»Ich habe ansteigende Energiepegel. Alle Anzeigetafeln sind grün, alle Waffensysteme online.«
»Kann jemand was sehen? Meine Sensoren sind jungfräulich, quer über die ganze Tafel.«
»Wartet mal; ich krieg was rein! Eine eindeutig infernale Präsenz.«
»Infernal? Bist du sicher?«
»Hey, das ist schließlich nichts, was man leicht verwechseln kann. Da ist was aus der Hölle, genau hier im Garten hinterm Haus!«
»Macht euch bereit, die Rasensprenger auf Weihwasser umzustellen! Und jemand soll all unsern Klerikern Bescheid geben!«
»Code Rot. Ich wiederhole, wir haben Code Rot! Alle nicht notwendigen System werden für die Dauer des Alarms abgeschaltet.«
»Warum wurden wir nicht gewarnt? Was ist mit den ganzen wunderbaren und ausgesprochen kostspieligen neuen Sensoren passiert, mit deren Installation ich die gesamte letzte Woche zugebracht habe?«
»Stumm wie ein Grab, der ganze Haufen. Was auch da draußen ist, die Sensoren können es nicht sehen. Nicht mal die Greifen haben es kommen sehen.«
»Wer hat meine Jaffa Cakes? Ihr wisst doch, dass ich ohne Jaffa Cakes nicht funktionstüchtig bin!«
»Alle Waffensysteme online und verfügbar. Verschafft mir nur noch ein Ziel, und ich werde blutige Batzen aus ihm heraussprengen!«
»Da drüben!«, sagte der Waffenmeister mir leise ins Ohr. »Siehst du den großen, angespannten Typen in dem Anzug mit dem festgeknöpften Kragen? Das ist Howard, der neue Einsatzleiter. Ich hatte ihn früher unten in der Waffenkammer bei mir, aber er hatte nicht die nötige Geduld. Allerdings war er ein gutes Stück gescheiter als der durchschnittliche Drood, deshalb haben wir ihn hierher gesteckt, und binnen eines Jahres hat er die Leitung des Ladens übernommen. Ah, schau; er hat endlich geruht, uns zu bemerken und kommt rüber. Das verspricht spaßig zu werden!«
»War hier früher nicht die alte Wäscherei?«, fragte ich.
»Diese Arbeit haben wir außer Haus gegeben, um Platz für die neue, hochmoderne Einsatzzentrale zu schaffen«, klärte der Waffenmeister mich auf. »In der alten mussten ständig Geräte ersetzt werden, außerdem wurde sie sowieso nur noch von Spucke und Siegellack zusammengehalten. Wir haben die letzten zehn Jahre damit zugebracht, die ausgeklügeltsten Waffensysteme zu installieren, die diese Familie je gesehen hat. Zusammen mit den Computern, um sie zu bedienen, könnten wir eine ganze Armee von hier aus abwehren.«
»Wenn wir sie sehen könnten«, murmelte ich.
Der Waffenmeister blickte finster. »Ich verstehe es nicht! Die Anlagen sind vollgestopft mit allen möglichen Überwachungssystemen. Ein Maulwurf könnte keinen Furz lassen, ohne dass wir alles darüber erfahren. Ah, Howard! Schön dich zu sehen!«
»Schön?«, blaffte er und machte jählings vor uns Halt. »Was zum Teufel soll denn daran schön sein? Für das hier mache ich dich verantwortlich, Edwin!«
»Irgendwie hatte ich mir so was schon gedacht«, entgegnete ich. »Hallo, Howard.«
Er schnaubte verächtlich. Er war groß und ungeschlacht mit rotem Gesicht und vorzeitig zurückweichendem Haaransatz. Seine Hände hingen an den Seiten herab und waren zu frustrierten Fäusten geballt.
»Die Sicherheitsanlagen des Herrenhauses sind völlig durcheinander, seit ihr, du und deine Freundin, geradewegs durch alle unsere besten Verteidigungen marschiert seid«, sagte er verbittert. »Sie sind ausgesprochen sensibel und du hast sie aus der Fassung gebracht. Wir haben Wochen gebraucht, um sie wieder so weit zu beruhigen, dass sie wieder ordentlich funktionierten, und jetzt das! Sind das da draußen noch welche von deinen Freunden?«
»Das bezweifle ich stark«, meinte ich. »Und Howard, beschränke dich auf ein Brüllen, wenn du mit mir redest, sei so nett! Andernfalls werde ich dich von Molly in etwas Kleines und Nasses und Matschiges verwandeln lassen, auf das ich anschließend treten werde.«
»Was bin ich«, fragte Molly, »dein Kampfhund etwa?«
»Du weißt, dass du das liebst.«
»Grrr!«, machte Molly.
