Reginald Hill - Das Dorf der verschwundenen Kinder

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Das Dorf der verschwundenen Kinder: краткое содержание, описание и аннотация

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Über dieses Buch Als in der Grafschaft Yorkshire ein siebenjähriges Mädchen entführt wird, reißt bei den Bewohnern des kleinen Ortes Danby eine tiefe Wunde wieder auf: Schon einmal, vor fünfzehn Jahren, verschwanden im Nachbarort Dendale drei kleine Mädchen spurlos. Aber auch der Hauptverdächtige, der damals 19jährige Benny Lightfoot, verschwand von einem Tag auf den anderen. Das war in dem Jahr, als die Bewohner ihre Häuser aufgaben, weil das Dorf einem Stausee weichen musste. Nun prangt ein Graffiti an einer Eisenbahnbrücke: »Benny ist wieder da!«
Über Reginald Hill Reginald Hill, geboren 1936, lebt seit vielen Jahren in der englischen Grafschaft Yorkshire, wo die allermeisten seiner Romane auch spielen. Er hat sich den Ruf erworben, »einer der herausragenden lebenden Krimiautoren« zu sein (Sunday Telegraph) und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Diamond Dagger der britischen Crime Writers’ Association, den er für sein Lebenswerk erhielt.

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Erster Tag Bilder einer ländlichen Idylle Eins BETSY ALLGOOD - фото 1

Erster Tag

Bilder einer ländlichen Idylle

Eins

BETSY ALLGOOD (PA/WW/4.6.88)

PROTOKOLL I

Nr. 2 von 2 Kopien

I ch war sieben, als sie Dendale überschwemmten.

Drei war ich gewesen, als die Regierung die Erlaubnis dafür gab, und vier, als die Untersuchung von der Wasserbehörde gemacht wurde, deshalb kann ich mich daran nicht mehr erinnern.

Ich erinnere mich aber noch an was, das nicht lange danach passiert sein kann. Ich bin die Leiter zu unserem Heuboden raufgeklettert, und oben hat mich mein Dad erwischt.

»Was machst’n hier oben?« hat er gefragt. »Du weißt doch, daß du hier nicht hingehörst.«

Ich hab gesagt, daß ich Bonnie suche, aber das war ein Fehler. Dad hatte nix übrig für Tiere, die nicht nützlich waren. Eine Katze hat die Aufgabe, Ratten und Mäuse zu fangen, aber alles, was Bonnie jemals fing, waren höchstens ein paar Spinnen.

»Dies nutzlose Ding hätten wir mit den andern ertränken sollen«, schimpfte er. »Wenn du ihr noch mal hierher nachrennst, dann erschieß ich sie, sieben Leben hin oder her«

Bevor ich mich verdrücken konnte, ging auf einmal ein Motor an, nicht von einem Trecker sondern von was viel Größerem, unten am Dale End. Ich wußte, daß da Männer arbeiteten, bloß, ich wußte noch nicht, was die da machten.

Dad ging ans offene Tor vom Heuschober und guckte raus. Low Beulah, unser Hof, lag an unserem See Dender Mere auf der gegenüberliegenden Seite vom Dorf, und vom Heuschober aus hatte man eine gute Sicht über unsere Felder bis nach Dale End. Plötzlich hob Dad mich hoch und schwang mich auf seine Schultern.

»Sieh dir das alles gut an, Betsy«, sagte er »Ist jetzt auch piepegal, daß du bloß ’n Mädchen bist. Bald wird hier nix mehr für niemand zum Arbeiten sein, außer für die Fische.«

Ich hatte keine Ahnung, was er meinte, aber ich fand’s toll, daß er mich zur Abwechslung mal beachtete, und ich weiß noch, wie seine knochigen Schultern sich in meine nackten Beine bohrten, wie sich sein dickes, welliges Haar in meinen kleinen Fäusten anfühlte und wie er nach Schaf und Erde und Heu roch.

Ich glaube, er vergaß ganz, daß ich da oben saß, bis mir unbequem wurde und ich hin und her rutschte. Da zuckte er zusammen und sagte: »Ist noch ’ne Menge zu tun. Nix hört auf, bis alles aufhört.« Und er setzte mich mit einem Plumps ab und rutschte die Leiter runter. Das war typisch. Eine Minute schimpft er mit mir, weil ich da oben bin, und die nächste hat er mich schon wieder vergessen.

Ich blieb eine ganze Weile oben, bis Mam anfing, mich zu rufen. Sie erwischt mich, wie ich die Leiter runterklettere, und haut mir auf die Beine und schimpft mich aus, weil ich da oben war. Aber ich hab nix von Dad gesagt, weil es dann auch nicht weniger weh getan hätte und er bloß Ärger gekriegt hätte.

