Eins, zwei, drei – eins, zwei, drei,
Fiel eine Biene in den Brei;
Plumsdibums,
Dideldumdei!
Alle Käfer sitzen drum herum,
Lachen sich schief,
Lachen sich krumm,
Brumm, brumm!
Vier, fünf, sechs – vier, fünf, sechs,
Macht eine Fliege einen Klecks,
Putschpitschpatsch,
Klickklackklecks!
Pfui, ruft jeder rechte Käfermann,
Seht sie an,
Was sie kann,
Heran, heran!
(Peterchen und Anneliese stecken die Köpfe aus den Vorhängen ihres Bettchens und sehen ihm halb erstaunt, halb belustigt zu.)
Sieben, acht, neun – sieben, acht, neun,
Tanzen alle kleinen Käferlein!
Ringelreih,
Dideldudeldei,
Um die dicke Linde mit Gesumm,
Rechts herum,
Links herum,
Brumm, brumm!
(Die Kinder lachen hell auf und klatschen in die Hände.)
Maikäfer
(hält inne, sieht sie an.)
Nanu? Was gibt es denn da zu lachen? – Das ist ein ganz bekannter Maikäfertanz!
Peterchen
Ja, der ist sehr komisch!
Maikäfer
So, meinst du? – Ihr braucht mich aber deshalb nicht auszulachen!
Anneliese
Nein, Herr Maikäfer, das haben wir auch gar nicht so gemeint. Wir bitten schön um Entschuldigung.
Maikäfer
Nun also, da ist mir’s recht. – Aber, sagt mal, warum habt ihr mich denn hier eingesperrt?
Peterchen
Das waren wir nicht!
Anneliese
Das war Minna, Herr Maikäfer!
Maikäfer
Na ja, die ist auch so eine dumme Trine und weiß nicht, was sich gehört. Wenn Besuch da ist, dann schließt man ihn doch nicht ein!
Peterchen
Ja, ich hab’ es ihr gleich gesagt, daß du da wärst; aber die Minna, nein, die ist auch wirklich zu dumm!
Maikäfer
(tritt ans Bett.)
Höre mal, Peterchen, eigentlich bin ich gar nicht gut auf dich zu sprechen. Du hast mich da vorhin mit deinem Pantöffelchen kaputt machen wollen!
Peterchen
(etwas verlegen)
Ach, weißt du, das hab’ ich man bloß so gesagt; getan hätt’ ich es sicher nicht!
Maikäfer
So, so, man bloß so gesagt?!
Peterchen
(schnell)
Weil Anneliese solche Angst hatte.
Anneliese
Jetzt hab’ ich aber gar keine Angst mehr, Herr Maikäfer, nicht ein bißchen!
Maikäfer
Gut. – Aber sagt mal, wie komm’ ich denn hier heraus? Die Nacht ist sehr schön, und ich hab’ keine Lust, hier eingesperrt zu bleiben.
Anneliese
(huscht aus dem Bettchen zum Fenster.)
Hier, Herr Maikäfer, aus dem Fenster. Soll ich dir aufmachen?
Peterchen
(springt ebenfalls aus dem Bett – energisch:)
Nein, Anneliese, nicht aufmachen! – Bitte, Herr Maikäfer, bleib doch noch ein bißchen bei uns und erzähl’ uns was aus deinem Maikäferland! Nachher lassen wir dich auch heraus.
Maikäfer
Nun ja, man könnte das wohl tun; aber da ist jetzt nicht viel zu erzählen; es steht schlecht um die Maikäfer; es werden viele totgeschlagen, und wenn ich an meine liebe Frau denke, die von einem Huhn gefressen wurde –
Anneliese
O, das tut uns aber leid!
Peterchen
War das unser Huhn? Da reiß’ ich ihm dafür mal gleich ein paar Schwanzfedern aus. Ich glaube, das tut mächtig weh!