Ich schaute Howard wieder an. »Lasst uns alle ganz ruhig und professionell bleiben, während wir herausfinden, was zum Teufel eigentlich hier los ist.«
Wieder schnaubte Howard. »Okay. Nun gut. Wir tun unser Möglichstes mit der Ausrüstung, die uns zur Verfügung steht. Versuch du mal, ein Verteidigungssystem des einundzwanzigsten Jahrhunderts mit einem Budget aus dem neunzehnten Jahrhundert laufen zu lassen! Ich hab's der Matriarchin ins Gesicht gesagt: Man kriegt das, wofür man bezahlt.«
Ich fing an, ihn ein bisschen besser leiden zu können. »Ich wette, das kam gut bei ihr an!«
Zum ersten Mal lächelte er ein wenig. »Ich wurde so schnell aus dem Lageraum eskortiert, dass meine Füße den Boden nicht einmal berührten. Na schön, alle mal hergehört, lasst uns die Sensoren noch mal probieren! Gebt mehr Energie drauf und schließt alle Extras an; mal sehen, ob wir für unsere illustren Gäste ein oder zwei brauchbare Bilder herbeizaubern können! Solange du nur verstehst, dass das alles deine Schuld ist, Edwin - was auch geschieht.«
»Geht mir immer so«, antwortete ich.
Der Einsatzleiter bewegte sich schnell zwischen seinen Leuten hin und her, sprach hier eine Ermunterung aus, ging dort jemandem um den Bart und holte mit ruhiger Effizienz das Beste aus jedem heraus. Plötzlich kam Leben in die Verteidigungssysteme des Herrenhauses und sie suchten nach einem Ziel: Es stand genug Feuerkraft zur Verfügung, um ein Loch durch den Mond zu sprengen oder ihn aus dem Orbit zu schießen. Ich beobachtete fasziniert, wie die holografischen Anzeigen Hunderte von Gewehren zeigten, die sich aus den weitläufigen Rasenflächen hoben und mit langen Läufen hin und her schwenkten, während die Zielerfassungscomputer sich bemühten, ihnen ein Ziel zu liefern. Schallwaffen, Teilchenstrahlen, Nervengase, stroboskopische Lichter und halluzinogene Nebel. Nein, wir geben keinen Pfifferling auf die Genfer Konventionen. Hätte ich von all dem gewusst, hätte ich niemals gewagt hier einzubrechen. Natürlich hatte ich damals das Confusulum zu meiner Unterstützung. Hoffentlich hatten die geheimnisvollen neuen Eindringlinge keins.
Howard kam wieder zu uns zurück. Sein Gesicht war noch erhitzter und er hatte sich tatsächlich den Kragen aufgeknöpft. »Wir haben immer noch Probleme, ein deutliches Bild von unseren Eindringlingen zu bekommen. Wir haben ihren aktuellen Aufenthaltsort auf irgendwo in der Nähe des Sees eingegrenzt, nicht weit von den Bootsschuppen entfernt, aber etwas in ihrer grundlegenden Natur bringt die Sensoren völlig durcheinander.«
»Ich hörte jemand das Wort infernal benutzen«, sagte Molly.
»Tja, nun«, meinte Howard. »Dieses Wort zu hören ist immer beunruhigend, nicht wahr? Heutzutage sind die meisten unserer Verteidigungsanlagen wissenschaftlich und weniger magisch oder mystisch.«
»Dann lasst mich helfen!«, bot Molly an. »Ich weiß viel über infernale Wesen.«
Sie ging zum nächsten Bildschirmarbeitsplatz hinüber und murmelte dabei im Flüsterton gewisse unerfreuliche Worte. Dann lehnte sie sich an einem überraschten Techniker vorbei und schob den linken Arm bis zum Ellbogen durch seinen Kontrollschirm. Der Unterarm geisterte durch den Monitor, und plötzlich wurde der gesamte Einsatzraum von einem hellen, andersweltlichen Licht erfüllt, als Mollys Magie sich in allen Systemen gleichzeitig manifestierte. Sich entladende Energien umzischten sie wie ätherisches Feuerwerk. Ein mächtiger Kraftstoß schoss durch sämtliche Computer, als Mollys Magie sich mit allen Systemen des Einsatzraums verband und ihre Leistungsfähigkeit erhöhte. Und plötzlich erschien vor uns in der Luft ein Bild, das die kristallklare Ansicht zweier Männer zeigte, die zusammen dicht beim See standen, genau in der Mitte der weitläufigen Anlagen des Herrenhauses. Das Bild zoomte heran und lieferte uns eine Nahaufnahme ihrer Gesichter.
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