Der andere kletterte vom Motorblock herab, um sich persönlich davon zu überzeugen, und kam zum gleichen Schluß. Das Eis wich zurück.
Unverzüglich begann Beetchermarlf weitergehend zu planen.
„Ausgezeichnet, Tak. Wir werfen die anderen Motoren an, sobald sie eisfrei sind und wir an die Kontrollen gelangen können. Auf diese Weise müßten wir in der Lage sein, die Kwembly freizuschmelzen.“
„Willst du die Gaszellen über allen mit Konvertern ausgestatteten Fahrwerkeinheiten anstechen?“ forschte Takoorch. „Das würde die pneumatische Matratze um ein Drittel ihrer Gasfüllung berauben.“
Beetchermarlf stutzte. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Nun, eigentlich könnten wir es… nein, das wäre schlecht. Aber wenn wir an eine weitere Krafteinheit herankommen, können wir sie in den Motor der zweiten Walze der bereits entleerten Zelle installieren, so daß wir die doppelte Wärmeentwicklung erhalten. Und dann… ich weiß es auch nicht. Vielleicht sollten wir noch ein paar Walzen zu untergraben versuchen — nein, das hat sich nicht gelohnt… Mir fällt nichts mehr ein.
Doch womöglich genügen zwei laufende Walzen.“
„Hoffen wir es“, sagte Takoorch zweifelnd. Die Unsicherheit des Jüngeren enttäuschte ihn nun, aber er wußte keine besseren Vorschläge anzubieten. „Was soll ich tun?“ fügte er hinzu.
„Am besten verfolgst du den Schmelzprozeß und nimmst den nächsten zugänglichen Konverter an dich“, antwortete Beetchermarlf. „Wir installieren ihn in diesen Motor“ — er deutete auf die Nachbarwalze — „und setzen ihn ebenfalls in Gang.
Ich gehe wieder hinauf und überwache den Motorblock. Einversta nden?“
Takoorch machte eine zustimmende Geste und schickte sich an, den Verlauf der Eisbarriere rundum zu untersuchen. Er marschierte einige Male im Kreis am Eiswall entlang und beobachtete hocherfreut, wie er sich überall zurückzog. Die Entdeckung, daß der Schmelzprozeß sich im gleichen Maße verlangsamte wie der Hohlraum sich erweiterte, dämpfte seine Freude ein wenig, aber überrascht war er nicht darüber. Er überlegte, welche der noch unerreichbaren Energieeinheiten als erste eisfrei werden mußte, nahm in der Nähe Platz und wartete.
Die Gemütshaltung, in der er sich dabei befand, ließ sich für menschliche Vorstellungen nicht exakt beschreiben. In menschlichem Sinne war er weder geduldig noch ungeduldig. Er wußte, daß Warten bisweilen unvermeidlich war, und wurde durch diese Unbequemlichkeit emotional so gut wie gar nicht gerührt. Er war, sowohl nach menschlichem wie auch mesklinitischem Durchschnitt, ziemlich intelligent und fantasievoll, aber er kannte keinerlei Bedürfnis, sich das Warten durch irgendwelche Tagträumereien zu erleichtern oder zu verkürzen.
Eine halbbewußte mentale >Uhr< veranlaßte ihn zur regelmäßigen Beachtung der Fortschritte des Schmelzprozesses. Besser konnte man den mentalen Zustand des Meskliniten während des Wartens nicht umschreiben.
Selbstverständlich schlief er weder noch war er unachtsam, denn als ein plötzliches Rumpeln und ein Kollern von Steinen erfolgte, reagierte er prompt. Die Stelle, an der er lag, befand sich nicht weit von der rotierenden Walze entfernt, so daß ihm sofort klar wurde, was geschehen sein mußte.
Beetchermarlf erfaßte es nicht weniger rasch, und schneller, als je ein Mensch zu handeln vermocht hätte, unterbrach er die Energiezufuhr. Die beiden Meskliniten trafen sich zwei oder drei Sekunden später neben der Walze, die nun zum Stillstand kam.
Sie war inzwischen in äußerst schlechter Verfassung. Das Walzenmaterial war überaus strapazierfähig, und unter normalen Fahrtbedingungen wäre sie noch viele Monate lang unbeeinträchtigt geblieben; doch rücksichtslose Rotationsreibung auf der Stelle, auf steinigem Untergrund, beanspruchte das Material doch zu stark.
