Warum es den Westen nicht mehr gibt
Amerikas neues Portfolio – und die Folgen
Rückzug der Supermacht
Eine Welt ohne Amerika und mit Amerika
»Kann man das reparieren?«
Die ewige Mär vom Untergang
Game Over für den Westen
Ein neues Spiel
Disneyland Amerika
Weshalb Nostalgie gefährlich ist – und wer sie ausnutzt
Ein Leben in Disneyland
Parallelwelten
Make America Great Again
Disneyland-Demokratie
Der große Sog der Nostalgie
Die Achillesferse des Westens
Populismus: Der Fluch unserer Zeit
Populismus Made in USA
Was heißt es, Amerikaner zu sein?
America First
Rassismus: Das hässliche Gesicht der Nation
Zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit
Ein Kampf gegen Windmühlen?
Der Kanarienvogel in der Goldmine
Wasserscheide
Alte und neue Medien, politische Institutionen, und die Demokratien des Westens
Der Überlebenskampf der Altehrwürdigen
Von wegen ausgewogen: Talk Radio
Fox News: Trump TV
Die Sinclair Broadcast Group: Ein Riese, als Zwerg verkleidet
Big Business: Nachrichten als Geschäft
Der Kampf um das knappste Gut von allen
Umso lauter, umso besser: Aufmerksamkeit um jeden Preis
Am Nasenring durch die Manege
Die umfassende Macht der Sozialen Medien
Ein Referenzpunkt für alle und alles
»Was, zur Hölle, ist Wasser?«
Der Rabbit Hole Effect der sozialen Medien
Leben in der Matrix
Hillary und der »Korb der Bedauernswerten«
Zustimmung vom Band?
Buridans Esel: Die Malaise der politischen Institutionen
»Daten sind das neue Öl«: Die Macht der Tech-Giganten
Aus der Zeit gefallen: Wahlen und Repräsentation in den USA
Sollbruchstellen: Wie sich eine westliche Demokratie selbst destabilisiert
Der Imperator und der tiefe Staat
»Immerwährende Wachsamkeit«: Amerika auf dem Weg zur Autokratie?
Zwischenbemerkung
Labore hinter verschlossenen Türen
Der Trend zur Abschottung und das verlorene Potenzial der Innenpolitik
Zukunft der Nation: Die Labore Kalifornien und Texas
Zwischen Maßanfertigung und Massenware: Innenpolitik im Zeichen unserer Zeit
Kampf ums Gleichgewicht: Staat und Markt
Magie der Mittelschicht
Das härteste aller Rennen
Washington, Tübingen, Bangkok: Ökonomischer Nationalismus und das Recht des Stärkeren
Zwischen Jackpot und Trostpreis
Die amerikanische Erfolgsformel »wenig Aufwand, viel Einfluss« – und warum sie für Europa (bisher) nicht gilt
Ein ungetrübter Blick auf die Welt?
Die erste Geige
Auf der Suche nach der großen Linie
Mortons Gabel: Europas Wahl zwischen schlechten Möglichkeiten?
Der Adler und der Drache
Jackpot: Zum Verhältnis von Aufwand und Ertrag in der Sicherheits- und Handelspolitik
Raum gewinnen: Sicherheitspolitik à la USA
Raum absichern: Handelspolitik à la USA
Die Chance des Neubeginns
Neues Spiel, neues Glück
Eine Grand Strategy für Europa, und unser Neuanfang in der postamerikanischen Welt
Das magische Auge: Ein neuer Blick auf das Europa unserer Zeit
Das »EU+«-Trapez
»EU+«: Europas modernes Gesicht nach dem Ende des Westens
Eine Grand Strategy für Europa
Fünf goldene Linien für Europas Wirken in der Welt
Think Big!
Wagemut in der Welt von morgen
Weiterführende Lektüre
»Der Lauf der Geschichte ist nicht vorhersehbar, er ist so unregelmäßig wie das Wetter, so wechselhaft wie Empfindungen.«
– Jill Lepore, Diese Wahrheiten
»Keep on rockin’ in the free world.«
– Neil Young
Die Welt, ein Spiel
Wie Amerika sich neu sortiert – und warum das für uns wichtig ist
»Liberty, justice, democracy, tolerance, equality … All nations whose people and government are set up in the service of this ideal are connected by it. But in reality, each nation achieves quite often a quite different version of that ideal.«
– Anne-Marie Slaughter
Donald Trump ist ein großartiger Golfspieler. Sagt Donald Trump. Genauer: »Der beste Golfspieler unter allen Reichen auf dieser Welt.« Diese Spielklasse hat der 45. Präsident der USA selbst definiert. Kein Problem für jemanden, der etwa auch alleine absolvierte Spielrunden auf seinen Golfplätzen als Clubmeisterschaften in den Annalen verbuchen lässt. »Wenn ich Golf spiele, gewinne ich.« Auch diese Aussage bekommen Politiker, Journalisten und Geschäftspartner häufiger zu hören, gleich, ob Trump auf dem Grün oder im Rosengarten des Weißen Hauses vor Mikrofonen steht. Was nach Koketterie und Großspurigkeit klingt, ist genau das. Und viel mehr.
