John Jakes - Liebe und Krieg

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Ein Drama aus Blut und Tränen, Haß und Verrat, Leid und Tod – nur wenig gemildert durch Liebe und Leidenschaft, Hingabe und Treue – nimmt seinen Lauf, als der schwelende Konflikt in der Sklavereifrage sich zum offenen Krieg zwischen den Süd- und den Nordstaaten entzündet. Amerika erlebt den blutigen Bürgerkrieg, muß Hunderttausende von Toten beklagen, fast jede Familie erleidet Entsetzliches. Mitbetroffen sind auch die Familien von Orry Main, dem Plantagenbesitzer aus dem Süden, und George Hazard, dem Großindustriellen aus dem Norden. Auf Gedeih und Verderb ist das Schicksal der Mains mit dem der Hazards verbunden, verketten unlösbare Bande die Familien, die alle Stadien des Kriegsverlaufes durchmachen: die anfängliche Begeisterung, die Zermürbung und Enttäuschung, das Elend und das Entsetzen vor dem, wozu Menschen fähig sind. Und schließlich das Ende des Krieges mit dem Zusammenbruch des Südens, eines Zusammenbruchs, der kein strahlender Sieg und auch kein folgenloser Triumph des Nordens sein wird …
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1984 unter dem Titel »Love and War« bei Harcourt Brace Jovanovich, Publishers, San Diego, New York, London
© 1984 by John Jakes
© 1986 der deutschsprachigen Ausgabe

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Gus begann Kaffee aufzubrühen. Und so endete die Nacht und der Besuch. Nach dem Frühstück brach er auf. Sie begleitete ihn bis zur Straße. Sport, gut ausgeruht, tänzelte, konnte es kaum erwarten.

Sie berührte seine behandschuhte Hand, dort, wo sie auf seinem linken Bein ruhte. »Wirst du wiederkommen?«

»Wenn ich kann. Ich möchte es.«

»Bald?«

»General McClellan wird da ein gehöriges Wörtchen mitzusprechen haben.«

»Charles, sei vorsichtig.«

»Du auch.«

Sie hob seine Hand und preßte sie gegen ihre Lippen, dann trat sie zurück. »Du mußt kommen. Ich bin seit Jahren nicht mehr so glücklich gewesen.«

»Ich auch nicht«, sagte er und trieb Sport auf die Straße, in die die Wagen tiefe Furchen gepflügt hatten.

Er winkte, starrte über die Schulter zu der kleiner werdenden Gestalt. Unmöglich, seine Gefühle länger zu verleugnen.

Du versuchst es besser. In Kriegszeiten konnte kein Mann einer Frau ein Versprechen geben und sicher sein, es auch halten zu können.

Er erinnerte sich an die Wärme ihres Busens, ihres Mundes, er dachte an ihr Haar, an die köstliche Berührung ihrer Zungen, bevor Washington geklopft hatte.

Er durfte sich in nichts verstricken.

Er hatte sich bereits verstrickt.

Er stand nicht im Begriff, sich zu verlieben.

Das war bereits geschehen.

Was zum Teufel sollte er nun tun?

52

Am ersten Samstag im April war die Stimmung in James Bullochs Liverpooler Büro so beschwingt wie die Frühlingsluft. Captain Bulloch war erst kürzlich von einer schnellen, aber ereignislosen Blitzfahrt durch die Blockade zurückgekehrt; in Savannah hatte er mit einigen von Mallorys Männern konferiert, obwohl er Cooper darüber keine Einzelheiten mitgeteilt hatte.

Das Büro sonnte sich immer noch im Erfolg des ersten Projekts. Am 22. März hatte der Schraubendampfer Oreto von den Toxteth-Docks abgelegt, ohne daß die Krone eingegriffen hätte; lediglich zwei von Konsul Dudleys Detektiven hatten vom Dock aus fluchend zugeschaut, aber das war auch schon alles gewesen.

Bulloch hatte den Namen Oreto erfunden, um die Behörden zu verwirren. Während sie bei William Miller gebaut wurde, hatte die Werft sie in ihren Büchern als Mittelmeer-Handelsschiff geführt, bestimmt für Palermo. Tatsächlich war ihr erstes Ziel Nassau. Der für die Atlantiküberquerung angeheuerte britische Kapitän würde dort das Kommando an Captain Maffitt von der Marine der Konföderierten übergeben. Die Bewaffnung, einem Kanonenboot entsprechend, folgte getrennt auf Bark Bahama.

Niemand wußte, wie lange diese Methode, die britischen Gesetze zu umgehen, funktionieren würde. Hoffentlich lange genug, daß ihr zweites Schiff noch zu Wasser gelassen werden konnte. Die Fertigstellung des zweiten Kanonenbootes mußte mit allen Mitteln vorangetrieben werden, da aus Lincolns lächerlicher, nur auf dem Papier bestehender Blockade sehr schnell eine echte, großen Schaden anrichtende wurde, je mehr Yankee-Kriegsschiffe Stellung bezogen. Die Florida – so würde die Oreto nach ihrer Indienststellung heißen – hatte eine genau definierte Mission: Sie sollte Handelsschiffe des Nordens kapern oder versenken und damit die Kosten der Schiffahrtsversicherungen in schwindelnde Höhen treiben. Als nächstes, so die Annahme der Konföderation, würden die Besitzer von Handelsschiffen Lincoln mit ihrem Gejammer in den Ohren liegen und Schutz verlangen. Lincoln wäre gezwungen, dafür Schiffe von der Blockade abzuziehen.

