»Vielleicht«, warf jemand ein, »wurde die Arbeit bereits zu seiner Zufriedenheit ausgeführt.«
»Die Kette muss halten«, sagte einer der Ruderer. »Sie muss!«
»Was denkst du, Jason?«, fragte mich ein Mann.
»Lass uns inständig hoffen, dass sie hält«, erwiderte ich.
»Aber denkst du, dass sie es tun wird?«, wurde ich gefragt.
»Nein!«, erwiderte ich.
»Wir müssen fliehen«, sagte ein Mann.
»Willst du den Fluss Männern wie Policrates und Ragnar Voskjard überlassen?«, wollte ich wissen.
»Nein«, erwiderte er.
»Bist du das, Jason?«, rief Callimachus.
»Ich bin es«, gab ich ihm zur Antwort.
Einige Ehn später kam die Tina seitwärts an die Kette. Wir warfen unsere Leinen hinauf.
3Die Kette wird im Norden durchbrochen
Die lange Galeere, ungefähr achtzig goreanische Fuß lang, raste auf die Kette zu. Ihr Bug hob sich auf unnatürliche Weise aus dem Wasser und berührte es nicht einmal.
»Hervorragend!«, lobte Callimachus den Feind.
»Wie machen sie das?«, rief ich hinauf zum Vordersteven.
»Sie haben den Ballast anders verteilt«, erklärte er. »Ausgezeichnet!«
Das Galeere fuhr weiter auf die Kette zu. Ich konnte die Ruderschläge sogar auf der Tina hören. Solch eine Geschwindigkeit kann nur für ein paar Sekunden gehalten werden. Ich sah den Rumpf, den Kiel, tropfend aus dem Wasser ragend.
»Sie sind verrückt!«, rief ich.
»Sie haben vor, über die Kette zu fahren«, erklärte Callimachus.
Fasziniert hielt ich mich an der Reling fest. Jedes bisschen Sand im unteren Teil des Schiffes musste zum Heck gebracht worden sein. Selbst die Mannschaft, abgesehen von den Ruderern, hatte sich dort versammelt.
Dann überquerte der gewölbte vordere Teil des Schiffes die Kette. Es folgte lautes Kratzen, als die Kette am Kiel entlangschrammte. Dann hing die Galeere, halb auf der Kette, halb unten und taumelte dort wie ein Schiff, das gefangen auf einer Untiefe gestrandet ist und von der Strömung hin und her geworfen wird.
»Ruder raus!«, befahl Callimachus. »Bereit!«
Wir sahen eine weitere Galeere im Westen, den Bug ebenfalls angehoben, auf die Kette zurasen.
Die Ruder der ersten Galeere schlugen in den Vosk, ihr Rumpf drehte sich, schwankte nach vorn und zur Seite.
»Sie wird über die Kette kommen«, rief ich.
»Zwei Strich backbord!«, befahl Callimachus. »Rudert!« Sein Offizier übermittelte den Befehl mit Gesten an den Steuermann und den Rudermeister am Heck.
»Sie überwindet die Kette!«, rief ich aus.
Die Tina raste bereits auf den Eindringling zu. Ich warf mich aufs Deck. Wir trafen sie auf der Steuerbordseite am Bug, als sie von der Kette rutschte, zermalmt und berstend.
»Zurückrudern!«, befahl Callimachus.
Der Aufprall hatte mich um einige Dutzend Fuß nach hinten rutschen lassen.
»Zurückrudern!«, befahl Callimachus wieder.
Die Tina , zitternd, rückwärtsfahrend, mit zersplitterndem Holz, befreite ihren Rammbock.
Hockend spähte ich über die Reling. Der vordere Teil des feindlichen Schiffes war bereits überschwemmt.
Ich sah Männer dort, knietief im Wasser, die sich an den Querbalken festhielten. Das Katapult am Vordersteven des feindlichen Schiffes hatte sich aus seiner großen, rotierenden Verankerung gelöst. Seine Schleuder hing nach unten und wehte im Wind. Die Stränge sahen aus der Entfernung schmal aus. Der größte betrug aber wahrscheinlich ungefähr vier Inch im Durchmesser. Ich sah, wie ein Mann vom Vordersteven aus ins Wasser sprang.
»Seht!«, stieß ein Mann entsetzt aus und deutete nach steuerbord. Die zweite feindliche Galeere hatte es über die Kette geschafft.
»Das erste Schiff des Voskjard hat die Kette überquert!«, rief jemand.
Wir sahen, wie weitere Galeeren auf die Kette zufuhren.
