Tilly war der Projektmanager der Cameron Towers. Lara nahm den Hörer ab. »Hallo?«
»Hier hat's heute morgen ein kleines Problem gegeben, Miss Cameron.« »Ja?«
»Bei uns hat's gebrannt. Aber der Brand ist gelöscht.« »Was ist passiert?«
»Im Pumpenraum der Klimaanlage gab es eine Explosion. Ein Transformator ist durchgebrannt und hat einen Kurzschluß erzeugt. Sieht so aus, als sei er nicht richtig angeschlossen gewesen.« »Wie schlimm ist der Schaden?«
»Nun, ein bis zwei Tage verlieren wir bestimmt. Aber dann dürften die schlimmsten Schäden behoben sein.« »Gut, halten Sie mich auf dem laufenden.«
Lara kam Abend für Abend spät nach Hause und wirkte erschöpft und sorgenvoll.
»Ich mache mir Sorgen um dich«, erklärte Philip ihr. »Kann ich irgend etwas für dich tun?«
»Nichts, Liebster. Trotzdem vielen Dank.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Bloß ein paar Probleme im Büro.«
Er schloß sie in die Arme. »Habe ich dir schon gesagt, daß ich verrückt nach dir bin?« Sie sah lächelnd zu ihm auf. »Sag' es mir noch einmal!« »Ich bin verrückt nach dir.«
Lara drängte sich gegen ihn und dachte: Genau das wünsche ich mir. Genau das brauche ich. »Liebster, sobald meine kleinen Probleme ausgestanden sind, reisen wir irgendwohin. Bloß du und ich.« »Abgemacht!«
Irgendwann, dachte sie, muß ich ihm beichten, was ich Marian angetan habe. Ich weiß, daß ich das nicht hätte tun dürfen. Aber ich wäre gestorben, wenn ich ihn verloren hätte.
Am nächsten Morgen rief Tilly wieder bei Lara an. »Haben Sie die Bestellung für den Marmor für den Boden der Eingangshalle storniert, Miss Cameron?«
»Wozu sollte ich das getan haben«, fragte sie langsam.
»Keine Ahnung. Irgend jemand hat's getan. Der Marmor sollte heute geliefert werden. Als ich angerufen habe, hat's geheißen, die Bestellung sei vor acht Wochen auf Ihre Anweisung storniert worden.«
Lara bemühte sich, ganz ruhig zu bleiben. »Ich verstehe. Wie sehr wirft uns das zurück?«
»Schwer zu sagen.«
»Versuchen Sie, Druck zu machen, damit der Marmor schnellstens geliefert wird.«
»Wird gemacht, Miss Cameron.«
Keller kam in ihr Büro.
»Tut mir leid, aber die Banken werden immer nervöser, Lara. Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch hinhalten kann.«
»Bloß noch bis zur Fertigstellung der Cameron Towers. Wir haben's fast geschafft, Howard! Wir eröffnen in drei Monaten!«
»Das habe ich ihnen auch gesagt«, bestätigte er seufzend. »Okay, ich rede noch mal mit ihnen.«
Aus ihrer Gegensprechanlage kam Kathys Stimme: »Mr. Tilly auf Leitung eins.«
Lara sah zu Keller hinüber. »Bleib' noch einen Augenblick da.« Sie nahm den Hörer ab. »Ja?«
»Wir haben ein weiteres Problem, Miss Cameron.«
»Ich höre«, sagte Lara.
»Die Aufzüge funktionieren nicht. Die Steuerung ist völlig unzuverlässig. Will man nach unten fahren, setzt der Aufzug sich nach oben in Bewegung. Drückt man auf den Knopf für den achtzehnten Stock, landet man in der Tiefgarage. So was hab' ich noch nie erlebt!«
»Tippen Sie auf Sabotage?« »Schwer zu sagen. Könnte auch schlampige Arbeit sein.«
»Wie lange wird es dauern, bis alles überprüft ist?«
»Ich hab' ein paar Techniker angefordert, die schon hierher unterwegs sind.«
»Halten Sie mich auf dem laufenden.« Lara legte den Hörer auf.
»Alles in Ordnung?« fragte Keller.
Sie wich seiner Frage aus. »Hast du in letzter Zeit wieder einmal von Steve Murchison gehört, Howard?« lautete ihre Gegenfrage.
Er starrte sie überrascht an. »Nein. Warum?«
»Ach, nur so eine Idee.«
Das Bankenkonsortium, das die Firma Cameron Enterprises finanzierte, hatte allen Grund zur Sorge. Nicht nur Laras Imperium, sondern auch die meisten anderen Firmenkunden waren finanziell angeschlagen. Der Kursverfall der Junk Bonds hatte sich zu einer veritablen Katastrophe entwickelt und war ein schwerer Schlag für alle, die mit diesem Finanzierungsinstrument gearbeitet hatten.
