Ursula Häbich
Winterzeit in der Amselstrasse
Geschichten von besonderen Kindern in einer besonderen Straße
Ursula Häbich
Winterzeit in der AmselstraßeGeschichten von besonderen Kindern in einer besonderen Straße
1. Überarbeitete und illustrierte Auflage 2013
© Lichtzeichen Verlag GmbH, Lage
Edition BSB - Kids
Illustrationen: Annette Keller
E-Book Erstellung:
LICHTZEICHEN Medien - www.lichtzeichen-medien.com
ISBN: 9783869548920
Bestell-Nr.: 548892
In diesem Buch lernst du die Menschen und das Leben in einer ganz besonderen Straße kennen. Die Straße heißt Amselstraße. Wir wollen miteinander durch die Straße gehen, in den verschiedenen Häusern lernen wir Kinder und auch Erwachsene kennen. Manche treffen wir nur einmal und manche gleich öfters.
Du wirst bald entdecken, dass es besondere Leute sind. Bei manchen wirst du vielleicht merken, dass du ihnen ähnlich bist. Ich wünsche
dir, dass du über die Leute der Amselstraße lachen und staunen und ein wenig von ihnen lernen kannst.
Natürlich wünsche ich dir auch viel Spaß mit dem Buch.
Herzliche Grüße
deine
Ursula Häbich
Der Neue in der Amselstraße
Rettung in letzter Minute
Alles ist weg – was nun?
Dani Dopsa sucht einen Freund
Weihnachtsfreude ist ansteckend
Die Kinder-Kakao-Stube
Das ehrlich verschickte Weihnachtspaket
Das verlorene Herz
Dani Dopsa ist nicht mehr allein
Ein Tigerchen für David
Milka
Danis Mutprobe
Das Weihnachtsgeschenk für Jesus
Eine Puppe geht auf große Reise
Kopf und Herz sind gut
Die Trostsocken
Zu Hause in der Amselstraße
Der Neue in der Amselstrasse
Die Autobahn hatten sie verlassen. Langsam rollte das vollgepackte Auto über die Landstraße. Dani drückte seine Nase an der Autoscheibe platt. Wie gebannt schaute er aus dem Fenster, die herbstlichen Felder und der bunt gefärbte Wald sah er trotzdem nicht richtig. Mit seinen Gedanken war er nämlich weit weg. Eigentlich wollte er gar nicht im Auto sitzen und in eine Stadt fahren, die er nicht kannte.
In der Ferne tauchten Häuser auf. „Dani, das ist Grafenfeld, gleich sind wir am Ziel“, informierte ihn seine Mutter. Der Junge seufzte. „Es wird dir dort gefallen. Die Stadt ist klein, aber schön. Unsere Nachbarn sind auch nett, du wirst sie mögen“, tröstete die Mutter ihren Sohn. Dani‘s Traurigkeit ließ sich aber nicht so einfach verscheuchen.
„Wenn wir nur in den Urlaub hierher kommen würden, dann wäre alles gut. Aber hierher ziehen finde ich doof“, brummte er und hatte einen Kloß im Hals. Er dachte an seine Freunde. Ingo, Steffen und Felix waren echte Kumpel.
Dani war anders als andere Kinder, aber die Drei störte das nicht. Ingo, Steffen und Felix wohnten aber leider weit weg von Grafenfeld. Inzwischen hatten sie die Stadt erreicht. Die Mutter lenkte das Auto durch die schmalen Straßen. Dani sah links und rechts Fachwerkhäuser. Eine Bäckerei fiel ihm auf und ein Spielwarengeschäft.
Sie fuhren durch die kleine Innenstadt auf die andere Seite des Ortes. Ein kleiner See mit ein paar Schwänen gefiel dem Jungen ganz gut. Kurz nach dem See bog die Mutter rechts ab. Dann entdeckte er das Straßenschild. „Amselstraße!“, rief er. Die Mutter nickte. In dieser Straße würden sie wohnen.
Langsam fuhren sie durch die Amselstraße. „Da sind Pferde!“, rief Dani und fand Grafenfeld gar nicht mehr so doof.
