1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 2 Mentale Modelle verinnerlichen das konstruktivistische Denken. Auch hier zeigt sich die Anforderung an eine weit entwickelte Haltung innerhalb der Organisation, um zu erkennen, dass neben dem eigenen Blick auf die Welt auch andere Sichtweisen vorhanden sind. Selbstreflexion als Kernkompetenz für das Hinterfragen der eigenen mentalen Modelle.
3 Eine gemeinsame Vision, welche zu den unterschiedlichen persönlichen Wünschen der Menschen der Organisation passt, motiviert zum Arbeiten im Kollektiv.
4 Lernen im Team bedeutet, das Wissen gemeinsam zu erarbeiten und weiterzugeben.
5 Denken in Systemen ist ganzheitliches Denken. Jede Disziplin betrachten wir im Gesamtkontext. Vor allem das Systemdenken verdeutlicht die hohe Komplexität dieser Theorie.
Alle Disziplinen stehen in Wechselwirkung zueinander und können nicht isoliert betrachtet werden. Dementsprechend ist ein stabiler Zustand, wie in der klassischen Organisationslehre verlangt, nicht erreichbar. Die Organisation ist immer in Bewegung und Veränderung ist gegenwärtig. Die fünf Disziplinen sind Leitlinien für den Weg zu etwas Großem und Wünschenswertem. Die Entwicklung zu einer lernenden Organisation kann demzufolge nur als langfristiger, nie endender Prozess gesehen werden.
Unter Einbeziehung von Senges Disziplinen sind die folgenden Eigenschaften und Handlungsempfehlungen für den Weg zu einer lernenden Organisation entstanden (vgl. Roper und Pettit, 2002): (1) Integrieren von (analogen oder digitalen) Lernumgebungen, in denen es Menschen ermöglicht wird, entsprechend ihrer Interessen und Potenziale Wissen aufzubauen und sich zu entfalten. (2) Stärken der Kommunikation zwischen den Menschen, um den Erfahrungsaustausch zu erleichtern und Reflexionen anzuregen, über welche eine stetige persönliche Weiterentwicklung erfolgen kann. (3) Schaffung von Transparenz und Strukturen, die Kreativität fördern (z. B. Abbau von Bürokratie). (4) Förderung von Selbstorganisation (z. B. durch Abbau von traditionellen Hierarchieebenen). Nach Roper und Pettit versteht sich die Organisation somit eher als rahmengebend für das Ermöglichen von individuellem Lernen. Unterschiedliche Arten von Lernen sind allerdings zu unterscheiden. Eine Lernende Organisation erfordert reflexives Lernen, welches auf unterschiedlichen Lernebenen erfolgen kann.
Ebene 1 − Einschleifiges Lernen (Single Loop)
Es handelt sich um das klassische Lernen, das die eigene Fachkompetenz erweitert. Wir passen unsere Handlungen an und erreichen auf diesem Weg bessere Resultate − dies wird auch Anpassungslernen genannt. Hier speichern wir Lerninhalte im Gedächtnis und wenden diese in verwandten Situationen erneut an. Rahmenbedingungen wie bspw. Werte und Normen bleiben allerdings unverändert. Die Problemlösung erfolgt in einem festgelegten Kontext.
Beispiel: Im Controlling fallen fehlerhafte Daten auf, welche aufgrund von komplizierten Abhängigkeiten von Excel-Tabel len entstehen. Das kostet den Controller einmal im Monat einige Stunden für die Korrektur. Er recherchiert im Internet und findet eine einfachere Lösung zur Aufarbeitung der Tabellen. Dadurch wird in Zukunft Mehraufwand vermieden. Er passt seine Handlungen an und korrigiert so das Ergebnis.
Ebene 2 − Zweischleifiges Lernen (Double Loop)
Vor der Veränderung der eigenen Handlungen findet eine Anpassung der Rahmenbedingung statt. Ziele, Werte oder Normen werden verändert, wodurch neue Handlungsspielräume entstehen. Dies setzt eine offene Organisationskultur voraus. Zu starre Prozesse und Vorgaben behindern diese Lernebene.
