Joseph Zoderer - Der Schmerz der Gewöhnung

Здесь есть возможность читать онлайн «Joseph Zoderer - Der Schmerz der Gewöhnung» — ознакомительный отрывок электронной книги совершенно бесплатно, а после прочтения отрывка купить полную версию. В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Жанр: unrecognised, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Der Schmerz der Gewöhnung: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Der Schmerz der Gewöhnung»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

EIN FAMILIENSCHICKSAL VOR DEM HINTERGRUND DER BEWEGTEN GESCHICHTE SÜDTIROLS UND ITALIENS.
Alte Wunden: in einem Land zwischen Option, Faschismus und Versöhnung
Zwei Kulturen, zwei Sprachen und eine gemeinsame gewaltvolle Geschichte prägen das Land, in dem der Bozner Redakteur Jul lebt. Als seine kleine Tochter bei einem Unfall stirbt, gerät sein Leben aus den Fugen. Noch nach Jahren quält ihn die Frage nach Schuld und Verantwortung. Endlosschleifen der immer selben Gedanken rauben Jul den Schlaf. Das Haus im Grünen, das er für seine Familie als Rückzugsort renoviert und gestaltet hat, wird ihm zur Last, die Ehe zu seiner italienischen Frau Mara scheint unwiederbringlich zerrüttet. Entfremdet von sich selbst, fasst Jul einen Entschluss.
Von Südtirol nach Sizilien: aus dem äußersten Norden in den tiefen Süden
Jul reist ins sizilianische Agrigento, in die alte Heimat seines Schwiegervaters, eines ehemaligen faschistischen Funktionärs. Der glühende Verehrer des «Duce» Benito Mussolini wurde vor vielen Jahrzehnten nach Bozen versetzt, um die Italienisierung der Südtiroler voranzutreiben. Seine Frau – Maras Mutter, eine «Deutsche» – gab ihre Sprache für ihren Ehemann auf. Juls Familie hingegen optierte für das nationalsozialistische Hitlerdeutschland und ging nach Graz. Jul, der Südtiroler, spürt nun am anderen Ende Italiens den Wunden und Grenzen nach, die sein Leben, seine erschütterte Ehe mit Mara und sein Land überziehen. Wie lassen sich diese Grenzen einreißen?
Eine bewegende Geschichte von Verlust und Versöhnung von Joseph Zoderer
Eindringlich erzählt Joseph Zoderer von der Tragödie eines Mannes, dessen Leben bestimmt wird von der Geschichte des Landes, in dem er lebt. Und so ersteht auch die gewaltsame Geschichte Südtirols und Italiens auf, die zur Mitte des 20. Jahrhunderts über das Leben der Bewohner hinwegfegte und dessen Spuren noch heute sichtbar sind. Der fünfte Band der Werkausgabe erscheint mit einem Nachwort von Peter Hamm sowie einem Beitrag zur Textgenese.
***********************
Bisher in der Werkausgabe erschienen:
Dauerhaftes Morgenrot
Das Schildkrötenfest
Die Walsche
Lontano
***********************

Der Schmerz der Gewöhnung — читать онлайн ознакомительный отрывок

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Der Schmerz der Gewöhnung», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Jetzt, wo er das Meer sehen kann, läuft er nicht zum Meer hinunter, er könnte in einen Bus steigen, nach Porto Empedocle oder San Leone fahren, doch er möchte durch das vermodernde Herbstlaub zum Wald hinauf, stumm mit seinem Hund durch das Heidelbeerkraut, mit geducktem Kopf durchs Unterholz und zwischen den hohen wartenden Fichten und Föhren hindurch. Und weiß, dass ihm das nicht helfen kann, dass er seinen Kopf in den breiten Stamm eines alten Baumes müsste drücken können, aber er wäre auch dort nicht geborgen.

Dieses Hallenbad war der Stolz eines kleinen Hotels an der Straße, da oben auf dem Berg, so weit weg vom Meer. Und es gehörte Manuelas Großeltern, und Manuela war Natalies beste Freundin –, die Fliesen der Hallenwände schimmerten weiß.

