»Ich verstehe nicht, wie das passiert sein kann. Ich rufe Sie sofort zurück.«
Zehn Minuten später rief Karp wieder an. »Tut mir schrecklich leid, Miss Cameron, aber Ihre Bestellung ist verwechselt
worden. Obwohl unsere Kontrollen sonst .«
»Ihre offenbar sehr laschen Kontrollen interessieren mich nicht«, unterbrach Lara ihn. »Ich will nur, daß meine Bestellung schnellstens bearbeitet und ausgeliefert wird.«
»Dafür sorge ich gern.«
Lara atmete erleichtert auf. »Und wann können wir mit der Lieferung rechnen?«
»In acht bis zehn Wochen.«
»Erst in acht bis zehn Wochen? Kommt nicht in Frage! Wir brauchen das Glas sofort!«
»Wir würden Sie gern früher beliefern«, versicherte Karp ihr, »aber leider stapeln sich bei uns die unerledigten Aufträge.«
»Ich glaube, Sie verstehen mich nicht richtig«, sagte Lara aufgebracht. »Hier handelt es sich um einen Notfall! Wir brauchen .«
»Doch, ich verstehe durchaus. Wir tun natürlich unser Bestes. Sie bekommen das Glas in acht bis zehn Wochen. Ich bedaure, Ihnen keine .«
Lara knallte den Hörer auf die Gabel. »Unglaublich!« sagte sie. Dann sah sie zu Tilly hinüber. »Gibt es keine andere Firma, bei der wir das Glas bestellen könnten?«
Tilly fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Nicht zu einem so späten Zeitpunkt. Würden wir den Auftrag anderweitig vergeben, müßten wir auch warten, bis Fertigungskapazitäten frei sind.«
»Lara, kann ich dich kurz allein sprechen?« fragte Keller. Er nahm sie beiseite. »Ich mache dir diesen Vorschlag nicht gern, aber .«
»Ich höre.«
». vielleicht kann dein Freund Paul Martin uns aus der Patsche helfen. Er kennt bestimmt jemanden, der jemanden kennt .«
Lara nickte zustimmend. »Gute Idee, Howard! Ich rufe ihn gleich an, wenn ich wieder im Büro bin.«
Zwei Stunden später saß Lara vor Paul Martins Schreibtisch.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich mich dein Anruf gemacht hat«, sagte Paul. »Du hast seit einer Ewigkeit nicht mehr angerufen. Mein Gott, wie schön du aussiehst, Lara!«
»Danke, Paul.«
»Was kann ich für dich tun?«
»Zu dir komme ich anscheinend immer dann, wenn ich Schwierigkeiten habe«, sagte Lara zögernd.
»Ich bin schließlich auch immer für dich dagewesen, stimmt's?«
»Ja. Du bist mein guter Freund.« Lara seufzte. »Im Augenblick brauche ich einen guten Freund.«
»Was gibt es diesmal? Droht wieder ein Streik?«
»Nein, es geht um die Cameron Towers.«
Er runzelte die Stirn. »Soviel ich gehört habe, geht dort alles planmäßig voran.«
»Das stimmt. Oder es hat gestimmt. Ich fürchte, daß Steve Murchison darauf aus ist, das Projekt zu sabotieren. Auf der Baustelle geht plötzlich alles schief. Bisher haben wir es irgendwie geschafft, den Terminplan einzuhalten. Aber jetzt ... Wir stehen vor einem großen Problem, das die Fertigstellung gefährden könnte. Dann müßten wir mit Schadenersatzforderungen unserer beiden größten Mieter rechnen - und das wäre unser Ruin, Paul.«
Lara holte tief Luft und versuchte, ihren Zorn zu beherrschen.
»Vor über einem halben Jahr haben wir bei der New Jersey Panel and Glass Company getöntes Glas bestellt. Heute morgen ist die Lieferung gekommen. Aber das war nicht unser Glas!«
»Hast du schon reklamiert?«
»Ja, aber die Firma kann angeblich erst in acht bis zehn Wochen liefern. Ich brauche das Glas in spätestens zwei Wochen.
