Durch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten der eingeschlossenen flüssigen Phasen, Schmelzen oder wässrigen Lösungen zum einschließenden Mineral entsteht im einfachsten Fall eine Art Libelle, wie wir sie zum Beispiel in einer Wasserwaage antreffen. Es ist zu bemerken, dass hier nur eine oberflächliche Analogie vorliegt. Der Einschluss besteht aus einer Dampfblase in einer Flüssigkeit. Im Falle der Libelle handelt es sich um eine künstlich eingebrachte Luftblase. Durch Aufheizen kann man die Dampfblase in einem echten Einschluss wieder zum Verschwinden bringen. Diese Schließtemperatur, auch Homogenisierungstemperatur genannt, stellt dann die minimale Bildungstemperatur dar.
Diese Einschlüsse besitzen eine stabile Phasengrenze gegen den Wirtskristall, wurden im Nachhinein nicht verändert, sind dicht und volumenkonstant geblieben. Die beiden zuletzt genannten Kriterien sind nicht immer erfüllt und gerade um diese Punkte wurde in den letzten einhundert Jahren oft erbittert gerungen. Selbst wenn man diese Schwachpunkte zulässt, bleiben die Einschlüsse für die Rekonstruktion der Bildungsbedingungen von unschätzbarem Wert, liefern sie doch wichtige Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der Bildungsbedingungen des jeweiligen Minerals – das sind in erster Linie die Einschlusstemperatur und der Druck, die Dichte sowie die chemische Zusammensetzung des mineralbildenden Mediums. Die Größe der Einschlüsse ist sehr variabel. Sehr große, mit bloßem Auge sichtbare Einschlüsse (auch Enhydros genannt) sind sehr selten, wurden aber bereits im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung von Claudian erwähnt (Leeder et al. 1987). In der Regel sind Einschlüsse aber sehr klein. Typische Werte für den Durchmesser liegen bei 10 bis 20 µm. Aus dieser geringen Größe ergeben sich auch die Schwierigkeiten für deren Untersuchung. Mikroskopische Betrachtung ist Standard. Die mit dieser Größe verbundene geringe Masse deutet schon auf die erheblichen Probleme bei der quantitativen Analytik der Einschlussphasen hin, hat doch ein sphärischer Einschluss von 10 µm Durchmesser und einer Dichte von 1 g/cm3 nur eine Masse von etwa 10-9 g. Ein kleiner Diamantwürfel mit einer Kantenlänge von 1 µm entspricht bei einer Dichte von 3.5 g/cm3 einer Masse von 3.5 · 10-12g. So eine kleine Menge Kohlenstoff in Form des Diamanten kann mit der Ramanspektroskopie noch eindeutig bestimmt werden.
Die Einschlüsse wurden wissenschaftlich erstmals von Henry Clifton Sorby (1826–1908) im Jahr 1858 untersucht. Er gilt als der eigentliche Vater der Einschlussforschung. Er hat auch die Dünnschlifftechnik in die mikroskopische Petrografie und Metallurgie eingeführt (siehe Dawson 1992). Vereinzelte Arbeiten erschienen dann in loser Folge, immer nur Einzelprobleme beleuchtend, um dann ab etwa 1964 mit der Gründung der COFFI (Commission of Ore-Forming Fluid Inclusions) stetig und rasch zuzunehmen. Dieser Aufschwung ist vor allem den Arbeiten von G. Deicha in Frankreich, Georg G. Lemmlein [auch Laemmlein, Lämmlein] (1901–1962) und Nikolai Porfirievich Ermakov (1913–1993) in Russland – der ehemaligen Sowjetunion – und insbesondere von Edwin (Ed) Roedder (1919–2006) in den U.S.A. zu verdanken.
Diese rasante Entwicklung ist aber stets mit immer wiederkehrenden kritischen Arbeiten konfrontiert worden, die dieser Methode aus Einzelbeobachtungen heraus ablehnend gegenüberstanden. Diesen Skeptikern ist es aber nie gelungen, den einmal beschrittenen Weg ernstlich aufzuhalten. In einem Fall gelang dies doch über einen sehr langen Zeitraum, eigentlich bis heute. Lemmlein, Klija und Ostrovski berichteten 1962 das erste Mal über Schmelzeinschlüsse im Topas der Kammer-Pegmatite von Wolhynien in der Ukraine. Sie führten erstmals auch Homogenisierungen unter Druck durch und waren wohl die ersten, die im Zusammenhang mit den Einschlüssen von einer wasserreichen Schmelze sprachen und diese auch beschrieben. Diese Ergebnisse wurden von den meisten sowjetischen und russischen Einschlussforschern bis heute bezweifelt und vehement bekämpft, wodurch die von Lemmlein bereits geleistete Pionierarbeit aus dem Jahr 1929 in den Hintergrund gedrängt wurde. Lemmlein (ein russischer Jude) als Nachfolger von Schubnikov hat auch auf dem Gebiet der Kristallmorphologie, des Kristallwachstums und der Wachstumskinetik Hervorragendes geleistet. Mit seinen Beschreibungen des Spiralwachstumsmechanismus hat er 1945 bereits 4 Jahre vor der berühmten Publikation von F.C. Frank (1911–1998) auf diesen Mechanismus aufmerksam gemacht. Auch in der Sowjetuinion hatten es die Juden nicht einfach.
