Uwe Tellkamp - Der Turm
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- Название:Der Turm
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- Издательство:Suhrkamp
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- Год:2008
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Er war in die Bibliothek unterwegs, seltsam unruhig verließ er sein Versteck, ging über den Markt, an der Kirche auf der anderen Seite, am Lutherdenkmal vorbei, bog in die Seifensiedergasse ein, an deren Ende die Städtische Bibliothek in einem Fachwerkhaus mit vielen Giebelsprüchen, Wetterhahn und dem bronzenen» Seifensieder-Hans«über der Tür untergebracht war; früher war es das Innungshaus der Waldbrunner Seifensiederzunft gewesen. Er hatte noch zwanzig Minuten, die Bibliothek schloß um achtzehn Uhr. Im Vorraum, wo die Aus- und Abgabe-Theke neben einem mächtigen Kachelofen stand, diskutierte die grauhaarige Bibliothekarin mit einem ängstlichen Thälmann-Pionier, der eine Reihe gebundener» Digedag«-Hefte in offenbar desolatem Zustand zurückgegeben hatte, der Schärfe nach zu schließen, mit der die Bibliothekarin dem Jungen ihre Mißbilligung zu verstehen gab:»Schokoladeflecken «und» Eselsohren«ächzte sie, die Bände durchblätternd. Sie machte einen Vermerk in der Karteikarte des Jungen, und Christian wußte, daß der nun» erledigt «war, nie wieder würde er in dieser Bibliothek» Digedag«-Hefte ausleihen dürfen. Sabine Winkler kam, nahm Christians Bücher ab. Sie hatte keine Ähnlichkeit mit ihrer Schwester, niemand, der es nicht wußte, hätte die beiden zusammengebracht. Sabines Haar war blond, jetzt unter einem Tuch mit Batikdruck versteckt, draußen würde sie es abnehmen und aller Welt ihren Irokesenschnitt zeigen. Sie trug Nietenjeans, eine Motorradlederjacke, die ihr ein Patient ihres Vaters im Tausch gegen eine kostbare ABBA- und eine etwas weniger kostbare Platte von Oscar Peterson aus der Jazz-Reihe von» Amiga«, mit dem orangefarbenen» J «auf der Plattenhülle, überlassen hatte, und ein paar Nummern zu große Männerstiefel, die sie in der Abteilung» Für den jungen Mann «des» Centrum«-Warenhauses in Dresden erstanden hatte. Sabine Winkler bezeichnete sich als» erste Punkerin des überaus toten Kaffs Waldbrunn«, Christian war für sie, genau wie ihre Schwester und ihre Eltern,»Stino«, ein» stinknormaler Mensch«. Sie nannte ihn Chris, das war für ihn der schrecklichste seiner Spitznamen; er mußte an Chris Doerk denken, einen Schlagerstar der sechziger Jahre, die mit ihrer Dosenrosenstimme den staatlich anerkannten Schnulzengalan Frank Schöbel begleitet und in zwei DEFA-Filmlustspielen mitgewirkt hatte. Ostsee-Sommerfilmtage, in Reih und Glied ausgerichtete Strandkörbe, der rote Sturmball auf halbmast. Zeltkino, Essenausgabe, Büfett, das aus Plastschüsseln mit erschlafftem Gurkensalat bestand. Eine Provinz-Combo spielte im Gemeinschafts-Speisesaal, und in einem Buch aus der Ferienlager-Bibliothek,»Sally Bleistift «von Auguste Lazar, hatte er einen Liebesbrief entdeckt … Sabines Begrüßung riß ihn aus seinen Gedanken.»He, Chris, in ’ner Viertelstunde ist Feierabend, und ich hab’ kein’ Bock, wieder längerzumachen wie beim letzten Mal, bloß weil du dich nicht auskäsen kannst!«
Christian nickte, ging in den hintersten Winkel der Bibliothek, wo die Philosophen schliefen. Er versuchte die Gedanken an Verena und Siegbert zu verdrängen, indem er sich zwang, die Titel der Bücher zu studieren; es waren äußerst langweilig und trocken klingende Titel mit vielen lateinischen Begriffen darin; er fand, was er suchte, in einer staubigen Ecke mit besonders langweilig und trocken klingenden Titeln, aber er brauchte einiges davon, um sich auf eine anstehende große Klassenarbeit in Staatsbürgerkunde vorzubereiten, bei der man voraussichtlich nicht» sülzen «konnte, sondern» Fakten darlegen «mußte.
