Claudia Sammer - Als hätten sie Land betreten

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Die besondere Freundschaft zwischen der jüdischen Veza und der nichtjüdischen Lotti in den 1930er-Jahren ist Ausgangspunkt einer Geschichte über sechs Frauen. Über mehrere Generationen hinweg werden Lebensentwürfe skizziert, die geprägt sind von Abhängigkeit und Selbstständigkeit,
vom Zweifeln und Sich-Finden, vom Glauben an eine höhere Macht und dem Festhalten an der Erinnerung. Erst nach ihrem Tod erfährt Lottis Familie
von Vezas Existenz und der gemeinsamen Zeit, eine Entdeckung, welche die Enkelin dazu ermutigt, neue Wege zu gehen.

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Und immer war es genug

Lotti und Veza

[…] als sich ihre Bahnen berührten, aus nächster Nähe aufeinandertrafen, wie zwei gespannte Bogen erklangen, sich krümmten, einander anglichen und dann wieder in ihre ursprüngliche Spannung zurückschwangen .

Es war keine Freundschaft auf den ersten Blick gewesen. Vezas Fleiß hatte Lotti zu allerlei Streichen angestachelt, Tinte war rein zufällig neben Veza aus ihrer Feder getropft, sie hatte ihr Ameisen, Gras und sogar einen Regenwurm in die Schultasche gesteckt. Als sie in die Bankreihe vor Veza gesetzt wurde und diese ihr geschickt die richtigen Antworten von hinten einsagte, verwandelte sich der Spott nach und nach in aufrichtigen Dank.

Der Anfang ihrer Freundschaft war schön. Wie ein sorgsam verpacktes Geschenk lag sie vor ihnen. Sie öffneten die verknoteten Schnüre, das Papier hob sich, sprang auf und sie erhaschten einen Blick ins Innere, sahen Farbe aufblitzen und Form. Langsam kamen die Mädchen einander näher. Sie teilten ihre Füllfedern, Pausenbrote und Bürsten, ihre Gedanken, Wünsche und Träume. Sie waren albern, bewarfen sich mit Satzbällen und Kügelchen, die sie aus dem Inneren ihrer Brote schälten, und konterten mit federleichten Returns. Die Scherze flogen hin und zurück, ein beständiges Kichern und Kudern, das sich in Lachsalven entlud, an denen sie fast erstickten. Es summte und zwitscherte zwischen ihnen und um sie herum, ein Wort ergab das andere, eine Bewegung die nächste. Manches, was sie von sich preisgaben, war so geheim, dass sie meinten, sich nie mehr trennen zu können, sie vertrauten einander blind. Dass man sich einem anderen Menschen so vollständig und freiwillig ausliefern konnte. Der gemeinsame Blick war ein Filter der Wahrnehmung, er blendete das Schwere aus, bloß das Lichte und Gute blieb sichtbar. Doch hinter ihnen grollte die Welt und alles stand auf dem Spiel.

Lotti hasste ihre Familie, sie hasste die Selbstverständlichkeit, mit der diese sich anmaßte, über sie zu bestimmen. Es war vorhersehbar, dass ihre Eltern, die sich geschickt arrangiert hatten, ihr jeden weiteren Kontakt zu Veza untersagen wollten. Für echtes Interesse an der eigenen Tochter war kein Platz, alle waren zu sehr und ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, die Mutter mit Einladungen und der Auswahl der Kanapees für die Gäste, der Vater mit der Produktionsleitung in einem Zulieferbetrieb der Rüstungsindustrie und ihr Bruder, mit dem sie, als sie klein waren, quer durch Haus und Garten gespielt hatte, war ein unangenehm von sich selbst eingenommener Wichtigtuer geworden. Lotti hatte sich nie für Politik interessiert, erst seit an der Schule die Stimmung umgeschlagen war, scheinbar von einem Tag auf den anderen, war sie hellhörig geworden. Die politische Weltanschauung drängte gewaltsam in den Vordergrund, sie drängte sich zwischen Lotti und Veza, keilte und drängelte, und Veza driftete ab und verlor ihren Halt.

In den selten gewordenen Stunden zu zweit erschufen sie eine gemeinsame Zukunft. Sie flochten ein engmaschiges Netz, in das sie sich fallen ließen, ihr Sicherheitsnetz, ihren doppelten Boden. Sie lehnten Stirn an Stirn und erforschten das andere Gesicht, die mehrfach geschwungene Form des Ohres und die Zartheit des Lids, von den Wimpern wie mit Stacheln bewehrt. Die Haut darüber war vergleichsweise rau, fast gelblich, die unregelmäßig wachsenden Brauen schienen, aus der Nähe betrachtet, fehl am Platz, Schutzwälle in einer hügeligen Landschaft. Ihre Fingerkuppen folgten Erhebungen und Tälern, sie ertasteten Unebenheit und brüchige Ränder, Scherben strebten aufeinander zu, fügten sich zu einem Ganzen, zu Anerkennung und uneingeschränktem Sein. Lotti fühlte Vezas Unsicherheit, fühlte den Wunsch, das Aufstehen am Morgen brächte nichts als die Routine eines neuen Tages, kein Anderssein, kein Verstecken und keine Angst.

