»Ja, Adam.«
Davon abgesehen fielen keine Worte mehr, bis sie das Haus erreicht hatten.
»Möchtest du noch einen Schlummertrunk?« fragte Adam. »Nein, danke. Ich denke, wir sollten uns einmal unterhalten.«
»Oh? Worüber?«
Sie sah ihn an und sagte: »Über dich und Jennifer Parker.« Die Worte wirkten wie ein Faustschlag. Adam zögerte einen Moment. Sollte er alles leugnen oder...? »Ich weiß seit einiger Zeit Bescheid. Ich habe nichts gesagt, weil ich mir darüber klarwerden mußte, wie es weitergehen soll.«
»Mary Beth, ich...«
»Bitte, laß mich ausreden. Ich weiß, daß unsere Beziehung nicht ganz so verlaufen ist, wie wir es erhofft hatten. Vielleicht war ich keine so gute Ehefrau, wie ich hätte sein sollen.«
»Dich trifft keine Schuld, glaub mir. Ich...«
»Bitte, Adam. Das alles ist nicht gerade einfach für mich. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich werde dir nicht im Weg stehen.«
Er sah sie ungläubig an. »Ich verstehe nicht...«
»Ich liebe dich zu sehr, um dir weh zu tun. Du hast eine glänzende politische Zukunft vor dir. Ich möchte nicht, daß irgend etwas dir das verdirbt. Offensichtlich mache ich dich nicht vollständig glücklich. Wenn Jennifer Parker es kann, dann sollst du sie haben.«
Das ganze Gespräch erschien ihm so unwirklich, als fände es unter Wasser statt. »Und was wird aus dir?« Mary Beth lächelte. »Mir wird es gutgehen, Adam. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe meine eigenen Pläne.«
»Ich - ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Du brauchst nichts zu sagen. Ich habe alles gesagt, für uns beide. Wenn ich mich an dich klammern und dich unglücklich machen würde, wäre das für uns beide keine Hilfe, nicht? Ich bin sicher, Jennifer ist wunderbar, sonst würdest du nicht so für sie empfinden.« Mary Beth ging zu ihm und nahm ihn in die Arme. »Sieh nicht so betroffen aus, Adam. Es ist am besten so, für alle Beteiligten.«
»Du bist wundervoll.«
»Danke.« Zart fuhr sie mit den Fingerspitzen über sein Gesicht. »Mein Liebster. Ich werde immer deine beste Freundin sein. Immer.« Dann trat sie näher heran und legte ihren Kopf an seine Schulter. Er konnte ihre leise Stimme kaum verstehen. »Es ist so lange her, seit du mich zum letztenmal in den Armen gehalten hast, Adam. Du brauchst mir nicht zu sagen, daß du mich liebst, aber könntest du - wenn du willst - , könntest du mich noch einmal in den Armen halten und mit mir schlafen? Ein einziges Mal noch, du und ich?«
An all das dachte Adam jetzt, als er zu Jennifer sagte: »Die Scheidung war Mary Beths Idee.« Er sprach weiter, aber Jennifer vernahm die Worte nicht mehr; alles, was sie hörte, war Musik. Sie fühlte sich, als triebe sie auf dem Rücken auf dem Meer. Sie hatte sich dagegen gewappnet, daß Adam ihr mitteilte, er könne sie nicht mehr sehen - und jetzt das! Es war zu viel, um alles gleich zu verarbeiten. Sie wußte, wie schmerzlich die Szene mit Mary Beth für Adam gewesen sein mußte, und sie hatte ihn nie mehr geliebt als in diesem Moment. Sie fühlte sich, als wäre eine schwere Last von ihrer Schulter genommen, als könnte sie wieder atmen. Adam sagte: »Mary Beth hat sich wundervoll verhalten. Sie ist eine unglaubliche Frau. Sie freut sich wirklich für uns beide.«
»Das ist schwer zu glauben.«
»Du verstehst das nicht. Wir haben schon seit einiger Zeit mehr wie... wie Bruder und Schwester gelebt. Ich habe nie mit dir darüber gesprochen, aber...« Er zögerte einen Augenblick und sagte dann bedächtig, »Mary Beth hat kein... kein sehr starkes Triebleben.«
»Ich verstehe.«
»Sie möchte dich gern kennenlernen.« Der Gedanke beunruhigte Jennifer. »Ich glaube nicht, daß ich das könnte, Adam. Ich würde mich unwohl fühlen.«
»Vertrau mir.«
»Wenn - wenn du willst, natürlich, Adam.« »Schön, Liebling. Wir werden zum Tee kommen. Ich fahre dich hinaus.«
Jennifer dachte einen Moment nach. »Wäre es nicht besser, wenn ich allein ginge?«
Am nächsten Morgen fuhr Jennifer den Saw Mill River Parkway hinauf. Es war ein klarer, trockener Morgen, ein schöner Tag für eine Autofahrt. Jennifer stellte das Autoradio an und versuchte, ihre Nervosität zu überspielen.