Die Zeit verging. Ein Jahr vielleicht. Schwer zu sagen. In dem Alter kann ein Monat wie ’ne Minute sein und eine Minute wie ein Monat, wenn’s einem mal schlecht geht. Ich weiß noch, daß ich auf die Dorfschule kam. Da fangen auch die meisten meiner deutlichen Erinnerungen an. Aber komischerweise hatte ich immer noch keinen blassen Schimmer, was die Männer da unten am Dale End machten. Ich glaube, ich hatte mich einfach an sie gewöhnt. Es kam mir vor, als ob sie schon fast so lange da gewesen wären wie ich. Dann, als ich in der zweiten Klasse war, hörte ich irgendwann ein paar ältere Kinder darüber reden, daß wir alle in die St. Michael’s Grundschule in Danby umziehen würden. Wir haßten St. Michael’s.

Wir hatten nur zwei Lehrerinnen, Mrs. Winter und Miss Lavery, aber in Danby hatten sie sechs oder sieben Lehrer. Und einen mit einer schwarzen Augenklappe und einem zersplitterten Rohrstock, mit dem er die Kinder immer schlug, wenn sie sich verrechneten. Wenigstens hatten wir das gehört.

Ich mischte mich also ein und wollte wissen, warum wir denn dahin umziehen müßten.

»Weißt du denn gar nix, Betsy Allgood?« meinte Elsie Coe, die schon fast elf war und auch schon Jungens mochte. »Was glaubst du denn, was die da hinten im Tal bauen? Ein Einkaufszentrum?«

»Sei nicht gemein«, sagte da eine von ihren netteren Freundinnen. »Sie ist doch noch ein Kindchen. Die werden Dendale unter Wasser setzen, Betsy, damit die stinkenden Städter hier alle baden können!«

Dann kam Miss Lavery und rief uns wieder rein. Aber ich ging erst zum Trinkwasserbrunnen und guckte mir an, wie der Wasserstrahl in der Sonne zum Regenbogen wurde.

Danach kriegte ich plötzlich Alpträume. Ich träumte immer, Bonnie würde mich wecken, wie er maunzend auf meinem Kopfkissen sitzt, und das ganze Bettzeug wäre naß, und das Bett würde schon fast im Wasser schwimmen, das durchs Fenster reinläuft. Ich wußte immer, daß es bloß ein Traum ist, aber ich hatte trotzdem Angst. Dad meinte, ich solle mich nicht so anstellen, und Mam sagte, wenn ich wüßte, daß ein Traum nur ein Traum ist, sollte ich versuchen, mich selbst zu wecken, und manchmal klappte das auch, nur daß ich nicht richtig wach wurde und das Wasser immer noch da war und jetzt über mein Gesicht schwappte, und dann bin ich richtig aufgewacht und hab geschrien.

Als Mam merkte, was mich bedrückte, versuchte sie, mir alles zu erklären. Sie konnte gut Sachen erklären, wenn sie nicht gerade schlecht drauf war. Die Nerven, wie ich Mrs. Telford eines Tags hab sagen hören, als ich mit Madge draußen vor dem Fenster der Tischlerei auf dem Stang-Hof spielte. Es war auch Mrs. Telford, die ich irgendwann mal sagen hörte, wie schade es doch wäre, daß Jack Allgood (das ist Dad) keinen Sohn hat, aber es würde ja auch keinem helfen, wenn Lizzie (das ist Mam) dem Mädchen die Haare so kurz wie einem Jungen schneidet und ihr Hosen anzieht. Das war ich. Da hab ich in den Spiegel geguckt und mir überlegt, ob ich nicht vielleicht ein Junge werden könnte, wenn ich groß bin.

Ich hab grad gesagt, daß Mam Sachen erklären konnte. Sie erzählte mir von dem Stausee und daß wir alle nach Danby umgesiedelt würden und daß es eigentlich keinen großen Unterschied macht, weil Dad ein so guter Pächter wäre, daß Mr. Pontifex ihm den ersten Hof versprochen hat, der auf seinem Land frei wird.

Da ließen die Alpträume ein bißchen nach. Die Vorstellung umzuziehen war eher aufregend als beängstigend, bis auf diesen einäugigen Lehrer mit seinem zersplitterten Rohrstock. Außerdem war das Wetter viel zu schön geworden, als daß Kinder sich um irgendwas in der Zukunft Sorgen machten. Und schon gar nicht um zuviel Wasser!

Der Sommer war lang und heiß, also ich meine: richtig lang und richtig heiß, und nicht nur daß ein paar Kinder sich an ein paar sonnige Tage erinnern, die endlos scheinen.

Der Winter war trocken gewesen, und der Frühling auch, abgesehen von ein paar Schauern. Danach nix mehr. Jeder Tag war heißer als der vorige. Selbst oben auf Beulah Height konnte man keinen Windhauch spüren, und unten im Tal ließen wir alle Fenster in den Häusern und in der Schule weit offen, aber da kam nix außer dem fernen Radau der Baumaschinen von Dale End.

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