Rainer Merkel - Lichtjahre entfernt
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- Название:Lichtjahre entfernt
- Автор:
- Издательство:S. Fischer
- Жанр:
- Год:2009
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Judith hat manchmal die Phantasie, dass ihre ganze Familie stürbe und sie dann ganz allein auf der Welt wäre. Irgendein Unglück würde passieren und alle wären tot. Ich halte es für eine Phantasie, die man nicht so ernst nehmen muss. Judith liebt Science Fiction, besonders postapokalyptische Literatur, obwohl wir schon ein paar Mal darüber diskutiert haben, was postapokalyptisch genau heißt. Ob J. G. Ballards The Drowned World postapokalyptisch ist, wenn gar nicht klar ist, ob vor der Überschwemmung der Erde überhaupt eine Katastrophe stattgefunden hat. Judith behauptet, es ginge allein um die Atmosphäre, und man müsse nicht wissen, was genau passiert sei. Ich selbst komme in diesen Phantasien nicht vor. Vielleicht weil sie meine Anwesenheit als gegeben voraussetzt oder weil sie, wie ich manchmal glaube, sich danach sehnt, dass wir beide als Einzige auf der Welt zurückbleiben und uns bis ans Ende unserer Tage lieben werden. Manchmal beobachte ich sie bei ihren Einkaufstouren, wenn sie mit lasziv ausgestreckter Hand über die Auslagen in einem Geschäft, über die rosafarbenen Türmchen gefalteter Wollpullover fährt, ihre Hand schlaff und nachgiebig, in ihrer ganzen Haltung so verträumt, als sei sie eine Prinzessin. Denkt sie, ihr gehöre das alles, sie könne das alles so ohne weiteres besitzen? Ist das der Traum, den sie träumt? Allein auf der Welt, in einem Zustand süßer Traurigkeit, nachdem um sie herum ihr zu Ehren alles vernichtet worden ist. Ein Buch, das wir zusammen gelesen haben, endet damit, dass eine Gruppe von Menschen, die eine große Katastrophe überlebt hat, eine Nachricht ins Weltall schickt. Das Ende beruht, wie Judith sagt, auf einer wahren Begebenheit. An der ersten Weltraumsonde, die 1972 die Erde und das Sonnensystem verlassen sollte, wurde auf einer vergoldeten Aluminiumplakette eine Bildbotschaft an andere Bewohner des Milchstraßensystems eingraviert. Sie gab Auskunft über das Aussehen der Absender, ihre Intelligenz und die Lage der Sonne im Verhältnis zu ihrer Umgebung. Das Bild, das wir später im Internet finden, sieht wie eine misslungene Arzneimittelwerbung aus. Die männliche Figur, die genauso wie die daneben abgebildete weibliche Figur nackt ist, hebt die Hand zu einem etwas eigentümlichen Gruß. Judith fasziniert dieses Bild. Sie findet es überhaupt nicht abwegig, dass zwei Nackte die Menschheit repräsentieren.»Stell dir vor, das wären wir«, sagt sie.»Würdest du dir wünschen, dass ich den Arm hebe und die Außerirdischen grüße?«, frage ich sie.»Ja«, sagt sie,»warum nicht? Und niemand würde wissen, dass du Therapeut bist. «Die Raumsonde ist wahrscheinlich immer noch unterwegs und braucht noch Jahrhunderte bis sie irgendjemanden erreicht, der ihre Botschaft entziffern kann. Wir schauen uns diese Filme an, lesen die Bücher, und es scheint mir, als nähmen wir sie mit einer lüsternen Gleichgültigkeit wahr und als ginge es darum, sich ganz in ihnen zu verlieren. Einmal frage ich sie, was denn genau passieren soll, wenn wir dann am Schluss ganz allein sind, und ob sie sich wünschen würde, die von uns zur Welt gebrachten Kinder würden dann ihrerseits miteinander Sex haben, um den Fortbestand der Menschheit zu sichern.»Könntest du dann einfach so wegschauen?«Aber so weit denkt sie gar nicht.»Du bist viel zu genau«, sagt sie.»Und außerdem will ich gar nicht so alt werden. «Ich denke an die durch das All trudelnde Raumsonde mit der vergoldeten Aluminiumplatte und dem nackten Mann, der den Arm hebt. In Greenpoint, in dem kühlen schattigen Schlafzimmer von Anna und Anne, bin ich selbst, so kommt es mir jedenfalls vor, der letzte oder der einzige Mensch, der noch Gefühle und Phantasien hat. Anderthalb Stunden später, als alles vorbei ist, verlasse ich die Wohnung und trete in die glühende Mittagshitze von New York. Ich hebe kurz die Hand, ich verabschiede mich, ich winke Anna und Anne zu. Aber natürlich können sie mich nicht sehen.
