Greg Bear - Das Darwin-Virus

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Ein Massengrab in Georgien, in dem die Leichen mehrerer schwangerer Frauen entdeckt werden — und eine Verschwörung mit dem Ziel, diesen Fund der Öffentlichkeit vorzuenthalten …
Eine aufregende Entdeckung hoch in den Alpen: die gut erhaltenen Körper einer prähistorischen Familie — mit einem Neugeborenen, das verwir-rende biologische Merkmale aufweist …
Eine rätselhafte, epidemisch um sich greifende Krankheit, die nur werdende Mütter befällt und zunächst zu Fehlgeburten führt …
In der menschlichen DNA sind uralte Krankheiten verschlüsselt, die wie schlafende Drachen nur darauf warten, wieder zum Leben erweckt zu werden — so die umstrittene Theorie der Molekularbiologin Kaye Lang.
Nun scheinen ihre Vorstellungen tatsächlich erschreckende Realität zu werden. Denn der »Virusjäger« Christopher Dicken vom nationalen Ge-sundheitszentrum hat die Spur einer merkwürdigen, grippeartigen Erkrankung aufgenommen, die epidemisch um sich greift und unter den werdenden Müttern des Landes und ihrem Nachwuchs eine Katastrophe anzurichten droht. Dann offenbart eine erstaunliche Entdeckung hoch in den Alpen — die erhaltenen Körper einer prähistorischen Familie — eine schockierende Verbindung: Etwas, das Millionen von Jahren in unseren Genen geschlummert hat, ist erwacht.
Der Ausbruch der furchtbaren Krankheit weitet sich zu einer tödlichen Epidemie aus. In der Bevölkerung machen sich Angst und Unruhe breit; die Regierung beschließt Notstandsmaßnahmen. In einem Wettkampf mit der Zeit versuchen Dicken und Lang die Teile eines Puzzles zusammenzufügen, das nur sie zu lösen vermögen — eines evolutionären Puzzles, das die Zukunft der Menschheit bestimmen wird … wenn es überhaupt eine Zukunft gibt.

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Kim lächelte nervös. »Hallo, Kaye«, sagte sie und wurde ein wenig rosa im Gesicht.

»Kaye Lang? Wir haben uns noch nicht kennen gelernt«, sagte Cross.

Oh Gott , dachte Kaye, die klingt ja wirklich wie Julia Child !

Kaye machte Pulverkaffee mit Vanillegeschmack, den sie einer alten Blechdose entnahm, und schenkte ihn in dem Geschirr aus, das sie im Haus lassen wollte. Keinen Augenblick lang ließ Cross sie spüren, dass sie nicht die stilvollen Delikatessen serviert bekam, die einer Frau mit zwanzig Milliarden Dollar im Rücken angemessen waren.

»Ich bin gekommen, weil ich bei Ihnen die Erste sein wollte. Ich habe Debras Labor bei AKS gesehen«, sagte Cross. »Ihre Arbeit dort ist spannend. Wir haben eine Stelle für sie. Debra hat erwähnt, in welcher Lage Sie sind …«

Kushner blickte zu Kaye und nickte ganz leicht.

»Und ehrlich gesagt, wollen wir Sie schon seit Monaten kennen lernen. Ich habe fünf junge Männer, die für mich die Fachliteratur durchsehen — alle sehr gut aussehend und klug. Einer der hübschesten und Schlauesten sagte mir: ›Lesen Sie mal das hier.‹ Ihr Artikel, in dem Sie die Expression eines alten menschlichen Provirus voraussagen. Wow. Und jetzt — es kommt genau zur rechten Zeit. Kim sagt, Sie erwägen zurzeit ein Stellenangebot bei den CDC. Bei Christopher Dicken.«

»Eigentlich bei der HerodesTaskforce und Mark Augustine«, sagte Kaye.

»Ich kenne Mark. Er kann gut delegieren. Sie werden bei Dicken arbeiten. Ein kluger Bursche.« Cross durchpflügte das Terrain, als spräche sie über Gartenarbeit. »Wir wollen ein Team von Weltklassewissenschaftlern aufbauen, das die Herodes-Grippe erforscht. Wir werden ein Behandlungsverfahren finden und sie eines Tages vielleicht sogar heilen können. Unsere Spezialtherapie werden wir den AmericolKliniken anbieten, aber die Ausrüstung verkaufen wir an alle. Wir haben die Infrastruktur, mein Gott, und wir haben das Geld … Wir schließen ein Abkommen mit den CDC, und Sie können als unsere Repräsentantin beim Gesundheitsministerium und an den NIH arbeiten. Es wird so werden wie beim ApolloProgramm — Regierung und Industrie arbeiten in großem Maßstab zusammen, aber dieses Mal bleiben wir da, wo wir landen.« Cross drehte sich auf dem Sofa um und sah Kushner an. »Mein Angebot an Sie steht noch, Judith. Es wäre mir lieb, wenn Sie beide bei uns arbeiten.«

Kushner stieß ein kurzes, fast mädchenhaftes Lachen aus. »Nein danke, Marge. Ich bin zu alt, um noch einmal von vorn anzufangen.«

Cross schüttelte den Kopf. »Keine Reibereien, garantiert.«

»Ich bin mir über die Doppelaufgabe noch nicht im Klaren«, sagte Kaye. »Ich habe mit der Arbeit bei der Taskforce noch nicht einmal angefangen.«

»Ich bin heute Nachmittag bei Mark Augustine und Frank Shawbeck. Wenn Sie wollen, können Sie mit mir nach Washington fliegen, und wir gehen zusammen hin. Die Einladung gilt auch für Sie, Judith.«

Kushner schüttelte den Kopf, aber diesmal klang ihr Lachen gezwungen.

