»Ihr seht recht schwarz.«
»Folgt meinem Rat, werter Freund. Jeder Mann hat seine Grenzen, überschreitet die Euren nicht.«
»Um aufrichtig zu sein, kenne ich sie noch nicht; deshalb auch erregt diese Erfahrung mich so leidenschaftlich.«
»Mehrere seit langem in Memphis niedergelassene Hersteller und Händler von Papyrus geben allen Anlaß zur Zufriedenheit.«
»Ich werde mich bemühen, sie dadurch zu erstaunen, daß ich Erzeugnisse von besserer Beschaffenheit anbiete.«
»Ist das nicht Großsprecherei?«
»Ich vertraue zuversichtlich auf meine Arbeit, und ich verstehe Eure … Warnung nicht ganz.«
»Ich denke lediglich an Euer Wohl. Nehmt die Wirklichkeit an, und Ihr werdet Euch etliche Verdrießlichkeiten ersparen.«
»Solltet Ihr Euch nicht mit den Euren bescheiden?« Denes’ schmale Lippen wurden weiß. »Werdet deutlicher.«
Bel-ter-an zog den Gurt seines langen Schurzes enger, der zu rutschen neigte.
»Ich habe von Rechtsverletzungen und Verfahren reden hören. Eure Unternehmungen besitzen kein so anziehendes Gesicht mehr wie ehedem.« Der Ton wurde lauter. Die Geladenen horchten auf. »Eure Anschuldigungen sind verletzend und unrichtig. Der Name Denes wird in ganz Ägypten geachtet, der Name Bel-ter-an ist jedoch unbekannt.«
»Die Zeiten ändern sich.«
»Euer Geschwätz und Eure Verleumdungen verdienen nicht einmal eine Antwort.«
»Was ich zu sagen habe, das verkünde ich in aller Öffentlichkeit. Die Anspielungen und den Schwarzhandel überlasse ich den anderen.«
»Bezichtigt Ihr mich etwa?«
»Fühlt Ihr Euch etwa schuldig?« Dame Nenophar nahm ihren Gemahl am Arm. »Wir haben uns lange genug aufgehalten.«
»Seid vorsichtig«, empfahl Denes. »Eine schlechte Ernte, und Ihr seid vernichtet.«
»Meine Vorsichtsmaßnahmen sind getroffen.«
»Eure Träume sind nichts als Hirngespinste.«
»Könntet Ihr nicht mein erster Kunde sein? Ich würde eine Auswahl von Erzeugnissen vorbereiten und Euch Preise nach Eurem Belieben machen.«
»Ich denke darüber nach.«
Die Versammlung war gespalten. Denes hatte zahlreiche Trugbilder weggewischt, doch Bel-ter-an schien sich seiner Stärke gewiß. Der Zweikampf versprach spannend zu werden.
Über eine Woche jagte Heerführer Aschers Sondereinheit vergebens die letzten Aufrührer. Da er das Gebiet als befriedet erachtete, gab der hohe Krieger schließlich Befehl zum Rückzug. Sethis Streitwagen fuhr auf einem schwierigen Weg an einer Felswand entlang. Einen Bogenschützen an seiner Seite, hüllte Sethi sich mit düsterer Miene in Schweigen und richtete seine Aufmerksamkeit ganz auf das Lenken des Gefährts. Panther kam eine besondere Vergünstigung zugute; im Gegensatz zu den anderen Gefangenen, die zum Gewaltmarsch verdammt waren, saß sie auf dem Rücken eines Esels. Ascher hatte dieses Vorrecht dem Helden des nun endenden Feldzuges gewährt, und niemand fand dagegen etwas einzuwenden.
Die Libyerin, die in Sethis Zelt schlief, war von der Verwandlung des jungen Mannes verblüfft. Er, der für gewöhnlich so feurig und überströmend war, verschloß sich in einer sonderbaren Traurigkeit. Als sie es nicht länger ertrug, wollte sie den Grund hierfür wissen.
»Du bist ein Held, du wirst gefeiert und reich werden, und du gleichst einem Besiegten! Erkläre es mir.«
»Eine Gefangene hat nichts zu verlangen.«
»Ich werde dich mein ganzes Leben lang bekämpfen, sofern du überhaupt in der Lage bist, dich zu wehren. Solltest du den Geschmack am Leben verloren haben?«
»Schluck deine Fragen und schweig.« Panther schlüpfte aus ihrem Kleid. Nackt warf sie ihr goldenes Haar zurück und begann, träge zu tanzen, sich so geschmeidig um sich selbst zu drehen, daß sie alle Reize ihres Körpers zur Geltung brachte. Ihre Hände beschrieben Kreise, streiften sacht ihre Brüste, ihre Hüften, ihre Schenkel. Schlängelnd bewegte sie sich mit der angeborenen Geschmeidigkeit der Frauen ihres Volkes. Als sie sich ihm katzenartig näherte, rührte er sich nicht. Sie knotete seinen Schurz auf, küßte seinen Oberkörper und legte sich auf ihn. Mit Freuden stellte sie fest, daß die Kraft des Helden nicht verschwunden war. Obwohl er sich dagegen wehrte, spürte er Verlangen nach ihr. Sie glitt an ihm hinab und erregte ihn mit ihren heißen Lippen.