Maikäfer
Ja, liebes Peterchen, ich weiß es nicht genau, welches Huhn es war, und das ist das Schlimme dabei.
Peterchen
(nachdenklich)
Na, weißt du, das ist allerdings schlimm. Allen Hühnern kann ich die Schwanzfedern nicht ausreißen; ich glaube, da bekäme ich doch Prügel.
Maikäfer
Dann wollen wir es lieber lassen, Peterchen, und ich will meine Frau im stillen beweinen.
(Er wischt sich die Augen mit dem Blatt.)
Anneliese
(mitleidig)
Herr Maikäfer, willst du etwas Zucker haben? In der Puppenstube ist welcher.
Maikäfer
(Kratzfuß)
Danke schön, danke verbindlichst, Anneliese; aber mein Magen verträgt das Zuckerige nicht.
Anneliese
(aufrichtig)
Ach, da tust du mir aber wirklich leid.
Maikäfer
(Kratzfuß)
O bitte, bitte, keine Ursache.
Anneliese
Aber vielleicht ißt du einen Apfel?
Maikäfer
Danke verbindlichst, nur Salat, frischen Salat von Linde oder Kastanie.
Anneliese
Ja, den haben wir leider nicht.
Peterchen
Na, ich kann ja schnell mal auf die dicke Kastanie klettern.
Maikäfer
(Kratzfuß)
Bitte, bemühe dich nicht, ich kann ja fliegen.
Beide
(bewundernd)
Ach ja, das ist wahr.
Peterchen
(neugierig)
Sag’ mal, wo hast du denn deine silberne Geige her?
Maikäfer
O, das ist ein altes Familienerbstück; denn eigentlich spielen die Maikäfer nur den Brummbaß, oder höchstens die Pauke. Aber mein Urgroßvater, er hieß Sumsemann, der wohnte nahe bei einer großen Wiese und war mit einer Grille befreundet, Zirpedirp hieß sie, das steht hier auf der Geige eingraviert; und von der Grille bekam er die Geige geschenkt, weil er ihr einmal das Leben gerettet hatte, als sie zu hoch auf einen Baum gestiegen war und einen Schwindelanfall bekam. Und seitdem spielen wir Sumsemanns die Violine statt der Baßgeige. Das ärgert zwar die anderen Maikäfer; sie meinen, es sei geschmacklos, und die Sumsemanns seien ein entartetes Geschlecht; aber wir finden das vornehmer, weil es etwas Besonderes ist. Man muß auf das Außergewöhnliche halten.
Anneliese
Ja, das ist auch wahr.
Peterchen
Na, und warum hast du denn nur fünf Beinchen? Das ist wohl auch etwas Außergewöhnliches?
Maikäfer
(mit einem tiefen Seufzer)
Ach! –
Peterchen
O Herr Sumsemann, ich wollte dich nicht beleidigen, entschuldige, bitte!
Maikäfer
(wie vorher)
Ach! –
Anneliese
(mitleidig)
Ist es so schrecklich, Herr Sumsemann?
Maikäfer
Ja, es ist sehr schrecklich.
Beide
Das tut uns aber leid.
Maikäfer
Ja, es ist der große Fluch, der auf uns Sumsemännern liegt, und das ist eine traurige Geschichte.
Peterchen
Wenn es eine Geschichte ist, dann mußt du sie uns erzählen.
Maikäfer
Nun ja, wenn ihr sie hören wollt.
(Er setzt sich auf den Tisch. Die Kinder schleppen zwei Schemelchen herbei und sitzen andächtig nebeneinander vor ihm.)
Maikäfer
Alle Sumsemänner haben seit vielen hundert Jahren nur fünf Beinchen. Jetzt ist das Geschlecht ausgestorben bis auf mich. Ich bin der letzte Fünfbeinige. Das sechste Beinchen aber, das ist auf dem … Mond.
Die Kinder
Ach!! –
Maikäfer
Ja, wie ist es da hinaufgekommen? so denkt ihr, und das ist es eben.
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