Kaye schwieg einen Augenblick lang und sah ihre gefalteten Hände an. Sie verkrampfte und entspannte die Finger, sodass Fingerknöchel und Nägel abwechselnd rot und weiß wurden.

Was sie jetzt sagen musste, wusste sie, aber sie wollte vorher noch mehr von Cross erfahren.

»Wenn Sie an einer bestimmten Sache arbeiten wollen, werden Sie sich um die Finanzierung niemals Sorgen machen müssen«, sagte Cross. »Das nehmen wir in Ihren Vertrag auf. So viel Vertrauen habe ich in Sie.«

Aber will ich überhaupt ein Edelstein in deiner Krone sein, meine Königin? fragte Kaye sich selbst.

»Ich verlasse mich auf meinen Instinkt, Kaye. Ich habe Sie schon von unseren Personalwerbern überprüfen lassen. Sie sind überzeugt, dass die kommenden Jahrzehnte die beste Arbeitsperiode Ihres Lebens sein werden. Kommen Sie zum Arbeiten zu uns, Kaye. Wir werden nichts, was Sie tun, übersehen oder für unwichtig erklären.«

Wieder lachte Kushner, und Cross lächelte die beiden an.

»Ich möchte so bald wie möglich aus diesem Haus rauskommen«, sagte Kaye. »Eigentlich wollte ich erst nächste Woche nach Atlanta fliegen … Ich suche dort gerade eine Wohnung.«

»Ich sage meinen Leuten, sie sollen sich darum kümmern. Wir werden etwas Hübsches für Sie finden, in Atlanta oder Baltimore, ganz gleich, wo Sie wohnen möchten.«

»Du lieber Gott.« Kaye lächelte schwach.

»Noch etwas anderes dürfte Sie interessieren. Sie haben zusammen mit Saul viel in Georgien gearbeitet. Wahrscheinlich könnte ich das mit meinen Kontakten retten. Ich würde die Phagentherapie gerne viel gründlicher erforschen. Vermutlich könnte ich die Leute in Tiflis dazu bringen, dass sie keinen politischen Druck mehr ausüben. Das Ganze ist ohnehin lächerlich — eine Laienspieltruppe, die da etwas in die Hand nehmen will.«

Cross legte eine Hand auf Kayes Arm und drückte ihn sanft.

»Kommen Sie jetzt mit! Wir fliegen nach Washington, gehen zu Mark und Frank, treffen uns mit jedem anderen, den Sie gerne sprechen möchten, bekommen ein Gefühl für die ganze Sache.

Entscheiden können Sie sich in ein paar Tagen. Fragen Sie Ihren Anwalt, wenn Sie wollen. Wir stellen Ihnen sogar einen Vertragsentwurf zur Verfügung. Wenn es nicht klappt, überlasse ich Sie ohne Meckern und Murren den CDC.«

Kaye wandte sich zu Kushner. Im Gesicht ihrer Lehrerin erkannte sie den gleichen Ausdruck wie damals, als sie verkündet hatte, sie werde Saul heiraten. »Wo ist der Haken an der Sache, Marge?«, fragte Kushner leise und faltete dabei die Hände auf ihrem Schoß.

Cross lehnte sich zurück und spitzte die Lippen. »An keiner von den üblichen Stellen. Die wissenschaftliche Anerkennung geht an die Arbeitsgruppe. Die Werbeabteilung der Firma koordiniert alle Presseerklärungen und überwacht sämtliche wissenschaftlichen Veröffentlichungen, damit die Informationen zum richtigen Zeitpunkt an die Öffentlichkeit gelangen. Keine PrimadonnaAllüren.

Die finanziellen Erlöse werden nach einem sehr großzügigen Prämiensystem verteilt.« Cross verschränkte die Arme. »Kaye, Ihr Anwalt ist schon ziemlich alt und nicht sehr versiert in solchen Angelegenheiten. Judith kann Ihnen sicher einen besseren empfehlen.«

Kushner nickte. »Ich werde ihr einen sehr guten nennen … falls Kaye Ihr Angebot ernsthaft in Erwägung zieht.« Sie klang ein wenig bedrückt, enttäuscht.

»Mit so vielen Konfektschachteln und Rosensträußen umworben zu werden, bin ich nicht gewohnt, das können Sie mir glauben«, sagte Kaye und starrte auf die Ecke des Teppichs hinter dem Couchtisch. »Bevor ich mich entscheide, wüsste ich gern, was man bei der Taskforce von mir erwartet.«

»Wenn Sie mit mir in Augustines Büro marschiert kommen, weiß er, was ich vorhabe. Und ich denke, er wird einverstanden sein.«

Zu ihrer eigenen Überraschung sagte Kaye: »Dann würde ich gern mit Ihnen nach Washington fliegen.«

»Sie haben es verdient, Kaye«, sagte Cross, »und ich brauche Sie.

Das Ganze wird kein Spaziergang. Ich will die besten Wissenschaftler haben, das beste Arsenal, das ich bekommen kann.«

Draußen schneite es jetzt stärker. Kaye sah, dass der Fahrer sich in den Wagen zurückgezogen hatte und mit einem Handy telefonierte. Eine andere Welt — so schnell, so beschäftigt, so verwoben und mit so wenig Zeit, um wirklich nachzudenken.

Vielleicht brauchte sie jetzt genau das.

»Ich kann diesen Anwalt anrufen«, sagte Kushner. Dann wandte sie sich zu Cross: »Ich würde gern ein paar Minuten allein mit Kaye sprechen.«

»Natürlich«, erwiderte Cross.

In der Küche griff Judith Kushner nach Kayes Arm und sah sie mit einer konzentrierten Grimmigkeit an, die Kaye nur selten bei ihr beobachtet hatte.

»Dir ist doch klar, was passieren wird?«, fragte sie.

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