Herta Muller - Atemschaukel

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Atemschaukel: краткое содержание, описание и аннотация

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Herta Müllers Atemschaukel ist ein Ereignis. In einem überwältigenden, poetischen Roman erzählt sie vom Schicksal eines jungen Mannes aus Siebenbürgen im russischen Arbeitslager.
"Ich setzte mich an den Tisch und wartete auf Mitternacht. Und Mitternacht kam, aber die Patrouille hatte Verspätung. Drei Stunden mussten vergehen, das hielt man fast nicht aus. Dann waren sie da. Die Mutter hielt mir den Mantel mit dem schwarzen Samtbündchen. Ich schlüpfte hinein. Sie weinte. Ich zog die grünen Handschuhe an. Auf dem Holzgang, genau dort, wo die Gasuhr ist, sagte die Großmutter: ICH WEISS DU KOMMST WIEDER.
Ich habe mir diesen Satz nicht absichtlich gemerkt. Ich habe ihn unachtsam mit ins Lager genommen. Ich hatte keine Ahnung, dass er mich begleitet. Aber so ein Satz ist selbständig. Er hat in mir gearbeitet, mehr als alle mitgenommenen Bücher. ICH WEISS DU KOMMST WIEDER wurde zum Komplizen der Herzschaufel und zum Kontrahenten des Hungerengels. Weil ich wiedergekommen bin, darf ich das sagen: So ein Satz hält einen am Leben."

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Ich stehe zu Hause in der Verandatür, habe schwarzgelockte Haare und reiche nicht mal bis zur Türklinke. Ich halte mein Stofftier im Arm, einen braunen Hund. Er heißt Mopi. Auf dem offenen Holzgang kommen meine Eltern aus der Stadt. Die Mutter hat an ihrem roten Lacktäschchen die Kette um die Hand gewickelt, damit sie beim Treppensteigen nicht so rasselt. Der Vater trägt den weißen Strohhut in der Hand. Er geht ins Zimmer. Die Mutter bleibt stehen, streicht mir die Haare aus der Stirn und nimmt mir das Kuscheltier weg. Sie legt es auf den Verandatisch, am Lacktäschchen rasselt die Kette, und ich sage:

Gib mir den Mopi, sonst bin ich allein.

Sie lacht: Du hast doch mich.

Ich sage: Du kannst doch sterben, der Mopi nicht.

Aus dem leichten Schnarchen der Schwachen, die nicht mehr tanzen gehen, höre ich meine Kinderstimme. Sie ist so samtig, dass sie mich gruselt. Kuscheltier, was für ein Wort für einen Stoffhund, ausgestopft mit Sägemehl. Und jetzt im Lager nichts als kuschen, oder wie nennt man das Schweigen aus Angst. Und kuschet heißt auf Russisch Essen. Jetzt will ich nicht auch noch ans Essen denken. Ich tauche in den Schlaf und ich träume.

Ich bin auf einem weißen Schwein durch den Himmel nach Hause geritten. Aus der Luft oben ist das Land gut zu erkennen, die Umrisse stimmen, sie sind sogar eingezäunt. Aber im Land stehen herrenlose Koffer herum und dazwischen grasen herrenlose Schafe. Um ihre Hälse hängen Tannenzapfen, die läuten aber wie Glöckchen. Ich sage:

Das ist ein großer Schafstall mit Koffern oder ein großer Bahnhof mit Schafen. Da wohnt doch niemand mehr, wo soll ich jetzt hin.

Der Hungerengel sieht mich aus dem Himmel an und sagt:

Reit zurück.

Ich sage: Dann sterbe ich doch.

Wenn du stirbst, mache ich alles orange, und es tut nicht weh, sagt er.

Und ich reite zurück, und er hält Wort. Während ich sterbe, ist der Himmel über allen Wachtürmen orange, und es tut nicht weh.

Dann wache ich auf und wische mir mit dem Kissen die Mundwinkel aus. Diesen Platz lieben die Wanzen in der Nacht.

