»Unsere Order lauteten auch, diskret vorzugehen«, fauchte Guillam. Er war bei Blays' Worten leicht errötet. »Nun bleibt dem König dank Bediveres Unvernunft keine andere Wahl, als zum Curtana-Schwert zu greifen!«
»Das hätte er so oder so getan«, sagte Blays.
»Nicht unbedingt! Vielleicht wäre es uns gelungen, ihn umzustimmen.« Guillam schüttelte verärgert den Kopf. »Zum Glück haben wenigstens Sie einen kühlen Kopf bewahrt, Darius. Wenn der König in die Vernichtung des Zauberschwerts einwilligt, könnte die Sache noch einen guten Ausgang nehmen.«
»Sie denken im Ernst, dass der König das Curtana preisgeben würde?«, fragte Blays ungläubig.
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Wenn wir diesen jähzornigen Berserker in Zaum halten können…«
»Nun hören Sie endlich mit Ihrem Gewinsel auf!«, fiel ihm Bedivere ins Wort. Guillam knurrte wütend, und dann fuhr Bedivere herum und starrte ihn an. »Ruhe!«, sagte er scharf, und Guillam presste die Lippen zusammen. Das rötliche Feuer glomm wieder in Bediveres Augen. Guillam spürte, dass er bleich wurde. Seine Hände zitterten, und sein Mund war plötzlich sehr trocken. Bedivere lächelte kalt, und der Wahnsinn wich langsam aus seinem Blick, wenigstens so weit, dass er wie immer aussah.
»Bis hierher und keinen Schritt näher!«, sagte er leise.
Dann wandte er sich von dem verstörten Landgraf ab und starrte in die Ferne, gefesselt von etwas, das nur er sehen konnte.
Darius musterte den stumm vor sich hinbrütenden Krieger, ehe er den Griff des Giftdolches losließ. Er seufzte leise.
Berserker konnten in der Schlacht ein Segen sein, aber in einem Kriegsrat waren sie fehl am Platz. Als Darius zum ersten Mal von Sir Bedivere gehört hatte, war er von dem Gedanken angetan gewesen, einen Landgrafen zu haben, der sich auch als Attentäter einsetzen ließ. Aber nun kamen ihm allmählich Zweifel. Diesen Mann konnte niemand zügeln.
Sobald die Rebellion vorüber wäre, müsste man ihn ausschalten. Falls Bedivere nicht vorher verrückt spielte…
Blays beendete das unbehagliche Schweigen. »Dieses Treffen, das Harald fordert – lässt sich das durchführen?«
»Ich denke schon«, erwiderte Darius. »Obwohl es ein verdammt hohes Risiko bedeutet. Mich stört, dass wir uns alle an einem Ort einfinden sollen. Nur angenommen, unter uns wäre ein Verräter…«
»Wir können immer Wachen aufstellen, die dafür sorgen, dass wir nicht gestört werden.«
Darius seufzte resigniert. »Schön. Aber mir gefällt dieses Vorhaben nicht.«
»Es muss Ihnen nicht gefallen«, sagte Blays knapp. »Mir reicht, wenn Sie die nötigen Vorbereitungen treffen.«
Es entstand eine kurze Pause.
»Möchte jemand noch ein Glas Wein?«, fragte Cecelia.
Blays und Guillam schüttelten die Köpfe. Bedivere beachtete sie nicht.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass König Johann sterben muss?«, fragte Blays langsam. Alle Augen richteten sich auf ihn.
»Sie wissen, dass wir keine andere Wahl haben«, erklärte Guillam. »Solange er lebt, ist er ein Messer an unseren Kehlen. Es gäbe immer die eine oder andere Partei, die versuchen würde, ihn wieder an die Macht zu bringen. Er muss sterben.«
»Aber wenn Harald je dahinter käme…«
»Er wird nicht dahinter kommen«, sagte Darius. »König Johann wird gleich zu Beginn der Kämpfe den Tod finden, während Harald anderweitig beschäftigt ist. Bedivere wird das erledigen – und zwar so, dass der Verdacht auf den Astrologen fällt.«
Bedivere schaute auf. »Gehört der Mann ebenfalls mir?«
»Wir werden sehen«, meinte Darius ausweichend. Ein flüchtiges Lächeln erhellte Bediveres Züge.
»Ich kenne Johann seit vielen Jahren«, sagte Blays. »Er war kein schlechter König, verglichen mit anderen Herrschern.«
»Nach Ansicht unserer Auftraggeber ist ein König nur dann gut, wenn er tut, was die Barone wollen«, warf Guillam ein.
