Ventus erinnerte sich immer noch gut daran, was seine Mutter Schönes und Interessantes über Einhörner erzählt hatte. Das Pferd fand den Gedanken wundervoll, dass es vielleicht auch in ein so schönes Wesen verwandelt werden könnte. Sein Gefühl sagte ihm, dass Lena das sicher toll finden und sich darüber freuen würde. Es war sich bewusst, dass es viel dafür tun musste. Dann flüsterte es Salva zu: „Wann werde ich mich mit Yellow Destiny treffen?“
„Das wird bald passieren. Aber zuerst möchte ich dir etwas über sein Reich erzählen“, gab dieser zur Antwort. „Wie groß dieses ist, kann ich dir nicht sagen. Ich wollte es herausfinden, aber nachdem ein Tag zu Ende war, merkte ich, dass ich sicher sehr viele Tage bräuchte, um dieses Ziel zu erreichen. Es ist denkbar, dass es sogar Jahre sein könnten. Als ich Yellow Destiny dazu befragt habe, hat er so etwas angedeutet. Aus diesem Grund habe ich aufgegeben.
Wenn ich unterwegs war, hat es immer eine Stelle gegeben, an der es etwas zu trinken gab. Hier haben schlechte Gefühle keine Chance zu entstehen. Ich sehe es als Ort des ewigen Glückes.
Das Zuhause des Löwen ist wirklich geheimnisvoll. Ich erinnere mich gut, dass ich während des Fliegens die Kontrolle verloren habe und Richtung Erdboden stürzte. Dabei war ich sicher, dass ich sterben würde. Doch als ich den Boden berührte, wurde er ganz weich und ich landete sehr sanft. Kaum war ich aufgestanden, war der Untergrund wieder fest.
Ich liebe es, hier zu sein und war traurig, als meine Ausbildung zu Ende war und ich diesen Ort verlassen musste. Aus diesem Grund freute ich mich, dass ich hierher zurückkehren durfte, um ihn dir zu zeigen.“
Ventus erkannte die Freude in Salvas Stimme, als er über diesen Ort redete. Aber nun musste er an Lena denken. Er stellte sich vor, dass sie sehr viel geweint hatte und sich in einem schlechten Zustand befinden musste. Dieser Gedanke gefiel ihm nicht.
Das Reich des Löwen beeindruckte ihn sehr. Er fragte sich, ob er mit Lena hier leben könnte.
Beide schlenderten eine Weile, dann entdeckten sie einen See und bewegten sich auf ihn zu. Sie tranken sehr viel. Das Wasser schmeckte Ventus ausgezeichnet. Er hätte noch mehr trinken können. Plötzlich erschien aus dem Nichts ein großer Löwe vor ihnen. Salva raunte Ventus zu: „Ich werde euch für eine Weile allein lassen. Ich rate dir, ehrlich zu Yellow Destiny zu sein. Er mag es gar nicht, wenn jemand die Unwahrheit sagt. Wir sehen uns später.“
Salva flog weg und Ventus ging unsicher auf den Löwen zu. Als er bei ihm ankam, klopfte sein Herz vor Aufregung. Das Pferd schaute ihn respektvoll an und war von seinem Aussehen beeindruckt. Ventus schätzte, dass der Löwe eine Schulterhöhe von zwei Metern hatte. Seine blauen Augen betrachteten ihn freundlich. Seine schwarze Mähne und sein gelbes Fell hatten eine Schönheit, die schwer in Worte zu fassen war. Es machte auf Ventus den Eindruck, als würde beides geheimnisvoll glänzen. Aber er war unsicher.
Nun sprach der Löwe in einem freundlichen Ton zu ihm: „Hallo Ventus. Ich bin Yellow Destiny. Du bist herzlich willkommen in meinem Reich. Du kannst dies als eine große Ehre betrachten, denn nur bestimmte Wesen dürfen sich hier aufhalten. Du hast bestimmt viele Fragen an mich, aber zuerst sollten wir uns über deine Zukunft unterhalten.“
„Woher kennst du meinen Namen?“, fragte das Pferd mit nervöser Stimme.
„Durch Magie weiß ich deinen Namen. Du musst nicht aufgeregt sein. Sei ganz entspannt“, antwortete ihm der Löwe.