Kritikpunkte haben die Einschlussforscher oft selbst geliefert, da sie gelegentlich mit ihren Deutungen weit über das Ziel hinaus spekulierten. Auch die Art und Weise der Forschung ist hier nicht zu vernachlässigen. Der erfolgreiche Abschluss eines Themas auf dem Gebiet der Einschlussforschung bedeutete in der Regel auch meist das Ende der Beschäftigung mit diesem Thema. Eine kontinuierliche Arbeit über Jahrzehnte war nur ganz wenigen vergönnt. Diese wurden oft von ihren Kollegen verlacht, weil sie sich nicht dem Zeitgeist entsprechend verhielten und von einem scheinbar spektakulären Feld zum anderen wechselten, ähnlich einem Kinde im vorpubertären Alter, das die Welt zu entdecken beginnt. Andere, nicht zu unterschätzende Gesichtspunkte sind die scheinbare Einfachheit der Methode und die niedrigen Kosten – so eine Methode kann ja nicht viel wert sein! Dieser Meinung bin ich oft begegnet. Viele junge Wissenschaftler haben die Vorstellung, dass man nur spektakuläre Ergebnisse erzielen kann, wenn man die modernsten und neuesten Methoden einsetzt. Von den Kinderkrankheiten abgesehen, sind diese Methoden auch problembeladen – immer kleinere Probenmengen werden für die Interpretation globaler Prozesse eingesetzt. Dieter Rhede hat häufig seine Skepsis dazu ausgedrückt: „Ein ganzer Berg – oft mehrere Kubikkilometer groß – soll durch einen einzigen Dünnschliff charakterisiert werden?“ Eine ziemliche Anmaßung! Zum „Skalierungsproblem“ siehe weiter unten.
Dass in einer schnelllebigen Zeit eine über Jahrzehnte währende Forschung möglich und notwendig ist, sollen die vorliegenden Zeilen verdeutlichen. Um es vorwegzunehmen, möglich wurde das aber hauptsächlich durch die etwas eigenartige politisch-gesellschaftliche Situation in der nach Anerkennung lechzenden DDR, die offen sein wollte – es aber nicht war. Wenn man sich einen Nutzen versprach, wurde auch Nischenforschung geduldet oder sogar gefördert.
3Vom Freiberger Alumni Netzwerk organisiert.
Das Warum
Mein Vater, Gerhard Arthur Thomas (geb. am 27. August 1915 in Oppach, gest. am 25. Juni 1994 im Krankenhaus Ebersbach) verwendete in den späteren Jahren als Rentner viel Zeit, um eine Geschichte seines Heimatdorfes zu schreiben. Sein zu früher Tod beendete dieses Vorhaben jäh. Im ungeordneten Nachlass gab es Berge von Notizen, Manuskripte, viele Niederschriften und Quellenstudien, oft als Mikrofiches. Das meiste war in seiner typischen, aber schwer leserlichen Handschrift verfasst. Da der Haushalt rasch aufgelöst werden musste, landete alles ungeordnet erst einmal in Kisten und Säcken. Es fehlte ein Konzept, ein roter Faden. Christian Hermann (Freund aus der Grundschulzeit, später wissenschaftlicher und promovierter Mitarbeiter im Armeemuseum in Dresden) bat meine jüngste Schwester Bettina um diese Unterlagen. Aus für mich unerklärlichen Gründen ist aber alles irgendwann auf dem Müll gelandet. Das über Jahre angesammelte Wissen war endgültig verloren. Auch eine große Sammlung von Stilblüten aus den vielen Jahren Unterricht war dabei. An einige kann ich mich noch gut erinnern, z. B.: „Die Römer haben die Schlacht im Teutoburger Wald deshalb verloren, weil sie von der SPD verraten wurden“ oder „Der Limes rannte in Rom herum und raufte sich die Barthaare“.
Dieses in keiner Weise vorbereitete Ende habe ich, obwohl es sich nach dem Tod meiner Mutter ein Jahr vorher (15.03.1993) bereits irgendwie abzeichnete, sehr schmerzlich empfunden. Mein Vater hat in dieser Hinsicht nichts getan, hat niemanden ins Vertrauen gezogen.
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