Wenn ich Judith und ihre Freundinnen begleite, kann ich es manchmal beobachten. Sie ist das organisatorische Zentrum, die Koordinationsstelle, in ihrem Freundeskreis. Ich sehe, wie sie mit sanfter Gewalt alles unter Kontrolle hat, SMS verschickt und Termine vereinbart. Ihre Freundinnen machen sich gegenseitig Komplimente. Sie versuchen sich gegenseitig schön zu finden. An die Abende, die ich mit Judith und ihren Freundinnen verbringe, kann ich mich kaum erinnern. Warum bin ich der einzige Mann? Warum sind die Liebhaber von Kyra nie dabei? Einmal stehe ich vor der McDonalds-Filiale am Stachus und beobachte Judith, wie sie mit ihren Freundinnen um den Tisch herumsitzt, aufgedreht und glücklich, und ich sehe sie, wie sie mit den Händen in der Luft herumfuchtelt und sich dann wieder auf ihren Stuhl fallen lässt, sich vor Lachen schüttelt, als Kyra einen Kussmund macht. Sandra und Kerstin liegen sich in den Armen, und Kerstin rührt mit ihren rotlackierten Fingernägeln in der Sauce ihrer nicht aufgegessenen Chicken Nuggets herum. Ich stütze mich an der Fensterscheibe ab. Ich schaue mit einer Mischung aus Abscheu und Verzweiflung zu ihnen hinein. Und ich denke, ich muss sie aufregend finden, wie sie sich da mit Chicken Nuggets vollstopfen. Kyra ist etwas hübscher als Judith, und vielleicht gehe ich ihr deswegen aus dem Weg. Vielleicht rufe ich sie deswegen auch in New York nicht an, obwohl mich Judith darum gebeten hat. Sie ist ein paar Tage da, um ihre Mutter zu treffen, die bei der U N arbeitet. Ich spüre die Aura ihrer Promiskuität, als sie einmal, während wir Judith beim Tanzen zuschauen, zu mir sagt:»Findest du nicht, dass deine Freundin total sexy aussieht?«Ihre Mutter ist eine kleine energische Frau. Man ahnt etwas von der Kraft, mit der sie ihre großen Rettungs- und Hilfsmissionen organisiert, die sie um den gesamten Globus herum geführt haben. Kyra ist ihre Veredelung, schon am Rand der Dekadenz. Sie hat ständig irgendwelche Männergeschichten, beinahe im Wochentakt wechselt sie ihre Liebhaber.»Ruf sie doch an«, sagt Judith.»Sie ist die ganze Woche da. Ihr könnt zusammen Kaffee trinken gehen. «Ich lehne die Stirn an die Fensterscheibe des McDonalds und beobachte sie. Ich sehe, wie glücklich Judith ist, zusammen mit diesen Frauen, die sie durch Zufall kennengelernt hat, ohne etwas dafür zu tun. Kyra geht auf die Kundentoilette und übergibt sich, jedenfalls behauptet sie das, als wir später in Richtung Marienplatz laufen.»Lippenstift«, sagt Sandra langsam, die schon einmal mit Peace Brigades International in Nepal war, während sie sich mit zitternden Händen die Lippen nachzieht.»Llllipppenstift. Lll und iii und pe. «Sie schaut mich an.»Und?«, fragt sie.»Amüsierst du dich??«
