Perry Rhodan Nr. 316
Der Sprung ins Verderben
von Clark Darlton
Die Hautpersonen des Romans:
Reginald Bull– Perry Rhodans Stellvertreter und Old Man s Bewacher.
Gucky, Jumpy und Ras Tschubai– Drei Teleporter des Mutantenkorps. Der erste träumt vom Gartenbau, der zweite legt Bomben und der dritte macht eine Reise in die Vergangenheit.
John Marshall und Wuriu Sengu– Sie warten auf die Stunde ihres Einsatzes gegen die Kristallagenten.
Major Wassel Troptinew– Kommandant des leichten Kreuzers Revino .
Was immer auch außerhalb der Milchstraße im Gebiet der Großen Magellanschen Wolke in der vierten Woche des November im Jahre zweitausendvierhundertfünfunddreißig geschah, es berührte weder das System von Jellicos Stern, noch den Planeten New Luna, um den in großer Hohe noch immer Old Man kreiste. Es berührte auch nicht Reginald Bull, der mit seiner Wachflotte von zwanzigtausend Schiffen das System abriegelte und so den Riesenroboter Old Man beobachtete.
Es konnte Bully deswegen nicht berühren, weil er von den Geschehnissen in der Großen Magellanschen Wolke nichts ahnte.
Jellicos Stern war auchttausendvierhundertachtzehn Lichtjahre von der Erde entfernt, und ziemlich genau einhundertvierzigtausend Lichtjahre von der Magellanschen Wolke.
Die terranischen Siedler aus New Luna waren von den Hypnokristallen übernommen worden und nur noch willenlose Sklaven, die alle Befehle ohne Widerstand ausführten. Da die Kristalle auch Old Man kontrollierten, waren sie zu erbitterten Gegnern der Terraner geworden.
Jelly-City war die Hauptstadt der Siedler Keine zwanzig Kilometer entfernt begann die Hochebene mit dem Gebirge. Und hier befand sich ein geheimer Stützpunkt der Wachflotte, eine Hohle. Ein Transmitter verband sie mit den Schiffen.
Seit einigen Tagen war der Stützpunkt wieder besetzt John Marshall und Wuriu Sengu hatten es sich in der geräumigen Höhle bequem gemacht und warteten weitere Befehle ab. Sie standen wegen der drohenden Entdeckungsgefahr nicht in Funkverbindung mit Bully, aber im Notfall konnten sie mit Hilfe des Transmitters in ein nicht weit entferntes Kleinstraumschiff springen und sich damit in Sicherheit bringen.
Die automatische Alarmanlage entlastete sie weitgehendst. Eine ständige Wache war daher unnötig.
Sengu kehrte von einem Erkundungsgang zurück. Er hatte die nähere Umgebung der Höhle bis zum klaren Bergsee hin inspiziert und nichts Verdächtiges finden können.
»Wir warten, bis wir schwarz geworden sind«, vermutete Marshall düster.
Wuriu Sengu grinste.
»Macht doch mir nichts aus. Ich bin seit meiner Geburt dunkelhäutig. Solange nichts passiert, ist bei der Wachflotte ja alles in Ordnung. Old Man kreist auch noch immer – was wollen wir mehr?«
Marshall grinste nicht zurück.
»Das Warten an sich stört mich weniger, aber ich habe ein ungutes Gefühl. So, als stünde eine Katastrophe bevor – oder sei bereits irgendwo, weit von hier entfernt eingetreten. Ich weiß, wie unsinnig es ist, sich auf Gefühle verlassen zu wollen, aber ich kann mir nicht helfen.«
»Aber, John, du wirst doch keine Depressionen bekommen? Sieh dich doch um. Wir haben eine gute Unterkunft, die Stadt ist weit genug entfernt, um Überraschungen so gut wie ausgeschlossen erscheinen zu lassen. Niemand stört uns. Endlich mal Zeit, daß wir uns erholen.«
Aber Marshall brachte es nicht fertig, den Optimismus seines Freundes zu teilen.
»Irgendeine Gefahr ist im Anzug ich weiß nur nicht, ob sie uns direkt betrifft. Dann wurde ich mir wahrhaftig weniger Sorgen machen.«
Sengu ging in die hintere Ecke der Höhle und kramte in den Vorräten. Endlich fand er, was er gesucht hatte. In aller Ruhe stellte er sich eine Mahlzeit zusammen und öffnete dann die Dosen. Sie wurden automatisch erwärmt, ohne daß ein Feuer benötigt wurde.