Das Haus der Warners war ein großartig erhaltenes Gebäude holländischen Ursprungs, das sich inmitten grüner Hügelwellen erhob und den Fluß überblickte. Jennifer lenkte den Wagen die Auffahrt hinauf zu dem imponierenden Vordereingang. Sie klingelte, und einen Moment später wurde die Tür von einer attraktiven Frau Mitte Dreißig geöffnet. Jennifer hatte alles andere erwartet als diese schüchterne, aus dem Süden stammende Frau, die ihre Hand ergriff, sie freundlich anlächelte und sagte: »Ich bin Mary Beth. Adam ist Ihnen nicht gerecht geworden. Bitte, treten Sie ein.« Adams Frau trug einen beigen Wollrock und eine Seidenbluse, die gerade so weit geöffnet war, daß die Ansätze reifer, aber immer noch schöner Brüste zu sehen waren. Ihr beigeblondes Haar war lang und um das Gesicht herum leicht gelockt. Es bildete einen umwerfenden Kontrast zu ihren blauen Augen. Die Perlen um ihren Hals konnten schwerlich für Zuchtprodukte gehalten werden. Eine Aura jahrhundertealter Würde umgab Mary Beth Warner.
Das Innere des Hauses war phantastisch. Weite, luftige Räume beherbergten kostbare Antiquitäten und wertvolle Gemälde.
Ein Butler servierte Tee im Salon. Als er den Raum verlassen hatte, sagte Mary Beth: »Ich bin sicher, daß S ie Adam sehr lieben.«
Jennifer sagte ungeschickt: »Ich versichere Ihnen, Mrs. Warner, daß keiner von uns...«
Mary Beth Warner legte eine Hand auf Jennifers Arm. »Das müssen Sie mir nicht sagen. Ich weiß nicht, ob Adam es Ihnen gegenüber erwähnt hat, aber unsere Ehe hat eigentlich nur noch aus Höflichkeit bestanden. Adam und ich kennen uns, seit wir Kinder waren. Ich glaube, ich habe mich in Adam verliebt, als ich ihn zum erstenmal gesehen habe. Wir gingen zu denselben Parties, und ich nehme an, es war unvermeidlich, daß wir eines Tages geheiratet haben. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bewundere Adam immer noch, und ich bin sicher, er mich auch. Aber Menschen verändern sich, nicht wahr?«
»Ja.«
Jennifer sah Mary Beth an, und sie fühlte eine tiefe Dankbarkeit. Was eine häßliche und schmutzige Szene hätte werden können, war ein freundliches, wunderbares Zusammensein geworden. Adam hatte recht. Mary Beth war eine unglaubliche Frau.
»Ich bin Ihnen sehr dankbar«, sagte Jennifer. »Und ich bin Ihnen dankbar«, vertraute Mary Beth ihr an. Sie lächelte schüchtern und sagte: »Wissen Sie, ich bin auch sehr verliebt. Ich hatte an eine sofortige Scheidung gedacht, aber in Adams Interesse warten wir am besten bis nach den Wahlen.« Jennifer war mit ihren Gefühlen so beschäftigt gewesen, daß sie die Wahlen ganz vergessen hatte.
Mary Beth fuhr fort: »Alle Welt scheint sicher zu sein, daß Adam unser nächster Senator sein wird, und eine Scheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde seine Chancen sehr beeinträchtigen. Es dauert nur noch sechs Monate, also habe ich beschlossen, daß es besser für ihn wäre, wenn ich es bis dahin hinauszögere.« Sie sah Jennifer an. »Aber entschuldigen Sie - ist Ihnen das auch recht?«
»Selbstverständlich«, sagte Jennifer.
Sie würde ihre Gedankenwelt völlig umstellen müssen. Ihre Zukunft würde nun mit der Adams verbunden sein. Wenn er Senator wurde, würde, sie mit ihm in Washington leben. Es würde bedeuten, daß sie ihre Kanzlei hier aufgeben mußte, aber das spielte keine Rolle. Nichts spielte eine Rolle - außer, daß sie zusammen sein konnten.
Jennifer sagte: »Adam wird ein wunderbarer Senator sein.« Mary Beth hob den Kopf und lächelte. »Meine Liebe, eines Tages wird er ein wunderbarer Präsident sein.«
Das Telefon klingelte, als Jennifer wieder in ihrem Appartement war. »Wie hast du dich mit Mary Beth verstanden?« fragte Adam.
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