«Goodbye«, sage ich zu Anne, als sie mich zur Tür bringt.»Goodbye. Auf Wiedersehen«. Sie hat schöne Lippen. Ich spiele die ganze Zeit mit dem Gedanken, sie zu bitten, sich zu schminken, schließlich habe ich dafür bezahlt. Anna, die eher gedrungen und kräftig ist, steht neben mir, und zusammen schauen wir Anne bei dem Versuch zu, sich so auf der Couch zu drapieren, wie wir es vorher besprochen haben, bis ich» Stop «sage und ihr erkläre, dass sie sich nicht mehr bewegen soll.»Stop and don’t move«. Das ist ein Englisch, das auch Anna versteht. Es ist Anne, die für beide das Kommunizieren, das Anbahnen der Kontakte und die Verhandlungen übernimmt. Und während sie auf dem Schlafsofa kauert und sich bemüht, meinen Vorstellungen gerecht zu werden, denke ich noch: Sie sind beide im Grunde Anfängerinnen. Sie machen das wirklich zum ersten Mal. Eine Ansicht, die ich später revidiere, als sie es schaffen, mich zu überreden, den Preis für ihre Dienstleistungen zu verdoppeln. Ich bitte Anne, das Schlafsofa mit den türkisfarbenen Handtüchern wieder in ein Sofa zu verwandeln. Ich gestehe ihnen zu, dass sie sich mit den Handtüchern schützen, aber ich möchte nicht, dass der Ort, wo sich alles abspielt, wie eine Arztpraxis aussieht. Anna steht neben mir, während ich Anne erkläre, was sie tun soll. Stop and don’t move. Innezuhalten und aufzuhören, dafür ist es zu spät. Ich habe mir vorgenommen, dass ich mich selbst nicht ausziehe und auch meine Schuhe anbehalte. Anna versucht, mir das Hemd auszuziehen, aber ich schüttele nur den Kopf. Das ist das Bild, in das ich mit der vollklimatisierten U-Bahn hineinfahre. Annes Körper vor mir auf dem Schlafsofa. Sie schaut mich fragend an, ob ich mit ihrer Körperhaltung einverstanden bin.»Nein. Dreh dich nicht um«, sage ich zu Anne.»Mach weiter so. «Ihre nicht vorhandenen Brüste, mein Eindruck, die Muttermale auf ihrem Oberkörper seien größer als ihre winzigen Brustwarzen. Vielen Dank. Auf Englisch» thank you«. Es ist die Rede gewesen von großen, schweren Brüsten, die man kaum» in der Hand halten kann«.»Wirklich«, frage ich in meiner letzten E-Mail,»sie sind so groß?«»Oh yes«, schreibt sie zurück, und sie sind» very cute«. Das hätte mich stutzig machen sollen. Anna fragt mich, ob sie sich auch ausziehen soll. Sie hat die Brüste, von denen Anne gesprochen hat, und ich erkenne später, dass Anne der Einfachheit halber so tut, als setze sie sich aus zwei Personen zusammen, ein Körper, der wahlweise blond, brünett, rasiert oder unrasiert, mollig oder petite sein kann. Mehr aus Müdigkeit denn aus Leidenschaft akzeptiere ich es und gebe mich damit zufrieden. Ist das am Ende eine unausgesprochene Regel meines Lebens, dass ich den sexuellen Akt schließlich nur noch als Kapitulation wahrnehme? Der Sex beendet die quälende und kraftraubende Suche danach. Der Vormittag, den ich in der Wohnung von Michael und Janette damit verbringe, mich mit Anne darüber zu verständigen, ob das Gewicht ihrer Brüste so groß ist, dass man sie mit den Händen kaum halten kann, endet in einer großen symphonischen Inszenierung, die aber vollkommen geräuschlos bleibt.»They are too strong«, schreibt Anne in wackeligem Englisch.»Was meinst du damit«, schreibe ich zurück. Und dummerweise setze ich hinzu:»Too heavy?