Ein zweites Schiff, schnell und gut bewaffnet, konnte den Druck verstärken. Dieses Schiff ging drüben bei Lairds seiner Vollendung entgegen. Bullochs Codename dafür lautete Enrica. Und die Arbeiten an der Enrica mußten beschleunigt werden; diese Botschaft hatte Cooper an diesem Frühlingssamstag weiterzugeben. Das war nicht so einfach, wie es sich anhörte, denn weder er noch Bulloch noch sonst jemand vom Büro wagte es, Laird-Gelände zu betreten. Dudley hatte überall seine Spione. Entdeckten sie Südstaatler auf der Werft oder im Gespräch mit einem der Eigentümer, dann würde der Yankee-Gesandte eine Untersuchung fordern, und die ganze Sache würde auffliegen. Aus diesem Grund war der Vertrag für die Enrica in geheimen Treffen in Number 1 Hamilton Square, Birkenhead, der Residenz von John Laird junior, ausgehandelt worden.

Cooper warf einen Blick auf seine Taschenuhr, sammelte seine Sachen zusammen und ging auf die Treppe zu. Bulloch tauchte aus der abgeteilten Ecke auf, die sein winziges Büro bildete.

»Richten Sie Judith meine besten Grüße aus.«

»Und grüßen Sie Harriott von mir.«

»Ich nehme an, Sie werden einen erholsamen Sabbat verbringen.«

»Das werde ich, nach dem Kirchgang.«

»Haben Sie unsere Spende dabei?«

»Ja.« Cooper tippte an seinen hohen Hut. Hinter Blicken und halben Lächeln hatten sie weitere Fragen, Antworten, versteckte Bedeutungen verborgen. Es gab zwei neue Angestellte im Büro; man konnte sich ihrer Loyalität noch nicht ganz sicher sein.

Im Hinabgehen grüßte er Prioleau, den Manager von Fräser & Trenholm, der gerade zum Gebäude zurückkehrte. Draußen wandte er sich nach links, gerade als die Glocken der Kirche von St. Nicholas die Viertelstunde schlugen. Die 4-Uhr-Fähre würde er leicht schaffen.

An der Ecke blickte er sich unauffällig nach allen Seiten um. konnte aber im Frühlingssonnenschein keine verdächtige Person entdecken. Er ging nach rechts auf den Mersey zu. Ein auslaufender Frachter fuhr vorbei. Er hörte das schwache Läuten der Schiffsglocke.

Cooper vermißte gelegentlich South Carolina. Er war keineswegs überzeugt davon, daß die Konföderation überleben würde. Die Anerkennung durch die beiden wichtigsten europäischen Nationen, England und Frankreich, war immer noch nichts weiter als eine Hoffnung, und militärisch schien sich auch nicht viel zu ereignen. Ein kluger Mann, ein Mann, der sich seine geistige Gesundheit bewahren wollte, tat, was er nun tat: sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren, nicht auf die bedrohlichen Hintergründe.

Der warme Sonnenschein tat ihm gut; entspannt lehnte er sich an die Reling der Fähre und dachte an seine Frau und andere erfreuliche Dinge. Die Fähre, vollgepackt mit Familien, Einkaufenden und Angestellten, deren Büros am Samstag schon frühzeitig schlossen, legte eine Minute nach vier vom City-Kai ab und hielt auf den Woodside-Kai zu, auf der anderen Seite des Merseys.

Cooper liebte den Betrieb im Hafen. Er liebte Liverpools dunkle, viereckige Gebäude, so solide wie die freundlichen Menschen, die sie bewohnten. Er liebte das bequeme Stadthaus, das er und Judith gefunden hatten, direkt gegenüber von Prioleaus Haus, nur durch den Abercromby Square getrennt. Er hatte sogar gelernt, schwarzen Pudding zu essen, eine einheimische Spezialität, die er allerdings ganz sicher niemals lieben würde.

Abends schlenderte Cooper gern an den Toxteth-Docks entlang, schaute sich die Sterne über dem Mersey und den Wirralbergen an und sagte sich, daß es eine gute Zeit, ein guter Ort war, wenn auch weit weg von zu Hause.

Während seine Gedanken wanderten und sein Blick über das Panorama der Docks am Liverpoolufer streifte, überfiel ihn plötzlich ein unangenehmes Gefühl. Er drehte sich um und sah den Mann zum erstenmal.

Ungefähr fünfzig, schätzte Cooper. Knollennase. Schnurrbart von gewaltigen Ausmaßen. Billiger Anzug, für das Wetter zu warm. Papiersack in einer Hand. Der Mann hielt hartnäckig das Ende einer Bank belegt, die bereits mit einer mageren Frau und ihren fünf Kindern überladen war. Aus dem Sack zog der Mann einen Porree. Mit großem Genuß biß er in die weiße Knolle.

Kauend warf der Mann Cooper einen Blick zu – nicht unfreundlich, bloß neugierig. Aber Cooper besaß mittlerweile Erfahrung im Aufspüren von Leuten, die zu Dudleys Rowdies gehören konnten. Gut möglich, daß es sich hier um einen neuen Mann handelte.

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