Ulrike Barow
Baltrumer
Kaninchenkrieg
Inselkrimi
Ulrike Barow wuchs in Gütersloh auf und machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Danach zog es sie zum Lieblingsurlaubsort ihrer Kindheit, der kleinen Nordseeinsel Baltrum. Dort lernte sie ihren Mann kennen und arbeitete im Einzelhandel sowie im familieneigenen Vermietungsbetrieb. Nebenbei verfasste Ulrike Barow Artikel für die Lokalzeitung. Vor einigen Jahren griff sie die Idee auf, Baltrum-Krimis zu schreiben. Viele Kurzgeschichten sind seitdem ebenfalls entstanden. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie nicht nur auf der Insel, sondern auch in der schönen ostfriesischen Stadt Leer.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2020
(Originalausgabe erschienen 2015 im Leda-Verlag)
Umschlaggestaltung: Katrin Lahmer
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
unter Verwendung eines Fotos von: © skeeze / pixabay.com
ISBN 978-3-8392-6506-2
Wer ist dabei?
Michael Röder: ist Oberkommissar auf Baltrum und liebt
Sandra, seine Frau,
und Amir, ihrer beider Heidewachtel
Eilert Thedinga: aus Grotegaste hilft über Ostern seinem Baltrumer Kollegen
Arndt Kleemann: Hauptkommissar aus Aurich, ist ein guter Freund von Röder
Gero Schonebeck: Hauptkommissar aus Aurich, war schon einmal auf der Insel
*
Die Proniggels
Edith Oligs: ist nicht mehr dabei
Anke Hasekamp: arbeitet im Kindergarten und mag Enno
Enno Seeberg: mag nicht so sehr die Proniggels, aber Anke
Mark Tiesler: arbeitet im Nationalparkhaus und behauptet: Alle Tiere haben Rechte
Friedemann Untied: ist auf Baltrum für das Seelenheil zuständig
Melissa Harms: ist PETA-Mitglied und fürsorgliche Mutter ihres Sohnes Jonas
*
Rupf – Rettet unsere Pflanzenwelt
Hartmut und Ingeborg Opitz: lieben ihren Garten und hassen Kaninchen
Oliver Abels: ist im Gemeinderat und will am Wettbewerb »Unser Dorf hat Zukunft« teilnehmen
*
Jäger
Jörg Weber: ist Jagdpächter und hat Respekt vor seiner Frau Elena
Reinhard Petri: mag nicht alle und arbeitet bei der Gemeinde
Werner Gronewald: aus Aurich soll zwischen den Parteien vermitteln
Hajo Akkermann: hält sich für einen Mörder
Tino Middelborg: ist der neue Bürgermeister und hat viele Ideen
Thomas Claaßen: ist Gemeindemitarbeiter und gerne dagegen
Maren und Jan Schmitz: wollen beim Schatzkofferspiel gewinnen
Wie sie dort lag. Ihr Kopf eingebettet ins tiefe Gras. Die Augen geschlossen. Bewegungslos wie im Tiefschlaf. Ihre braunen Schultern an den kleinen bewachsenen Hügel unterhalb der weißen Randdünen geschmiegt. Die kräftigen nackten Beine, auf denen sich zwei Fliegen umeinander bemühten, arbeitslos, entspannt. Sogar das kreisrunde Loch in ihrer Stirn, aus dem in feinen Streifen das Blut über ihr Gesicht gelaufen war, störte diese Ruhe nicht. Im Gegenteil. Die Farbe des Blutes harmonierte mit den orangenen Mohnblüten auf ihrer Bluse. Eine ganze Weile blieb er neben ihr, betrachtete sie, dann stützte er sich mit den Händen ab, nahm im Aufstehen sein Gewehr, schulterte es und stolperte durch das feuchte Dünengras zurück zum Katastrophenweg. Sein Fahrrad stand am Zaun beim Niedersächsischen Turnerbund. Er hatte Rückenwind.
