Seufzend öffnete er die Augen wieder – und erstarrte. Ein rotgefiederter Vogel saß vor seinen Füßen und blickte achtsam zu ihm auf. Mit einem erstickten Schrei fuhr Ben zurück und stürzte rückwärts von dem Baumstumpf. Sehr unsanft prallte er auf den Waldboden. Ein Stein bohrte sich schmerzhaft zwischen seine Rippen. Ben nahm es kaum wahr. Regungslos lag er auf dem Rücken, nicht in der Lage, sich zu rühren. Es war, als würden ihn eiserne Gewichte an den Boden fesseln und das Leben aus seinem Körper pressen. Keuchend rang er nach Luft. Die Baumwipfel über ihm hatten sich zu einer undurchdringlichen Barriere verschlungen und drohten auf ihn hinabzustürzen. Ein ersticktes Schluchzen kam aus Bens Kehle.
Wo blieben Liz und Arne nur? Bestimmt konnte ihnen nichts passiert sein? Der Gedanke an seine Freunde gab Ben die Bewegungsfähigkeit zurück. Er sprang auf. Sein Blick irrte hektisch umher. Der Vogel war verschwunden. Hatte sein Unterbewusstsein ihm einen Streich gespielt? Bens Knie zitterten, als er sich beugte, um den Boden vor dem Baumstumpf genauer zu betrachten. Feine Abdrücke von kleinen Vogelkrallen waren zu sehen. Ben taumelte. Fast hätten seine Knie versagt.
»Liz? Arne? Kommt ihr?«, rief er und versuchte dabei, den panischen Unterton in seiner Stimme zu unterdrücken. Keine Antwort erfolgte. Was trieben die beiden für ein Spiel mit ihm? Sie würden doch wohl kaum ohne ihn gegangen sein. Bens Gedanken flogen. Ob sie sich absichtlich versteckten, um ihn doch noch in die Hütte zu locken? Das wäre Liz zuzutrauen, nicht aber Arne. Fluchend trat Ben wieder an das halb verfallene Gebäude heran. Eigentlich sollte ich einfach von hier verschwinden und die zwei alleine lassen mit ihrem Unsinn. Doch eine unbestimmte Ahnung trieb ihn an, kämpfte mit der Furcht in seinem Herzen. Er konnte nicht einfach gehen, ohne sich zuvor davon überzeugt zu haben, dass es seinen Freunden gut ging.
Schweigend wartete die Türöffnung vor Ben, gab im einfallenden Tageslicht den Blick auf verwitterte Bodenplanken, ein leeres Regal und die Fransen eines fraglos alten Teppichs frei. Darüber hinaus konnte Ben nichts erkennen. Auch keine Bewegungen, die auf die Position von Liz oder Arne hätten hindeuten können. Oder auf …
Stopp. Genug davon, reiß dich zusammen.
»Jetzt kommt schon da raus. Ihr hattet euren Spaß«, versuchte er es erneut und lauschte auf jedes verräterische Geräusch. Das Rauschen des Windes in den Blättern, ein kleines Tier im Unterholz, sonst war nichts zu hören. In Bens Angst mischte sich eine gehörige Portion Wut. Und diese gab ihm den Anstoß, sich zu bewegen. Wild entschlossen trat er durch die Tür ins Halbdunkel der Hütte. Er würde seine Freunde aus ihrem Versteck zerren und ihnen ausführlich darlegen, was er von ihrem Scherz hielt.
Zuerst konnte Ben kaum etwas sehen außer dem Regal und dem Teppich. Das Licht von draußen reichte wahrlich nicht weit. Seine Beine drängten schon wieder zur Flucht, doch er verharrte regungslos und wartete darauf, dass sich seine Augen den Verhältnissen anpassten.
Langsam schälten sich Umrisse aus der Dunkelheit im hinteren Teil des Raumes. Durch ein Loch in der Decke drang ein schmaler Lichtstrahl und hellte die Umgebung ein klein wenig auf. Ben erkannte einen Tisch, drei Stühle, eine Holzbank an der hinteren Wand und einen umgekippten Korb. Aber Liz und Arne waren nicht zu sehen. Vorsichtig ging er ein paar Schritte vorwärts und versuchte dabei, das immer hektischere Pochen seines Herzens zu ignorieren. Er wollte und würde sich nicht die Blöße geben und jetzt die Flucht ergreifen. Angespannt von Kopf bis Fuß zwang er sich noch ein paar Schritte weiter.
In dem Augenblick, in dem ein schrecklicher Schmerz durch Bens Brust fuhr, wurde es schlagartig pechschwarz um ihn herum. Ben schrie. Gepeinigt. Angstvoll.
Noch bevor ihn das jähe Entsetzen jeglicher Selbstkontrolle beraubte, verlor er den Halt.
Der Boden verschwand unter ihm, als sei er nie da gewesen, und Ben stürzte ohne Vorwarnung in die Tiefe.
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