«Ich habe zu Sankt Crispinian gebetet, Sire», sagte Hook und hielt inne, bevor er schnell seinen Satz beendete, «und er hat zu mir gesprochen.»
Erneut kehrte Stille ein. Vor dem Fenster krächzte ein Rabe, und das Klingen von Schwertern drang vom Übungsplatz des Towers herüber. Dann streckte der König von England seine Hand im Kettenhandschuh aus und fasste Hook unters Kinn, sodass er dem Bogenschützen in die Augen sehen konnte. «Er hat zu dir gesprochen?», fragte der König.
Hook zögerte. Es fühlte sich an, als schlüge sein Herz direkt in seiner Kehle. Dann beschloss er, die ganze Wahrheit zu sagen, wie unglaubwürdig sie sich auch immer anhören mochte. «Sankt Crispinian, Sire», sagte er, «hat in meinem Kopf zu mir gesprochen.»
Der König starrte Hook an. Pater Ralph öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, doch eine königliche Hand brachte ihn mit einer Geste dazu, den Mund wieder zu schließen, und Henry, König von England, starrte Hook weiter an, sodass ihm die Angst wie eine kalte Schlange das Rückgrat emporkroch. «Es ist warm in diesem Raum», sagte der König mit einem Mal, «du wirst draußen mit mir weitersprechen.»
Einen Moment lang glaubte Hook, der König müsse Pater Ralph gemeint haben, doch es war Hook, den der König wollte, und so trat Nicholas Hook in den nachmittäglichen Sonnenschein und ging neben seinem König her. Henrys Rüstung quietschte leise, als sich die Metallteile an dem eingefetteten Lederfutter darunter rieben. Seine Männer hatten unwillkürlich zu ihm kommen wollen, als er erschienen war, doch er winkte sie fort. «Erzähle mir», sagte Henry, «wie Crispinian zu dir gesprochen hat.»
Hook erzählte, wie ihm die beiden Heiligen erschienen waren und wie beide zu ihm gesprochen hatten, doch dass Crispinian die freundlichere Stimme besaß. Es war verlegen, als er die Unterhaltungen beschrieb, doch Henry nahm seine Worte ernst. Er blieb stehen und sah Hook ins Gesicht. Er war einen halben Kopf kleiner als der Bogenschütze, sodass er aufblicken musste, um Hooks Miene zu deuten, doch offenbar war er zufrieden mit dem, was er erkannte. «Du bist gesegnet», sagte er. «Ich wünschte, die Heiligen würden zu mir sprechen», fuhr er sehnsüchtig fort. «Du bist geschont worden, weil eine Aufgabe für dich vorgesehen ist», fugte er voller Überzeugung hinzu.
«Ich bin nur ein Forstmann», sagte Hook unbehaglich. Einen Moment lang war er versucht, die ganze Wahrheit zu sagen, dass er nämlich ein Geächteter war, doch dann hütete er lieber seine Zunge.
«Nein, du bist ein Bogenschütze», beharrte der König, «und es war in unserem französischen Reich, in dem dir die Heiligen zu Hilfe gekommen sind. Du bist Gottes Werkzeug.»
Hook wusste nicht, was er sagen sollte, und so sagte er nichts.
«Gott hat mir den Thron von England und den Thron von Frankreich vergönnt», sagte der König grimmig, «und wenn es Sein Wille ist, dann werden wir uns den Thron von Frankreich zurückholen.» Seine Faust im Kettenhandschuh ballte sich, «Und wenn wir uns dafür entscheiden», fuhr er fort, «dann will ich Männer haben, die von den Heiligen Frankreichs begünstigt werden. Bist du ein guter Bogenschütze?»
«Ich glaube es, Sire», sagte Hook zurückhaltend.
«Venables!», rief der König, und der Ventenar hinkte eilig über die Wiese herbei und fiel auf die Knie. «Kann er schießen?», fragte Henry.
Venables grinste. «So gut wie keiner, den ich je gesehen habe, Sire. So gut wie der Mann, der Euch den Pfeil ins Gesicht geschossen hat.»
Offenkundig mochte der König Venables, denn er lächelte bei der leichten Anmaßung. Dann tippte er mit seinem eisenumhüllten Finger auf die tiefe Narbe neben seiner Nase. «Wenn er mehr Kraft in den Pfeil gesetzt hätte, Venables, dann hättest du jetzt einen anderen König.»
«Dann hat Gott an diesem Tag ein gutes Werk vollbracht, Sire, indem er Euch bewahrt hat. Gott sei für diese große Gnade gedankt.»
«Amen», sagte Henry. Er schenkte Hook ein knappes Lächeln. «Der Pfeil hat zuvor einen anderen Helm gestreift», erklärte er, «und das hat ihn langsamer gemacht, aber er ist immer noch tief genug eingedrungen.»
«Ihr hättet Euer Visier schließen sollen, Sire», sagte Venables vorwurfsvoll.