Als er damit fertig war, begann er zu essen.
»Ich habe schon zwei Pfund zugenommen«, sagte er.
Marshall gab keine Antwort. Er stand vorn beim Höhleneingang und sah hinauf in den leicht bewölkten Himmel von New Luna. Drüben in Jelly-City rührte sich nichts. Die unter Hypnokontrolle stehenden Terraner besaßen kein Eigenleben mehr. Sie taten nur das, was ihnen befohlen wurde, und Spaziergänge gehörten nicht dazu.
Marshall ließ das Glas sinken. Es hing an einem Riemen um seinen Hals.
Ihm war, als sei es eine Schlinge die sich langsam zuzog.
Die Waffenruhe zwischen Old Man und der Wachflotte Bullys dauerte nun schon elf Tage. Die Terraner dachten nicht im Traum daran, den unüberwindlichen Roboter ohne besonderen Grund anzugreifen, und die dreizehn Steuergehirne Old Man s mochten ähnlich denken. Außerdem bestand noch immer Rhodans ausdrücklicher Befehl, den Roboter unter keinen Umständen zu beschädigen oder gar zu vernichten. Er war für die Menschheit bestimmt und eines Tages wurde sie ihn bekommen.
Bully hatte die Alarmbesatzung der Kommandozentrale in der Marschall Freyt kontrolliert und war auf dem Rückweg zu seiner Kabine, als er Gucky begegnete.
Der Mausbiber hatte elf Tage zuvor zusammen mit seinem kleinen Sohn Jumpy und Ras Tschubai zwei Robotschiffe Old Man s gestohlen. Dabei war es ihm auch gelungen, den zuschnappenden Parafallen des Roboters zu entkommen. Allerdings hatte er auch das Geheimnis der Terraner lüften können, die vor mehr als fünfzigtausend Jahren Old Man erdacht und konstruiert hatten. Sie waren nicht mehr am Leben, wie Rhodan fälschlicherweise angenommen hatte. Aber ihre Gehirne existierten noch, und sie waren es, die jetzt von den Hypnokristallen kontrolliert wurden.
Eine Woche später war General Ems Kastori mit seinem Flottenverband zur Magellanschen Wolke abgeflogen. Er sollte Gucky mitnehmen, aber der Mausbiber hatte sich hartnäckig geweigert. Seine Beweggründe blieben umstritten, denn er handelte nach Gefühl. Er behauptete, eine böse Ahnung zu haben und daß er sehr bald hier gebraucht würde.
Bully drängte ihn nicht. Im Gegenteil, heimlich war er froh, daß sein alter Freund bei ihm blieb.
Und so war General Kastori ohne Gucky aufgebrochen.
»Du machst ein Gesicht, Kleiner als hättest du einen Regenwurm verschluckt.«
Gucky verzog den Mund.
»Immer diese häßlichen Vergleiche, Dicker. Ich bin Vegetarier, und wenn mich ein Regenwurm auch noch so ärgert, essen werde ich ihn nie. Übrigens gibt es auf Freyt keine Würmer.«
»War bildlich gemeint«, klärte Bully ihn auf, der sich über das düstere Gesicht seines kleinen Freundes wunderte. Gucky war nur halb so groß wie er. »Aber ehrlich, man konnte direkt Angst vor dir kriegen. Du läufst herum, als sei morgen deine Beerdigung.«
»Die Welt würde einen Helden verlieren«, stellte Gucky todernst fest. »Und ich mein Leben. Welch tragische Verluste!«
»Sprechen wir von erfreulicheren Dingen«, schlug Bully vor und schob den Mausbiber vor sich her in die leere Offiziersmesse. »Nehmen wir einen köstlichen Schluck Libilli zu uns.«
»Mit dem Zeug kannst du mich jagen«, versicherte Gucky, aber sein Gesicht leuchtete trotzdem auf. »Es sei denn, es ist kalt.«
Ein Kadett hatte Ordonnanzdienst. Er nahm die bestellten Getränke aus dem Eisfach und servierte sie respektvoll. Gucky kniff ihn ins Bein.
»Herr Oberkellner, wie wäre es mit einem Whisky?«
»Alkohol ist während Alarmstufe I verboten, Sir«, flüsterte der Kadett aufgeregt. Gucky schien für ihn so etwas wie eine Sagenfigur zu sein. »Ich bitte um Entschuldigung, Sir.«
Gucky genoß das »Sir« wie eine seltene Lieblingsspeise. Er sah Bully triumphierend an, grinste mit seinem Nagezahn und meinte:
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