Isolde Kurz - Isolde Kurz – Gesammelte Werke

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Neue Deutsche Rechtschreibung Isolde Kurz ist auch heute noch eine ambivalente Schriftstellerin. Schon in jungen Jahren selbstständig als Autorin und Übersetzerin, war sie eine Seltenheit im wilhelminischen Deutschland. Später jedoch geriet sie wegen ihres Schweigens im Dritten Reich und ihrer altmodischen Sprache in Kritik. Hervorzuheben sind ihre Werke «Vanadis» und «Florentiner Novellen».Isolde Kurz wuchs in einem liberalen und an Kunst und Literatur interessierten Haushalt auf. Anfang der 1890er Jahre errang sie erste literarische Erfolge mit Gedicht- und Erzählbänden. Mit Index Null Papier Verlag

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Mit ähn­li­chen Schwie­rig­kei­ten hat so­gar die Dar­stel­lung des ei­ge­nen Le­bens bei mir zu kämp­fen: in­dem Er­leb­tes, Ge­dach­tes, Ge­woll­tes, Er­reich­tes und Un­er­reich­tes mich in be­weg­tem, mit mir wan­deln­dem Krei­se um­ste­hen, kommt bei der lei­ses­ten Berüh­rung al­les ins Wal­len, so­dass sich kei­ne ma­ge­re Gera­de er­ge­ben kann. – Ein Ta­ge­buch habe ich nie ge­führt: Ta­ge­bü­cher, die­se Tum­mel­plät­ze des Selbst­kults, er­schie­nen mir stets, so­weit sie sich nicht auf das Ver­zeich­nen von Ge­scheh­nis­sen be­schrän­ken, durch die Be­lich­tung von Keim­vor­gän­gen, die kein Licht wol­len, und durch vor­zei­ti­ges Kris­tal­li­sie­ren des Wer­den­den als schäd­lich, wenn nicht gar als scham­los. Die Hand sträub­te sich so­gar, Na­men nie­der­zu­schrei­ben, die im Be­grif­fe stan­den im Le­ben eine noch nicht aus­ge­spro­che­ne Be­deu­tung zu ge­win­nen. Al­les Na­men­nen­nen ist Ma­gie: die Re­cken des Nord­lands hiel­ten es so­gar für tod­brin­gend, wäh­rend des Kamp­fes mit Na­men ge­ru­fen zu wer­den. Durch Be­re­den wird je­des stil­le in­ne­re We­ben ge­stört; ihm darf sich nur in ge­weih­ten Stun­den das Wort der Dich­tung nä­hern, die es gleich nach ih­ren ei­ge­nen Ge­set­zen lei­se um­ge­stal­tet. Also muss bei den Auf­zeich­nun­gen über mein Le­ben die in­ne­re Fol­ge und Wahr­heit an Stel­le der ge­naue­ren Chro­no­lo­gie ste­hen; ich wer­de er­zäh­len, wie der wal­len­de Kreis es mit sich bringt, bald vor-, bald zu­rück­grei­fend, ohne die Erin­ne­rung in eine künst­li­che Li­nie zu zwän­gen.

So güns­tig nach der Mei­nung der Astro­lo­gen die himm­li­schen Gestir­ne auf mei­ne Ge­burt schie­nen, so un­güns­tig, ja un­freund­lich war die äu­ße­re, die bür­ger­li­che Kon­stel­la­ti­on, die mich emp­fing, und der Wi­der­streit der bei­den Ein­flüs­se be­glei­te­te mich durchs Le­ben. Der güns­ti­ge trat in al­lem Na­tur­ge­ge­be­nen zu­ta­ge: zu­nächst in der Ab­stam­mung, in dem Hin­ein­ge­bo­ren­sein in ein durch die höchs­ten Be­lan­ge ver­edel­tes, ganz von den großen Zie­len der Mensch­heit er­füll­tes El­tern­haus, wes­halb ich mir ein hö­he­res Le­ben nicht zu er­kämp­fen brauch­te, son­dern es durch die Ge­burt be­saß. Fer­ner in der glück­li­chen Sau­ge­kraft, die mich fast ohne Lei­tung das mir Zu­kom­men­de, mir Ver­wand­te schnell er­fas­sen, das Nicht­ver­wand­te, Nicht­ge­mä­ße ab­leh­nen ließ, wo­durch sich frü­he in mir ein un­zer­stör­ba­res Welt­bild ge­stal­ten konn­te. Hin­zu­zäh­len darf ich noch einen wahr­haft brü­der­li­chen Fra­ter Cor­pus, der mich in nichts be­läs­tig­te oder hemm­te, und eine In­nen­welt, in der kein brü­ten­des Ich als »dun­ke­ler De­spot« sich sel­ber Un­heil spin­nend und weh­be­rei­tend saß – ein Vor­teil, der mir erst im Lauf des Le­bens an den vie­len ge­gen­tei­li­gen Bei­spie­len die ich sah be­wusst ge­wor­den ist. Aber mehr als für al­les an­de­re dan­ke ich der Gott­heit für das schöns­te ih­rer Ge­schen­ke die Fä­hig­keit zur Freu­de die mir auch in tief­dunklen Ta­gen nie­mals ganz ab­han­den kam und die mich aus den trübs­ten Er­fah­run­gen stets aufs neue mei­ne Fah­ne ret­ten ließ mit dem Wahl­spruch: Mensch, sei im­mer­zu dein ei­ge­ner la­chen­der Erbe – und wenn es un­ter Trä­nen wäre.