«»Oh yes, sure and very cute. «Anna macht einen Schritt zurück, sie möchte wieder in den Chat, in dem sie mit ihrem polnischen Liebhaber zu einer Videokonferenz verabredet ist. Ich mag Anne. Anne, die auf der Couch sitzt oder besser gesagt kauert. Eine Gefangene meiner Phantasie. Sie erzählt mir, der Bruder ihrer Mutter arbeite in einem» Kulturzentrum «in Berlin und sie selbst sei eine begeisterte Leserin von Romanen von John le Carré. Als sie mir die zerlesenen und zerfledderten Bücher zeigt und mit einem koketten Lächeln bemerkt, sie würde mir, nachdem ich ihr gesagt habe, ich hätte in New York gar nichts zu lesen dabei, gerne eins schenken, tut sie mir auf einmal leid. Aber noch mehr tue ich mir selbst leid. Als ich wieder in meiner Wohnung bin und den ausgeschalteten Computer sehe, sage ich mir:»Du magst sie … Aber gefällt sie dir auch?«Stop and don’t move. Ich möchte mich nicht daran erinnern. Das plötzlich zurückkehrende Bild von Anne in der U-Bahn, kurz hinter Jefferson Street. Ihr Körper unnatürlich verdreht, eingeklemmt zwischen Rückbank und Sitzfläche des Schlafsofas. Die Hände an den Oberschenkeln festgekrallt, die Augen glasig und die Fußsohlen auffallend groß, von einer zarten gelben Tönung, als würden ihre Füße heimlich rauchen. Mein Gott, um Himmels willen. Stop and don’t move. Die Kälte in dem abgedunkelten Raum. Die Lebensmittelkartons aus einem Supermarkt, der osteuropäische Nahrungsmittel verkauft. Die Kälte in der Luft, die Kälte in meinen Fingerspitzen, in den Fingern von Annas Hand, die mich versehentlich berührt. Anne schaut mich an, während Anna sie berührt, so wie ich es Anne erklärt habe, die mit gespreizten Beinen und absurd eingeklemmtem Kopf auf der Couch hockt. Anna nickt. Als sei sie eine Haushaltshilfe. Es ist etwas schwierig, ihr zu erklären, dass ich sie am Anfang noch nicht nackt sehen will, obwohl ich mich auf ihre großen Brüste freue. Zu Judith sage ich einmal:»Das liegt jetzt hinter mir. Das sind Sachen, die ich während des Studiums gemacht habe. «Anne und Anna schauen mich an, warten auf Anweisungen. Ich lasse sie es noch einmal wiederholen, sie sollen es noch einmal tun.»Once again. «Eine plötzliche Rückkehr der Gefühle. Eine plötzliche Geste der Versöhnung. Ohne es zu wollen, nehme ich das Geschenk an, nehme den John-le-Carré-Roman mit und stelle ihn zu den Büchern von Michael und Janette, direkt neben Ilja Kabakov, in das Regal, in dem jetzt die Bruchstücke des arabischen Tongefäßes in einem Briefumschlag mit fünfzig Dollar liegen.»Noch einmal. «Oder:»Ja, genau so. «Ich wundere mich, dass sie sich das so einfach bieten lassen, dass sie sich dazu hergeben. Und dann meine Verzweiflung am Abend, als ich in meiner Panik, nicht rechtzeitig zu dem vereinbarten Telefonat mit Judith in der Grand Street zu sein, mit dem Taxi nach Williamsburg fahre, nur um wieder von derselben Telefonzelle aus anrufen zu können. Annes Gesicht. Ihre Hände auf den Oberschenkeln, ihre schmalen leicht geröteten Finger. Ihr Blick, als ich auf den glänzenden Film auf ihrem Körper schaue, das geräuschlose Leuchten des Speichels von Anna, der in meiner Erinnerung an diese Aufführung, diese atonale Symphonie dröhnend laut ist. Ein sprühender, eiskalter Tusch. Anna möchte ein Papiertaschentuch