Die Miene des anderen wurde noch verschlossener.»Als Sie über meine Schwelle getreten sind, haben Sie mein Revier betreten. «Driver stand auf.»Während Sie identifiziert wurden, habe ich mir erlaubt, den CIA-
Direktor anzurufen. Sein Büro hat keine Ahnung, welchen Zweck Ihr Besuch bei mir haben könnte.«
«Natürlich nicht«, erwiderte Lindros, der wusste, dass er die Schlacht verloren hatte.»Ich erstatte dem Direktor immer erst abends Bericht.«
«Ich habe absolut kein Interesse an Ihren Ermittlungen, Deputy Director. Das Fazit lautet, dass niemand meine Mitarbeiter ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des CIA-Direktors befragt.«
«Der Direktor hat mir freie Hand gegeben, die Ermittlungen nach meinem Ermessen zu führen.«
«Aber das weiß ich nur von Ihnen. «Driver zuckte mit den Schultern.»Sie verstehen sicher, dass.«
«Nein, das verstehe ich nicht«, unterbrach Lindros ihn. Er wusste, dass es nichts nützen würde, in dieser Art weiterzumachen. Noch schlimmer: Es war taktisch unklug, aber er war so sauer auf Randy Driver, dass er nicht anders konnte.»Meiner Ansicht nach sind Sie halsstarrig und betreiben Obstruktion.«
Driver beugte sich nach vorn, seine Fingerknöchel knackten, als er beide Hände auf die Schreibtischplatte stützte.»Ihre Ansicht tut nichts zur Sache. Da Sie keine schriftliche Einwilligung vorlegen können, habe ich nichts mehr zu sagen. Das Gespräch ist beendet.«
Der Schlips musste sie belauscht haben, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und er stand auf der Schwelle, um Lindros hinauszubegleiten.
Den Geistesblitz hatte Detective Harris bei der Verfolgung eines Straftäters. Über Funk war eine Fahndungsmeldung eingegangen: Gesucht wurde ein Weißer in einem schwarzen Pontiac GTO — neuestes Modell, in Vir-ginia zugelassen —, der außerhalb von Falls Church eine rote Ampel missachtet hatte und auf der Route 649 nach Süden weitergefahren war. Harris, den Martin Lindros unerklärlicherweise von den Ermittlungen in der Mordsache Conklin-Panov ausgeschlossen hatte, war in Sleepy Hollow, um abschließende Ermittlungen wegen eines Raubmords in einem kleinen Supermarkt zu führen. So war er zufällig auf der 649.
Er wendete mit seinem Streifenwagen mit quietschenden Reifen, schaltete Blaulicht und Sirene ein und raste auf der 649 nach Norden. Wenige Minuten später entdeckte er den schwarzen GTO, den bereits drei Streifenwagen der Virginia State Police verfolgten.
Von einem Hupkonzert und Reifenquietschen begleitet fuhr Detective Harris über den Mittelstreifen und hielt genau auf den GTO zu. Sein Fahrer sah ihn kommen und wechselte die Spur; als Harris ihm durch das Labyrinth aus stehenden Fahrzeugen zu folgen begann, verließ er die Fahrbahn und flitzte die Standspur entlang.
Harris berechnete den Vorhaltewinkel, brachte den Streifenwagen auf Abfangkurs und drängte den GTO auf die Asphaltfläche einer Tankstelle ab. Bremste der Fahrer nicht scharf, musste er die Zapfsäulen rammen.
Als der GTO mit quietschenden Reifen und auf übergroßen Stoßdämpfern wippend zum Stehen kam, sprang Harris mit gezogener Dienstwaffe aus dem Wagen und trabte auf den anderen Fahrer zu.
«Aussteigen und Hände hoch!«, rief er.
«Officer, ich…«
«Klappe halten und tun, was ich sage!«Harris näherte sich und achtete auf ein Anzeichen für eine Waffe.
«Okay, okay!«
Der Fahrer stieg aus, als eben die anderen Streifenwagen herankamen. Harris konnte sehen, dass der Verdächtige nicht älter als Anfang zwanzig und dünn wie eine Bohnenstange war. In seinem Wagen fanden sie eine angebrochene Schnapsflasche. und unter dem Vordersitz eine Pistole.
«Die ist registriert!«, beteuerte der junge Mann.»Sie brauchen nur im Handschuhfach nachzusehen!«
Die Pistole war tatsächlich legal gekauft. Der junge Mann war ein Diamantenkurier. Weshalb er getrunken hatte, war eine andere Geschichte, die Harris nicht sonderlich interessierte.