«He, Chris, was ist los mit dir? Du müllst mich ja gar nicht zu wie sonst!«Sabine knallte die Ausleihdaten in das eingeklebte Stempelfeld seiner Bücher.»Mann, was für Schwarten wir hier haben.«
Am 1. Mai hatte ganz Waldbrunn geflaggt. Ein Mitglied der Volkskammer, Vertreter der Kreisparteileitung und des örtlichen Stützpunktes der befreundeten sowjetischen Streitkräfte standen auf der Tribüne, die auf dem Marktplatz aufgebaut worden war; die Schüler der Waldbrunner Schulen zogen in mehreren Reihen an den winkenden Volksvertretern vorbei. Der riesige Karl-Marx-Kopf, an dem die» Arbeitsgemeinschaft Junger Künstler «der Maxim-Gorki-Schulen bis zuletzt gemalt hatte, glänzte auf der meterhohen Leinwand über der Tribüne, ein aus je fünf Kilogramm Gold- und Silberfarbe geschmiedeter Totemschädel, ein mythischer Ahn auf einem Segel, das Segel der» Kon-Tiki «von Thor Heyerdahl, dachte Christian, der in einer Reihe mit Siegbert und Jens lief. Ein Floß, das zur Sonne treibt. Sie fluchten unter der Last des Transparents, einer zehn Meter langen Stoffbahn mit der Parole» All unsere Kraft zum Aufbau des sozialistischen Vaterlands«, die alle zwei Meter von einer Haltestange gestützt wurde. Wenn der Wind auffrischte, mußten die fünf Schüler all ihre Kraft in die Haltestangen stemmen, das Transparent blähte sich und knatterte wie die Flügel eines ungebärdigen Drachens. Trommeln tuschten, vorn lief ein Zimbeln- und Schalmeienchor mit Tambour und Tschingderassabumm, Christian sah den Stab wirbeln und blitzen. Jetzt wurden Fanfaren zuseiten der Tribüne gehoben; Fahner schrie Kommandos ins Mikrofon, aus tausend Schülerkehlen hallte die Lobpreisung der Zukunft, in der es keine Ausbeutung und Unterdrückung mehr geben würde, nie mehr, für immer lichte Zeit. Fahner verkündete stolze Statistiken, die Lautsprecher sirrten; unberührt, wie von einer Wand aus Glas vom Aufmarsch getrennt, läuteten plötzlich die Kirchenglocken; die Schüler schwitzten.
Jede Unterrichtsstunde schien jetzt aus Forderungen zu bestehen. Frau Stesny blickte besorgt auf ihre Schützlinge, wenn sie das Abendbrot schweigend in sich hineinschlangen, während sie mit dem Zeigefinger über Zeilen danebenliegender Bücher fuhren. Wenn sie um zweiundzwanzig Uhr Nachtruhe anordnete, wurde in den Zimmern der 11. Klassen das Licht gelöscht und bis hundert gezählt, dann würde Frau Stesny weit genug entfernt sein, um das wieder eingeschaltete Licht nicht mehr sehen zu können. Schnürchel verlangte Aufsätze über sowjetische Kinofilme, von denen sie manchmal im Unterricht einen sahen: Immer ging es um den Großen Vaterländischen Krieg, um patriotische Partisaninnen, die entschlossen nach den Gewehren der Pflicht griffen; um Soldaten in beinahe aussichtsloser Lage, die sie mit schier übermenschlichem Willen und kraft ihres festen Klassenbewußtseins doch noch meisterten. Engelmann flatterte und pflügte durch die Klasse, prüfte Jahreszahlen der Komintern, die Unterschiede zwischen absoluter und relativer Wahrheit, die Rolle der Produktivkräfte in der entwickelten kapitalistischen und sozialistischen Gesellschaft. Uhl forderte die» Moorsoldaten «und» Ich hört ein Sichelin rauschen «auswendig. Dr. Frank verlangte Vorträge über den Fortpflanzungsmechanismus der Farne. Nur Hedwig Kolb, die Lehrerin für Deutsch und Französisch, schien nichts zu fordern. Nicht nur deshalb liebten die Schüler der 11/2 sie. Im übrigen forderte sie