Schlackoblocksteine

Schlackoblocksteine sind Mauerquader aus Schlacke, Zement und Kalkmilch. Gemischt wurden sie in einer Betontrommel, gepresst in einer Stampfpresse mit Handhebel. Die Ziegelei befand sich hinterm Kokswerk, auf der anderen Seite der Jama, bei den Abraumhalden. Dort war Platz genug, um Tausende frischgepresste Steine zu trocknen. Sie lagen in engen Reihen nebeneinander auf der Erde, wie Grabsteine auf einem Heldenfriedhof. Wo das Gelände Wölbungen und Löcher hatte, waren die Reihen gewellt. Außerdem legte jeder seinen Stein auch ein bisschen anders hin. Jeder trug ihn mit den Händen auf einem Brettchen. Von den vielen nassen Steinen waren auch die Brettchen gequollen, rissig und löchrig.

Das Tragen war ein langer Balanceakt, 40 Meter Weg von der Presse zum Trockenareal. Weil jeder anders balancierte, wurden die Reihen schief. Und weil sich der Weg mit jedem hingelegten Stein veränderte, weiter nach vorn rückte oder nach hinten oder mitten in die Reihe, weil ein missglückter Stein ersetzt werden musste oder Platz vergeudet war in der Trockenreihe vom Vortag.

Ein frischgepresster Stein war 10 Kilo schwer und bröselig wie nasser Sand. Man musste das Brettchen vor dem Bauch tänzelnd tragen, Zunge, Schultern, Ellbogen, Hüften, Bauch, und Knie mit der Zehenbiegung koordinieren. Die 10 Kilo waren ja noch gar kein Stein, sie durften nicht merken, dass man sie trägt. Man musste sie überlisten, in gleichen Wellen schaukeln, ohne dass sie wackeln und am Trockenareal in einem Schub vom Brettchen herunterstoßen. Schnell und gleichmäßig, dass sie mit einem glatten gleitenden Schrecken, ohne Erschütterung, auf die Erde fallen. Man musste in die Hocke gehen, die Knie gefedert halten, bis das Brettchen unterm Kinn ankam, dann die Ellbogen wie Flügel spreizen und den Stein präzis abrutschen lassen. Nur so konnte man ihn eng neben einen anderen plazieren, ohne seine und die Kanten des Nachbarsteins zu verletzen. Eine falsche Bewegung beim Tänzeln und der Stein sackte wie Dreck in sich zusammen.

Vom Tragen und besonders vom Hinlegen verspannte sich auch das Gesicht. Man musste die Zunge gerade halten und die Augen starr. Wenn es schiefging, konnte man vor Zorn nicht einmal fluchen. Nach jeder Schlackoblock-Schicht waren unsere Augen und Lippen vom Starrhalten viereckig wie die Steine. Bei all dem war auch hier der Zement im Spiel. Er suchte das Weite, flog durch die Luft. An uns, an der Betontrommel und an der Presse klebte mehr Zement als in den Ziegeln. Beim Pressen hat man für jeden Stein zuerst das Brettchen in die Pressform gelegt. Dann mit der Schaufel die Mischung eingefüllt und mit dem Presshebel gestampft, bis sich der Stein samt Brettchen in der Pressform nach oben drückte. Dann musste man das Brettchen beidseitig packen und wegtragen, bis zum Trockenareal tänzeln und balancieren.

