Wieder einmal bewies der Feind, wie sträflich dumm es war, diesen zu unterschätzen. Die Republik war geradezu glimpflich davongekommen. Lediglich fünf Kreuzer meldeten geringfügige Schäden. Der Feind konzentrierte sich eindeutig auf die älteren Schiffsklassen und dünnte Garners Angriffslinien gefährlich aus.
Der Admiral widerstand nur mit Mühe dem Impuls, mit der geballten Faust auf seine Lehne einzuhämmern. Noch während er zusah, verloren die republikanischen Verbündeten weitere fünfzig Schiffe. Die Verlustrate senkte sich rapide zugunsten des Gegners und seine eigenen Einheiten befanden sich noch nicht einmal in Energiewaffenreichweite.
»Schicken Sie die Geschwader 3.1, 3.2 sowie 3.5 an unsere linke Flanke. Wir brauchen dort dringend mehr Feuerkraft. Außerdem beordern Sie die Schlachtkreuzer der Geschwader 5.5 und 5.6 in die erste Feuerlinie. Der Tanz geht gleich los.«
MacGregor antwortete nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, die Anweisungen an die betreffenden Einheiten weiterzugeben. Stattdessen nickte er lediglich, während seine Lippen unhörbare Worte formulierten und der XO der Beowulf auf sein Pad eintippte.
Garner wartete angespannt und beobachtete die Vorgänge weiterhin auf seinem taktischen Hologramm. Mehr blieb ihm im Moment ohnehin nicht zu tun übrig. Die Schiffe formierten sich gemäß seinen Anweisungen. Die republikanischen Kreuzer, die er an die linke Flanke beordert hatte, gaben dieser einen gewissen Rückhalt, sodass die Verluste sanken, auch wenn sie trotzdem unangenehm hoch blieben.
Garner tippte mit dem linken Zeigefinger immer wieder unbewusst auf seine Lehne. Als er es bemerkte, stoppte er die nervöse Geste. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, überschritten die feindlichen Schiffe die zweite imaginäre Linie, worauf der Admiral bereits ungeduldig gewartet hatte.
»Geschwindigkeit umkehren und Feuer frei!«, befahl er ohne Zögern.
Nun war die Richtung egal, in der sich die terranischen Schiffe bewegten. Sie bremsten erneut ab und gaben gleichzeitig Vollschub. Parallel eröffneten sie aus allen Rohren das Feuer.
Die Beowulf und die sie eskortierenden Schlachtkreuzer nahmen mit ihren Sturmlasern die ersten Hinrady-Jagdkreuzer aufs Korn und schnitten sie binnen weniger Sekundenbruchteile in Stücke. Die Schiffe brachen bereits nach oberflächlichem Kontakt mit zweien oder dreien dieser leistungsstarken Energiewaffen einfach auseinander. Trümmerstücke trieben in Flugrichtung weiter und prallten von der Bugpanzerung des Dreadnoughts ab.
Die terranischen Jagdbomber gingen zum Angriff über. Die feindlichen Jagdkreuzer verfügten ausschließlich über Offensivwaffen, die starr nach vorn feuerten. Zur Abwehr eines Bomberangriffs konnten sie lediglich auf eigene Jägerunterstützung zählen. Diese war aber bereits in heftige Kämpfe verstrickt und kaum in der Lage, die Bomber abzuwehren. Genau darauf hatte Garner gebaut.
Die Mammoth und Mammoth II drangen in die feindliche Kampfzone ein und stürzten sich von oben auf den Gegner. Mehrere Hinrady-Angriffsjäger stellten sich ihnen in den Weg. Nach kurzem Kampf gingen ein Dutzend Bomber in Flammen auf, aber im Gegenzug wurde die feindliche Abwehrlinie komplett zerschlagen. Die Trümmer von mehr als fünfzig gegnerischen Jägern markierten den Weg, den Garners Bomber zurücklegten. Die Deckgeschütze der Jagdbomber feuerten ohne Unterbrechung und hielten die Reste der feindlichen Jägerformation auf Abstand.
Die Bomber näherten sich dem Zentrum der Jagdkreuzerformation an. »Na los! Na los!«, betete Garner leise sein Mantra herunter, als könne er den Angriff dadurch irgendwie beeinflussen.
Die Bomber klinkten ihre Torpedolast sowie eine große Anzahl an Haftminen in Flugrichtung aus. Der Admiral lächelte grimmig.