Jetzt saß Howard Keller in einem Konferenzraum sechs Bankiers gegenüber, und die Stimmung war gereizt.
»Ihre Firma ist mit Zins- und Tilgungszahlungen für Kredite von fast einhundert Millionen Dollar im Rückstand«, sagte der Sprecher des Konsortiums. »Ich fürchte, daß wir Cameron Enterprises nicht länger entgegenkommen können.«
»Gentlemen, Sie vergessen da einiges«, widersprach Keller. »Erstens: Wir rechnen täglich mit einer Wiedererteilung unserer Spielbanklizenz in Reno. Die zu erwartenden Einnahmen dürften jedes etwa vorhandene Defizit ausgleichen. Zweitens: Die Cameron Towers werden termingerecht fertiggestellt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind über achtzig Prozent der Büroflächen vermietet, und nach der Fertigstellung wird ein Run auf die restlichen Flächen einsetzen. Ihr Geld
könnte nicht sicherer angelegt sein, Gentlemen!«
Die Bankiers wechselten zweifelnde Blicke.
»Ich schlage vor, daß wir unser weiteres Vorgehen miteinander abstimmen«, sagte der Sprecher, »und Sie dann benachrichtigen, Mr. Keller.«
»Einverstanden. Ich informiere Miss Cameron.«
Keller erstattete Lara Bericht.
»Ich glaube, daß sie mitmachen werden«, erklärte er ihr. »Aber wir müssen ein paar Immobilien zu Geld machen, um flüssig zu bleiben.«
»Also los!«
Lara war morgens als erste im Büro, verließ es abends als letzte und führte einen verzweifelten Kampf, um ihr Imperium zu retten. Ihr Mann bekam sie kaum noch zu sehen. Lara wollte nicht, daß Philip erfuhr, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hatte. Er hat selbst genügend Probleme, dachte Lara. Ich kann ihm nicht auch noch meine aufbürden.
Am Montagmorgen rief Tilly schon um sechs Uhr an. »Sie sollten schnellstens herkommen, Miss Cameron.«
Laras Magen verkrampfte sich. »Was ist los?«
»Das möchte ich Ihnen lieber selbst zeigen.«
»Gut, ich komme.«
Lara rief Keller an. »Howard, auf unserer Baustelle gibt's schon wieder Probleme. Ich hole dich ab.«
Eine halbe Stunde später waren sie gemeinsam zur Baustelle unterwegs.
»Hat Tilly gesagt, was diesmal los ist?« fragte Keller.
»Nein, aber ich glaube an keine Zufälle mehr. Was du neulich gesagt hast, hat mich nachdenklich gemacht. Steve Mur-chison hätte das Grundstück verdammt gern gekauft - und ich hab's ihm vor der Nase weggeschnappt.«
Auf der Baustelle stapelten sich riesige Kisten mit zuge-schnittenen getönten Scheiben, während Sattelschlepper weiteres Glas anlieferten. Tilly hastete Lara und Keller entgegen.
»Ich bin froh, daß Sie da sind!«
»Was ist denn passiert?«
»Das hier ist nicht das Glas, das wir bestellt haben! Es hat völlig falsche Maße und nicht die richtige Tönung. Damit können wir unser Gebäude auf keinen Fall verkleiden!«
Lara und Keller sahen einander an. »Könnten wir's hier zu-rechtschneiden?« fragte Howard.
Der Bauleiter schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen! Da säßen wir zuletzt auf einem Scherbenhaufen.«
»Wo haben wir das Glas bestellt?« fragte Lara.
»Bei der New Jersey Panel and Glass Company.«
»Ich rufe sie an«, sagte Lara. »Bis wann brauchen wir das Glas spätestens?«
Tilly überlegte stirnrunzelnd. »Kommt die Lieferung innerhalb von vierzehn Tagen, können wir den Fertigstellungstermin noch halten. Unsere Leute müßten Überstunden machen, aber es wäre zu schaffen.«
Lara wandte sich an Keller. »Komm, wir haben's eilig!« Sie hastete ins Bauleitungsbüro voraus.
Otto Karp, der Verkaufsleiter der New Jersey Panel and Glass Company, meldete sich sofort. »Ja, Miss Cameron? Wie ich höre, haben Sie ein Problem.«
»Nein«, fauchte Lara,»Sie haben eines! Sie haben uns das falsche Glas geliefert. Kommt das richtige Glas nicht binnen zwei Wochen, verklage ich Ihre Firma auf Schadenersatz. Sie halten ein Dreihundertmillionenprojekt auf!«
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