Piter machte fünf eilige Schritte und blieb direkt hinter Feyd-Rautha stehen. Der junge Mann sah den Mentaten mit einem unguten Gefühl an. Die leichte Spannung, die in der Luft lag, war nicht zu ignorieren.
»Treiben Sie keine Spielchen mit Piter, Baron«, sagte Piter. »Sie haben mir Lady Jessica versprochen. Sie haben sie mir versprochen!«
»Und was stellst du mit ihr an, Piter?« fragte der Baron. »Sie foltern?«
Piter starrte ihn an. Er sagte nichts.
Feyd-Rautha drehte seinen Suspensorensessel und sagte: »Soll ich noch hierbleiben, Onkel? Du sagtest …«
»Mein Liebling Feyd-Rautha wird unruhig«, sagte der Baron. Er bewegte sich innerhalb des Globusschattens. »Immer ruhig bleiben, Feyd.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Mentaten zu. »Und was soll mit Paul geschehen, lieber Piter?«
»Er wird Ihnen gehören, Baron«, murmelte Piter.
»Danach habe ich nicht gefragt«, sagte der Baron. »Du wirst dich doch noch daran erinnern, daß du voraussagtest, diese Bene-Gesserit-Hexe wurde eine Tochter gebären? Hast du dich dabei geirrt, Mentat?«
»Ich irre mich nicht oft, Baron«, entgegnete Piter, zum erstenmal mit Furcht in der Stimme. »Gestehen Sie mir zu, daß ich mich nicht oft geirrt habe. Und daß die Bene Gesserit größtenteils Töchter gebären, ist sogar Ihnen bekannt. Selbst die Gemahlin des Imperators hat nur Mädchen das Leben geschenkt.«
Feyd-Rautha sagte: »Onkel, du sagtest, hier würde etwas von Wichtigkeit beredet …«
»Hör dir meinen Neffen an«, unterbrach der Baron Piter zugewandt. »Er will einst über meine Ländereien herrschen und ist nicht einmal in der Lage, seine eigenen Emotionen unter Kontrolle zu halten.« Er verhielt neben dem Globus seinen Schritt, wurde zu einem Schatten unter Schatten. »Nun denn, Feyd-Rautha Harkonnen: Ich habe dich hierher gebeten weil ich hoffte, dir etwas Weisheit vermitteln zu können. Hast du die Zeit genutzt, um unseren lieben Mentaten eingehend zu beobachten? Hast du aus seinem Verhalten einige Lehren ziehen können?«
»Aber Onkel …«
»Es ist ein reichlich frecher Mentat, würdest du das abstreiten, Feyd?«
»Das stimmt, aber …«
»Aha! Es stimmt, aber! Er nimmt zuviel von diesem Gewürz er frißt es wie Zucker! Schau dir seine Augen an! Er sieht so aus, als käme er geradewegs aus der arrakisischen Arbeiterklasse. Er leistet etwas, aber er neigt trotzdem zu emotionellen und unkontrollierten Ausbrüchen. Leistungsfähig ist er, aber dennoch kann er irren.«
Piter sagte mürrisch: »Haben Sie mich gerufen, um meine Fähigkeiten herabzusetzen, Baron?«
»Deine Fähigkeiten herabsetzen? Du solltest mich besser kennen, Piter. Ich wollte meinem Neffen lediglich die Grenzen eines Mentaten veranschaulichen.«
»Bereiten Sie bereits meine Ablösung vor?« verlangte Piter zu wissen.
»Deine Ablösung? Wo sollte ich schon einen Mentaten mit deiner Geschicklichkeit und Durchtriebenheit hernehmen?«
»Dort, wo Sie mich fanden, Baron.«
»Vielleicht sollte ich das wirklich tun«, grübelte der Baron. »Du wirkst in letzter Zeit ein wenig labil. Und dann die Gewürze, die du verschlingst!«
»Bin ich in meinen Genüssen zu maßlos, Baron? Ärgern Sie sich darüber?«
»Deine Genüsse, mein lieber Piter, sind es, die uns trennen . Wie konnte ich darauf wütend sein? Ich wünsche mir lediglich, daß mein Neffe sie an dir kennenlernt.«
»Dann werde ich also hier zur Schau gestellt«, meinte Piter sarkastisch. »Soll ich tanzen? Soll ich eine Vorstellung meiner verschiedenen Fähigkeiten für den ehrenwerten Feyd-Rau…«
»Genau«, sagte der Baron. »Du wirst hier zur Schau gestellt. Und jetzt sei still.«
Er warf Feyd-Rautha einen kurzen Blick zu und stellte fest, daß dessen Lippen, die genau dem Markenzeichen der Harkonnens entsprachen, sich spöttisch verzogen hatten.