9

Tagsüber, manchmal auch noch nach Mitternacht, drängten Stimmen an seine Tür, dann wurde diese Tür zunehmend dünner, eine durchlässige Haut, die ihn gerade noch vor Blicken schützte, nicht aber vor den schrillen oder herausgekehlten Worten auf dem Korridor. Am Vormittag waren es fast nur Arbeitsrufe zwischen dem Portier Mario und dessen Bruder Salvatore oder zwischen Mario und Lucia, der unauffälligen Putzgehilfin, die jedoch von den pensionierten, siebzig- und achtzigjährigen Gerichtsbeamten, Buchhaltern und Geometern, den Dauergästen des Hotels, bei jedem Sichtkontakt im Stiegenhaus oder im Gang oder unten in der Halle wie eine Schönheitskönigin begrüßt („Buon giorno, bellissima“) und mit geschnurrten oder geglucksten Komplimenten überhäuft wurde. Niemand in diesem Hotel dachte offenbar daran, dass sich irgendjemand von lautem Gerede gestört fühlen könnte. Tatsächlich fühlte auch Jul sich nie davon gestört, schon gar nicht erschreckt, im Gegenteil, diese Stimmen waren für ihn wie Lebensgesang. Er versuchte nicht, die einzelnen Worte zu verstehen – sie waren wie das Heranklatschen der kleineren und größeren Wasserränder am Meer (oder als hörte er Radio während des Rasierens, auch wenn er weder Radio noch Fernsehen in seinem Zimmer hatte). Das Auf und Ab der Stimmen war so etwas wie ein Taucherschlauch, an dem er in der Tiefe hing. Sogar dann, wenn sie mitten in die Nachmittagsstille hinein plötzlich durch die Wände hereinbrachen, keifende Frauenstimmen, japsende Altmännerwut, ein Hin- und Hergezerre zwischen Fisteltönen und Raucherbass, nicht selten noch spät nach Mitternacht – besoffenes Gezänk, Hurengekeife.

Es hatte ihn einige Überwindung gekostet, bis er nach Tagen Maras einzige Verwandte in dieser Stadt anrief, Zia Delia, die Witwe ihres Onkels Vincenzo, der der ältere Bruder ihres Vaters gewesen war. Zunächst schien es die Hausnummer gar nicht zu geben, schließlich fand er heraus, dass er auf der falschen Straßenseite suchte, dort wo die ungeraden Nummern waren, sie aber hatte eine gerade. Es war ein fünfstöckiges Haus oberhalb des pompösen Post- und Telegrafenpalasts aus der Duce-Zeit, an einer guten Straße gelegen, ein graugrün gestrichenes Haus mit einer marmorierten Treppe. Den Lift benützte er nicht, lief schwitzend das Stiegenhaus hinauf, bis endlich im letzten Stock schon eine Wohnungstür offen stand. Keine gebückte runzelige Frau in schwarzem Kleid und schwarzem Kopftuch gab ihm die Hand, nein, Zia Delia wirkte eher wie eine Dame, großgewachsen, silberhaarig kam sie ihm in einem metallblauen, um die Hüften gefältelten Kleid entgegen, schritt wortlos lächelnd vor ihm her über den Fliesenboden ins Wohnzimmer: fünf Meter hohe Wände, drei gleich große, gleichfarbige (blaurötlichgraue) schmale Perserteppiche, ein langes Kanapee, Glastischchen und zwei Polstersessel. Jul trocknete mit einem Taschentuch sein Gesicht, blickte vom Kanapee auf diese fremde Frau, die abwartend ihm gegenüber in einem der goldbezogenen Polstersessel saß. Was sollte er reden? Warum er hier war? Um Grüße von ihrer Nichte Mara zu bringen. Fast fühlte er einen Anflug von Scham, ein Fremder für sie zu sein, dazu noch ein deutscher Fremder, und war doch ein auf Sizilianisch sehr ernst genommener Verwandter: Du bist Maras Mann, also gehörst du zur Familie, auch wenn du noch so deutsch bist, schnaubte Delia freundlich empört. Vor Jahren war er schon einmal in dieser Stadt gewesen, damals mit Mara, er wunderte sich, dass Delia sich daran erinnerte. Sie war eine pensionierte Lehrerin, hatte vierzig Jahre, wie sie selbstironisch zugab, Mathematik unterrichtet. Jetzt wollte sie von ihm auf ihr Alter geschätzt werden, sie sah wie Mitte siebzig aus, aber er wusste, dass sie zehn Jahre älter war, und heuchelte. Dem Kanapee gegenüber ein hoher gerahmter Spiegel über einer ebenholzschwarzen Konsole, eigentlich ein Flügelkästchen, rechts davon (in seinem Blick) das gemalte Porträt einer sehr schönen jungen Frau, die schwarzen Locken zu einer Haarkrone aufgesteckt, von der zu beiden Seiten geringelte Strähnen auf die Schultern fielen. Er musste immer wieder auf dieses Ölbild schauen, auf diese sinnlich vollen Lippen und die dunklen Augen, die nicht lächelten. Zia Delia folgte seinem Blick: Maras Urgroßmutter, sagte sie (la bisnonna di tua Mara), deren Mann habe sie gemalt. Ja, ja, er war Maler. Das wusste er schon, dass Maras Großmutter einen malenden Vater gehabt hatte. Und dass sie geheiratet wurde von einem Kapitän der Handelsschifffahrt, der mit achtundvierzig Jahren starb, der Vater von Maras Vater. Zia Delia bot Jul einige Aperitifs zur Auswahl an, und er nahm sich ein Glas Chinotto. Eigentlich wollte er Delia fragen, wie sie sich an Maras Vater, ihren Schwager, erinnere, wie sie ihn gesehen, erlebt habe. Aber er fragte nichts von alldem, ja, ob der Bahnhof und das Postgebäude in den zwanziger Jahren, zu Mussolinis Zeiten gebaut … Natürlich, so sahen sie doch aus, besonders das Postgebäude mit den in den Himmel reichenden Säulen und dem kolossalen Krieger-Fresko. Auch das Gebäude der Banca d’Italia war zu dieser Zeit errichtet worden. Auf dem jetzigen Bahnhofsareal sei ein Familiengrundstück enteignet worden, murmelte Delia. Eine kalte Gleichgültigkeit lähmte ihn. Um nicht unhöflich zu sein, versprach er, sie noch einmal in dieser Woche anzurufen: Vielleicht könnten wir gemeinsam das De-Pasqua-Familiengrab besuchen? Sie nickte ihm mehrmals zu: Sì, sì, warum nicht!

