Multiperspektivität.Wenn wir das Modell von Permantier betrachten, wird deutlich, dass eine systemisch-autonome Haltung erstrebenswert scheint. Multiperspektivität und das Bewusst-Werden über gemeinsame Verbindungen schaffen einen positiven Kern und erleichtern es Teams, selbstorganisiert und selbstbestimmt zu handeln. Menschen und Gemeinschaften mit solchen Eigenschaften können zusammen einen hochmotivie-renden Teamgeist entwickeln. Werden Werte und Ziele der einzelnen Menschen berücksichtigt und wertgeschätzt, entfalten sich Potenziale, welche Energien freisetzen und weitere Entwicklungen positiv beschleunigen.
Das Einnehmen einer solchen Haltung bedingt jedoch das Anerkennen der anderen, vorhergehenden Haltungen. Wir können uns nur mit der Zeit in eine solche erwünschte Haltung entwickeln, geboren werden wir aber alle mit einfachen Instinkten. In Organisationen werden immer Menschen mit unterschiedlichen Vorerfahrungen und Einstellungen zusammenkommen. Wir können nicht von jedem eine solche Entwicklung erwarten. Was wir aber können, ist diese Entwicklung zu fördern.
Grundbedürfnisse gehen vor.Je nach Lebensbereich kann sich unsere Haltung differenziert entfalten. Unterschiedliche Rollen und Umfelder können eine Haltung variieren oder rückentwickeln. Der eigene Joballtag mag hoch reflektiert sein, während mit dem Lebensgefährten regelmäßig in steinzeitlichen Auseinandersetzungen gestritten wird. Jeder Haltung liegen (Grund-)Bedürfnisse zugrunde und wenn diese fehlen, kann uns dies zurückwerfen. Wer hungert, braucht zuerst Nahrung, bevor er zum Empath werden kann.
Veränderung beginnt in uns.Permantier wählt hier bewusst eine zweiteilige Benennung der Haltungen: Systemisch-Autonom ermöglicht die Verbindung von Teamwork (systemisch) und selbstbestimmtem Entscheiden (autonom). Beide Seiten vereinigen sich in dieser Haltung. Die unvoreingenommene Wahrnehmung von Meinungen und Gefühlen der Mitarbeiter setzt die eigene Auseinandersetzung mit sich selbst voraus. Unreflektierte blinde Flecken in uns können es uns erschweren, wirklich offen zu sein. Ebenso machen wir ehrliche Wertschätzung nur langfristig spürbar, wenn wir uns selbst wertschätzen. Wie schon Michael Jackson formulierte, Veränderung beginnt immer in uns selbst.
Reflexionsräume. Nachhaltig erfolgreiche Entwicklungsschritte und Veränderungsprozesse in Organisationen vereinen oft ein wesentliches Merkmal: Kommunikation. Wenn wir miteinander reden, regen wir ganz automatisch den Perspektivwechsel an. Denn schließlich wollen wir den anderen verstehen. Als ersten Schritt in diese Richtung kann das Verankern von Reflexionsräumen in der Organisationskultur berücksichtigt werden. Es lohnt sich, Zeiten zu schaffen, in denen wir uns treffen und in den Austausch gehen. Freitagnachmittags gemeinsam die Woche Revue passieren lassen oder regelmäßige Team-Events im Unternehmenskontext − der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt.
Ziel sollte immer sein, gemeinsame Reflexionen zu erleben, um eine erweiterte und differenzierte Sichtweise zu ermöglichen. Die Gruppenmitglieder geben unbewusst wichtige Impulse für jeden Einzelnen. Diese inspirierende Saat regt automatisch Gedanken an, welche im Nachgang den Erkenntnisgewinn auslösen oder beschleunigen. Aus Führungssicht bietet sich eine einfache Intervention an. Erkennen Sie Potenziale in Meetings, dann lohnen sich einfache Reflexions-Fragen, wie „Was ist hier gerade passiert?“, um das Wahrnehmen des Geschehenen zu fördern und Schlüsse daraus zu ziehen. Reflexion ist relativ einfach, sie muss nur manchmal moderierend angestoßen werden.
