Jeff Grubb - Der letzte Wächter

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In den dunstverhangenen Nebeln der Vergangenheit war die Welt Azeroth von wundersamen Wesen aller Art erfüllt. Geheimnisvolle Elfen und kühne Zwerge wandelten unter den Menschen – bis die Ankunft der dämonischen Armee, die man die Brennende Legion nannte, den Frieden für immer aus der Welt verbannte.
Jetzt kämpfen Orks, Drachen, Kobolde und Trolle um die Herrschaft über die zerschmetterten Königreiche; und ein unheilvoller Plan bestimmt das Schicksal der Welt von WARCRAFT. Die Wächter von Tirisfal – eine legendäre Bruderschaft von mächtigen Kriegern mit gottgleichen Kräften – führen schon seit jeher einen einsamen Kampf im Verborgenen gegen die Brennende Legion. Medivh war von Geburt an zum Größten und Mächtigsten dieses edlen Ordens auserwählt. Doch von Anfang an lag ein dunkler Schatten auf seiner Seele, der ihn dazu verführte, seine Kräfte in den Dienst des Bösen zu stellen. Medivhs Kampf gegen sein dunkles Selbst sollte das Schicksal von ganz Azeroth bestimmen und es für immer verändern.

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Die Antwort auf die letzte Frage ließ nicht lange auf sich warten. Ein lauter Schrei ertönte, und eine Wolke von Pfeilen schoss aus dem Gebüsch hervor, das die Lichtung umgab.

Der Leitgreif stieß ein Kreischen aus, als Medivh die Zügel zurückriss und die Kreatur aus der Bahn der Pfeile dirigierte. Khadgar versuchte das gleiche Manöver, und das warme, falsche, tröstliche Wissen in seinem Hirn sagte ihm, dass dies die richtige Art war zu wenden. Doch im Unterschied zu Medivh ritt Khadgar zu weit vorne auf seinem Reittier, und er konnte nicht genug Zug in seinen Griff legen.

Der Greif flog eine Kurve, aber es gelang ihm nicht, allen Pfeilen zu entgehen. Spitzen mit Widerhaken durchbohrten die Federn des rechten Flügels, und das große Tier stieß einen blökenden Schrei aus, zuckte mitten im Flug und versuchte verzweifelt, mit den Schwingen zu schlagen, um außer Reichweite der Pfeile zu entkommen.

Khadgar hatte das Gleichgewicht verloren, und es war ihm unmöglich, sich wieder aufzurichten. In einem einzigen Moment schlüpften seine Hände aus den Zügeln, und seine Knie verloren den Halt um den Körper des Greifen. Sobald die feste Kontrolle des Menschen verschwunden war, bockte das Tier und warf Khadgar ab.

Er ruderte verzweifelt mit den Armen und versuchte, die Zügel wieder zu ergreifen. Die Lederriemen peitschten nach seinen Fingerspitzen und verschwanden dann in der Nacht. Zusammen mit dem Reittier.

Und Khadgar stürzte in die waffenstarrende Finsternis, die unter ihm lag.

4

Monster und Menschen

Die Luft wurde aus Khadgars Lungen getrieben, als er auf dem Boden aufschlug. Die Erde war sandig unter seinen Fingern. Er musste auf einer niedrigen Düne am Rand der Insel gelandet sein.

Voll Unbehagen kam der junge Magier auf die Beine. Aus der Luft hatte die Insel wie ein Waldfeuer ausgesehen. Hier am Boden bot sich ihm der Anblick eines Tors zur Hölle.

Die Wagen waren jetzt fast vollkommen vom Feuer verschlungen, und ihr zerstörter Inhalt lag brennend über die Insel verteilt. Kleider hatten sich im Schmutz entrollt, eingeschlagene Fässer leckten, und Früchte waren von schweren Füßen zerdrückt und in die Erde gestampft worden. Und überall lagen Leichen, reglose menschliche Gestalten in leichten Rüstungen. Gelegentlich blitzte ein Helm oder ein Schwert auf. Das mussten die Wachleute der Karawane sein, die bei ihrer Aufgabe versagt hatten.

Khadgar bewegte seine schmerzende Schulter, aber er schien nur Prellungen und blaue Flecken davongetragen zu haben. Nichts war gebrochen. Selbst unter Berücksichtigung des Sandes hätte er eigentlich härter aufschlagen müssen. Er schüttelte den Kopf. Was auch immer an Unannehmlichkeit von Medivhs Zauber geblieben war, jetzt wurde es von größeren Schmerzen, über den ganzen Körper verteilt, überlagert.

Plötzlich bemerkte Khadgar eine Bewegung unter den Trümmern und kauerte sich nieder. Stimmen brüllten in einer unbekannten Sprache, die Khadgar als kehlig und blasphemisch empfand. Sie suchten nach ihm, hatten gesehen, wie er von seinem Reittier gestürzt war.

Khadgar sah zu, wie gebeugte Gestalten durch die Trümmer schlurften und massige Silhouetten bildeten, wenn sie vor einem der Feuer vorbeistrichen.

Etwas regte sich in seinem Geist, aber er konnte es nicht genau bestimmen. Stattdessen begann er, sich von der Lichtung fort zu schleichen, und er hoffte, die Dunkelheit würde ihn vor den Kreaturen verbergen.