Statt den Lift zu benützen, rannte Jul die Treppen vier Stockwerke hinunter, lief zum einzigen Kino der Sechzigtausendeinwohnerstadt und verschlang Kubricks „Eyes Wide Shut“, er war von jedem nackten Frauenarsch auf der Breitleinwand hingerissen.

10

Mara schrie unter ihm, wie er sie nie mehr, auch in Jahrzehnten nie mehr, vor Lust hatte schreien gehört. Er wusste, dass ihr Vater in diesem Bett zum letzten Mal geatmet hatte.

Es war kalt in diesem Haus, wie es hinter diesen Mauern immer, auch im Sommer, kalt war. Die Wände kahl oder behängt mit belanglosen, zugetragenen Souvenirartikeln, da und dort eine fabriksmäßig gefertigte Indianerpfeife oder Indianermaske, Geschenke einer Tante in Brasilien.

Dieses Familiengericht spielte sich in ihrem ersten gemeinsamen Sommer ab, nach dem ersten gemeinsam verbrachten Meeresurlaub (während Nixons Napalmbomben den vietnamesischen Wald entlaubten). Mara und Jul waren mit einem alten Kleinwagen an die kroatische Küste gefahren, sie hatten wie Kinder gelebt, genügsam, hatten anfangs sogar nur ein winziges Parterrezimmer gemietet mit einer Fensterluke ohne Blick auf das Meer, aber es gefiel ihnen alles, sie lagen tagsüber auf der Betonmauer eines Anlegeplatzes für Fischerboote, blickten in blitzblaues Wasser, tauchten hinunter und sonnten sich auf der wassernahen Mauer (erst nach Tagen merkten sie, dass nur zwanzig Meter entfernt ein offener Müllberg angelegt war). Sie aßen, was immer ihnen in dem staatlichen Gastbetrieb angeboten wurde, meistens Sardinen mit Bratkartoffeln oder Nudeln mit Gulaschsoße. Mara war schwanger, nur sie zwei wussten es und redeten davon auch nicht nach ihrer Rückkehr. Er erinnert sich an das Gartentürchen (auf Nabelhöhe und mit Karbolineum dunkelbraun gestrichen), dahinter – eben herbeigeeilt – Maras Mutter, noch nicht geblondet, mit ihren natürlich grauen Haaren, laute, freudig sich überschlagende Begrüßungsrufe für Mara, in die er eher zufällig mit einem Kopfnicken einbezogen schien, dann der Empfang im Hausinneren durch Maras Schwester Teresa und ihren schwammgesichtigen Mann Carlo. Ein Familiengericht bei Nachmittagstee. Ja, Mara und er waren am Nachmittag zurückgekommen, an einem heißen Julitag. Und Maras Schwester verkündete schon nach einer Stunde das Urteil: Lebte unser Vater noch, hättest du nie diese Türschwelle überschritten. Dass Mara und er allein, also ohne Anstandsbegleitung, ans Meer gefahren waren und also auch die Nächte miteinander verbracht hatten … Für Teresas Entrüstung lieferte Jul tatsächlich mehr als einen Grund – allem anderen voran musste er sich noch von Ines scheiden lassen. Aber da war ja noch das eine: Er war weder Kaufmann noch Rechtsanwalt noch Arzt, er war nichts als ein lose beschäftigter, sogenannter freier Journalist. Außerdem – er war ganz und gar nicht karrieresüchtig, war nicht ehrgeizig. Er verstand – mit den Augen Teresas war es absurd, ihn neben Mara zu sehen.

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Der Schmerz der Gewöhnung»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Der Schmerz der Gewöhnung» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Der Schmerz der Gewöhnung»

Обсуждение, отзывы о книге «Der Schmerz der Gewöhnung» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x