Noch während die Bomber kehrtmachten, schlug über den feindlichen Schiffen die Torpedowelle ein wie der Hammer Thors persönlich. Die Jagdkreuzer waren robust und schwer zu knacken, das räumte Garner jederzeit ein. Aber auch sie waren nicht unschlagbar. Hunderte Explosionen sprenkelten die gegnerischen Einheiten vom Bug bis zum Heck. Panzerung wurde aufgerissen und die Detonationen pflanzten sich ins sensible Innenleben fort. Eine ganze Reihe roter Symbole verschwand vom Plot des Admirals. Aber als wäre das noch nicht genug, flog der Hinradyverband anschließend durch eine Wolke von kleinen, fiesen Vorrichtungen.
Die Haftminen waren verglichen mit den Torpedos winzig und auch ihre Zerstörungskraft hielt sich in Grenzen. Doch der Gegner war angeschlagen. Kein Schiff der feindlichen Formation war ohne Blessuren und erhebliche Schäden an der Außenhülle davongekommen. In dieser Verfassung stellten auch diese kleinen Sprengkörper eine große Bedrohung dar.
Die Minen reagierten, sobald ein feindlicher Kreuzer ihren Dunstkreis passierte. Sie hefteten sich in ganzen Scharen an eines der Hinradyschiffe, immer drei oder vier Dutzend auf einmal – und dann taten sie das, wofür sie entwickelt worden waren.
Die gepanzerte Kuppel der Kommandobrücke war geschlossen, sodass Garner das Schauspiel nicht mit eigenen Augen sehen konnte. Über sein taktisches Hologramm liefen jedoch ununterbrochen Schadensprognosen. Der Gegner erlitt innerhalb kürzester Zeit furchtbare Verluste.
Der Admiral war versucht, in Jubel auszubrechen. Nur seine Disziplin hielt ihn zurück – und das Wissen, dass eine Schlacht nie so einfach verlief, wie man das gerne hätte. Auch ein besiegt geglaubter Gegner konnte noch austeilen.
Aus dem Sturm aus explodierenden Minen, geborstener Panzerung sowie den Leichen ins All gesogener Hinrady, schoben sich etwa drei Dutzend feindliche Jagdkreuzer.
Aus den Schadensdiagrammen ließ sich ablesen, dass die Schiffe kaum noch funktionstüchtig waren. Menschliche Einheiten wären längst unter der Last der Beschädigungen zusammengebrochen. Menschliche Besatzungen hätten sich längst dazu entschlossen, das Schiff aufzugeben.
Nicht aber die Hinrady. Die Jagdkreuzer wurden gerade noch von Spucke und guten Wünschen zusammengehalten und dennoch eröffneten sie das Feuer. Ihre Energiestrahlen fraßen sich in Garners Einheiten. Wo sie auf Panzerung trafen, da brannten sie tiefe Schneisen hinein.
Die Kooperative verlor zwei Korvetten und einen Angriffskreuzer. Die KdS büßte einen Träger ein. Und auch die Republik verlor drei Schlachtkreuzer der vordersten Frontlinie.
Garner knirschte mit den Zähnen. Er hasste es für gewöhnlich, einen unterlegenen Gegner auf diese Weise auszuschalten. Aber in diesem speziellen Fall machte er eine Ausnahme. Die Hinrady wollten es nicht anders haben. Sie ließen ihm keine Wahl.
Der republikanische Admiral machte eine knappe Geste in Richtung seines Hologramms. MacGregor nickte und gab über sein Pad eine Anweisung an die restliche Flotte weiter. Nur Augenblicke später eröffnete die gesamte Front das Feuer. Die verbliebenen Hinradyschiffe verschwanden unter einem Tornado aus Energiestrahlen, die sie buchstäblich aus dem All fegten.
Die Geschütze verstummten schlagartig. Zurück blieb eine Trümmerwolke, die von den menschlichen Einheiten durchpflügt wurde. Die Hinrady hatten sie gezwungen, ihren Verband komplett auszulöschen.
Der Bordcomputer listete alle erlittenen Verluste auf. Mehr als zweihundertsechzig Schiffe waren zerstört oder so schwer beschädigt worden, dass sie als nicht mehr kampftauglich eingestuft werden mussten.
Sie waren mit mehr als dreifacher Übermacht in das System eingerückt, hatten aber nahezu ähnlich hohe Verluste wie der Gegner erlitten. Garner benötigte einen Moment, um diese Erkenntnis sacken zu lassen.
Er schluckte schwer und winkte seinen XO näher. »Die Flotte soll zum Planeten vorstoßen«, befahl er. »Anschließend kann mit der Landung begonnen werden. Die Bomber sollen unseren Legionen Deckung aus der Luft geben.«
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