Im unmittelbaren Spüren war die innere Ordnung intakt, sie hatten festen Boden unter den Füßen, es war, als hätten sie Land betreten. Sie würden im Gleichschritt gehen, sie würden studieren, lesen und lernen, sie würden arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen. Sie würden heiraten und Familien gründen, sie hätten je drei Kinder desselben Alters. Sie würden Tür an Tür wohnen, die rechte Wand des einen Hauses wäre die linke des anderen. Durch die Wand würde das gedämpfte Anbrechen des Tages herüberdringen, die Kleinen quengelten, immer waren sie spät dran, Wasserrauschen, treppauf und treppab hastende Füße, klappernde Töpfe, das erlösende Geräusch der ins Schloss fallenden Tür. Sie waren allein. Mit Klopfzeichen verabredeten sie sich im Garten. Sie deckten ein zweites Mal, nun für sie beide, die eine brachte Kaffee und Marmelade, die andere Brot und Gebäck. Sie schoben das Tischchen aus dem Schatten und genossen die Stille, an der Hauswand war es angenehm warm. Schläfrig blätterten sie in der Zeitung, sie erkundigten sich, wie die zahnenden Jüngsten geschlafen hätten und bemitleideten einander für die schlaflose Nacht. Wenn die Sonne wanderte, rafften sie sich auf, Geschirr und Stimmen, Lachen und Schelte, das alltägliche Lärmen, begleitete den restlichen Tag. Am Abend würde die anbrechende Nacht durch die Mauern sickern, leise Stimmen, Wasserrauschen, das Schließen der Balken. Mit Klopfzeichen wünschten sie sich eine ruhige Nacht.

Es war Veza, die den Gedankenspielen eines Tages ein unerwartetes Ende setzte. Sie war fahrig gewesen, nervös. Mehrmals fragte Lotti sie, was los sei, doch Veza blieb abweisend, sie biss auf ihren Lippen herum, mit den Fingern zupfte sie an ihrem Haarband aus rotem Samt, das sie so liebte. Wenn sie nicht mir ihr sprechen wolle, solle sie gehen, fuhr Lotti sie schließlich ärgerlich an, und da öffnete Veza den Mund. Sie müsse ab kommender Woche die jüdische Schule besuchen. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, fügte sie hinzu.

Lotti blieb alleine zurück. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hallte es in ihrem Kopf nach. Als die Starre wich, kamen die Tränen. Das Neue war zu groß. Es brodelte und schwappte über, flutete Gleichmaß und Ruhe und spülte sie fort. Veza war überall. Lotti verknotete ihre Finger, sie fühlten sich fremd an, sie blickte in den Spiegel und sah Veza, sie schloss die Augen und Veza starrte zurück.

Die Abwesenheit der Freundin in der Schule war gegenwärtiger als ihre Anwesenheit zuvor. Ihr Platz blieb leer, im staubigen Bankfach lag nur ein angebissener Bleistift. Lotti strich mit der Hand über das Pult. In der linken, oberen Ecke hatten sie ihre Namen eingeritzt, ihr Finger fuhr die feinen Linien entlang, bis er taub war. Lottis Haut wurde überempfindlich, sie wartete auf die Berührung, das Streifen des Armes beim Schreiben, das Greifen nach der Hand, das absichtslose Herabfallen des Haares, wenn sie sich zueinander beugten. Tiefer und tiefer versuchte sie, ihre Sehnsucht in sich hineinzustopfen, bis zur Unkenntlichkeit wollte sie sie zerkleinern, zusammenlegen und ordnen. Um Platz zu schaffen für mehr. Nach fünf Tagen kam es zum Ausbruch, Lotti konnte nicht mehr, sie war am Anschlag, sie platzte. Es war das erste Mal, dass sie ihre Eltern anschrie, das erste Mal, dass sie die Dinge beim Namen nannte und die bequeme Rolle der verwöhnten Tochter verweigerte. Sie tobte, bis sie vom Vater auf ihr Zimmer geschickt wurde. Er bebte vor Wut, er hielt es nicht für nötig, sich vor seiner Tochter zu rechtfertigen, ein dummes, ahnungsloses Kind. Sie waren rechtschaffen, sie hielten sich an die geltenden Gesetze. Sie hatten sich nichts vorzuwerfen.

Seit sie verschiedene Schulen besuchten, waren Lottis und Vezas Tage von Heimlichkeiten geprägt. Ihre Freundschaft mussten sie wegpacken und vor neugierigen, missbilligenden Blicken verbergen. Die langen Stunden, in denen sie auf die nächste Begegnung warteten, füllten sie mit ihren Träumereien. Mussten sie das Wachsein nicht vortäuschen, überließen sie sich mit geschlossenen Augen einer anderen Welt, einer Welt ohne Verbote, in der sie frei waren und unbehelligt von Vorschriften und Gesetzen. In diesem Raum mussten sie sich nicht ducken, sie konnten sich strecken und wachsen. Wie in einem Prisma brachen sie die Zeit und schoben die verschiedenen Ebenen übereinander. Sie reisten vor und zurück und träumten parallel. Sie waren bloß Lotti und Veza, und das war so vieles und so wenig zugleich. Sie drehten und wendeten sich, marschierten auf Händen und hingen kopfüber. Und immer war es genug, von oben und von unten, von vorne und von hinten betrachtet, immer war es mehr als genug, es war ihnen alles.

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