Im Juli 2014 bestreitet Tiger Woods eine Partie mit Trump. Die tropische Schwüle Floridas um diese Jahreszeit ist berüchtigt. Als beide nach dem Spiel verschwitzt vor die Kameras treten, stellt Trump zunächst klar, dass seine Haare ob der klimatischen Bedingungen zwar in Mitleidenschaft gezogen, jedoch zweifelsfrei echt seien. Woods, ebenso sehr Öffentlichkeits- wie Golfprofi, wahrt die Fassung und bescheinigt seinem Gegenüber ein passables Niveau. Ein knappes Jahr später verkündet Trump, der nicht nur beim Golf nach eigener Einschätzung immer gewinnt, seine Kandidatur um das höchste Amt im Staat. Weitere anderthalb Jahre später erhält er 63 Millionen Stimmen und findet sich entgegen aller Prognosen im Zentrum der Macht wieder. Als der Hausherr an jenem stickig-warmen Sommertag vor versammelter Presse seine Raffinesse und seine Risikobereitschaft lobt, und zwar im Spiel wie im Leben, hält niemand außer ihm selbst einen solchen Sieg für möglich.
Donald Trump hatte schon zu Zeiten als New Yorker Geschäftsmann einen zwielichtigen Ruf. Es ist ein offenes Geheimnis in der Immobilienbranche der größten Stadt Amerikas, dass der günstigste Beton von der Mafia geliefert wird. Trotzdem ist dem »Concrete Club« naturgemäß daran gelegen, möglichst diskret zu agieren. Ganz anders Trump. Der junge Unternehmer rühmt sich schon 1983 bei der Eröffnung des Trump Tower auf der 5th Avenue, ungleich billiger zu bauen als die Konkurrenz. Es bleibt genug Geld über, um den eigenen Namen in Gold am Gebäude anbringen zu lassen – ein Gebäude, das laut Trump 68 Stockwerke hat. Schon bald fliegt der Schwindel auf: Der Besitzer hat 10 Etagen hinzugedichtet. Er sieht darin keinerlei Problem, schließlich wolle in New York, wo Status alles ist, jeder möglichst hoch hinaus. Der Erfolg gibt ihm Recht, schnell übersteigt die Zahl der Mietanfragen die der Wohnungen im Turm. Trump wird diese Skrupellosigkeit beibehalten und über dreißig Jahre später in die Politik mitnehmen.
Inzwischen gibt er sich keine Mühe mehr, seine Absichten zu verhehlen, im Gegenteil. An einem kühlen Januartag 2017 hält der neue Präsident der USA seine Antrittsrede. Nach nicht einmal zehn Minuten – Trump ist bereits heiser – fällt der entscheidende Satz: »From this day forward, it’s going to be only America first. America first.« »Ab dem heutigen Tag gilt nur noch eines: Amerika zuerst. Amerika zuerst.«
Mit diesem schlichten Satz spricht Trump vielen seiner Landsleute aus der Seele. Mindestens so vielen ist diese Einstellung zutiefst suspekt. Nicht alle würden es wohl so direkt ausdrücken wie einer von Trumps Vorgängern im Amt, der ebenfalls im Publikum sitzt. George W. Bush bezeichnet die Rede des frisch Vereidigten später in texanischer Direktheit als weird shit , merkwürdigen Scheiß. Doch ist die Welt seit Bushs Zeiten eine andere geworden. Bush 43, ein Erzkonservativer mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein, hatte in Zentraleuropa wahrlich keinen guten Ruf: Zuerst der nicht zuletzt durch eine Lüge vor den Vereinten Nationen gerechtfertigte Krieg gegen den Irak. Dann die Arroganz gegenüber »old Europe«, das nicht mitziehen wollte. »Das alte Europa« wird 2003 Deutschlands Wort des Jahres, Zeichen dafür, dass die amerikanische Hybris hierzulande allergische Reaktionen hervorruft. Vielen erscheint allerdings bald zwei Jahrzehnte später eine Allergie im Vergleich zur handfesten Verkühlung, die derzeit die transatlantischen Beziehungen im Griff hat, vergleichsweise erträglich. Man wünscht sich angesichts Nr. 45 die alten Haudegen vom Schlage Bushs, John McCains und Madeleine Albrights zurück. Es wird beim Wunsch bleiben.
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