Mit ihrer guten Laune steckte sie ihre Gäste an und war dadurch überaus beliebt. Zudem war sie eine Augenweide, und die harte Arbeit machte ihr durch das Training, das sie im letzten Jahr absolviert hatte, nicht viel aus.
An jedem Abend zählte sie mindestens eine Silbermünze als Trinkgeld, und das lediglich für das eine oder andere Lächeln, das sie den Gästen schenkte. Lediglich zweimal bekam sie einen Klaps auf den Po, woraufhin aber der Wirt jedes Mal dem Täter seine Meinung darüber kundtat, dass er die Belästigung seiner jungen Aushilfe nicht wünsche.
Die Woche verging wie im Fluge, während die Magd des Wirtes wieder gesund wurde. Dem Wirt wäre es zwar lieb gewesen, Monika noch weiter beschäftigen zu können, denn während der letzten Tage hatte sich sein Umsatz deutlich erhöht, aber Monika wollte der Magd nicht den Platz streitig machen.
So saß sie an ihrem letzten Abend an einem Tisch in einer Ecke und aß sich so richtig satt, als ein älterer Mann, den sie die letzten Tage einige Male bedient hatte und der immer sehr freundlich zu ihr gewesen war, an ihren Tisch kam. »Guten Abend, Monika. Entschuldige bitte, dass ich dich hier beim Essen störe, aber ich habe mitangehört, dass du morgen früh das Gasthaus verlassen wirst. Ich würde dir gerne anbieten, mich auf meiner Reise zu begleiten, denn ich mag deine Art, und nun sehe ich noch dazu, dass du ein Schwert trägst. Kannst du auch damit umgehen?«
Monika war überrascht, mochte aber den Mann und bewunderte ihn für seine Beobachtungsgabe. »Ja, ich denke, für mich persönlich hat es bislang gereicht, wie ich mit dem Schwert umgehe«, antwortete Monika nach kurzem Überlegen.
»Sehr gut, dann bitte ich dich nunmehr für fünf Silbermünzen, meine Reisebegleitung zu werden. Sei aber versichert, dass ich lediglich deine Begleitung wünsche. Da ich sehr gut verheiratet bin, und dies seit über dreißig Jahren, habe ich auch kein weiteres Interesse an dir.
Ich will wahrhaft nur deine Begleitung und, wenn du es dir zutraust, auch deinen Schutz für einen alten Mann.«
Monika war geneigt, das Angebot anzunehmen, wollte aber noch wissen: »Wohin soll es denn gehen? Und wie heißt du eigentlich?«
»Oh, entschuldige, ich heiße Orman, und ich will zurück nach Hause auf meinen Hof. Der liegt vier Tagesreisen von hier entfernt. Ich habe hier in der Gegend gute Geschäfte gemacht, und nun ist es an der Zeit, zu meiner Familie zurückzukehren. Ah, eines noch: Nach der Reise kann ich dir eine Stelle auf meinem Hof anbieten. Also ein Auskommen sei dir gewiss.«
Monikas Neugier war fast gestillt, aber dennoch wollte sie noch wissen: »Wenn ich mitkommen soll, dann wüsste ich gern, welche Route du nehmen willst.«
»Richtig, die Route. Ich hatte vor, die Kutsche nach Norden zu nehmen, in der auch die Zunftgelder transportiert werden. Diese ist gut bewacht und hätte noch zwei Plätze frei. Na, was ist nun, kommst du mit?«
»Gut, Orman, ich begleite dich. Aber du kennst mich doch gar nicht, weißt nicht, ob ich gute oder böse Absichten hege. Warum also gerade ich?«
»Die letzten zwei Abende habe ich dich beobachtet und festgestellt, wie herzerfrischend und ansteckend deine Freundlichkeit und deine gute Laune ist. Du hast ein gutes Herz, das sehe ich, und deshalb wird mir dank deiner Begleitung nichts geschehen.«
»Also gut, ich nehme dein Angebot zu den angebotenen Bedingungen an, und vielleicht gefällt mir sogar das Leben auf deinem Hof. Wer weiß? Wann soll es losgehen?«
»In zwei Stunden fährt die Kutsche ab«, antwortete Orman, freundlich lächelnd.
Während Monika noch ihr Mahl zu sich nahm, erzählte Orman ein wenig von seinem Hof. Danach nahmen beide jeweils ihr Gepäck auf und gingen langsam in Richtung der Kutschstation. Monika hatte lediglich das, was sie am Leib trug, und zusätzlich eine Decke, die sie vom Wirt erworben hatte, und ihre Waffen: ein Schwert und ein Messer. Orman hingegen hatte deutlich mehr, weshalb Monika dem alten Mann gleich beim Tragen behilflich war.