Der Ein­fluss der bö­sen Gestir­ne äu­ßer­te sich vor al­lem in dem her­ben Dich­ter­los mei­nes Va­ters, das auch das Schick­sal sei­ner Kin­der und vor­wie­gend das der Toch­ter über­schat­te­te. Ich habe ihn in mei­ner Her­mann-Kurz-Bio­gra­fie ge­schil­dert, wie er in un­se­rer Mit­te stand in sei­ner ge­bie­ten­den und doch so mil­den Grö­ße wie ein Kö­nig ohne Land; wir Kin­der fühl­ten die Be­deu­tung sei­ner Wer­ke, be­vor wir sie sel­ber le­sen konn­ten, aus der Be­geis­te­rung un­se­rer Mut­ter und der we­ni­gen ihm ge­blie­be­nen Freun­de, und fan­den doch sei­nen Na­men nicht vom Ruhm um­strahlt, sein Ver­dienst weit un­ter dem Wer­te ein­ge­schätzt, von viel Ge­rin­ge­ren ver­dun­kelt, den Er­trag sei­ner Ar­beit in um­ge­kehr­tem Ver­hält­nis zu ih­rer in­ne­ren Grö­ße. Die Mut­ter hat­te uns ge­lehrt, dass es eine Ehre für uns war, we­ni­ger zu ha­ben als die Kin­der der be­freun­de­ten Häu­ser, die kei­nen deut­schen Dich­ter zum Va­ter hat­ten, aber die­ses Los war nichts­de­sto­we­ni­ger eine der frü­hen Be­las­tun­gen, mit de­nen ich ins Le­ben trat. Noch in die Frem­de folg­te mir die Pein, dass ich de­nen, die mich nach mei­nem Va­ter frag­ten, nicht sa­gen konn­te, wer die­ser Dich­ter ge­we­sen, des­sen Na­men nie­mand nann­te: der Toch­ter al­lein hät­te man ja nicht ge­glaubt. Aber lie­ber woll­te ich ihn ganz im Dun­kel wis­sen als nur halb ge­wür­digt und bei den Geis­tern zwei­ten Ran­ges un­ter sei­nen Zeit­ge­nos­sen ein­ge­reiht. Mei­ne Brü­der ha­ben ge­wiss die Sach­la­ge nicht min­der herb emp­fun­den als ich, al­lein sie konn­ten nichts dazu, dar­um schwie­gen sie: ih­nen lag nur ob, auf ih­ren ei­ge­nen vor­ge­zeich­ne­ten We­gen ih­rer Her­kunft Ehre zu ma­chen, und das ha­ben sie ge­tan. Mir aber war von der Vor­se­hung mit dem Erbe des vä­ter­li­chen Be­rufs auch der Auf­trag mit­ge­ge­ben, der lan­gen Un­ge­rech­tig­keit ent­ge­gen­zu­tre­ten, für den Ver­kann­ten, Halb­ver­ges­se­nen den Platz im Na­tio­nal­hei­lig­tum sei­nes Vol­kes, der ihm zu­kam, ein­zu­for­dern. Jede Li­te­ra­tur­ge­schich­te, die schwei­gend über ihn weg­ging oder ihn ne­ben­säch­lich ab­tat, jede miss­ken­nen­de oder un­zu­läng­li­che Kri­tik trieb mir mit schmerz­haf­tem Sta­chel die Mah­nung von neu­em ins Herz. Aber durf­te ein jun­ges, noch ganz un­ge­schul­tes Mäd­chen, das nichts war noch hat­te, nicht ein­mal einen schir­men­den, för­dern­den Le­bens­kreis, hof­fen, ih­rer Stim­me der­einst so­viel Ge­hör zu ver­schaf­fen, da sie doch erst die ei­ge­nen Fä­hig­kei­ten rei­fen las­sen muss­te, den Kampf, der sei­ne Kraft zu früh ge­bro­chen hat­te, ge­gen eine ide­al­lo­se Zeit für sich sel­ber auf­neh­men und aus noch er­schwer­te­rer Stel­lung, der weib­li­chen her­aus, durch­füh­ren, be­vor sie mit ih­rer Sa­che auch der sei­ni­gen die­nen