Alexander Jordis-Lohausen
Der Rote Kolibri
Eine Seeräubergeschichte
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Inhaltsverzeichnis
Titel Alexander Jordis-Lohausen Der Rote Kolibri Eine Seeräubergeschichte Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorbemerkung Vorbemerkung Alexander Jordis-Lohausen
Prolog
Kindheit
Lebensentscheidungen
Die „Schiffstaufe“
Die erste Prise
Bruder Salomon
Die Galeere.
Algier
Belauschte Gespräche
Der Ausbruch aus der Mausefalle
Die Tortuga
Santa Marta
Zusammenstoß und Aussetzung
Die Vulkaninsel
Überleben
Das Sklavenschiff.
Dar-es-Salaam
Die Edelstein-Galeone
Das neue Dar-es-Salaam
Isle de France121
Am Kleinen Fluss
Pamplemousse
Ein Ende und ein Anfang.
Im Dorf
Der Bettelmann
Der Betteltanz
Neue Aufgaben
Epilog
Anmerkungen
Bibliographie
Impressum neobooks
Alexander Jordis-Lohausen
DER ROTE KOLIBRI
Eine Seeräubergeschichte
Für Heinrich, den Großen Seefahrer und
Für Elias, den Kleinen Seefahrer.
À Michel Le Bris, Eliane et Mélanie, avec un grand remerciement pour les inoubliables Festivals des Étonnants Voyageurs à Saint Maló, qui m'ont fourni maintes inspirations pour ce livre.
Seit der Zeit, am Anfang meines Lebens, als ich zum ersten Mal die aufregende Welt Klaus Störtebekers entdeckte und die Schatzinsel Stevensons und andere Seeräubergeschichten las, habe ich mir immer mal gewünscht, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu können und selbst in dieser gefährlichen, aber berauschenden Welt zu leben, sei es auch nur in einer von mir selbst erfundenen Geschichte. Gegen Ende meines Lebens ist das nun Wirklichkeit geworden und ich muss zugeben, es war eine außerordentlich faszinierende Erfahrung.
Es ging mir dabei nicht so sehr um gemeine, blutrünstige Grausamkeiten, um besessene Jagden nach Gold und Edelsteine, oder um hemmungslose Hurerei und Rumsaufereien. Darüber haben schon viele andere vor mir berichtet. Ich wollte vielmehr die sehr verschiedenen Menschen besser kennenlernen, welche die Gemeinschaft auf so einem Seeräuberschiff des 18. Jahrhunderts ausmachten. Ich wollte erfahren, was sie zur Seeräuberei getrieben hatte. Waren es Deserteure von Kriegsschiffen, auf die man sie gezwungen hatte und auf denen sie meist nur Ungerechtigkeit und Brutalität hatten erfahren müssen? Waren es Verbrecher, die vor der Justiz geflohen waren oder Abenteurer auf Suche nach Glück und Reichtümern? Gab es auch Idealisten unter ihnen, welche die Justiz selbst in die Hand nehmen wollten, um die Welt und die menschliche Gesellschaft zu verbessern? Konnten sie sich ihren Idealismus erhalten oder verrohten sie langsam wie alle anderen? All das waren Fragen, die ich mir stellte und die in die Geschichte des Roten Kolibri eingeflossen sind.