Bis dahin haben die Arbeiter praktisch nichts mehr zu tun. Der Bau ist so gut wie eingestellt. Wird er nicht termingerecht fertig, verliere ich alles, was ich besitze.«
Paul Martin schüttelte den Kopf. »Nein, dazu wird es nicht kommen. Ich sehe zu, was sich machen läßt.«
Lara wurde es vor Erleichterung fast schwindelig. »Paul, ich ...« Sie hatte Mühe, die richtigen Worte zu finden. »Ich danke dir!«
Er griff nach ihrer Hand. »Der Dinosaurier ist noch nicht erledigt«, sagte er lächelnd. »Morgen weiß ich hoffentlich schon mehr.«
Am nächsten Vormittag klingelte Laras Privattelefon zum ersten Mal seit Monaten. Sie nahm hastig den Hörer ab. »Paul?«
»Hallo, Lara. Ich habe mit einigen meiner Freunde gesprochen. Dein Fall ist nicht einfach, aber er läßt sich regeln. Sie haben die Lieferung für Montag übernächster Woche zugesagt.«
An dem Montag, an dem das Glas geliefert werden sollte, rief Lara erneut Paul Martin an.
»Das Glas ist noch nicht gekommen, Paul«, berichtete sie sorgenvoll.
»Oh?« Am anderen Ende herrschte kurzes Schweigen. »Okay, ich kümmere mich sofort darum.« Pauls Stimme klang weicher. »Das einzig Gute an dieser Sache ist, daß wir wieder miteinander reden, Baby.«
»Ja, ich . Paul, wenn das Glas nicht rechtzeitig geliefert wird .«
»Es kommt rechtzeitig. Gib nicht auf!«
Zur Wochenmitte war die zugesagte Lieferung noch immer nicht eingetroffen.
Keller kam in Laras Büro. »Ich habe eben mit Tilly gesprochen. Bis spätestens Freitag muß das verdammte Glas da sein. Kommt es, ist noch alles zu retten. Andernfalls sind wir erledigt.«
Am Donnerstagabend war noch immer keine Lieferung eingetroffen.
Am Freitagmorgen ließ Lara sich zu den Cameron Towers fahren. Die Baustelle war menschenleer. Neben dem majestätisch in den Himmel ragenden unfertigen Wolkenkratzer wirkten die benachbarten Gebäude fast wie Spielzeughäuser. Ein prachtvolles Bauwerk. Ihr Denkmal. Ich sorge dafür, daß es fertiggebaut wird, dachte Lara verbissen.
Vom Büro aus rief sie erneut Paul Martin an.
»Tut mir leid«, sagte seine Sekretärin, »aber Mr. Martin ist nicht da. Kann ich ihm irgendetwas ausrichten?«
»Ich lasse ihn bitten, mich anzurufen«, antwortete Lara. Sie wandte sich an Keller. »Ich habe einen Verdacht, den du bitte überprüfen mußt. Erkundige dich, ob diese Glasfabrik zufällig Steve Murchison gehört.«
Eine halbe Stunde später kam Keller in ihr Büro zurück. Er war auffällig blaß.
»Na? Hast du rausgekriegt, wem die Glasfabrik gehört?«
»Ja«, sagte er langsam. »Sie ist in Delaware ins Handelsregister eingetragen. Als Eigentümerin fungiert die Holdinggesellschaft Etna Enterprises.«
»Etna Enterprises?«
»Richtig. Sie hat die Glasfabrik letztes Jahr aufgekauft. Etna Enterprises gehört Paul Martin.«
Cameron Enterprises hatten plötzlich unter schlechter Publicity zu leiden. Dieselben Journalisten, die Lara bisher in den höchsten Tönen gelobt hatten, griffen sie jetzt an. Jerry Townsend kam zu Howard Keller. »Ich mache mir Sorgen«, sagte Townsend. »Weshalb?«
»Hast du die Pressekampagne gegen Lara verfolgt?« »Yeah. Die Zeitungsschreiber erfinden jeden Tag was Neues über sie.«
»Ich mache mir Sorgen wegen der Geburtstagsparty, Howard. Die Einladungen sind inzwischen verschickt. Aber seit dieser schlechten Publicity hagelt es von allen Seiten Absagen. Die Leute haben Angst davor, sich mit Lara zu zeigen. Ein regelrechtes Fiasko!« »Was schlägst du vor?«
»Ich finde, wir sollten die Party absagen. Ich erfinde irgendeine Ausrede.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Wir müssen verhindern, daß Lara in eine peinliche Situation gerät.« »Gut, dann sage ich die Party ab. Informierst du Lara?« »Wird gemacht.«
Terry Hill rief an.
»Lara, ich habe gerade eine Vorladung für dich erhalten - du sollst übermorgen vor dem Schwurgericht in Reno aussagen. Ich komme natürlich mit.«
Protokoll der ersten Vernehmung Jesse Shaws durch Detective
Lieutenant Sal Mancini.
M: Guten Morgen, Mr. Shaw. Ich bin Lieutenant Mancini. Sie wissen, daß eine Stenographin unser Gespräch mitschreibt? S: Klar.
M: Und Sie haben freiwillig darauf verzichtet, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen?
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