Es würde Unruhe auf der Insel geben. Ausgerechnet jetzt, wo der erste Ansturm der Ostergäste zu erwarten war. Auf der hohen Düne rechts von ihm spielten drei kleine Kaninchen. Hajo Akkermann nahm sein Gewehr von der Schulter und legte an.
Auf dem Weg zum Westen der Insel wurde ihm bewusst, dass sie eine lange Hose, Gummistiefel und eine dicke Wolljacke getragen hatte. Immerhin war es erst Ende März und die letzten Tage waren kühl gewesen. Die braunen Beine, die muskulösen Schultern waren nur eine wohlige Erinnerung an viele Jahre, in denen er im Bett neben ihr aufgewacht war. Selbst die Bluse war seiner Fantasie entsprungen. Sie glich der, die sie sich im Harz während einer ihrer seltenen Urlaube gekauft hatte.
»Ich möchte echt mal wissen, wo Edith bleibt.« Anke Hasekamp setzte erneut die Schere an und bemühte sich, genau dem Strich zu folgen, den Mark auf die große Pappe gemalt hatte. Ein Stück den Hals hoch, dann der runde Hinterkopf, die beiden hochstehenden Ohren und … »Manno, geht das schwer.« Sie stöhnte so laut, dass Enno sie erstaunt anblickte.
»Soll ich es mit einem Messer versuchen?«, fragte er.
Anke nickte. »Ist vielleicht eine bessere Idee.« Sie schob die große Pappe über den Wohnzimmertisch. »Ich mache uns mal Tee.«
»Aber nicht wieder Ingwertee«, bat Mark Tiesler. »Von dem habe ich beim letzten Mal so einen flotten Otto gekriegt …«
»Schon gut. Echt ostfriesisch. Mit Kluntje und Sahne.«
»Wie – mit Sahne? Sahne von der Kuh? Ich denke, du hast nur Hafersahne im Haus? Hast du deinem Veganerleben entsagt?«, wunderte sich Mark.
»Für nette Gäste habe ich auch Kuhsahne«, erklärte sie.
»Für mich ist Hafersahne völlig in Ordnung, das weißt du«, lächelte Mark.
Enno Seeberg knallte das Messer auf den Tisch. Er hatte genug. Sollten sie sehen, wie sie fertig wurden. Sowieso ’ne dämliche Idee, das mit der Demo. Völlig bekloppt.
Er schaute in die Runde. Da saß seine Freundin Anke. Die Frau, der er seit einem Vierteljahr nicht mehr von der Pelle wich. Anke mit den braunen Augen. Und was machten diese braunen Augen? Sie lächelten Mark an. Ausgerechnet Mark mit seinem ständigen »Alle Tiere haben genau so viel Rechte wie die Menschen.« Als ob der noch nie Fleisch gegessen hätte. Erst im letzten Sommer hatte er ihn bei einer Grillparty mit einem großen Kotelett auf dem Teller gesehen. Da war er sich beinahe sicher. Der sollte man nicht so tun, als wäre er der Tierretter. Außerdem – was sollte das heißen: ›Das weißt du‹? Was lief da zwischen denen?
Jetzt fehlte nur noch Edith. Die große Vorsitzende. Und Friedemann Untied. Dann wären sie vollständig. Zumindest der harte Kern, der sich regelmäßig bei Anke im Wohnzimmer traf, um darüber nachzudenken, wie man sich für die Kaninchen auf der Insel einsetzen könnte. Die Proniggels eben.
Proniggels. Ihm stieg der Lachreiz die Kehle hoch. Ausgerechnet er hatte diesen Namen erfunden. Nach fünfzehn Sanddornschnäpsen im Sealords. Nachdem er wieder einmal an seine Lieblingsszene aus dem Film ›Karniggels‹ von Detlev Buck hatte denken müssen. So hatte es sich fast von selbst ergeben. Karniggels – und wenn man Karnickel liebte, gehörte man eben zu den Proniggels. Logisch. Aber niemals ernst gemeint. Alle anderen waren begeistert gewesen. Der Name hatte sofort seinen Siegeszug über die Insel angetreten. Inzwischen wusste jeder, wer die Proniggels waren.
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