«Die Männer sollen das Gesicht eines Prinzen in der Schlacht erkennen», gab Henry voller Überzeugung zurück. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Hook. «Wir werden dir einen Herrn finden.»
«Ich bin geächtet, Sire», stieß Hook aus, der die Wahrheit nicht mehr länger verbergen konnte. «Verzeiht mir, Sire.»
«Geächtet?», fragte der König streng. «Für welches Vergehen?»
Hook war wieder auf die Knie gefallen. «Dafür, dass ich einen Priester geschlagen habe, Sire.»
Der König schwieg, und Hook wagte nicht, zu ihm aufzublicken. Zu seiner Überraschung gluckste der König plötzlich in sich hinein. «Es scheint, als habe dir Sankt Crispinian diese schreckliche Verirrung vergeben, wer bin ich also, dich zu verdammen? Und in diesem Reich», Henrys Stimme klang nun härter, «ist ein Mann, was ich sage, dass er ist, und ich sage, dass du ein Bogenschütze bist und dass wir dir einen Herrn finden.» Ohne ein weiteres Wort ging Henry zu seinen Männern, und Hook stieß einen langen, erleichterten Seufzer aus.
Sergeant Venables kam auf die Füße und zuckte zusammen, weil ihm der Schmerz durch die alte Verwundung im Bein fuhr. «Habt ein bisschen geplaudert, was?»
«Ja, Sergeant.»
«Das macht er gern. Sein Vater war nicht so. Sein Vater war meistens ziemlich finster und streng, aber unser Hal ist sich nie zu gut, um ein paar Worte mit gewöhnlichen Kerlen wie dir und mir zu wechseln.» Aus Venables' Stimme klang aufrichtige Zuneigung. «Also sucht er dir einen neuen Herrn?»
«Das hat er gesagt.»
«Tja, dann hoffen wir, es wird nicht Sir John.»
«Sir John?»
«Ein närrischer Bastard ist das», sagte Venables. «Närrisch und übellaunig. Bei Sir John wirst du im Nu fertiggemacht!» Venables kicherte, dann nickte er in Richtung der Gebäude an der Umfassungsmauer. «Pater Ralph will etwas von dir.»
Pater Ralph winkte ihn von der Tür aus zu sich. Hook ging zu ihm, um seine Geschichte zu Ende zu erzählen.
***
«Gott im Himmel, du unfähiger Furz! Kreuzen! Kreuzen! Schwenk es nicht herum wie einen nassen Schwanz! Kreuzen! Dann angreifen!», brüllte Sir John Cornewaille.
Das Schwert fuhr erneut auf ihn zu, streifte Hook an der Seite, und dieses Mal gelang es ihm, es mit seiner eigenen Klinge zu kreuzen, um den Hieb zu parieren, und zugleich stieß er es nach vorne, doch nur, um von Sir John mit einem Schlag seiner Faust im Kettenhandschuh wieder zurückgeschleudert zu werden. «Weiter angreifen», trieb ihn Sir John an, «bedräng mich, wirf mich zu Boden, und dann erledigst du mich!» Stattdessen trat Hook einen Schritt zurück und hob sein Schwert, um den nächsten Schwertstreich Sir Johns abzufälschen. «Was ist los mit dir, verdammt nochmal?», schrie Sir John wütend. «Hast du dir von deiner französischen Hure die Kraft aus dem Körper saugen lassen? Von diesem flachbrüstigen Hungerhaken? Bei Gott, Mann, such dir eine richtige Frau! Goddington!» Sir John sah seinen Centenar an: «Warum machst du dieser verlausten Hure nicht mal die dürren Beine breit und stellst fest, ob ein Kerl dort überhaupt seinen Nagel einschlagen kann!»
Da überkam Hook der Zorn wie eine Welle, die ihn auf Sir Johns Klinge zustürmen ließ, doch der ältere Mann trat nur geschmeidig einen Schritt zur Seite und machte eine kleine
Bewegung mit seinem Schwert, sodass die flache Seite der Klinge auf Hooks Hinterkopf niederfuhr. Hook drehte sich um, holte mit dem Schwert gegen Sir John aus, doch wieder wurde sein Angriff abgewehrt. Sir John trug eine vollständige Rüstung, und doch bewegte er sich so leichtfüßig wie ein Tänzer. Er stieß mit seinem Schwert gegen Hook vor, und nun beherzigte Hook seinen Rat, wehrte den Stoß seitlich ab und warf sich auf seinen Gegner, wollte den älteren Mann mit seiner ganzen Größe und seiner ganzen Körpermasse aus dem Gleichgewicht bringen, und er wusste, dass er Sir John auf den Boden schmettern und ihn dort zu Brei schlagen würde. Doch stattdessen spürte er nur einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf, sein Blick trübte sich, die Welt begann sich zu drehen, und ein zweiter krachender Schlag mit dem schweren Knauf von Sir Johns Schwert schickte ihn mit dem Gesicht voran auf das frühwinterliche Stoppelfeld.
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