Beispiel: Der Controller blickt zurück in die Vergangenheit mit der Frage, wozu dieses Kontrollinstrument eigentlich eingeführt wurde. Ergebnis: Während der Zusammenlegung von zwei Abteilungen vor drei Jahren dienten diese Tabellen der Kontrolle der Rentabilität. Zwischen- zeitlich haben sich die neuen Teams eingespielt und betreiben eine eigene Rentabilitätsanalyse. Nach kurzen Absprachen mit den jeweiligen Teams vereinfacht der Controller die Tabellen und führt aufgrund der Team-eigenen Tools zeitsparende Automatisierungen ein. Die Rahmenbedingungen wurden geändert.
Metaebene − Lernen (Deutero)
Auf dieser Lernebene wird die Meta-Perspektive eingenommen und das Lernen selbst reflektiert. Der Lernprozess steht im Mittelpunkt und wird auf seine Ressourcen und Hemmschwellen hin untersucht. Beispiel: Der Controller reflektiert den Lernprozess und entdeckt das Lernpotenzial, welches in den Erfahrungen der Teams steckt. Er geht in den Dialog und erarbeitet gemeinsam mit den Teams regelmäßige Austausch- und Lernrunden.
Im Grunde lassen sich auch der Single und Double Loop auf diese Metaebene anwenden. Zu verbessern wäre in diesem Fall die Lernkompetenz.
Breitenwissen.Das Lernen war auch in der Vergangenheit ein wichtiger Teil von organisationalen Prozessen. Schließlich war die Entwicklung der eigenen Fachkompetenz schon immer bedeutsam für das Erreichen von hohen Qualitätsstandards. Während in der Vergangenheit eher Single Loop Learning im Fokus stand, wird heute vermehrt das prozessorientierte Lernen nachgefragt. Getreu dem Motto „Ich muss nur wissen, wo es steht“ geht es vielmehr um den Auswahlund Anwendungsprozess von Wissen, statt um das Wissen selbst. Auch ein ungelernter Praktikant kann mittlerweile nach aktuellem Fachwissen im Internet recherchieren. Dieses zugewonnene Wissen ganzheitlich einzuordnen und in Anwendung zu bringen, ist die eigentliche Kompetenz. Das zeigt auch das gesteigerte Verlangen nach T-förmigen Fachkräfen mit Breiten- und Tiefenwissen, welche neben ihrem spezifischen Tiefenwissen über ein breites Wissen aus anderen Bereichen verfügen. Der systemtheoretische Ansatz der Lernenden Organisation ist somit aktueller denn je.
Haltung und Kultur.Auch fällt auf, dass viele Überschneidungen zu modernen Organisationskonzepten bestehen. Selbstbestimmtes Arbeiten und selbstorganisierte Teams stehen im Fokus des agilen Arbeitens. Die dort häufig genannte Reflexion wird auch unter dem großen Begriff Lernen verortet. Viele der Ideen, welche medial New Work zugeordnet werden, finden sich in der fünften Disziplin von Senge wieder. Teilweise beschreibt Senge das Lernen noch allum-fassender, als neuartige Adaptionen dies erläutern. Allerdings wird daran deutlich, wie komplex sich die Entwicklung einer Lernenden Organisation gestaltet, in der die einzelnen Individuen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen einbezogen werden. Die hohe Bedeutsamkeit von Haltung und Kultur in der Organisation wird sichtbar. Die Prinzipien bedingen tendenziell eine systemisch-autonome Haltung, zu welcher laut dem Spiral-Dynamics-Modell bisher nur ein kleiner Teil der Gesellschaft wirklichen Zugang hat. Dies hebt hervor, wie weit wir kulturell noch von der Umsetzung dieser Prinzipien entfernt sind, beziehungsweise wie groß unser Potenzial ist, durch Haltungsentwicklung nachhaltige Veränderungsprozesse zu gestalten.
Wie lerne ich?Wie der Vergleich der drei Lernebenen zeigt, müssen wir neben unserer geschäftsorientierten Fachkompetenz auch die Lernkompetenz als wesentlichen Bestandteil unserer Organisationen begreifen. Das Lernen an sich muss zum Thema werden. Es ist wichtig, besser zu werden im eigenen Job − aber es ist auch wichtig zu reflektieren, wie dieses Besser-Werden erfolgt.
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