Die Steine, über denen die Walze rotiert war, hatten sich unter der Einwirkung der Rotation erheblich abgeflacht. Nach sorgfältiger Untersuchung konstatierte der junge Steuermann, daß weniger die oberflächliche Reibung als ein vormals runder Stein, den die Walzenrotation innerhalb etwa einer Stunde zu einem messerscharfen Gebilde zurechtgeschabt hatte, die Ursache des Walzenausfalls war. Takoorch pflichtete ihm bei; der tiefe Schlitz, der rund um die Walze verlief, war nur zu eindeutig.
Es gab keine Frage, was zu tun sei, und sie taten das Machbare sofort. In weniger als fünf Minuten entfernten sie den Konverter aus der Fahrwerkeinheit und installierten ihn in die benachbarte Walze, die infolge der Entleerung der Gaszelle ebenfalls von der Überbelastung befreit worden war. Beetchermarlf warf die Maschine ohne Zögern an; es kümmerte ihn nicht, daß unter Umstä nden auch diese Walze beschädigt werden konnte.
Takoorch war mittlerweile ziemlich unbehaglich zumute. Der Ausfall der Walze hatte seinen Optimismus ganz erheblich gedämpft, und er bezweifelte, ob die andere lange genug durchhalten würde, um ihnen einen Weg ins Freie zu tauen.
Nach ein paar Minuten angestrengten Überlegens kam ihm der Gedanke, daß eine Konzentration erwärmten Wassers auf eine Stelle den Schmelzprozeß in eine bestimmte Richtung beschleunigen könne, und er trug diese Idee seinem Gefährten vor. Beetchermarlf ärgerte sich, daß ihm dies nicht schon längst eingefallen war. Während der folgenden halben Stunde schichteten die beiden einen Steinwall auf, der ihre Wärmequelle zum Hohlrauminnern abschirmte und das Warmwasser, das die Walzenrotation aufwühlte, teilweise gegen die Eisbarriere leitete. Takoorch sah seine Erwartung zufriedenstellend erfüllt; das Eis auf der Steuerbordseite der Kwembly wich nun rascher.
Natürlich war er nicht gerade glücklich. Ihm schien es kaum wahrscheinlicher als Beetchermarlf, daß diese Walze die überhöhte Beanspruchung länger ertragen würde als die andere; falls sie sich verschliß, bevor es einen Weg nach draußen gab, ließ sich wohl kaum noch etwas zu ihrer persönlichen Rettung unternehmen. In einer solchen Situation vermochte mancher Mensch sich gelassen hinzusetzen und darauf zu hoffen, daß Freunde ihm zu Hilfe eilten, und an diese Hoffnung konnte er sich bis zum letzten Augenblick klammern. Die me ntale Konstitution nur weniger Meskliniten neigte zu dieser Haltung, und die beiden Steuermänner zählten nicht dazu. Das Stennish kannte ein Wort, das Easy stets mit >Hoffnung< zu übersetzen pflegte, doch in Wahrheit stimmten die beiden Begriffe doch nicht ganz überein.
Takoorch jedenfalls, von seiner nicht einwandfrei definierbaren Stimmung dazu bewegt, bezog zwischen der rotierenden Walze und dem schmelzenden Eis Stellung und beobachtete beides.
Beetchermarlf behielt wiederum den Motorblock unter Aufsicht.
Da sie unter dieser Walze den Untergrund nicht ausgehöhlt hatten, waren die Reibungsintensität und die Wärmeentwicklung diesmal stärker, folglich kam es auch zu einem schnelleren Verschleiß der Walzenbereifung. Das Rumpeln, das die Zerstörung des Belagmaterials begleitete, ertönte bereits eine erschreckend kurze Zeitspanne nach Fertigstellung des Steinwalls.
Wieder reagierten die beiden Meskliniten sofort und gleichzeitig, ohne sich zu verständigen.
Beetchermarlf deaktivierte den Konverter und verließ eilends den Motorblock; Takoorch erreichte die Eisbarriere nur deshalb früher, weil er bloß die halbe Strecke zurückzulegen hatte. Beide begannen mit ihren Messern wie rasend die frostige Oberfläche zu bearbeiten; sie wußten, daß sie sich nahe an der Steuerbordseite der Kwembly befanden. Vielleicht würden ihre Messer, bevor der Gefrierprozeß erneut einsetzte, die restliche Eisschicht durchbrechen können…
Takoorchs Klinge zerbrach innerhalb der ersten Minute. Einige der Menschen im Satelliten hätten sich sehr für die Laute interessiert, die der Steuermann daraufhin ausstieß, aber nicht einmal Easy Hoffman wäre es gelungen, sie zu deuten.
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