doch, aber sie forderte nicht fordernd. Sie betrat das Klassenzimmer wie eine vergeßliche Elfe, blieb, noch die Klinke in der Hand, versonnen stehen, unbekümmert um den Lärm, den die auf ihre Plätze eilenden Schüler machten, schaute zart und befremdet, Klassenbuch und Unterrichtsmaterialien hoch unter den Arm geklemmt, auf einen Helligkeitsfleck auf dem Fußboden, ein besonntes Traumtellerchen, auf dem sie vielleicht ein paar Kobolde entdeckt hatte, die ihr die Zunge herausstreckten; dann besann sie sich, probierte den Raum bis zum Pult — Christian mußte an eine Gazelle denken, die von einem ungerührten Zauber auf das Eis eines Sees versetzt worden war —, legte die Bücher ab und zog ein Taschentuch mit Häkelsaum hervor, um die immer ein wenig schnupfende, großflügelige Nase zu befreien. Dies war kein Schnauben oder Schneuzen, kein Posaunenstoß wie bei Engelmann, der kein Taschentuch normaler Dimension, sondern eine rotweiß gewürfelte Fahne verwendete, die seine Hosentasche zu Apfelgröße ausbeulte; es war ein sanfter Kehraus bei Hedwig Kolb, leise und trocken; auf das Taschentuch war eine blaue Giraffe gestickt, die um Verzeihung zu bitten schien. Christian registrierte die verschiedenen Arten des Stillwerdens in der Klasse: bei Schnürchel schlagartig, eine Stille, die nach umgebrachtem Lärm entstand; bei Frank wurde es, wenn er den Raum betrat, zunächst noch lauter, weil er als Klassenlehrer sofort mit Fragen und Problemen bestürmt wurde; Uhl mähte die Gespräche mit einem gedonnerten» Ruhe!«nieder, und nur bei Hedwig Kolb war es eine Stille, die sich öffnete, als wären die Stimmen ein Gewirr von Waldpflanzen, die vor ihrem Schritt zurückwichen. Die Fee der Buchstaben hob ein Stück weiße Kreide und schrieb das Thema der Stunde an die Tafel. Die Klasse wartete; Hedwig Kolb drehte sich um und ließ ihren verhangenen Blick über die Schülerreihen tupfen, als müßte sie sich vergewissern, ob die Klasse noch die gleiche wie zur gestrigen Unterrichtsstunde sei oder ob nicht aus einigen Schülern plötzlich erwachsene Menschen geworden seien, die aufstehen und sich, anstatt über so zarte, behutsam zu behandelnde Dinge wie Gedichte zu sprechen, ernsthaften, der Volkswirtschaft geradlinigen Nutzen bringenden Tätigkeiten zuwenden würden — einen Nagel in ein Stück Dachpappe schlagen zum Beispiel —, sie ließ ihren Blick hier und dort hängen, er verweilte sinnend über dem Kopf eines Schülers, wie eine Blumenkanne über Blüten verweilt, während die sie haltende Hand zögert: Noch einen, noch zwei oder gar noch drei Tropfen? Bringen sie Schaden oder Nutzen? Dann strich der Blick weiter, und er verbarg seinen Zweifel in unterschiedloser, gleichwohl nicht gleichgültiger Freundlichkeit. Ohne daß Hedwig Kolb autoritär auftrat, besaß sie Autorität und wurde von den Schülern geachtet. Da erging es der ebenso sanften, vergeßlichen, nachsichtigen Englischlehrerin, Frau Kosinke, anders: Niemand nahm sie ernst, hinter ihrem Rücken ahmten die Schüler ihre Schrullen nach und lachten über sie. In den übrigen Fächern hatten sich schnell Hierarchien innerhalb der Klasse gebildet: Verena und Hagen Schlemmer, ein schweigsamer Schlaks mit Nickelbrille und einer Haut, der man ansah, daß sie kaum aus dem Bastellabor kam, waren die besten in Mathematik, Schlemmer und Falk Truschler in Physik, an der Verena kaum Interesse zeigte, Siegbert und Christian in Englisch, Swetlana in Russisch und