Als er wieder auf dem Revier war, fiel ihm auf, dass mit der Registrierungskarte der Waffe etwas nicht stimmte. Er rief bei dem Geschäft an, in dem der junge Mann angeblich die Pistole gekauft hatte. Am Apparat war eine ausländisch klingende Stimme, die zugab, dem jungen Mann die Waffe verkauft zu haben, aber irgendetwas an dieser Stimme störte Harris. Also fuhr er zu dem Geschäft hinüber — und stellte fest, dass es nicht existierte. Stattdessen traf er dort einen einzelnen Russen vor einem Computer sitzend an. Er verhaftete den Russen und beschlagnahmte den Computer.
Nach seiner Rückkehr aufs Revier rief Harris in der Datenbank zur Registrierung von Waffen das letzte halbe Jahr auf. Er gab den Namen des angeblichen Geschäfts ein und stellte erschrocken fest, dass bei über dreihundert Verkäufen legale Registrierungskarten gefälscht worden waren. Eine noch größere Überraschung erwartete ihn jedoch, als er die Datensätze des beschlagnahmten Computers sichtete. Als er einen vertrauten Namen sah, griff er sofort nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer von Lindros’ Handy.
«He, hier ist Harry.«
«Oh, hallo«, sagte Lindros, als sei er in Gedanken woanders.
«Was haben Sie?«, fragte Harris.»Ihre Stimme klingt deprimiert.«
«Ich stecke in einer Sackgasse. Und noch schlimmer: Jemand hat mir die Zähne eingeschlagen, und ich frage mich jetzt, ob ich genügend Munition habe, um damit zum Alten zu gehen.«
«Hören Sie, Martin, ich weiß, dass ich offiziell nicht mehr mit diesem Fall befasst bin.«
«Jesus, Harry, darüber wollte ich schon längst mit Ihnen reden, aber.«
«Lassen wir das jetzt«, unterbrach Detective Harris ihn. Er erzählte knapp von dem GTO-Fahrer, seiner Pistole und dem Schwindel mit der gefälschten Registrierung von Schusswaffen.»Sie sehen selbst, wie das funktioniert«, fuhr er fort.»Diese Kerle können Waffen besorgen, für wen sie wollen.«
«Yeah, und?«, fragte Lindros ohne sonderliche Begeisterung.
«Und sie können auch jeden beliebigen Namen auf die Registrierungskarte setzen. Zum Beispiel den von David Webb.«
«Das ist eine nette Theorie, aber.«
«Martin, das ist keine Theorie!«Harris brüllte empört ins Telefon. Alle Kollegen, die ihn hörten, sahen erstaunt auf, weil sie sich über seine Lautstärke wunderten.»Genau das ist passiert!«
«Was?!«
«Richtig. Die gleiche Bande hat einem gewissen David Webb eine Schusswaffe >verkauft<, nur hat Webb sie nie gekauft, weil das auf der Registrierungskarte genannte Geschäft nicht existiert.«
«Okay, aber woher wissen wir, dass Webb diese Bande nicht gekannt und dazu benützt hat, sich illegal eine Waffe zu beschaffen?«
«Das ist das Schöne daran«, sagte Harris.»Ich habe den Computer mit der elektronischen Buchführung der Bande beschlagnahmt. Alle >Verkäufe< sind genau registriert. Die Pistole, die Webb angeblich gekauft hat, ist per Überweisung aus Budapest bezahlt worden.«
Das Kloster thronte hoch auf einem Bergkamm. Auf den weit tiefer liegenden steilen Terrassen gediehen Oliven und Orangen, aber dort oben, wo das Gebäude wie ein Backenzahn im gewachsenen Fels zu sitzen schien, wuchsen nur Disteln und wilder Mohn. Die kri-kri, die überall auftretende kretische Bergziege, war das einzige Tier, das auf Höhe des Klosters überleben konnte. Der alte Steinbau war seit langem in Vergessenheit geraten. Welches Räuber- und Piratenvolk in der turbulenten Geschichte der Insel ihn erbaut hatte, war für Laien schwer festzustellen. Er war wie die Insel selbst durch viele Hände gegangen, war stummer Zeuge von Gebeten und Opfern und Blutvergießen gewesen. Schon ein flüchtiger Blick zeigte, dass er sehr alt sein musste.
Seit undenklichen Zeiten war der Sicherheitsaspekt für Krieger und Mönche gleichermaßen wichtig gewesen — daher die Lage des Klosters auf einem Bergkamm. Auf einer Seite lagen die in Terrassen angelegten, duftenden Oliven- und Orangenhaine; auf der anderen klaffte eine Schlucht wie vom Säbelhieb eines Sarazenen, der dem Berg mit roher Gewalt eine tiefe Wunde geschlagen hatte.
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