»Oh, viele Fragen, Odeen, aber — aber nicht jetzt. Nicht jetzt, Odeen. Odeen, weißt du, was ich gern möchte?«
Odeen erriet es sofort, doch er wagte es nicht offen auszusprechen. Duas erotische Momente waren zu selten, als daß sie durch eine unvorsichtige Reaktion gefährdet werden durften. Er hoffte, Tritt hatte sich nicht so weit mit den Kindern eingelassen, daß die gute Gelegenheit ungenutzt verstreichen mußte. Doch Tritt war bereits im Zimmer. Hatte er vor der Tür gewartet? Egal. Zum Nachdenken war jetzt keine Zeit.
Dua war zwischen den Elektroden hervorgeschwebt, und Odeens Sinne waren von ihrer Schönheit bezaubert. Sie hing zwischen ihnen, und durch sie schimmerte Tritt, dessen Umrisse eine unglaubliche Färbung angenommen hatten.
Noch niemals war es so gewesen. Niemals.
Odeen hielt sich verzweifelt zurück, ließ seine Substanz nur Atom um Atom durch Dua hindurch in Tritt hineinfließen, versuchte mit aller Kraft die überwältigende Durchdringung Duas zurückzuhalten, gab sich der Ekstase nicht hin, sondern ließ sie sich abringen, klammerte sich bis zum letzten Augenblick an sein Bewußtsein und verging dann in einer Explosion des Entzückens, die so intensiv war, daß sie endlos in ihm widerhallte.
Noch nie hatte die Triade eine so lange Periode des Verschmelzens erlebt.
Tritt war glücklich. Das Verschmelzen war so befriedigend gewesen! Im Vergleich dazu erschienen frühere Erlebnisse fad und leer. Er war auf das höchste entzückt. Trotzdem sagte er nichts. Er hielt es für besser, zu schweigen.
Auch Odeen und Dua waren glücklich. Tritt spürte das. Sogar die Kinder schienen zu schimmern.
Aber Tritt war der glücklichste — ganz natürlich.
Er hörte Odeen und Dua zu. Er verstand kein Wort, aber darauf kam es nicht an. Es machte ihm nichts aus, daß sie offenbar so gut miteinander auskamen. Er hatte seine Freude und war mit seiner Rolle als Zuhörer vollauf zufrieden. »Und bemühen sie sich wirklich um Kommunikation?« fragte Dua.
(Tritt bekam nie heraus, wer diese »sie« sein mochten. Er vermutete, daß »Kommunikation« ein anderes Wort für »Kontakt« war. Warum sagten sie dann nicht »Kontakt«? Manchmal war er versucht, sich in das Gespräch einzuschalten. Aber wenn er Fragen stellte, sagte Odeen nur immer: »Also, Tritt«, und Dua wirbelte ungeduldig herum.)
»O ja«, antwortete Odeen. »Die Hartlinge sind ganz sicher. Da sind manchmal Zeichen auf der Materie, die uns geschickt wird, und man könnte sich damit wohl ohne weiteres verständigen. Vor langer Zeit wurden solche Zeichen sogar auf umgekehrtem Wege verwendet, als wir den Ander-Wesen erklären mußten, wie sie ihren Teil der Positronenpumpe bauen sollten.«
»Ich möchte gern wissen, wie diese Ander-Wesen aussehen. Was meinst du, wie sehen sie aus?«
»Von den Naturgesetzen können wir die Eigenschaften der anderen Sterne ableiten, das ist einfach. Aber wie ließen sich Form und Eigenarten der Lebewesen bestimmen? Nein, das erfahren wir niemals.«
»Könnten sie uns nicht sagen, wie sie aussehen?«
»Wenn wir ihre Zeichen verstünden, vielleicht. Aber wir verstehen sie nicht.«
Dua schien betrübt. »Nicht einmal die Hartlinge?«
»Ich weiß es nicht. Wenn sie sie verstehen, haben sie es mir jedenfalls nicht gesagt. Losten sagte einmal, es käme nicht darauf an, wie die anderen aussehen, solange nur die Positronenpumpe arbeitete und erweitert würde.«
»Vielleicht wollte er dich nur loswerden.«
»Ich störe ihn nicht«, entgegnete Odeen gekränkt.
»Du weißt schon, was ich meine. Er wollte dir nicht alle Einzelheiten verraten.«
An dieser Stelle konnte Tritt nicht länger zuhören. Die Diskussion drehte sich noch eine ganze Weile um die Frage, ob die Hartlinge Dua einen Blick auf die Zeichen werfen lassen sollten oder nicht. Dua meinte, sie könnte die Bedeutung der Zeichen vielleicht erspüren.