Staatsbürgerkunde, Reina Kossmann in Chemie, Heike Fieber war Herrn Feinoskars, des Zeichenlehrers, ganzer Stolz. Bei Hedwig Kolb aber entwickelten alle Schüler Ehrgeiz; den besten Aufsatz zu schreiben war eine schwierige, umkämpfte Sache, von Hedwig Kolb gelobt zu werden glich einem Ritterschlag. Christian war der beste Aufsatz zweimal gelungen, vielleicht rührten Verenas Anspielungen auf seine angebliche Hochnäsigkeit daher. Im ersten Aufsatz hatten sie über Büchners» Woyzeck «zu schreiben gehabt, Christian hatte die Klassenkampf-Interpretation beiseitegeschoben und sich mehr für Macht und Ohnmacht in dem Stück interessiert, den Aufsatz hatte er als szenischen Dialog, in Blankversen, angelegt. Hedwig Kolb hatte ihn darum gebeten, den Aufsatz behalten zu dürfen hatte eine Hektografie davon angefertigt und am Schwarzen Brett ausgehängt, worauf Christian stolz gewesen war. Verena, Swetlana und auch Siegbert hatten sich darüber geärgert und Christians Aufsatz, speziell die mißglückten Verse, mit spitzen Kommentaren bedacht … Auch Siegbert war es zweimal gelungen, den besten Aufsatz zu schreiben; einmal Verena (»Wiedergeben von Eindrücken«: Sie hatte über ein Gemälde der IX. Kunstausstellung, 1982 im Albertinum in Dresden, geschrieben); einmal Heike Fieber, die in Deutsch und in Kunsterziehung aus der tranceähnlichen Schläfrigkeit erwachte, in der sie durch die anderen Fächer floß. Wie eine große, samtfingrige Alge, dachte Christian, wie etwas Durchsichtiges, das sich in einem klaren See ausbreitet. Fließend: wie die Farben in einem Aquarell. Heike faszinierte ihn, denn ihre Gedanken schienen in anderen Bahnen als den üblichen zu verlaufen. Es konnte sein, daß sie sich meldete; Hedwig Kolb, verblüfft über diese ungewohnte Aktivität, erteilte ihr sofort das Wort, aber Heike kümmerte sich nicht um die Frage, die gestellt worden war, sondern sagte:»Ich habe mir eben überlegt, was die Konsequenz wäre, wenn plötzlich alle Menschen blaue Ohren bekämen. «Dann ließ sie den Arm langsam sinken, schüttelte ihre Mähne zurecht, eine für sie charakteristische Geste: als wollte sie etwas loswerden, schwere, immer wiederkehrende Träume, etwas, das im Widerspruch stand zu ihrer Stupsnase und den Hunderten Sommersprossen im Gesicht; sie blickte versonnen und ernst auf Hedwig Kolb, die ebenso ernst, doch mit einer Spur Erstaunen, zurückblickte:»Ja, Heike … aber ist denn das möglich, haben Sie darüber etwas gelesen?«Heike hatte bei diesem Aufsatz das freie Thema gewählt und geschrieben:»Alles ist durch Säfte. Wenn etwas schiefgeht, dann durch Schiefheit bei den Säften. Blut ist ein ganz besonderer Saft, wie schon Goethe sagte. Es gibt eine Saft-Vertikale und eine Saft-Horizontale. Dann gibt es die Saftläden, und außerdem gibt es die Saftverbrechen. Wir leben im ZEITALTER DER SAFTVERBRECHEN. «Es folgte, mitten im Text, eine Zeichnung, ein genialisches Gestrüpp farbiger Linien, Schlangen mit Pfeilspitzen, die aufeinander zeigten — in der Entfernung ordnete sich das scheinbar wirre Gekritzel zu einem traurigen bärtigen Gesicht.»Wir müssen die Saftverbrechen bekämpfen!«stand darunter. Auch um diesen Aufsatz bat Hedwig Kolb. Sie hatte ihn mit» Ganz ausgezeichnet!«bewertet, aber nicht ans Schwarze Brett gehängt. In Klammern hatte sie in roter Maiglöckchenschrift hinzugesetzt:»Ungewöhnliche Verknüpfung von Text und Bild!«
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