»Es sind wohl Gummisohlen, aber mit getrenntem Absatz«, sagte Officer Anders.
Randy schüttelte den Kopf. »Dann sind es sicher nicht seine, Mason trägt Basketballstiefel.«
Als Mason kurz darauf eintraf, verglich Officer Anders den Abdruck mit Masons Schuh – das Absatzprofil war unterschiedlich.
»Eine erste Spur«, sagte Deputy Sachsen lächelnd. »Auch wenn es solche Schuhe wahrscheinlich dutzendweise gibt und ein Nachweis nicht so einfach ist.« Er wandte sich an Mason. »Können wir noch zum Vergleich auch deine Fingerabdrücke nehmen?«
Mason runzelte die Stirn. »Na ja, nachdem sie sie ja bei meinem Spind nicht genommen haben …«
Der Deputy warf einen Blick über die Schulter zu seiner Kollegin, dann sagte er ganz leise: »Glaub mir, wir hätten nichts gefunden.«
»Ich bin unschuldig!« Mason klang empört.
»Das weiß ich doch«, sagte Deputy Sachsen beruhigend. »Es ist nicht wegen dir …«
Die Wangenknochen des Deputy mahlten, doch er sagte nichts mehr dazu, sondern wandte sich an seine junge Kollegin. »Würden Sie bitte Mr. Collisters Fingerabdrücke abnehmen, wenn es für ihn in Ordnung geht?«
Mason stimmte zu und bückte sich, um seinen Schuh wieder anzuziehen. Sein Knöchel war von dem Unfall noch leicht geschwollen, aber er humpelte kaum mehr. Dennoch schien ihm das Schuheanziehen noch Schmerzen zu bereiten.
»Alles okay?«, fragte Randy besorgt. Auch auf der Stirn, über der Platzwunde, hatte Mason noch ein großes Pflaster kleben, und auf seiner Wange schillerte ein gelber Fleck.
»Ja, frag nicht, geht schon«, brummte er. »Erzähl du lieber mal, was los ist? Was wurde denn gestohlen?«
»Mein Rechner, ein alter Laptop …, zwei defekte Smartphones – was ich bisher entdecken konnte«, zählte er auf.
Mason starrte ihn mit großen Augen an. »Alle Daten weg?«
Randy schnaubte. »Na ja, meinen neuen Laptop hatte ich ja glücklicherweise dabei und ich habe noch zwei komplette Sicherungen, eine verschlüsselt auf einer Cloud und eine …« Vielsagend hob er die Augenbrauen. Mason würde schon blicken, dass er im alten Tarnowski-Haus noch ein Backup hatte.
Sein Freund nickte verstehend. »Aber … wenn jemand all deine Daten hat …?«
Zögernd hob Randy die Achseln. »Es war nicht so viel. Und ich habe alles mehrfach verschlüsselt«, sagte er langsam. »Trotzdem …«
Da rief der Deputy sie zu sich und setzte sich ins Wohnzimmer. »Wir haben hier an der Balkontür noch ein, zwei schwarze Haare gefunden. Wir müssen überprüfen, ob die von dir stammen, Randy. Allerdings sehen sie länger aus.«
Randy blickte Mason an. »Olivia hat lange schwarze Haare. Das ist die Einzige, die da war, die mir gerade einfällt. Aber die war nicht am Balkon.«
Mason schüttelte den Kopf. »Nee, mehr weiß ich auch nicht, alle anderen sind braun oder blond.«
Deputy Sachsen rieb sich das Kinn. »Ich gehe mal davon aus, dass die Strähne von niemand Langhaarigem stammt, es ist circa zehn Zentimeter lang. Es wird auf jeden Fall zu den Beweismitteln gepackt und gegebenenfalls die DNS mit der in unseren Computern verglichen.«
Dann stand er auf.
»Ich würde mich jetzt gerne noch in der Nachbarschaft umhören, ob jemand etwas gesehen hat. Fällt euch sonst noch irgendwer ein, der etwas wissen oder …«, er zögerte kurz, »speziell an einem Einbruch bei euch interessiert sein könnte?«
Randy und Mason blickten sich vielsagend an. Wahrscheinlich dachte Mason genau so an Thompkins wie er. Doch das mussten sie erst in Ruhe absprechen.
Er schaltete sein Diktiergerät ab und drückte ihnen seine Visitenkarte in die Hand. »Wenn irgendetwas ist – egal was -, dann ruft mich an, okay?«
Randy und Mason nickten fast gleichzeitig.
Randy erwiderte den festen Händedruck. »Ganz herzlichen Dank, Deputy Sachsen, für alles!«
Der Deputy nickte nur, dann fiel die Tür hinter den Polizisten ins Schloss.
