Jürgen-Thomas Ernst
Das Wasserkomplott
Umweltkrimi
Opfer der Macht Amanda und Fynn sind jung und entschlossen. Die Natur ist ihnen heilig. Mithilfe von Spenden retten die Jugendlichen ein Moor, das für eine landwirtschaftliche Nutzung geopfert werden sollte. Die Medien werden auf das engagierte Paar aufmerksam und mit ihnen viele weitere Menschen. Amanda und Fynn gründen einen Verein zum Schutz der Natur. Der Zulauf ist enorm. Die Spenden ebenfalls. Sie erwerben aufgelassene Felder, Wiesen, Steilhänge und stellen sie unter Schutz, um sie der Natur zurückzugeben. Zu den Demonstrationen, die der Verein organisiert, kommen bis zu 50.000 Teilnehmer. Das weckt auch das Interesse von Max Bonnermann, einem charismatischen, einflussreichen PR-Berater und Strategen, der bereits erfolgreich für große Konzerne und Staatsoberhäupter tätig war. Finanziell hat er alles erreicht, nun beabsichtigt er, der Menschheit etwas zurückzugeben. Er will die Naturschutzfamilie zum Big Player beim Thema Umweltschutz machen. Die »Familie«, wie sich die Naturschützer selbst nennen, empfängt ihn mit offenen Armen. Aber dann nimmt die Geschichte plötzlich einen anderen, dramatischen Lauf.
Jürgen-Thomas Ernst wurde 1966 geboren und wuchs in Hohenems, Vorarlberg auf. Schon während seiner Schulzeit schrieb er Theaterstücke, für die er zahlreiche Stipendien und Preise erhielt. Der Autor, der mit dem »Sir Walter Scott-Preis« ausgezeichnet wurde, hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Zudem schreibt er für Magazine Kolumnen und Artikel zu den Themen Natur und Nachhaltigkeit. Ernst ist Vater von zwei Töchtern und lebt in Bregenz/Vorarlberg.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Katja Ernst
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © time. / photocase.de
ISBN 978-3-8392-6712-7
Seid wachsam.
Für Natalie und Melanie
Regen prasselte nieder. Es regnete oft in dieser Gegend. Wegen der hohen Berge, die sich von Osten nach Westen erstreckten. Die Regenwolken schoben meist vom Norden heran und sammelten sich grauschwarz und mächtig an den Bergflanken, bis es schließlich in feinen Fäden zu nieseln begann. Manchmal regnete es tagelang. Die Luft wurde schwer und feucht. Der Nebel verfilzte sich in den Wäldern und nahm den Blick auf die Landschaft. Kamen die Wolkentürme rasch herangetrieben, gingen oft Unwetter nieder. In kurzer Zeit schwollen die Bäche und Flüsse an und traten manchmal über die Ufer. Wenn sich die Bergwiesen mit Wasser vollgesogen hatten, lösten sich hin und wieder ganze Matten aus den Hängen und rutschten wie träge Lawinen talwärts, gefolgt von nasser brauner Erde, die als Mure in den nächsten Bach glitt, das Wasser braun färbte und zum Schäumen brachte.
»Verrückt«, sagte Amanda, die neben Fynn im Wagen saß.
Fynn schüttelte den Kopf, als er die Scheibenwischer auf höchster Stufe hin- und herfliegen sah. Nur mit Mühe gelang es ihnen, die schweren und zahllosen Tropfen von der Windschutzscheibe zu entfernen.
»Wirklich verrückt, dieser Sommer«, erwiderte Fynn, der wegen des Aquaplanings sehr langsam fuhr.
»2.000 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Ich meine, das sind 200 Zehn-Liter-Eimer voll Wasser. Das ist wirklich verrückt.«
Amanda blickte auf die Uhr. Fynn war aufgefallen, dass sie mit den Fingerspitzen an den Ärmeln ihres Pullovers herumzupfte. Das machte sie immer, wenn sie aufgeregt war. Dann musste er so tun, als ob alles in Ordnung wäre, und sie beruhigen. Aber jetzt war ihm gerade gar nicht danach zumute, denn vor Aufregung spürte er sein Herz hinauf bis zum Hals.