»Die Zeiten ändern sich«, stellte Blays fest. »Und wir ändern uns mit ihnen.« Er schüttelte den Kopf und ließ sich in seinen Sessel zurücksinken.
»Johann muss sterben«, erklärte Guillam. »Das ist auf die Dauer das Beste.«
»Das weiß ich auch«, entgegnete Blays. »Ich bin den Goldbaronen treu ergeben. Durch seine Drohung, das Curtana einzusetzen, bringt Johann meine Herren in Gefahr. Das kann ich nicht zulassen.«
»Das Gleiche gilt für uns«, sagte Guillam.
»Es ist dennoch traurig«, meinte Blays. »Ich habe ihn immer gemocht.«
»Er muss sterben«, bekräftigte Darius. In seiner Stimme schwang so viel Bitterkeit mit, dass ihn die drei Landgrafen neugierig ansahen.
»Was haben Sie gegen ihn?«, fragte Blays. »Ihre Mitverschwörer kann ich verstehen. Sie sehen eine Gelegenheit, mehr Macht oder mehr Geld zu erlangen, oder sie haben alte Rechnungen zu begleichen. Aber Sie…«
»Wir sind Patrioten«, erklärte Darius kühl.
Blays lächelte. »Die anderen vielleicht, aber Sie nicht. Sie haben Ihre eigenen Gründe, um an dieser Verschwörung teilzunehmen.«
»Wenn dem so wäre«, sagte Darius, »dann ist das meine Angelegenheit und nicht die Ihre.«
Stahl raspelte gegen Leder, als Bedivere mit raschem Griff sein Schwert zog und Darius die Spitze an die Kehle setzte.
»Sie verheimlichen uns etwas«, meinte Blays mit einem unangenehmen Lächeln. »Das können wir nicht dulden, verstehen Sie?«
»Wir brauchen Ihre Patrioten, um sicherzugehen, dass Haralds Hof sich den Befehlen der Barone unterwirft«, murmelte Guillam. »Aber wir brauchen nicht unbedingt Sie, Darius.
Genau genommen sind Sie nichts anderes als ein Vermittler.
Und Vermittler sollten nichts für sich behalten, oder? Deshalb finde ich wirklich, dass Sie uns Ihre eigenen Gründe mitteilen sollten.«
Darius hielt den Blicken ungerührt stand. Ein dünner Blutfaden lief ihm am Hals entlang, als Bediveres Schwert seine Kehle ritzte. Einen Moment lang schienen alle zu einem lebenden Bild erstarrt. Dann wechselten Blays und Guillam einen Blick, und Guillam nickte kurz in Richtung der völlig verängstigten Lady Cecelia. Blays packte sie an den Haaren und riss ihr den Kopf mit einem Ruck nach hinten. Sie schrie auf und wehrte sich, hielt aber sofort still, als ihr Guillam einen Dolch an die Kehle hielt. Selbst ihr leises Wimmern verstummte nach kurzer Zeit.
»Ich wollte Rache«, sagte Darius so leise, dass die Landgrafen seine Worte nicht gleich verstanden. Blays bedeutete Guillam, den Dolch einzuschieben, und ließ Lady Cecelia los.
Bedivere senkte sein Schwert ebenfalls, traf aber keine Anstalten, es in die Scheide zu stecken.
»Ich wollte nie Kriegsminister werden«, sagte Darius. »Ich erbte das Amt von meinem Vater. Niemand fragte nach meinen Wünschen und Zielen. Niemanden kümmerte es, dass ich weder das Zeug noch die Neigung für das Kriegshandwerk besaß. Ich hätte Magier werden können; dazu hatte ich Talent. Die Zauberer-Akademie bot mir einen Ausbildungsplatz an, noch ehe ich das Mannesalter erreichte. Aber der König und mein Vater ließen mich nicht gehen. Ich war als der künftige Kriegsminister ausersehen – und damit basta.
Ich versuchte anfangs, mein Bestes zu geben, aber mein Bestes war nie gut genug – also stellte ich nach einer Weile meine Bemühungen ein. Und der König, der Astrologe und der Champion beleidigten und verspotteten mich abwechselnd, weil ich nicht mit diesem Amt zurechtkam, das man mir gegen meinen Willen aufgedrängt hatte. Nach der Revolte wird Harald mir vermutlich jeden Posten geben, den ich mir wünsche, aber das ist nicht der Grund für meinen Verrat.
Mein Motiv ist Rache. Ich will Rache für all die Jahre der Kränkungen, die ich erdulden musste, für all die Beschimpfungen, die ich schlucken musste. Ich will, dass jeder hier bei Hofe, der sich jemals über mich lustig machte, zertreten und gedemütigt wird.«
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