Sie verbreiten Propaganda auf Englisch, ihre Kontonamen sind oft nur Namen und Nummern und sie wurden erst im November erstellt
Hier läuft eine große Operation“
Und er wurde getrollt, woraufhin er schrieb15:
„Dieses Gefühl, wenn man über die rechten Bolivien-Putsch-Bots twittert … und einige derselben Bots, deren gefälschte Konten buchstäblich gestern eingerichtet wurden, ankommen und behaupten, dass sie keine Bots sind.“
Und es ging weiter16:
„Hahaha noch ein weiterer bolivianischer Putsch-Bot-Account, der nur 4 Tweets hat, greift mich an.
Er wurde vor 3 Stunden eingerichtet und er folgt 1 Person: dem rechtsextremen bolivianischen Putschführer Camacho.
Die Pro-Putsch-Bot-Desinformationskampagne ist so offensichtlich.“
Das Medienunternehmen Redfish fasste Beispiele dafür in einem Videoclip zusammen17:
„Warum versuchen Bots, die Leute davon zu überzeugen, dass es in Bolivien keinen Putsch gibt?
Wenn Sie ‚An die Freunde überall, in Bolivien gab es KEINEN PUTSCH‘ in die Suchleiste eingeben, gibt es Hunderte von gefälschten Konten, die die gleiche Nachricht auf Englisch verfassen.“
Während also Bots in sozialen Medien behaupten, es gäbe keinen Putsch, gab es in Bolivien einen Machtwechsel. Im Spiegel kann man dazu lesen18:
„Die Senatorin Jeanine Añez hatte sich am vergangenen Dienstag zur Interimspräsidentin des südamerikanischen Landes erklärt. ‚Ich werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um das Land zu befrieden‘, sagte sie. Zuvor waren zwei Versuche des Senats und der Abgeordnetenkammer gescheitert, eine Beschlussfähigkeit festzustellen, da nicht genug Parlamentarier anwesend waren.“
Was der Spiegel hier in einem Nebensatz abhandelt, ist ein weiterer und lupenreiner Beleg für einen Putsch. Die Bestätigung ihrer Ernennung durch das Parlament hat nicht stattgefunden, sie ist also nicht nach den Regeln der Verfassung, sondern durch den gewaltsamen Putsch ins Amt gekommen. Aber das Wort „Putsch“ vermeiden die deutschen Medien und Politiker im Falle von Bolivien.
Bei den Unruhen im Zuge des Putsches in Bolivien sind Dutzende Menschen gestorben und über 700 verletzt worden. Es wird jedoch keine Untersuchungen oder ein Nachspiel haben, denn die neue Regierung hat die Sicherheitskräfte von jeder Verantwortung für Gewaltanwendung gegen Demonstranten freigesprochen.
Das haben die Sicherheitskräfte als Freibrief verstanden, erst recht mit aller Härte gegen die Anhänger von Morales vorzugehen.
Dieses Muster, die eigenen Leute für Gewaltanwendung beim Putsch freizusprechen, sieht man bei Putschen immer wieder. Nach dem Maidan war es zum Beispiel eine der ersten Amtshandlungen der Maidan-Regierung von Ministerpräsident Jazenjuk, allen Demonstranten, die während des Maidan randaliert oder Polizisten angegriffen hatten, eine Amnestie zu geben.
Die neue Regierung konnte dann gar nicht schnell genug auf einen kompromisslosen US-Kurs einschwenken. So hat die Regierung nicht nur im Innern hart durchgegriffen, sondern ist auch außenpolitisch voll aus US-Kurs geschwenkt. Die neue Regierung hat Guaidó in Venezuela als Präsidenten anerkannt und die diplomatischen Beziehungen zu Venezuela und Kuba abgebrochen.