»Noch eine hat die Kette überquert«, rief ein Mann und zeigte nach steuerbord. Hinter diesem Schiff konnten wir noch eine weitere Galeere sehen, aber diese lief auf die Kette auf.
Die Mira beeilte sich, die Galeere zu konfrontieren, die es über die Kette geschafft hatte. Das Schiff machte das Beste aus seinem Angriff. Jubel brach auf unserem Schiff aus. Das Seitenruder der feindlichen Galeere war bei der Überquerung der Kette weggerissen worden. Die Galeeren des Voskjard sind, wie die meisten goreanischen Schiffe, mit zwei Seitenrudern ausgerüstet.
»Hart steuerbord!«, rief Callimachus.
As wir uns drehten, raste eine Piratengaleere auf uns zu.
»Steuerbord!«, rief Callimachus. Dann schrie er: »Ruder einholen!«
Ihr Rammbock verfehlte uns. Der Rumpf der Galeere schlug gegen unsere Planken.
»Ruder raus!«, befahl Callimachus. »Wenden!«
Die beiden Schiffe fuhren aneinander vorbei. Als sich die Schiffe passierten, sah ich in die Augen eines Piraten. Er war nicht mehr als fünf Fuß von mir entfernt.
»Zwei weitere Schiffe haben es über die Kette geschafft!«, rief der Offizier von Callimachus und deutete nach backbord.
»Die Schiffe aus Port Cos nähern sich!«, rief ein Mann. Auf unserem Schiff brach Jubel aus. Zehn solcher Schiffe waren an der Kette. Zwanzig weitere lagen auf dem Wasser in der Nähe der südlichen Wachstation, jenem Posten, der von Callisthenes bewacht wurde. Die Schiffe aus Port Cos waren unsere Hoffnung. Nur sie waren es, so befürchteten wir, die es im Kampf mit Voskjard vielleicht aufnehmen konnten. Die Schiffe aus Ars Station brachten uns eine größere Anzahl, aber wir zählten nicht die einzelnen Schiffe, da sie es weder mit einer Galeere des Voskjard noch mit jenen aus Port Cos aufnehmen konnten. Die Marinetradition von Cos ist sehr alt, und viele Offiziere aus Port Cos sind gebürtige Cosianer, Söldner oder Veteranen der Marine aus Cos, entsandt, um ihre Pflicht in der Kolonie zu tun, sodass die Interessen des Mutterlandes auf dem Vosk verteidigt werden.
»Da ist ein Schiff aus Ars Station!«, rief der Offizier auf dem Vordersteven. Jubel brach aus. Wir hatten nun beigedreht, aber die Galeere, die uns beinahe entzweit hätte, stand uns nun wieder gegenüber.
»Sie ist schnell«, stellte ein Mann fest.
»Warum hat sie nicht angegriffen?«, wollte ein anderer wissen.
»Sie wartet auf Unterstützung«, erwiderte der nächste.
»Nein«, widersprach jemand. »Wenn wir uns auf die Kette zubewegen, kann sie uns mittschiffs rammen.«
»Sie verteidigt ihre Schwestern«, meinte der vorherige.
»Wir können die Kette nicht länger beschützen«, stellte jemand fest.
Aber dann sahen wir die Galeere nach steuerbord drehen. Eine andere Galeere, die die Fahnen von Port Cos gehisst hatte, raste auf sie zu.
Erneut brach Jubel unter unseren Männern aus. »Zurück zur Kette!«, befahl Callimachus freudig erregt.
»Noch ein Schiff hat es geschafft!«, rief ein Mann wütend und zeigte über den Bug.
Es war frei von der Kette. Wir konnten es nicht entern. Das Schiff schaffte es auf den breiten, schlammigen Vosk hinaus.
»Wie viele haben es über die Kette geschafft?«, fragte ein Mann bedrückt.
»Weiß es jemand?«, griff ein anderer die Frage auf.
Hier und dort an der Kette schlugen Piratengaleeren gegen die großen Kettenglieder, zogen sich zurück, um es dann wieder geduldig und erneut zu versuchen.
»Zweifellos hämmern sie gegen Stellen, von denen sie wissen, dass die Kette letzte Nacht geschwächt wurde«, äußerte ein Mann in meiner Nähe, der mich letzte Nacht im Beiboot begleitet hatte.
»Ja«, stimmte ich zu. »Schau, dort!« Ich zeigte auf einen Mast, der aus dem Wasser ragte und mit gelber Farbe angemalt worden war.
»Katapulte!«, schrie Callimachus.
Zwei Steine schossen in die Höhe und flogen anmutig auf die Piratenschiffe zu. Riesige Wasserfontänen schossen hoch, als die großen Felsbrocken im Vosk eintauchten.
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