»Dies, Feyd, ist ein Mentat. Er wurde dazu ausgewählt und erzogen, die unterschiedlichsten Funktionen zu erfüllen. Daß er sich in einem menschlichen Körper befindet, darf man keinesfalls vergessen. Es ist ein ernsthafter Nachteil. Manchmal glaube ich fast, daß unsere Vorfahren mit ihren Denkmaschinen gar nicht ganz so falsch gelegen haben.«
»Das waren Spielzeuge im Vergleich zu mir«, warf Piter ein. »Selbst Sie, Baron, wären diesen Maschinen weit überlegen gewesen.«
»Vielleicht«, gab der Baron zu. »Ah, jedenfalls …« Er zog tief die Luft ein und rülpste. »Erkläre meinem Neffen die wichtigsten Punkte unseres Feldzuges gegen das Haus Atreides. Agiere als Mentat für uns, wenn du willst.«
»Ich habe Sie darauf hingewiesen, Baron, daß es gefährlich sein kann, diese Informationen vor einem so jungen Mann auszubreiten. Meine Beobachtungen …«
»Hier treffe ich die Entscheidungen«, warf der Baron ein. »Dies ist ein Befehl, Mentat! Erfülle eine deiner Pflichten!«
»So sei es«, erwiderte Piter resigniert. Seine Gestalt straffte sich und nahm den Ausdruck von Würde an. Es war natürlich nur eine andere seiner Masken, aber diesmal verhüllte sie seinen ganzen Körper. »In einigen Standardtagen wird der gesamte Hof Herzog Letos ein Schiff der Raumgilde besteigen, das nach Arrakis fliegt. Sie werden nicht in unserer Stadt Carthag, sondern in Arrakeen landen, weil der Mentat des Herzogs, Thufir Hawat, herausgefunden hat, daß Arrakeen leichter zu verteidigen ist.«
»Hör ihm gut zu, Feyd«, sagte der Baron. »Und achte auf die Pläne, die Pläne und wiederum Pläne enthalten.«
Nickend dachte Feyd-Rautha: Dies ist schon eher etwas, das das Zuhören lohnt. Endlich wird mich der alte Schurke in seine Geheimnisse einweihen. Er hat sich also wohl wirklich entschlossen, mich zu seinem Erben zu machen.
»Es existieren mehrere verschiedene Möglichkeiten«, führte Piter aus. »Nehmen wir uns die vor, nach der das Haus Atreides nach Arrakis zieht. Wir dürfen allerdings nicht außer acht lassen, daß der Herzog möglicherweise mit der Gilde einen Vertrag abgeschlossen hat, der ihm das Recht gibt, außerhalb des Systems einen sicheren Ort aufzusuchen. Andere Familien sind unter ähnlichen Umständen zu Renegaten geworden und flohen über die Grenzen des Imperiums hinaus.«
»Der Herzog ist zu stolz, um dergleichen zu tun«, gab der Baron zu bedenken.
»Es ist aber eine Möglichkeit«, sagte Piter. »Der Effekt würde für uns jedenfalls der gleiche sein.«
»Nein, das würde er nicht!« grollte der Baron. »Ich will, daß er stirbt — und mit ihm seine Familie.«
»Was natürlich die beste Möglichkeit wäre«, gab Piter zu. »Es gibt meist sichere Anzeichen dafür, wenn ein Hohes Haus einen Renegatenstandpunkt vorbereitet. Der Herzog jedenfalls scheint keine derartigen Pläne zu haben.«
»Eben«, sagte der Baron, »mach nun weiter, Piter!«
»Der Herzog und seine Familie«, fuhr Piter fort, »wird in Arrakeen seine Residenz aufschlagen. Und zwar dort, wo früher Graf und Lady Fenring lebten.«
»Der Gesandte bei den Schmugglern«, kicherte der Baron.
»Welcher Gesandte?« fragte Feyd-Rautha.
»Ihr Onkel beliebte zu scherzen«, sagte Piter. »Er bezeichnet Graf Fenring als Gesandter bei den Schmugglern, weil er damit andeuten will, daß der Imperator ein gewisses Interesse am Schmuggel auf Arrakis hat.«
Verblüfft starrte Feyd-Rautha seinen Onkel an.
»Und warum?«
»Stell dich nicht dümmer an als du bist, Feyd«, knurrte der Baron. »Wie sollte es anders gehen, solange die Raumgilde außerhalb der imperialen Kontrolle steht? Wie sollten sich Spione und Assassinen sonst bewegen können?«
Feyd-Rautha äußerte ein lautloses »Oooohhh.«
»In der Residenz selbst haben wir für einige interessante Abwechslungen gesorgt«, erklärte Piter. »Unter anderem wird es ein Attentat auf den herzoglichen Erben geben, das uns sehr erfolgversprechend scheint.«
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