Natürlich sind die Personen dieses Romans erfunden, aber um einer gewissen historischen Wirklichkeit gerecht zu werden, habe ich mich oft von Menschen inspirieren lassen, die tatsächlich gelebt haben. So ist der Capitán Diablo den wenigen Seeräubern nachempfunden, denen man eine gewisse ritterliche Haltung nachsagte, und die man deswegen gentlemen pirate s nannte. Und die Kaperfahrten im Mittelmeer, in der Karibik und im Indischen Ozean sind durch viele Zeitzeugenberichte angeregt. Vor allem war die General History of the Robbery and Murders of the most Notorious Pyrates eines Captain Charles Johnson (ein Pseudonym Daniel Defoes) eine unerschöpfliche Fundgrube von Information über die bekanntesten Seeräuber der damaligen Zeit. Im Asian and African Studies Lesesaal der British Library in London sitzend, die erweiterte Ausgabe von 1726 mit ihren zahlreichen Illustrationen vor mir, vertiefte ich mich in diese Welt bis mir kalter Schweiss auf der Stirn stand. In der langen Liste dieser von Defoe aufgezählten und beschriebenen grausamen Ungeheuer fiel jedoch einer als Idealist aus dem üblichen Rahmen. Er interessierte mich besonders: der wenig bekannte französische Seeräuber Olivier Misson – vielleicht hat Defoe ihn auch erfunden. Es ginge zu weit im Roten Kolibri den Seeräuber Misson sehen zu wollen, dagegen hat der dort erwähnte Mönch Caraccioli ohne Zweifel die Gestalt des Bruder Salomon inspiriert. Ebenso, stammt die Idee eines Freiheitsstaates der Seeräuber auf Madagaskar von dort. Man weiß bis heute nicht, ob dieser Freiheitstaat auf Madagaskar tatsächlich bestanden hat oder nur der politischen Phantasie Defoes entsprungen ist. Wie dem auch sei, es ist durchaus nachvollziehbar, dass es einigen jener von der menschlichen Gesellschaft Verdammten ein dringliches Anliegen war, sich ein eigenes ihrer Vorstellung von Freiheit und Gerechtigkeit entsprechendes Staatsgebilde zu schaffen. Der Seeräuber Blaubart, der an dieser Staatsgründung teilnimmt, ist von dem Piraten Thomas Tew inspiriert, der auch im Indischen Ozean und im Roten Meer den Schätzen des Orients nachjagte. Auch die Edelstein Galeone ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern geht auf die Prise eines mit Luxuswaren und Diamanten schwer beladenen portugiesischen Ostindienfahrers des Seeräubers John Taylor zurück.
Die Praxis verschiedener Königreiche der damaligen Zeit an Seeräuber Kaperbriefe auszustellen, um Handelsschiffe jener Staaten aufzubringen, mit denen sie sich gerade in Kriegszustand befanden, war allgemein üblich. Im Gouverneur der französischen Insel Isle de France (heute Mauritius), der dem Roten Kolibri seinen Kaperbrief ausstellte, kann man, wenn man will, den französischen Marine Offizier und Gouverneur der Maskarenen Inseln Bertrand François Mahé, Comte de La Bourdonnais wiedererkennen, dem nach seiner Rückkehr am französischen Königshof übel mitgespielt wurde.
In der British Library erfuhr ich auch mehr über die Rivalität Frankreichs und Englands in Indien und im Indischen Ozean im 18. Jahrhundert.
Ich bin kein Seemann und hatte keine Ahnung von Navigation auf Rahen Seglern. Ich musste daher vieles, vor allem die entsprechenden Fachausdrücke aus verschiedenen Büchern lernen.
Und schliesslich, um etwas von der rauen, aber oft sehr bilderreichen Seeräubersprache heraufzubeschwören, habe ich per Analogie immer wieder Ausdrücke und Redewendungen aus Grimmelshausens Simplicissimus (1669) in die Erzählung einfließen lassen.
A.J.-L.
Ich sei ein Feind des Volkes, sagten sie, als die laute, bunte Horde aus der Stadt hinauf ins Schloss kam. Fast wie Seeräuber sahen sie aus. Und in meinem Munde ist das immer noch ein Kompliment.
Ja, ich sei ein Feind des Volkes, sagten sie, und Volksfeinde müssten ausgemerzt werden. Die Bauern von unseren Gütern kamen zuhauf, und wollten mich verteidigen, aber ich habe es ihnen verboten. Ich wollte nicht, dass sie für mich ihr Leben aufs Spiel setzen. Aber sie wären dazu bereit gewesen.
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