„Die gehören zu dem Bauernhof, dem letzten Haus in der Amselstraße“, erklärte seine Mutter. Dann rollten sie an einigen kleinen Häusern vorbei. Dani entdeckte ein paar Kinder, die in einem Garten herum tobten. Wieder sehnte er sich nach seinen Freunden und fragte sich, ob diese Kinder in der Amselstraße mit ihm spielen würden.
Die Mutter parkte das Auto vor einem großen Haus.
„Amselstraße 1, unser neues Zuhause“, erklärte sie und stieg aus. Dani drückte wieder die Nase an der Fensterscheibe platt und entdeckte, dass die Kinder aus dem Garten nun zum Auto gerannt kamen. Das gefiel ihm gar nicht. Er wollte nicht, dass sie ihn sehen. Doch da öffnete seine Mutter schon die Autotür. Sein Rollstuhl stand bereits neben dem Auto. Die Mutter hob ihn heraus und setzte ihren Sohn in seinen fahrbaren Stuhl. Die Kinder standen nur wenige Schritte entfernt und schauten zu. Dani hätte sie am liebsten weggeschickt. Weil er sich das nicht traute, lenkte er den Rollstuhl zum Hauseingang. Die Haustür war offen und er verschwand so schnell wie es ging.
Mit dem Aufzug fuhren sie in den ersten Stock. Die Wohnung war schön und sein Zimmer war groß. Aber viel mehr als ein schönes Zimmer wünschte er sich Freunde. Als er mit dem Rollstuhl an das Fenster fuhr, schaute er hinunter auf die Straße und sah die Kinder, sie tobten schon wieder fröhlich herum. Ob er jemals auch zu den Freunden in der Amselstraße gehören würde? Dani wünschte es sich, wusste aber nicht, wie das gehen sollte.
Rettung in letzter Minute
Endlich war der Winter da. Der See, der sich ganz in der Nähe der Amselstraße befand, war zugefroren. Viele Kinder standen am Ufer. Einige Jungs warfen Steine auf das Eis. Silke hatte schon Schlittschuhe mitgebracht. Die kleine Monika zog einen Schlitten hinter sich her. Alle standen am See, aber keiner traute der Eisdecke.
„Wir sollten einen Versuch wagen“, raunte Michael seinem Freund Stefan zu. Nach kurzem Zögern gingen sie einige Schritte von den anderen Kindern weg.
Stefan setzte sich an das Ufer und hielt Michael an der ausgestreckten Hand fest, der sich vorsichtig auf das Eis gestellt hatte. Er hielt Stefans Hand fest umklammert, dann stieg er wieder ans Ufer. Er traute der Eisdecke nicht. Niemand wusste, wie dick sie war und ob sie wirklich tragen würde. Da kam ein rotbackiger Junge angeradelt. Es war Oliver. Einige Kinder kannten ihn vom Sehen. Er war neu in der Amselstraße. Vor wenigen Wochen war er mit seinen Eltern in Haus Nr. 7 eingezogen.
Oliver beobachtete die Kinder. War das seine Gelegenheit? Sollte er seinen Mut beweisen? Er hatte auch Angst, aber er wollte nicht daran denken. Er wollte den Kindern aus der Amselstraße zeigen, dass er kein Feigling war. Wenn das gelingen würde, dann wollten sicher alle mit ihm spielen. Er stellte sich vor, wie Stefan und Michael seine Freunde sein würden. Selbstsicher, mit erhobenem Haupt, alle Angst vertuschend, schob er sein Fahrrad ans Ufer.
„Was soll da passieren?“ rief er keck. Alle Blicke waren neugierig auf ihn gerichtet. Oliver hob zuerst sein Fahrrad aufs Eis, dann stieg er selbst nach. „Ob das gut geht?“ tuschelten einige Mädchen. Der Eiskünstler hatte sich aber schon auf den Sattel geschwungen und gab eine Vorführung. Immer noch schauten die anderen abwartend und kritisch zu. Da drehte Oliver eine Runde, fuhr freihändig, streckte die Beine kurze Zeit aus. Die Kinder waren begeistert. Einige klatschten, andere verlangten Zugabe. Das feuerte Oliver so richtig an. Er setzte zur zweiten Runde an. Da passierte es.
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