Gerdt Bassewitz - Peterchens Mondfahrt - Ein Märchenspiel

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Peterchens Mondfahrt: Ein Märchenspiel

Gestalten im Märchen:

Die Mutter

Peterchen} die Kinder

Anneliese}

Minna, das Dienstmädchen

Der Maikäfer

Das Sandmännchen

Peterchens Sternchen

Annelieses Sternchen

Drittes Sternchen

Viertes Sternchen

Fünftes Sternchen

Die Nachtfee

Das Taumariechen

Der Donnermann

Die Blitzhexe

Die Wolkenfrau

Der Sturmriese

Die Windliese

Der Regenfritz

Der Wassermann

Der Hagelhans

Der Eismax

Frau Holle

Der Milchstraßenmann

Die Sonne

Die Morgenröte

Die Abendröte

Der Morgenstern

Der Abendstern

Der Weihnachtsmann

Das Pfefferkuchenmännchen

Der Mann im Mond

Ort:
Im Schlafzimmer der Kinder und auf dem Monde
Zeit:
In einer Mainacht, wenn die Kinder schlafen

1. Bild

Peterchens und Annelieses Schlafzimmer. In der Ecke links ein großes Bett mit bunten Vorhängen. Vorn links ein Spielzeugschrank, eine Puppenstube und ein Schaukelpferd. In der Mitte des Zimmers ein breiter, niedriger Kindertisch. Rechts vorn eine Tür hinter geblümten Vorhängen. Neben der Tür ein Kleiderschränkchen, Badewanne, Waschtischchen mit zwei Schüsselchen und eine bunte Kommode mit Bilderbüchern darauf. Im Hintergrunde breites Fenster mit Vorhängen und Blumen.

Es ist Abend. Peterchen und Anneliese werden von Minna zu Bett gebracht.

Peterchen
(am Waschtisch, im Nachthemdchen, wäscht sich mit einem großen Schwamm)
Anneliese
(sitzt auf dem Bettchen, ebenso im Nachthemdchen, und flicht sich ihr Zöpfchen für die Nacht)
Minna
(macht das Fenster zu)

So, nun machen wir das Fenster zu,
Und dann hat die liebe Seele Ruh.
Der Mond kommt gerade über die Wiese.

(dreht sich herum)

Seid ihr fertig, Peterchen? Anneliese?
Hurtig, hurtig ins Bettchen hinein;
Wenn die Mutter kommt, muß Ordnung sein!

(Sie nimmt Peterchen den Schwamm fort und trocknet ihm mit einem großen Handtuch das Gesicht ab)
Peterchen

Au, Minna! meine Nase bricht ab!

Minna

Papperlapapp! – Papperlapapp!

Peterchen

Au, jetzt hast du mein Ohr geziept!

Minna

Was das nicht alles für Sachen gibt,
Wenn man den Buben abtrocknen will!

Peterchen
(unter den Falten des großen Tuches)

Ja, aber …

Minna

Papperlapapp! – sei still!

Anneliese

Minna, mein Zöpfchen ist fertig – so?

(zeigt das Zöpfchen)
Minna

Schön! – Schnell ins Bettchen, du kleiner Floh!

Anneliese
(huscht ins Bett)

Ach ja, jetzt will ich mal recht schön schlafen
Und will träumen von kleinen, weißen Schafen.

Peterchen

Anneliese träumt immer von Schafen,
Und ich viel lieber von Pferden und Grafen
Und von Prinzen und von Soldaten
Und von Bonbons und Kuchen und Braten
Und von …

Minna
(kämmt ihn)

Ja, ja, du kleiner Mann;
Von allem, was man essen kann.

Peterchen
(entrüstet)

Minna, einen Grafen ißt man doch nicht!

Minna
(hört nicht)

So, nun ist er sauber, der Wicht. –
Schnell, schnell ins Bettchen!

(legt Kamm und Bürste fort)
Peterchen
(steht und rührt sich nicht)
Minna
(dreht sich herum)

Nun? hörst du nicht?

Peterchen

Guck mal den Mond da auf der Wiese!
Guck mal den Mond, guck, Anneliese;
Er sieht aus wie ein gelbes Gesicht …

Minna
(schiebt ihn zum Bett)

Ja, ja, nun geh nur …

Peterchen

Nein, siehst du nicht
Minna? – Kennst du den Mann im Mond,
Der dort oben zur Strafe wohnt,
Auf dem Rücken ein Bündel Ruten?

Minna

Will Er wohl, will Er sich endlich sputen!

(Sie hat ihn bis ans Bett gebracht.)
Peterchen

Halt, Minna! da fliegt was in der Stube …

Minna
(hebt ihn ins Bett)

Ins Bettchen, ins Bettchen, kleiner Bube!

Peterchen

Minna, ein Maikäfer, ein ganz dicker!

Minna
(legt ihn an Annelieses Seite)

Unsinn, schlaf jetzt, mach du deinen Nicker! –
So, nun ruf’ ich die Mutter. – Schlaft schön!

(Sie geht hinaus.)
Peterchen
(leise)

Anneliese, ich hab’ ihn gesehen!
Ganz dick ist er herumgebrumst,
Dicht an mir ist er vorbeigesumst.

Anneliese

Peterchen, ob uns der was tut?

Peterchen

Nein, Anneliese, Maikäfer sind gut.
Die tun einem nichts, die brummen nur.

(setzt sich im Bett auf)

Ich hab’ keine Angst, nicht eine Spur!

Anneliese

So ein klein bißchen hab’ ich doch Angst …

Peterchen
(kühn)

Weißt du, Anneliese, wenn du dich bangst,
Dann mach’ ich ihn mit dem Pantoffel kaputt.

Anneliese

Nein Peter, nicht – er ist ja gut!
Nicht totmachen, laß’ ihn nur leben.
Wir wollen ihm lieber Zucker geben;
Ich habe noch in der Puppenstube.

Peterchen

Der ißt keinen Zucker, ich glaube es kaum;
Die Maikäfer sitzen oben im Baum,
Die essen Kastanien.

Anneliese

Ja, das kann sein.

Peterchen

Wie kam der bloß hier in die Stube herein?

Anneliese

Vielleicht hat er sich auf dem Weg verirrt
Und ist aus Versehen hereingeschwirrt
Und fürchtet sich nun, so ganz allein,
Ohne seine Frau und seine Kinderlein.

Peterchen
(überlegen)

Aber, Anneliese, ein Maikäferpapa,
Der bangt sich doch nicht nach der Maikäfermama;
Der fliegt nur so des Abends spazieren
Und guckt in die Fenster und in die Türen,
Ob’s da für ihn was zu holen gibt.

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