konn­te? Das zu hof­fen war Ver­mes­sen­heit, ich hoff­te es doch, wenn auch nur in ei­ner vor­schwe­ben­den Ah­nung, in ei­nem Licht­strahl, der aus ver­hüll­ter Zu­kunft her­über fiel: dass es den­noch so kom­men wer­de. Ich habe oft­mals in Zei­ten, wo ich nicht wuss­te, wo aus noch ein, der­glei­chen un­aus­schalt­ba­re in­ne­re Ge­wiss­heit ge­habt, dass mein Ziel ir­gend­wie mich fin­den wer­de, dass ohne ge­walt­sa­mes Drän­gen die Zeit sel­ber mir die Frucht rei­fen wer­de. In je­ner Nacht des 10. Ok­to­ber 1873 zu Tü­bin­gen, als mein Bru­der Ed­gar, da­mals ein blut­jun­ger Arzt, bei dem jäh­lings ge­schie­de­nen Va­ter al­lein die To­ten­wa­che hielt, ge­lob­te er ihm, dem er­erb­ten Na­men durch die ei­ge­ne Lauf­bahn Aus­zeich­nung zu er­wer­ben: er hat die­ses Ver­spre­chen in sei­nem pfeil­ge­ra­den si­che­ren Lauf glän­zend ge­löst. Ich blieb in mei­nen ma­gi­schen Kreis ge­bannt, wo die En­den bei­sam­men sind, und muss­te auf Ort und Stun­de war­ten, um das mei­ne, noch küh­ne­re, zu lö­sen.

Der zwei­te hem­men­de Ein­fluss, der über mei­nem Le­ben stand, war mein Ge­schlecht. Kaum dürf­te je die Frau in Deutsch­land nied­ri­ger ge­stan­den ha­ben als im letz­ten Drit­tel des vo­ri­gen Jahr­hun­derts, in das mei­ne Ju­gend fiel. Dass es eine Bet­ti­na, eine Ka­ro­li­ne Schle­gel, eine Gün­de­ro­de, ge­ge­ben hat, Frau­en, von de­nen ihre Zeit, die ja auch die Zeit Goe­thes war, die Fär­bung mit emp­fing, das wirk­te nicht mehr nach, es lag als blo­ßer Wis­sens­stoff ein­ge­sargt in der Li­te­ra­tur­ge­schich­te. Eine Pf­licht zur Aus­bil­dung der Töch­ter kann­te we­der der Staat noch die Fa­mi­lie, es stand ganz bei den El­tern, ob und was sie die­se ler­nen las­sen woll­ten. In den bür­ger­li­chen Krei­sen, auch in den ge­bil­de­ten, so­weit sie nicht wohl­ha­bend wa­ren, be­gnüg­te man sich oft ge­nug da­mit, ih­nen die häus­li­chen Ar­bei­ten bei­zu­brin­gen und sie zu un­be­zahl­ten Dienst­bo­ten her­an­zu­zie­hen, be­son­ders wenn das Stu­di­um der Söh­ne die el­ter­li­chen Mit­tel er­schöpf­te. Und wenn auch bes­ser­ge­stell­te Häu­ser die ih­ri­gen zur Schnell­blei­che in ir­gend­ein fran­zö­sisch spre­chen­des In­sti­tut schick­ten, der Geist, der die Er­zie­hung durch­wal­te­te, blieb der glei­che. Er­wach­sen, hat­te ein sol­ches Mäd­chen kei­ne drin­gen­de­re Auf­ga­be, als sich nach dem künf­ti­gen Er­näh­rer um­zu­se­hen, der die Sor­ge für sie über­nahm und dem sie nun mit ih­rem gan­zen Sein zu die­nen, nach dem sie sich bis zur völ­li­gen Auf­ga­be ih­res ei­ge­nen gott­ge­schaf­fe­nen Selbst zu mo­deln hat­te. Der schar­fe Wett­be­werb auf dem Hei­rats­markt lähm­te je­des hö­he­re Stre­ben und verd­arb auch den weib­li­chen Cha­rak­ter. Selbst das hohe Amt der Mut­ter­schaft ver­moch­te ihn nicht mehr zu he­ben, denn wenn der