Schlackoblock wurde Tag und Nacht gepresst. In den Morgenstunden war die Pressform noch kühl und beschlagen, die Füße waren noch leicht, auf das Areal fiel noch keine Sonne. Auf den Gipfeln der Abraumhalden stand sie schon feurig. Mittags war die Hitze übermächtig. Die Füße verloren den gemessenen Schritt, in den Waden simmerte jeder Nerv, die Knie zitterten. Die Finger waren taub. Man konnte die Zunge beim Hinlegen der Steine nicht mehr geradehalten. Es gab viel Ausschuss und viel Prügel auf den Rücken. Am Abend warf der Scheinwerfer einen Lichtkegel auf die Szenerie. Mischtrommel und Presse standen wie Pelzmaschinen im grellen Licht, Nachtfalter wirbelten umher. Sie suchten nicht nur das Licht, der feuchte Geruch der Mischung lockte sie an wie Nachtblüten. Sie setzten sich und tupften ihre Rüssel und Zwirnbeine auf die Quader, obwohl das Trockenareal halb im Dunkel lag. Sie setzten sich auch auf den Stein, den man trug, und lenkten einen ab vom Balancieren. Man sah ihre Härchen am Kopf, die Schmuckreifen um ihren Bauch und hörte ihre Flügel rascheln, als wäre der Stein lebendig. Manchmal kamen zwei, drei auf einmal, saßen da, als wären sie aus dem Steininneren geschlüpft. Als wär die feuchte Mischung auf dem Brettchen nicht aus Schlacke, Zement und Kalkmilch, sondern ein viereckig gepresster Larvenklumpen, aus dem Nachtfalter schlüpfen. Sie ließen sich von der Presse bis zum Trockenareal tragen, aus dem Scheinwerferlicht in die vielschichtigen Schatten. Diese Schatten waren schief und gefährlich, sie verzerrten die Umrisse der Steine und verschoben das Maß in den Reihen. Der Stein auf dem Brettchen wusste selbst nicht mehr, wie er aussieht. Man wurde unsicher, man durfte seine Kanten nicht mit den Kanten der Schatten verwechseln. Auch von den Abraumhalden drüben kam ein trügerisches Durcheinanderzucken. Sie glühten an unzähligen Stellen und machten gelbe Augen wie nachtaktive Tiere, die ihr eigenes Licht erzeugen und ihre Schlaflosigkeit beleuchten oder verbrennen. Die Glutaugen der Abraumhalden rochen scharf nach Schwefel.

Gegen Morgen wurde es kühl, ein Himmel aus Milchglas. Die Füße wurden leichter, wenigstens im Kopf, denn der Schichtwechsel war nah und man wollte vergessen, wie müde man ist. Auch der Scheinwerfer war müde, vom Tageslicht verhangen und fahl. Über unseren unwirklichen Heldenfriedhof legte sich die blaue Luft, auf alle Reihen gleich, über alle Steine. Eine stille Gerechtigkeit breitete sich aus, die einzige, die es hier gab.

Der Schlackoblock hatte es gut, unsere Toten hatten weder Reihen noch Steine. Daran durfte man nicht denken, sonst hätte man die nächsten Tage oder Nächte nicht tänzeln und balancieren können. Wenn man ein wenig daran dachte, gab es viel Ausschuss und viel Prügel auf den Rücken.

Der gutgläubige und der skeptische Flacon

Es war die Hautundknochenzeit, die Ewigkeit der Krautsuppe. Kapusta am Morgen beim Aufstehen, Kapusta am Abend nach dem Appell. KAPUSTA ist Kraut auf russisch, und russische Krautsuppe heißt, dass oft überhaupt kein Kraut drin ist. Kapusta ist ohne das Russische und ohne Suppe ein Wort aus zwei Dingen, die nichts gemeinsam haben, außer diesem Wort. CAP ist der rumänische Kopf, PUSTA ist die ungarische Tiefebene. Und man denkt sich das auf deutsch, und das Lager ist russisch wie die Krautsuppe. Mit so unsinnigem Zeug will man schlau sein. Aber das zerlegte Wort KAPUSTA taugt nicht zum Hungerwort. Hungerwörter sind eine Landkarte, statt Ländernamen sagt man sich die Namen vom Essen in den Kopf. Hochzeitssuppe, Faschiertes, Rippchen, Eisbein, Hasenbraten, Leberknödel, Rehkeule, Saurer Hase usw.

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