große Ganze, die Geschichte selbst, die, das gebe ich gerne zu, ist frei erfunden.
Lieber ein Anfang mit Schrecken
Dreh dich nicht um in Lasolita
Taleesha auf Coke
Jetzt ist er weg
Es ist noch Kartoffelsalat da
Im Auge des Tornados
Ein Wiedersehen in Holiday City
New York! New York!
Liebe Mama!
Unter Schmugglern
Märchenstunde
Der Himmel auf Erden
Genoveva und der Koch
Ein Geschenk zum Verlieben
Eine Verschwörung
Wandertag im Dschungel
Fluss ohne Wiederkehr
Wie man Freunde gewinnt
Das Haus in Montevideo
Ein Kapitel mit vielen Büchern
Nadel und Heuhaufen
Ein Brief kommt an
Von Luzern auf Weggis zu
Getanzte Leidenschaft
Ein Stern geht auf
Amerigo weiß was
Gotthold, böser Hund!
Im kleinen Horrorladen
Auf dem Friedhof von Piñeta
Die wundersame Welt der Greta Rivera
Es gibt viel zu tun
Ein Rendezvous
Ein heißer Ritt
Fly me to the Moon!
Unterwegs mit einem Klugscheißer
Leuchtspur im antarktischen Himmel
Nichts wie weg (mal wieder)
Im Namen der Königin
Ein Geheimnis wird gelüftet
Überraschende Wendung
Zauber der Manege
Das böse Ende kommt auf mich zu
Und vom selben Autor – überall wo es Bücher gibt
Impressum neobooks
So, so, eine schräge Geschichte also, die böse endet. Nun ja, ich hätte dem Roman auch einen anderen Titel geben können, und wenn es nach meinem Lektor gegangen wäre, dann hätte er auch einen anderen bekommen. Erstens, so meinte er, seien die Erwartungen der Leser, was schräge Geschichten betrifft, heute sehr hoch, andererseits nehme der Titel ja schon den Ausgang vorweg, und das sei ja wie … und dann wedelte er mit der Rechten, die den roten Stift hielt, ziellos durch die Luft, ohne einen passenden Vergleich zu finden, so dass ich ihm aushalf: Das ist wie Tod eines Handlungsreisenden, sagte ich. Genau, zum Beispiel, stimmte er mir ohne Begeisterung zu. Nun denke ich mir, dass ein Buch, dem man, sagen wir mal, Anna Karenina auf den Umschlag gedruckt hat (oder Im Namen der Rose oder gar Hundert Jahre Einsamkeit), dass ein solches Buch überhaupt niemanden zum Lesen reizt, jedenfalls nicht, wenn es bloß vom Titel abhängen sollte. Ich aber spiele von Anfang an mit offenen Karten: Die Geschichte ist irgendwie schräg und sie endet wirklich böse. Immerhin gibt es darin noch so verrückte Sachen wie die menschlichen Echsen, so überraschende wie das Mädchen, das vom Tornado herbeigeweht wird, und so spannende wie ein brennender Fesselballon in der Antarktis. Und da ich schon einmal dabei bin: Alles, was ich erzähle, hat sich in jedem Detail genau so zugetragen, also zum Beispiel das mit den Knöpfen an Taleeshas Bluse oder Tante Mabels Kartoffelsalat oder meine starken Empfindungen, als Mette sich im Kino in Oslo auf meinen Schoß gesetzt hat, das stimmt alles, nur das große Ganze, die Geschichte selbst, die, das gebe ich gerne zu, ist frei erfunden.
Lieber ein Anfang mit Schrecken
Opas Fallschirm öffnete sich nicht, wehte nur wie ein fadenscheiniges Fähnchen hinter ihm her. »Das war’s«, dachte ich laut, aber wenigstens hatte ich noch Funkkontakt.
»Was ist nun mit dem Wohnwagen?«, brüllte ich gegen den Wind an, der seit Tagen von Norden hereinblies.
»Kannste haben«, rauschte es aus dem Funkgerät, und Opas Stimme klang wie die eines Stummfilmschauspielers, der zum ersten Mal Gedichte über den Volksempfänger verbreitet.
»Und der Zapaca-Rum?«
»Kannste haben.« Die Flasche war genau so alt wie Opa, und wenn das hier so weiterging, dann würde sie morgen erstmals älter sein als er.
»Und Taleesha?«, schrie ich völlig panisch ins Mikrofon, denn jetzt konnte ich schon die angstvollen Fürze hören, die der alte Mann auf dem Weg nach unten fliegen ließ.
»Kannste«, war das letzte bedeutungsschwere Wort, das mein Opa von sich gab. In diesem Augenblick erfasste ihn eine Bö, und er wurde noch einmal in die Höhe gerissen. »Juhuu«, jubelte er, während ihn der kalte Morgenwind über die Grenze nach La Buena Vista de los Ángeles de la Madre de Dios trieb.
Ich kannte den Ort, hatte mich dort vor der Kirche gleichen Namens ein paar Tage zuvor ausgekotzt, und alle Einwohner hatten mir dabei zugesehen. Das ist der einzige Ort auf der Welt, der weniger Einwohner hat als Buchstaben im Ortsnamen, behaupte ich jetzt mal so. Ich hätte Opa dieselbe Aufmerksamkeit für seinen Touch-down gewünscht, aber da war nur ein Tohono O’Odham-Indianer, der sich gerade zur Entleerung seines Darms hinter einen Chaparralbusch zurückgezogen hatte, während ihm Opa vor die Füße fiel. Mir wäre es lieber, ich könnte einfach sagen, er sei ein Navajo gewesen oder ein Hopi, weil ich mir die Namen besser merken kann, aber ich will ja bei der Wahrheit bleiben, gerade in den Details. Ich musste still in mich hineinlachen, weil ich schon den ganzen Morgen Angst gehabt hatte, dass er beim Landen auf einem dieser Säulenkaktusse niederkommt (kann man das so sagen: dass er auf einem Säulenkaktus niederkommt?), aber wenigstens das hatte er ja vermeiden können. Ich drehte mich einmal um mich selbst, um sicherzustellen, dass ihn niemand sonst bei seinem Sturzflug beobachtet hatte, aber es war einsam hier unten, Arizona ist so verdammt leer, und der Indianer, der sich eine gute Meile entfernt die Hose hochzog, ohne Opa dabei aus den Augen zu lassen, zählte nicht, denn da, wo er war, war schon Mexiko.
Das Flugzeug, aus dem der alte Herr ausgestiegen war, hatte sich längst laut schnurrend entfernt und war nur noch ein Punkt mit Kondensationsschweif über den Ajo Mountains. Ozzy Montero und seine altersschwache Piper waren auf dem Weg zurück nach Why, wo Taleesha im Wohnwagen auf uns wartete. Hoffentlich wurde es ihr nicht zu langweilig, dann übertrieb sie es nämlich gern, und wenn sie zu viel geraucht hatte, konnte sie unberechenbar werden, auch schon am frühen Morgen. Opa kannte sie noch nicht lange, die beiden waren so was von verrückt aufeinander, das war schon manchmal peinlich - ich meine, er war 62 und sie, ich weiß nicht genau: fünfunddreißig? dreißig?
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