»Welches wird mein Los sein?«
»In Ägypten bist du frei.«
»Wirst du mich nicht bei dir behalten?«
»Ein einziger Mann wird dir nicht genügen.«
»Werde reich, damit werde ich mich zufriedengeben.«
»Als ehrbare Frau würdest du dich langweilen. Vergiß nicht, du hast geschworen, mich zu verraten.«
»Du hast mich bezwungen, ich werde dich bezwingen.«
Sie fuhr fort, ihn mit ihrer Stimme, deren dunklen und schmeichelnden Modulationen, zu umgarnen. Mit gelöstem Haar und gespreizten Beinen auf dem Bauch ausgestreckt, rief sie nach ihm. Sethi drang ungestüm in sie, vollends bewußt, daß diese Dämonin sich eines Zaubers bedienen mußte, um seine Lust derart von neuem zu beleben. »Du bist nicht mehr traurig.«
»Versuche nicht, in meinem Herzen zu lesen.«
»Rede mit mir.«
»Morgen, wenn ich den Wagen anhalten werde, steigst du von deinem Esel, kommst zu mir und tust, was ich dir befehle.«
»Das rechte Rad quietscht«, sagte Sethi zu seinem Bogenschützen.
»Ich höre nichts.«
»Ich für meinen Teil habe ein scharfes Gehör. Dieses Geräusch kündigt einen Schaden an; besser wäre, es nachzuprüfen.«
Sethi führte die Spitze des Zuges an. Er fuhr vom Weg ab und ließ den Streitwagen gegenüber einem Pfad halten, der sich in einem Wald verlor. »Laß uns nachsehen.«
Der Bogenschütze gehorchte. Sethi setzte ein Knie auf die Erde und untersuchte das fragliche Rad. »Übel«, befand er. »Zwei Speichen stehen kurz davor zu brechen.«
»Kann man es beheben?«
»Warten wir auf den Trupp der Tischler.« Letztere marschierten am Ende des Zuges, unmittelbar hinter den Gefangenen. Als Panther von ihrem Esel stieg und sich Sethi näherte, konnten die Soldaten sich loser Bemerkungen nicht enthalten. »Steig ein.«
Sethi stieß den Bogenschützen zur Seite, packte die Zügel und trieb den Wagen in voller Fahrt auf den Wald zu. Niemand hatte Zeit gehabt, sich zu rühren. Versteinert fragten sich seine Waffenbrüder, weshalb der Held abtrünnig wurde. Selbst Panther zeigte ihre Verblüffung.
»Bist du irre geworden?«
»Ich muß ein Gelöbnis einhalten.«
Eine Stunde später hielt der Wagen an der Stätte, wo Sethi den von den Beduinen getöteten Offizier beigesetzt hatte. Von Grauen erfüllt, wohnte Panther der Ausgrabung bei. Der Ägypter hüllte den Leichnam in ein großes Leintuch, das er an den Enden verschnürte. »Wer ist das?«
»Ein wahrer Held, der in seinem Land und nahe den Seinen ruhen wird.«
Sethi ließ unerwähnt, daß Heerführer Ascher seinen Schritt wahrscheinlich nicht gestattet hätte. Als er endlich im Begriff war, seinen Totendienst zu vollenden, brüllte die Libyerin plötzlich auf. Sethi drehte sich jäh um, konnte jedoch der Pranke eines Bären nicht mehr ausweichen, die ihm die linke Schulter zerfetzte. Er stürzte, rollte sich zur Seite und versuchte, sich hinter einem Fels zu verbergen. Auf den Hinterpfoten maß der schwere und zugleich behende Sohlengänger drei Meter. Das ausgehungerte, blindwütige Tier geiferte, öffnete das Maul und stieß einen entsetzlichen Schrei aus, der die Vögel in der Umgebung auffliegen ließ. »Meinen Bogen, schnell!«
Die Libyerin wagte sich nicht aus dem trügerischen Schutz des Streitwagens und warf Bogen und Köcher in Sethis Richtung. Als der junge Mann seine Waffen ergreifen wollte, fuhr die Kralle des Bären ein zweites Mal nieder und riß ihm den Rücken auf. Das Gesicht am Boden und blutüberströmt, blieb er reglos liegen.
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