Doch dem sollte nicht so sein. Hinter sich hörte er das Brechen eines Zweiges. Stiefel raschelten über Laub. Khadgar wusste, dass er nicht allein war. Er wandte sich um und sah …

… eines der Monster aus seiner Vision. Die Karikatur einer menschlichen Gestalt in Grün und Schwarz.

Das Ungeheuer war nicht so groß wie die Kreaturen in seiner Vision, und es war auch nicht so breit, aber trotzdem schien es einem Alptraum entwichen zu sein. Sein schwerer Unterkiefer wurde von nach oben ragenden Fängen dominiert, seine Augen waren klein und blickten finster. Zum ersten Mal bemerkte Khadgar die großen, spitz zulaufenden Ohren dieses Volkes. Das Wesen hatte ihn wahrscheinlich gehört, bevor es ihn sehen konnte.

Seine Rüstung war schwarz, aber sie war aus Leder, nicht aus dem Metall von Khadgars Traum. Das Monster hielt eine Fackel in der Hand, deren Licht über seine Gesichtszüge flackerte und sie noch monströser erscheinen ließ. In der anderen Hand hielt es einen Speer, der mit einer Kette kleiner, weißer Objekte dekoriert war. Entsetzt erkannte Khadgar, dass es menschliche Ohren waren, Trophäen des Massakers, das hier gerade stattgefunden hatte.

All dies wurde Khadgar in dem Moment klar, da sich Mensch und Monster gegenüber standen. Die Bestie richtete den grausig dekorierten Speer auf ihn und stieß einen lauten, herausfordernden Schrei aus.

Doch dieser Schrei fand ein jähes, ersticktes Ende, als der junge Magier ein Wort der Macht murmelte, eine Hand hob und einen Blitz in den Bauch der Kreatur fahren ließ. Die Bestie sank in sich zusammen.

Ein Teil von Khadgars Geist war erstaunt über das, was er gerade getan hatte, der andere Teil erinnerte sich daran, dass er in der Vision von Karazhan gesehen hatte, wozu diese Kreaturen fähig waren.

Das Monster hatte mit seinem Schrei die anderen Mitglieder seiner Einheit gewarnt, und jetzt erhob sich ein gewaltiges Kriegsgeheul über dem Lager. Zwei … vier … zehn … zwölf der Kreaturen rannten auf ihn zu. Und noch weitere Schreie erklangen aus dem Sumpf!

Khadgar wusste, dass er nicht die Kraft hatte, sie alle abzuwehren. Die Beschwörung schon eines mystischen Blitzes hatte gereicht, dass er sich schwach fühlte und seine Beine unter ihm nachgeben wollten. Ein weiterer, und er lief Gefahr, ohnmächtig zu werden. Vielleicht sollte er versuchen zu fliehen?

Doch die Monster kannten dieses dunkle Moor wahrscheinlich besser als er. Wenn er sich auf der sandigen Insel hielt, würden sie ihn aufspüren. Wenn er in den Sumpf flüchtete, würde vermutlich nicht einmal Medivh ihn mehr finden können.

Khadgar sah zum Himmel hinauf, aber dort war keine Spur des Magus oder der Greifen zu erkennen. War Medivh irgendwo gelandet und schlich sich jetzt an die Monster heran? Oder war er zu der menschlichen Streitmacht im Süden zurückgekehrt, um sie hierher zu führen?

Oder, dachte Khadgar grimmig, hatte Medivhs quecksilbrige Laune sich mal wieder gewendet, und er hatte vergessen, dass er bei seinem Flug jemanden bei sich gehabt hatte?

Der Junge spähte schnell in die Finsternis, dann zurück zum Schauplatz des Hinterhalts. Dort waren weitere Schatten zu erkennen, die sich um das Feuer bewegten, und das Heulen war lauter geworden.

Khadgar hob den grausigen Trophäenspeer auf und trat festen Schrittes auf das Feuer zu. Er mochte nicht in der Lage sein, mehr als einen oder zwei mystische Blitze zu verschießen, aber die Monster wussten das nicht.

Vielleicht waren sie ja so dumm wie sie aussahen. Und ebenso unerfahren mit Zauberern, wie er es mit ihnen war.

Er überraschte sie. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass ihre Beute, das Opfer, das von dem geflügelten Tier gestürzt war, plötzlich vor ihnen im Lichtschein des Feuers auftauchen würde, den Trophäenspeer eines der ihren fest in der Hand.

Khadgar warf den Speer seitwärts auf das Feuer. Er ließ einen Regen von Funken aufstieben, als er landete.

Der junge Magier beschwor ein paar Flammen, einen kleinen Ball, und hielt ihn in seiner Hand. Er hoffte, seine Gesichtszüge wurden jetzt ebenso dramatisch und bedrohlich beleuchtet wie zuvor die des Monsters. Wenn nicht, hatte er ein Problem.

»Verlasst diesen Ort«, brüllte Khadgar und betete, dass ihm seine angespannte Stimme nicht versagte. »Verlasst diesen Ort oder sterbt!«

Einer der größeren Kerle trat zwei Schritte auf ihn zu, und Khadgar murmelte ein Wort der Macht. Die mystischen Energien sammelten sich um seine flammende Hand. Er schleuderte die geballte Kraft und traf den grünen Nichtmenschen voll ins Gesicht. Die Bestie hatte gerade genug Zeit, eine klauenartige Hand zu ihrer brennenden Fratze zu heben, dann stürzte sie nieder.

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