Das machte Tritt ein wenig ärgerlich. Schließlich war Dua nur ein Weichwesen und noch nicht einmal ein Denkling. Er begann sich zu fragen, ob Odeen recht daran tat, ihr so viel zu verraten. Dua entwickelte immer so komische Vorstellungen…
Auch Odeen regte sich auf, Dua merkte es deutlich. Zuerst lachte er nur, dann sagte er, daß ein Gefühlsling derart komplizierte Dinge kaum bewältigen könnte. Dann wollte er nichts mehr davon hören. Dua mußte eine ganze Zeit sehr nett zu ihm sein, ehe er sich schließlich doch herumkriegen ließ.
Einmal war auch Dua ärgerlich — sogar außerordentlich wütend.
Es fing ganz normal an. Sogar die Kinder waren dabei. Odeen tollte mit ihnen herum. Er schien nichts dagegen zu haben, daß der kleine Rechtsling Torum an ihm herumzerrte. Überhaupt ließ er sich ganz ungehörig gehen. Es schien ihm gar nichts auszumachen, völlig die Form verloren zu haben — ein sicheres Zeichen, daß er sich vergnügte. Tritt verharrte geruhsam in einer Ecke und war ebenfalls sehr zufrieden mit der Szene.
Dua belachte Odeens Verformungen. Kokett berührte sie Odeens zerdehnte Substanz. Sie wußte genau, überlegte Tritt, daß die Oberfläche eines Linkslings, wenn sie nicht ihre normale Rundung aufwies, sehr empfindlich war.
»Ich habe nachgedacht, Odeen«, sagte sie. »Wenn die Gesetze des anderen Universums durch die Positronenpumpe ein wenig zu uns herübergedrückt werden, gelangen dann nicht auch unsere Gesetze im gleichen Maße in das andere Universum?«
Bei Duas Berührung heulte Odeen auf und versuchte ihr auszuweichen, ohne die beiden Kleinen umzuwerfen. Er keuchte: »Ich kann dir das erst beantworten, wenn du damit aufhörst, du Mitt-Hexe!«
Sie hörte auf, und er sagte: »Das war ein sehr guter Gedanke, Dua. Du bist ein erstaunliches Wesen. Es stimmt natürlich. Die Vermischung spielt sich in beiden Richtungen ab… Tritt, bring doch mal die Kleinen fort, ja?« Aber sie eilten schon von allein hinaus. So klein waren sie auch nicht mehr. Annis begann bald mit der Schule, und Torum hatte schon viel von der Klobigkeit eines Elterlings.
Tritt blieb und überlegte, daß Dua doch sehr schön aussah, wenn Odeen sich so mit ihr unterhielt.
»Wenn die anderen Gesetze die Sonnen bei uns verlangsamen und abkühlen«, sagte Dua, »müssen dann unsere Gesetze die Sonnen drüben nicht anfeuern und aufheizen?«
»Genau, Dua. Ein Denkling hätte es nicht besser sagen können.«
»Wie sehr werden denn die Sonnen im anderen Universum erhitzt?«
»Oh, nicht viel; nur ein bißchen, ein kleines bißchen.«
»Aber eben um diesen Punkt dreht sich mein ungutes Gefühl, Odeen.«
»Na ja, das Problem liegt darin, daß die Sonnen drüben so riesig sind. Wenn unsere kleinen Sonnen ein wenig abkühlen, macht das nichts. Es wäre sogar egal, wenn sie völlig erkalteten, solang wir die Positronenpumpe haben. Wenn riesige Sterne jedoch nur ein wenig heißer werden, bringt das Probleme. In jedem dieser Sterne ist so viel Materie, daß eine Intensivierung der Atomverschmelzung eine Explosion zur Folge hat.«
»Explosion! Aber was passiert dann mit den Wesen?«
»Mit welchen Wesen?«
»Den Wesen im anderen Universum!«
Einen Augenblick lang starrte Odeen sie verständnislos an. Dann sagte er: »Ich weiß es nicht.«
»Nun, was würde bei einer Explosion unserer Sonne geschehen?«
»Die könnte unmöglich explodieren.«
(Tritt fragte sich, was die ganze Aufregung sollte. Wie konnte eine Sonne explodieren? Dua schien immer wütender zu werden, und Odeen beäugte sie verwirrt.)
»Nehmen wir einmal an, sie würde explodieren«, beharrte Dua. »Würde es dann hier sehr heiß werden?«
»Ich nehme es an.«
»Würden wir alle daran sterben?«
Odeen zögerte und erwiderte dann mit deutlichem Unwillen: »Was für einen Unterschied macht es denn, Dua? Unsere Sonne explodiert nicht, und nun stell keine dummen Fragen mehr.«
Читать дальше