holen, aber ich verbiete es ihr. Später sitzt sie über die Tastatur des Computers gebeugt und tippt Nachrichten nach Polen ein. Sie hat einen Freund, eine Art Ehemann, so ganz bekomme ich es nicht heraus. Sie tippt ununterbrochen, als verfasse sie einen Bericht über das, was passiert ist, einen Bericht an eine Zentrale, an jemanden, dem wir darüber Rechenschaft ablegen müssen. Und wie Anne dann plötzlich weint. Ich sehe es, tue aber nichts. Anna bemerkt es gar nicht. Sie ist in einer unwürdigen Haltung in ein» Gespräch «mit Annes Körper vertieft, das ich immer wieder unterbreche, um Änderungen vorzunehmen. Die Tränen laufen in einer langen geraden Linie über ihre Wange und bleiben in ihrem Mundwinkel hängen. Ich sage, und ich bereue es später wieder:»Mach den Mund auf. «Ich sage es auf Englisch, aber es klingt in meiner Erinnerung auf Englisch viel zu sanft.»Mach den Mund auf. «Diese Symphonie, diese großartige, alle Körper miteinbeziehende, alle Möglichkeiten, alle nur denkbaren Interaktionen durchspielende Komposition. Es ist schade, dass wir den Spiegel nicht auch noch benutzen, und ich überlege noch, ob wir nicht unterbrechen sollen, als Anne ihren Mund öffnet, einen Spalt nur, und ihre Träne langsam in ihren Mund hineinläuft. Fünfundfünfzig Dollar allein für das Taxi. Eine Kurzschlusshandlung, nur damit ich rechtzeitig zu Hause bin, mein Kleingeld holen und zu unserer Telefonzelle in die Grand Street gehen kann. Es ist schon kurz nach Mitternacht, als ich Judith schließlich erkläre, ich hätte beschlossen, dass sie kommen muss. Eine Viertelstunde vorher habe ich noch in einem Internetcafé gesessen und ihre E-Mail gelesen, in der sie mir zum zweiten Mal innerhalb von achtundvierzig Stunden absagt.»Also gut«, schreibe ich,»wenn du es unbedingt willst. Wenn du es unbedingt auf einen Machtkampf ankommen lassen willst. «Die Träne läuft über ihre Wange, tastet sich über ihre Oberlippe vor, läuft dann, sich meinen Blicken entziehend, in ihren halbgeöffneten Mund. Ich stehe vor der Telefonzelle, in der warmen Nacht von Williamsburg. Judiths Stimme ist ein kleines, in ein Kästchen verpacktes Geschenk. Ich klammere mich an den Telefonhörer und starre auf den schmuddeligen Metallkasten, in dem ihre Stimme festzustecken scheint, starre auf die Schrift auf dem Telefon,»Coin«,»Collect«,»Local Calls«, und auf den großen geriffelten Drehschalter, auf dem» Coin Release «steht. Meine 25-Cent-Stücke fliegen nur so in den Kasten hinein, fünf Dollar verschwinden innerhalb von Sekunden. Ich bekomme es nicht hin. Ich schreie sie fast an, ich verliere die Nerven. Als ich mich umdrehe, sehe ich eine leere Plastiktüte in den Himmel aufsteigen, mit kreisenden suchenden Bewegungen, immerfort Luft holend, und ich hätte ihr, wenn ich etwas geistesgegenwärtiger gewesen wäre,»Stop. Don’t move!«zurufen können, stattdessen lege ich auf. Wütend und mit meinen Nerven am Ende. Ein Widerschein von Licht, das sich in Flüssigkeit verwandelt und sich in den hellen mageren Körper von Anne einbrennt.
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