Wett­lauf un­ter Zu­rück­drän­gung der Mit­be­wer­be­rin­nen ge­won­nen war, so be­gann er bald aufs neue und fast noch schär­fer um die Zu­kunft der her­an­wach­sen­den Töch­ter. Es fragt sich, ob nicht die phy­si­sche Mut­ter­schaft, die ihr He­gen und Sor­gen auf den Kreis der ei­ge­nen Ge­bur­ten be­schränkt, un­ter Um­stän­den dem hö­he­ren Mut­ter­tum im Wege ist: aus­schließ­lich auf einen Punkt ge­rich­te­te Lie­be macht lie­be­leer ge­gen die an­de­ren. Da­rum ge­hör­te wirk­li­che Frau­en­freund­schaft, ja, nur ein ech­tes Wohl­wol­len von Frau zu Frau zu den sel­tens­ten Aus­nah­men. So blieb nicht nur der Geist der Frau völ­lig un­ent­wi­ckelt und in einen um­lau­fen­den Kreis von Klei­nig­kei­ten ge­bannt, ohne Aus­sicht auf das Gro­ße und Gan­ze, auch ihr See­len­le­ben war ent­wür­digt und entadelt. Schlim­mer noch als der tat­säch­li­che Zu­stand war es, dass die­ses öde, ver­küm­mer­te Ge­bil­de als Ideal­bild der deut­schen Frau die bür­ger­li­che Ge­sell­schaft be­herrsch­te. Gehe ich fehl, wenn ich die Ge­stalt des Gret­chen da­für mit­ver­ant­wort­lich ma­che? Es ist ein selt­sa­mes Ver­häng­nis, dass ge­ra­de der Dich­ter, der dem We­sen der Frau am nächs­ten kam und es in viel­fa­chen Spie­ge­lun­gen am ech­tes­ten dar­ge­stellt hat, die Ge­stalt er­schuf und mit dem Schmelz der höchs­ten Poe­sie um­klei­de­te, die die deut­sche Frau um Jahr­hun­der­te zu­rück­wer­fen half. Der Gret­chen­kult war ein all­zu be­que­mer, man konn­te ihr in Hem­d­är­meln die­nen, sie stell­te kei­ne kul­tu­rel­le For­de­rung an den männ­li­chen Part­ner und er­höh­te sein Selbst­ge­fühl durch ihre tie­fe Un­ter­wor­fen­heit. Noch tönt mir aus Ju­gend­ta­gen das viel­ge­sun­ge­ne Braut­lied in die Ohren: »Mein ho­her Herr, du willst her­ab dich las­sen / be­se­li­gend zu dei­ner ar­men Magd.« Hei­ne da­ge­gen sang fri­vol: »Den Leib möcht ich noch ha­ben, / den Leib so zart und jung, / die See­le könnt ihr be­gra­ben, / hab sel­ber See­le ge­nung.« De­mü­ti­ge Magd oder Weib­chen – Leib ohne See­le – das mach­te der männ­li­che For­mungs­wil­le aus dem hand­li­chen Pla­sti­lin. Und das Pla­sti­lin kam ihm wil­lig ent­ge­gen, es war stolz auf sei­ne Hö­rig­keit die kei­ne Mühe kos­te­te, es trug sei­ne geis­ti­ge Ar­mut wie einen Schmuck, worin der Lie­bes­zau­ber steckt. Man­che gab sich so­gar aus Ge­fall­sucht är­mer und schwä­cher als sie war. Sie durf­te ja gar kei­nen geis­ti­gen Be­sitz mit in die Ehe brin­gen, sie hat­te das wei­ße Blatt zu sein, auf das der Mann sei­ne Schrift ein­trug. Eine Schrift, die auch wie­der zu lö­schen war im Fall ei­ner zwei­ten Ehe, denn sie pfleg­te nicht all­zu­tief ein­zu­drin­gen. Ih­rer Wiß­be­gier, wenn sie sol­che hat­te, wur­den alle Ge­gen­stän­de zer­klei­nert wie ei­nem Vö­gel­chen in den Schna­bel ge­steckt. Ich