Retrospektive.Im SCRUM ist es ein festes Element, nach einem Prozess in die Retrospektive zu gehen. Die Beteiligten blicken zurück und stellen sich Fragen zu ihren Arbeitsprozessen. Mit diesen Reflexionsfragen wird der Prozessablauf Schritt für Schritt verfeinert. Dadurch sinkt das Risiko, bestehende Abläufe beizubehalten, obwohl diese schon lange nicht mehr auf das Team, den Markt oder den Kunden passen. Die rückblickende Reflexion ist ein wertvolles Hilfsmittel und lässt sich einfach umsetzen − für Prozesse und Abläufe jeder Art. Die Anordnung der Kacheln in der Abbildung steht symbolhaft für ein STOP und PLAY Button.
Was bedeutet positive Kraft bezogen auf Haltung?
Wenn wir auf die wesentlichen Entwicklungsebenen von Permantier blicken, dann wird uns klar: Wertschätzende Organisationsentwicklung = Haltungsentwicklung. Eine menschengerecht ausgeprägte Haltung einzunehmen fördert die zwischenmenschlichen Beziehungen in Organisationen. Das Anerkennen von Unterschiedlichkeit, verbunden mit einer offenen Neugier, vermindert das Konfliktpotenzial − nicht nur gegenüber anderen, sondern auch in uns selbst. Wir erreichen mehr Ruhe und Zufriedenheit und dieser positive Kern strahlt nach außen, wo er wiederum andere beflügeln kann.
Was bedeutet Komplexitätsbewusstsein bezogen Haltung?
Durch die Einnahme von multiplen Perspektiven erhalten wir eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für Probleme oder Herausforderungen. Komplexität in Prozessen, auch in Menschen, erkennen wir an, anstatt sie zu unterdrücken. Wir verstehen, dass nicht nur eine Wahrheit existiert, sondern verinnerlichen konstruktivistische Weltanschauungen. Das Ablegen gewohnter Bewertungsmuster aktiviert demokratische Prozesse und steigert deren Wirksamkeit. Einzelne Perspektiven werden nicht mehr unterdrückt, sondern gemeinschaftlich anerkannt und berücksichtigt. Einmal verinnerlicht, beziehen wir ganz automatisch die Werte und Wünsche unserer Kollegen und Mitarbeiter in den Organisationsalltag mit ein. Das schafft ein wertvolleres und glücklicheres Miteinander.
Was bedeutet experimentelle Erkundung bezogen auf Haltung?
Einer reflexiven und humanistischen Haltung kann reine Neugier entspringen − das Wissen-Wollen, was andere bewegt. Zudem wird uns klar, dass nur wir selbst unserem Denken und Handeln einen Sinn geben können. Dieses konstruktivistische Weltbild erleichtert es uns, mit anderen Meinungen in den Dialog zu treten. Wir sind eher bereit, Umwege in Kauf zu nehmen, zum Wohle einer höheren und ganzheitlichen Erkenntnis. Somit werden wir zu Forschern − für uns selbst und die gesamte Organisation.
Reflexionsfragen
Welche Haltungen liegen meinem Handeln zugrunde?
Welche Kultur wird in meiner Organisation gelebt?
Wurde bei uns jemals über Kultur gesprochen?
Welche Haltung liegt unserer Führung zugrunde?
Was ist mir wichtig? => Was ist ihm/ihr wichtig? => Was ist uns wichtig?
Was für Gedanken kommen mir, wenn ich eine Haltungsbeschreibung lese?
Im Alltag: Was war mein wirklich erster Gedanke zu dieser Situation und was verbirgt sich dahinter?
Principal Key Expert Research Scientist bei Siemens und Inhaber der Innovationsberatung ennovare
Hallo Thomas! Was macht deine Arbeit bedeutsam?
TE:Ich habe keine Grenzen. Ich darf eigentlich sowohl in meiner eigenen Firma wie auch bei Siemens extrem frei arbeiten. Das heißt, wenn mir neue Ideen kommen, ich etwas besser machen will, kann ich es ausprobieren und umsetzen. Ich muss das auch nicht wirklich abstimmen. Ich glaube, das sind die beiden Sachen, die bei Menschen meistens ziehen: etwas machen dürfen, was einem Spaß macht und bei dem man auch dahintersteht. Ein Selbstläufer wird es, wenn man dann auch dafür wertgeschätzt wird durch das, was über andere zurückkommt.
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