4 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/979746/umfrage/durchschnittlicher-preis-von-lithium-weltweit/
5 https://www.pressebox.de/pressemitteilung/aci-systems-gmbh/Bolivien-waehlt-ACI-Systems-als-strategischen-Partner-fuer-die-Industrialisierung-von-Lithiumvorkommen/boxid/906614
6 https://www.tercerainformacion.es/articulo/internacional/2019/11/11/bolivia-filtran-audios-de-lideres-opositores-llamando-a-un-golpe-de-estado-contra-evo-morales
7 https://bbackdoors.wordpress.com/2019/10/08/us-hands-against-bolivia-part-i/
8 https://thegrayzone.com/2019/11/13/bolivian-coup-plotters-school-of-the-americas-fbi-police-programs/
9 https://www.telesurenglish.net/opinion/Its-Now-or-Never-Bolivian-Elite-Destroying-the-Country-20191107-0023.html
10 https://www.spiegel.de/politik/ausland/bolivien-proteste-gegen-evo-morales-demonstranten-besetzen-staatssendern-a-1295746.html
11 https://www.spiegel.de/politik/ausland/a-1295829.html
12 https://www.reuters.com/article/us-bolivia-election-morales-us/morales-says-the-u-s-offered-him-plane-to-leave-bolivia-idUSKBN1XP23W
13 https://twitter.com/marcorubio/status/1194241278546006016
14 https://twitter.com/BenjaminNorton/status/1193715544949694464
15 https://twitter.com/BenjaminNorton/status/1193720821858127873
16 https://twitter.com/BenjaminNorton/status/1193749498129989632
17 https://twitter.com/redfishstream/status/1194261063115722752
18 https://www.spiegel.de/politik/ausland/boliviens-uebergangspraesidentin-jeanine-anez-droht-evo-morales-a-1296820.html
Demo Moskau
Im Sommer war es in Moskau zu Demonstrationen gekommen, über die in Deutschland intensiv berichtet wurde. Um zu verstehen, was in Moskau vor sich gegangen ist und um die Berichte der deutschen Medien einordnen zu können, müssen wir uns zunächst mit den Hintergründen beschäftigen. Danach kommen wir zu den deutschen Medien.
In Moskau fanden im September Wahlen zum Stadtparlament statt. Russland ist wie Deutschland ein föderaler Bundesstaat. Die Bundesländer heißen „Oblast“ (auf Deutsch: Region). So wie in Deutschland gibt es auch in Russland Stadtstaaten, also Städte, die gleichzeitig auch ein Oblast sind: Moskau und St. Petersburg.
Allerdings funktionieren die Wahlen in Russland anders. Zu den Oblast-Parlamenten werden keine Parteilisten gewählt, sondern Direktkandidaten. Um als unabhängiger Kandidat zugelassen zu werden, braucht es eine bestimmte Anzahl an Unterschriften, die von der Bevölkerung im Wahlkreis abhängt. Es sind einige tausend Unterschriften pro Kandidat, die man einreichen muss. Dabei dürfen höchstens zehn Prozent der Unterschriften fehlerhaft sein.
Bei einigen der Kandidaten hat die Wahlkommission mehr als zehn Prozent Fehler gefunden, so unter anderem auch Unterschriften von Verstorbenen, und ihnen deshalb die Zulassung verweigert. Das kann man trefflich kritisieren, nur muss es ja irgendwelche Regeln geben. Und während die deutschen Medien solche Formfehler in Russland lautstark kritisieren, sehen sie es in Deutschland anders.
In Sachsen ist der AfD 2019 das Gleiche passiert: Wegen eines Formfehlers wurden Dutzende Kandidaten von der Parteiliste gestrichen, und möglicherweise bekommt die AfD am Ende weniger Abgeordnete, als ihr dem Wahlergebnis nach zustehen.
Es geht hier nicht um Sympathie für die AfD oder die russischen Kandidaten, ich will lediglich aufzeigen, wie unterschiedlich die deutschen Medien auf vergleichbare Vorgänge reagieren. Putin und Russland sind für sie böse, da wird ein solcher Vorgang lautstark kritisiert. Die AfD hingegen mögen die deutschen Medien nicht, und ein solcher Vorgang wird mit einer gewissen Häme zur Kenntnis genommen. Wenn die Medien sich als objektive Beobachter und Berichterstatter verstehen würden, müssten sie in beiden Fällen gleich reagieren.
Tun sie aber nicht, wie zwei Artikel im Spiegel zeigen. Zum Thema AfD titelte der Spiegel „AfD in Sachsen — Ein Formfehler und seine Folgen“ und schrieb als Einleitung19:
„Wegen eines Formfehlers umfasst die Landesliste der AfD für die Wahl in Sachsen nur noch 18 Plätze — die Partei wird aber wahrscheinlich mehr Mandate gewinnen. Was bedeutet das für die Rechtspopulisten?“
Zur Situation in Moskau lautete der Titel: „Opposition in Russland — ‚Sie stehlen unsere Wahlen‘“. Der Artikel begann so20:
„Russlands Regierungspartei ist im Umfragetief. Vor den Regionalwahlen im September werden Oppositionelle deshalb erst gar nicht zugelassen — wie in der Hauptstadt Moskau.“
Dabei könnte diese Einleitung auch für Sachsen gelten, denn dort wird die Wahlkommission von den etablierten Parteien dominiert, die gerade im Umfragetief sind und ihren, in den Umfragen führenden, Gegner aus der Opposition enorm geschwächt haben.
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