ken­ne eine Da­men­bü­che­rei aus dem vo­ri­gen Jahr­hun­dert, wo sich noch ein Ku­rio­sum be­fin­det, eine »Stern­kun­de für Da­men«! Alle Ge­brei­ten des Le­bens ge­hör­ten aus­schließ­lich und un­wei­ger­lich dem Man­ne, die Frau galt in der Ge­sell­schaft nur als sein An­häng­sel, auch wenn sie zu­fäl­lig die Be­deu­ten­de­re war; ver­wit­wet fiel sie in ihr Nichts zu­rück. Als Un­ver­mähl­te blieb sie le­bens­läng­lich miss­ach­tet und auf die Sei­te ge­scho­ben. Nur sel­ten ge­lang es ei­ner, durch große künst­le­ri­sche Leis­tung auf ir­gend­ei­nem Ge­bie­te die­sen Bann zu bre­chen. Sonst war es ein Kle­ben im Pech, mit lee­rem Kopf und un­ter­drück­ten Le­bens­in­stink­ten, im Her­zen nur die Angst, den rech­ten Zeit­punkt zu ver­pas­sen. Wie viel ein­fa­cher und na­tür­li­cher leb­te sichs doch im Vol­ke; bei Töch­tern aus gu­ten Häu­sern wa­ren Schwer­mut und Wahn­sinn kei­ne sel­te­ne Er­schei­nung. Da kam dann frei­lich der Mann als Er­lö­ser und konn­te nicht lan­ge dar­auf­hin an­ge­se­hen wer­den, ob er der Rech­te sei: die Sa­che war ei­lig, nach zwan­zig hör­te schon meist die Ju­gend auf, denn der Durch­schnitts­käu­fer ver­lang­te die fri­sche­s­te Ware. So blieb die Frau ein un­er­lös­ter Mensch und ein durch und durch ge­fälsch­tes Er­zeug­nis ei­ner falschen Zi­vi­li­sa­ti­on; ihr wah­res We­sen kann­te nie­mand, auch sie sel­ber nicht. – Von Schil­ler stammt der Auss­pruch, dass die Frau nicht nur kein geis­ti­ges Ei­gen­le­ben be­sit­ze, son­dern dass der Mann auch in ih­rem Geist kei­ne dau­ern­de Pflan­zung an­le­gen kön­ne. Goe­the hat ihr we­nigs­tens das Recht zu­ge­bil­ligt, da­bei zu sein, »wenn klu­ge Män­ner re­den«. Ver­ga­ßen die Dich­ter, dass am Auf­gang der Dich­tung ein Frau­en­na­me steht, vor dem das klas­si­sche Al­ter­tum sich neig­te, der ewi­ge Name Sapp­ho? Wo von der Ein­zi­gen eine Stro­phe laut wird, da ver­sin­ken die Jahr­tau­sen­de zwi­schen ihr und uns. Sie nennt ih­ren Quit­ten­baum, und wir hö­ren den lau­en Re­gen Io­ni­ens durch sei­ne Zwei­ge rau­schen; steht er nicht un­ten in un­se­rem Gar­ten? Die Grie­chen strit­ten nicht, ob sol­che Höhe der Frau er­reich­bar sei, sie lie­ßen die Wahr­heit der Er­schei­nung gel­ten. – In Athen war die Frau durch Ge­setz und Sit­te un­ter­drückt, aber die Dich­tung des So­pho­kles hob sie auf die höchs­te, mensch­li­cher Na­tur er­reich­ba­re Stu­fe. Auch hin­der­te die öf­fent­li­che Mei­nung Aspa­sia nicht, über Pe­ri­kles und durch Pe­ri­kles über Athen zu herr­schen. Eben­so­we­nig konn­te die Stim­me der All­ge­mein­heit jene Pries­te­rin der eleu­si­ni­schen De­me­ter schre­cken, die sich al­lein dem von der gan­zen Pries­ter­schaft ge­gen den Al­ki­bia­des ge­schleu­der­ten Bann­fluch zu wi­der­set­zen wag­te. –

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