»Ich glaube, der Deputy ist ziemlich okay«, sagte Randy. »Der wirkte heute gar nicht so trottelig wie sonst manchmal. Nur sein Kleidergeschmack, na ja.« Er rollte die Augen.
Mason kicherte. »Vielleicht sollte Danielle ihm mal ein paar Modetipps geben. Aber da würde sie sich vermutlich zuerst uns vorknöpfen.«
Randy lachte und vergaß für einen Moment seine Sorgen.
*
Tarnowski-Haus
Ein Dienstag, nach der Schule
Danielle ließ sich in ihren Lieblingssessel fallen. »Was für eine fürchterliche Woche!«, stöhnte sie. »Erst Masons Unfall, dann der Hackerangriff, jetzt der Einbruch … Mannomann!« Ein Ereignis hatte das nächste gejagt.
Mason fasste sich unwillkürlich an seine Kopfverletzung.
»Stimmt, man kommt gar nicht mehr aus den Aufregungen heraus.«
»Gibt's schon was Neues zu dem Fahrer vom Unfallwagen?«, fragte Olivia mit sorgenvoller Miene. Danielle hatte den Eindruck, dass sie sich Vorwürfe machte, nicht darauf geachtet zu haben, wer hinter dem Steuer saß. Auch die anderen Zeugen hatten nur vage Beschreibungen eines jungen Mannes abgeliefert. Irgendjemand hatte sich um den angeblich geschockten Kerl gekümmert, und als die Polizei ihn vernehmen wollte, war er weg. Getürmt. Es gab wilde Gerüchte von Alkohol hinterm Steuer. Vielleicht war er auch abgehauen, weil der Wagen gestohlen war.
Mason tat mal wieder cool, vielleicht wollte er damit seine eigene Angst überspielen. »Nein, noch nichts Neues. Wahrscheinlich hatte er Angst vor mir und ist deshalb getürmt«, witzelte er mit schiefem Grinsen. Er setzte sich zu Olivia aufs Sofa, zog sich einen Hocker heran und legte seine Füße darauf.
»Was macht dein Knöchel?«, warf Danielle ein und blickte auf seinen Fuß. Immerhin hatte er sich den Basketballstiefel schon wieder zugebunden. »Und Randy hat was von blauen Flecken, Prellungen, Blutergüssen und einer angeknacksten Rippe erzählt.«
»Ach, ihr braucht mich nicht mehr fragen«, wehrte er ab, »alles okay so weit. Tut kaum mehr weh.« Das Gelenk war wirklich fast abgeschwollen, man sah nichts mehr. Auch die sichtbaren Prellungen schwanden und die Fäden an seiner Stirn waren auch schon gezogen, er sah schon viel besser aus. »Meine Grandma sagte auch immer, Unkraut vergeht nicht.« Sein Grinsen verschwand jedoch gleich wieder, als er auf Randy blickte, der mit konzentrierter Miene vor dem Rechner saß und gequält aufstöhnte. »Und? Kannst du die Daten alle retten?«
Randy brummte. »Ja, schon. Ist halt super mühsam. Ich spiegle gerade diese Festplatte hier.«
»Sind die Sachen eigentlich versichert?«, wollte Olivia wissen.
»Yep.« Randy nickte. »Also finanziell ist es nicht das Problem.« Seine sorgenvolle Miene verhieß jedoch nichts Gutes.
»Denkst du, sie werden deine Daten knacken können?« Danielle blickte ihn fragend an. Das wäre ja wirklich fatal!
Randy zuckte die Schultern. »Früher oder später kriegt jeder gute Hacker wohl die Daten gecrackt. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, aber garantieren kann ich nichts.« Dann hob er die Mundwinkel. »Wenigstens habe ich zu Hause auf dem Hauptrechner nicht viele unserer Daten über Marietta King gespeichert, immer nur das, was ich aktuell bearbeitet habe.«
»Und wer steckt jetzt hinter dem Einbruch?«, fragte Olivia. »Hat das was mit Thompkins zu tun? Musstet ihr ihn vor der Schule unbedingt provozieren? Ich hab euch doch gesagt, er ist gefährlich.«
Mason fuhr fort. »Das ist einfach so passiert. Was hätten wir denn tun sollen? Vielleicht war es aber auch ein stinknormaler Überfall.«
Vielleicht machten sie sich einfach zu viele Gedanken und waren schon paranoid. Danielle wickelte eine blonde Strähne um ihren Finger. Doch irgendetwas sagte auch ihr, dass da noch mehr dahintersteckte.
Auch Olivia schien etwas Ähnliches zu denken. »Was ist mit der App oder sonst einer deiner Entwicklungen?«, fragte sie, an Randy gewandt.
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