An seinem Blick erkannte der Löwe, dass das Pferd etwas auf dem Herzen hatte. Er lächelte es an. „Ich denke, wir sollten zunächst über was anderes als deine Zukunft reden. Du möchtest mir sicher etwas Wichtiges mitteilen. Habe ich recht?“
Nervös meinte Ventus zu ihm: „Ja, das ist richtig. Seit einer Weile frage ich mich, ob ich meine Freundin Lena wiedersehen werde. Ich bin mir sicher, dass sie wegen meines Todes sehr traurig ist. Sie soll erfahren, dass ich wieder lebe. Es ist für mich sehr wichtig, dass sie es weiß. Sie braucht mich und ich brauche sie. Wir haben uns gegenseitig die Lebensfreude zurückgegeben.“
Yellow Destiny schaute ihn kurz nachdenklich an. „Du wirst Lena sicher wiedersehen. Das verspreche ich dir. Ich kann gut nachempfinden, wie du dich wegen deiner Freundin fühlen musst. Du wirst dich noch daran gewöhnen müssen, dass Zeit in meinem Reich gar keine Rolle spielt. Deshalb brauchst du dir wegen Lena keine Sorgen zu machen.“
Der Löwe lächelte ihn an und fragte ihn sehr behutsam: „Können wir uns nun über deine Zukunft unterhalten?“
Ventus erinnerte sich an Salvas Äußerung über die Zeit hier. Ihm war bewusst, dass er bestimmt noch eine Weile brauchen würde, bis er sich daran gewöhnt hätte. Dann gab er zur Antwort: „Ich möchte auch wissen, wieso ich mein Leben zurückbekommen habe. Salva hat mir gesagt, dass ich etwas Besonderes getan habe. Aber ich wüsste nicht, was das sein soll. Auch hatte er gemeint, dass ich kein Niemand bin. Das möchte ich bitte erklärt bekommen, bevor wir uns über meine Zukunft unterhalten können.“
„Du hast mutig eingegriffen, als die zwei Jugendlichen die anderen Tiere quälen wollten. Nicht jeder würde so etwas Selbstloses tun. Auch hast du Lena ihre Lebensfreude zurückgegeben. Das ist auch etwas Besonderes, denn nicht jeder hat so eine Fähigkeit. Davor habe ich großen Respekt. Deshalb bist du kein Niemand! Diese beiden Tatsachen waren die Hauptgründe, warum du dein Leben zurückbekommen hast. Es gab auch andere Gründe, die eine Rolle gespielt haben. Möchtest du sie alle hören?“, erklärte der Löwe ihm.
„Das hätte ich nicht gedacht. Jetzt glaube ich zu begreifen, wieso ich diese zweite Chance bekommen habe. Könnten wir uns später noch mal über die anderen Gründe unterhalten? Ich möchte nun über meine Zukunft reden“, sagte Ventus.
„Ja, das werden wir sicher tun. Ich finde auch, dass wir nun über deine Zukunft diskutieren sollten.“
Yellow Destiny überlegte kurz. „Es gibt für dich zwei Wege, wie dein Schicksal aussehen könnte.
Die erste Option ist, dass du dein altes Leben als Pferd wiederbekommst.
Die zweite Möglichkeit ist, dass ich dich wie Salva in ein Alicorn verwandle. Zur letzten Option sollst du Folgendes wissen: Wenn du sie nehmen würdest, würdest du von mir deine verlorenen Lebensjahre zurückbekommen. Das heißt, dass du wieder jung wärst. Von dir würde erwartet werden, dass du die Natur beschützt und andere wichtige Tätigkeiten durchführst. Wenn du dich für diesen Schritt entscheidest, musst du wie Salva hier eine Ausbildung durchlaufen. Sie dauert so lange, bis du deine magischen Fähigkeiten sehr gut beherrschst. Die Dauer hängt von dir ab, weil ich dich nicht unter Druck setzen werde. Als Alicorn kannst du dich mit fast jedem Lebewesen unterhalten. Du bekommst sehr nützliches Wissen in deinen Kopf übertragen. Das wirst du sicher gebrauchen können.
Nun, welchen Weg möchtest du gehen?“
Ventus musste sehr lange darüber grübeln. Er stellte dem Löwen Fragen: „Wenn ich ein Alicorn wäre, könnte ich mich doch mit einem Menschen unterhalten, oder? Wenn ich diese Ausbildung mache, würde das wahrscheinlich viele Jahre dauern. Wegen Lena gefällt mir das nicht. Kann ich sie in der Zwischenzeit treffen?“
„Falls du ein Alicorn wärst, könntest du dich mit einem Menschen unterhalten, ja. Ich möchte dir die stillstehende Zeit noch einmal deutlicher erklären. Egal, wie lange deine Ausbildung dauern wird, wirst du danach zu dem Tag zurückgebracht werden, an dem du gestorben bist. In deiner Welt wäre praktisch keine Zeit vergangen. Du wärst nie weg gewesen. Deshalb solltest du dein Training ohne Unterbrechung durchziehen. Du willst doch bestimmt viel Zeit in deiner Welt mit Lena verbringen.
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