Als dann endlich die Kutsche mit etwas Verspätung abfuhr, weil der Kutscher noch essen wollte, unterhielten sie sich angeregt. Mit ihnen reiste noch eine ältere Dame, die zur Hochzeit einer Verwandten, die ebenfalls in einem Dorf nördlich von hier wohnte, reisen wollte. Da sie allerdings, bedingt durch das Schaukeln der Kutsche, bald eingeschlafen war, konnten sich Monika und Orman in Ruhe unterhalten.
Plötzlich jedoch rief die Wache, die neben dem Kutscher auf dem Kutschbock saß, zu den Insassen hinunter: »Die Straße dort vorne ist blockiert! Bitte bleibt im Wagen, bis wir das Hindernis beseitigt haben!«
Da fiel es Monika wieder ein, dass es wohl diese Kutsche war, die Fred und die Frauen überfallen wollten, woraufhin sie rief: »Vorsicht, das könnte auch eine Falle sein!«, und an Orman und die Dame gewandt sagte sie: »Verstecken Sie Ihre Wertsachen, denn ich denke, es droht ein Überfall.«
Orman gab daraufhin seinen Beutel mit Münzen Monika. »Versteck du ihn für mich. Bei dir werden sie ihn am wenigsten vermuten.«
Monika, etwas verdutzt ob des dargebrachten Vertrauens, nahm den Beutel und steckte diesen in eine Beintasche ihrer Hose. Danach fasste sie ihr Schwert am Griff und zog dieses. Mit der anderen Hand nahm sie ihr Messer, so wie es ihr Eberon beigebracht hatte.
Monika hatte recht, denn schon bald stürmten vier Gestalten aus dem Wald heraus und überfielen den Kutscher und die Wache. Als Monika schnell aus dem Wagen gesprungen war, die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte und rief: »Bleibt hier im Wagen, ich helfe den anderen beiden!«, musste sie sich auch schon einem der Angreifer stellen. Da sie dieser falsch eingeschätzt hatte, fand er sich im Nu kampfunfähig auf dem Boden wieder mit einer tiefen Wunde am rechten Oberarm.
Monika hatte allerdings wenig Zeit, sich über ihren Sieg zu freuen, denn nun kamen ihre »Freundinnen«, zwei Männer und Fred aus dem Wald und umstellten sie. Doch Monika wehrte sich erfolgreich, sodass sich Christina und Sybilla wieder zurückzogen, denn beide trugen erste Blessuren davon: Christina an ihrem Oberschenkel und Sybilla an einer Hand.
Allerdings wurde Monika ebenfalls nun heftig von Fred und seinen beiden Kumpanen bedrängt. Bald neigte sich das Blatt zu Monikas Ungunsten, da einerseits der Kutscher schwer verletzt worden war und die Wache von zwei Banditen in Schach gehalten wurde. Der Dritte griff nun Monika an. Der Kampf schien aussichtslos und verloren, als plötzlich ein Reiter zwischen die Kämpfenden herbeistürmte und zwei der Banditen niederstreckte. Damit waren die anderen entmutigt, reagierten auch nicht mehr auf Freds Aufforderungen weiterzumachen und verschwanden im Wald.
Monika, nun völlig außer Atem, drehte sich zu dem Reiter um, damit sie ihm danken konnte, sah in dessen Gesicht und rief erstaunt aus: »Markus, du? Was machst du denn hier?«
Der Angesprochene antwortete lächelnd: »Wie du siehst, musste ich dir helfen, damit du nicht zu Schaden kommst. Man kann dich wohl nicht allein lassen. Hilfe meinerseits ist wohl immer erwünscht.«
Zustimmend lächelnd sagte Monika: »Wohl wahr, aber hilf mir bitte noch mit dem Kutscher und dem Hindernis. Wir sollten schauen, dass wir von hier verschwinden.«
Nachdem der schwerverletzte Kutscher in die Kutsche gehievt und versorgt war, wurde das Hindernis, das die Straße blockierte, mit vereinten Kräften von der Wache, Markus und Monika beseitigt. Anschließend band Markus sein Pferd hinten an die Kutsche, stieg auf den Kutschbock neben die Wache und fuhr los, nachdem auch Monika eingestiegen war. Die Wache beugte sich noch während der Fahrt zu Monika herunter und dankte ihr für ihre Hilfe. Ebenso dann bei Markus, und Monika rief durch die kleine Öffnung hinauf zum Kutschbock: »Und eine Kutsche lenken kannst du auch noch! Du bist ja ein Tausendsassa!«
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