»Wir haben noch neun Minuten«, beruhigte er sie trotzdem. »Das schaffen wir locker.«
»Da vorne«, erklärte Amanda, »da ist die Ausfahrt.«
Langsam fuhr Fynn von der Autobahn, passierte einen Kreisverkehr und hielt sich rechts.
»Hier ist es.« Amanda zeigte auf ein mehrstöckiges Gebäude mit einer Fassade aus Glas. Fynn parkte den Wagen in der Nähe des Eingangs und stellte den Motor ab. Durch den Dunst ihres Atems beschlugen sich sofort die Scheiben.
»Wir haben noch drei Minuten«, erklärte Fynn. »Auf fünf, okay?«
Sekunden später rissen sie die Türen auf, schlugen sie hinter sich zu und rannten hinüber zum überdachten Eingang.
Als Amanda Fynn betrachtete, lachte sie aufgekratzt und sagte: »Du siehst komisch aus.« Von seinen Haarspitzen tickten Regentropfen, und durch sein weißes Hemd konnte man seine Brust erkennen.
»Wie frisch geduscht.«
»Mann, bin ich aufgeregt, Fynn. Ich schwitze, mein Puls rast. Und schau meine Finger an. Sie zittern.«
Fynn atmete tief durch. »Mir geht es genauso. Aber gleich wissen wir, was er uns zu sagen hat.«
Kurz danach saßen sie auf einem Chesterfield-Sofa, das angenehm nach Lederpolitur roch. Der frisch gewachste Holzboden glänzte. Der Blick aus dem Büro fiel durch großflächige Fenster Richtung Süden. Und hinter einem Schleier aus Regen sahen sie in der Ferne Scheinwerferlichter von Fahrzeugen und das orange Blinken einer Ampel.
Ihre Herzen rasten. Und sie rasten noch mehr, als der kahlköpfige, gut genährte Notar den Raum betrat, der sie freundlich begrüßte und sich anschließend hinter dem Schreibtisch auf seinem Lederstuhl niederließ.
»Danke, dass Sie hier sind.« Als er ihre verschüchterten Blicke sah, die ihn unwillkürlich an zwei verängstigte Küken erinnerten, setzte er fort: »Ich will Sie nicht auf die Folter spannen. Nur einige kleine Formalitäten. Sie sind Amanda Fink, 19, und Fynn Stamm, 21?«
Beide nickten und legten ihre Ausweise auf den Schreibtisch. Der Notar notierte etwas auf einem Vordruck und meinte anerkennend: »So jung und schon so erfolgreich.«
Rasch schob er ihnen die Ausweise zurück und öffnete eine Schublade. »Ich habe wichtige Informationen für Sie.« Mit diesen Worten legte er ein großes braunes Kuvert auf den Tisch, das er mehrere Male behutsam mit der Hand berührte. »Franziska Weller. Vielleicht sagt Ihnen dieser Name etwas.«
Beide schüttelten die Köpfe. Amanda dachte: Vielleicht hatte Fynn irgendwo eine Tante, von der er nichts wusste, und jetzt erbt er eine tolle verfallene Villa. Sie musste schmunzeln, aber nur kurz, denn dann klärte der Notar sie auf.
»Franziska Weller ist die Witwe des Fabrikanten Paul Weller. Mit seinen Patenten hat er ein Vermögen gemacht. Das Paar hatte weder Kinder noch Geschwister und auch keine Verwandten. Frau Weller ist vor Kurzem im gesegneten Alter von 104 Jahren gestorben. Ihr Verwalter hat uns diesen Umschlag zukommen lassen. Darin befinden sich etliche Unterlagen, die Sie betreffen oder in weiterer Folge betreffen könnten. Frau Weller hat den Großteil ihrer Immobilien einem Sozialhilfeteam vermacht, das sich dafür einsetzt, die Not benachteiligter Menschen ein wenig zu lindern und den Ärmsten der Armen ein erträgliches Dasein zu ermöglichen. Und zusätzlich gibt es diese Sache. Aber vielleicht beginne ich mit dem Brief, den Frau Weller eigenhändig an Sie verfasst hat. Sind Sie bereit?«
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