»Ich war heute Morgen bei der Feuerwehr«, informierte sie Jana schnell. Vielleicht half es ihrem inneren Aufruhr, sich wieder auf etwas Berufliches zu konzentrieren. »Es scheint, da hast du auch einen Cousin.«
»Einen entfernten«, bestätigte Jana. »Wir sehen uns nicht oft.« Sie wandte ihr Gesicht zu Melanie und schaute sie fragend an. »Was hat er gesagt?«
Melanie holte tief Luft. »Dass es auf jeden Fall Brandstiftung war«, sagte sie. »Ist nur die Frage, ob absichtlich oder unabsichtlich. Manchmal lagern Leute ja Sachen, die sich leicht entzünden können, einfach so in einer Scheune. Das ist dann höchstens Fahrlässigkeit. Aber es hat natürlich auch Einfluss darauf, ob die Versicherungssumme ausgezahlt wird oder nicht.«
»Das heißt dann doch, zum Schluss ist es egal, ob absichtlich oder unabsichtlich, oder?« Jana wirkte nachdenklich, während sie diese Frage stellte.
Melanie zuckte die Schultern. »Für die Versicherung schon. Für die Polizei nicht. Aber damit habe ich nichts zu tun.«
»Dann kannst du ja jetzt wieder zurückfahren«, bemerkte Jana tonlos. »Dein Job hier ist erledigt. Wenn deine Versicherung weiß, dass sie nicht zahlen muss, reicht das doch bestimmt. Dann brauchst du meine Unterstützung hier gar nicht mehr.«
»Es ist nicht meine Versicherung«, berichtigte Melanie. »Wir arbeiten als Ermittler für jede Versicherung, die uns engagiert.« Sie warf einen Blick auf Jana neben sich. »Aber die Geschichte muss hieb- und stichfest sein. Nur die Aussage der Dorffeuerwehr reicht da nicht. Die Polizei muss das auch noch untersuchen. Versicherungen wollen sich immer nach allen Seiten absichern. Wegen eventueller Klagen, die die Versicherungsnehmer anstrengen könnten. Falls nicht genau bewiesen ist, dass es auch wirklich Brandstiftung war. Auch ein Kind könnte dafür verantwortlich sein, das zufällig vorbeigekommen ist. Dann hätte der Versicherungsnehmer Anspruch auf das Geld.«
»Babett«, sagte Jana, wieder nachdenklich.
Melanie erschien es so, als wollte sie noch etwas hinzufügen, aber sie blieb dann trotzdem stumm. Ein, zwei Sekunden wartete sie noch, dann räusperte sie sich. »Wie war das mit dem Mittagessen? Ist dieser Grüne Baum wirklich gut?«
»Sehr gut.« Jana nickte abwesend. Sie war in Gedanken anscheinend immer noch mit etwas anderem beschäftigt.
»Weißt du, wo diese Greiner-Schwestern zu finden sind, die Besitzerinnen des Bauernhofes?«, fragte Melanie. »Die würde ich schon gern noch befragen. Aber auf dem abgebrannten Hof«, sie zuckte die Schultern, »wohnt ja niemand mehr.«
»Sie wohnt bei Nicky«, antwortete Jana fast automatisch, dann jedoch zuckte sie zusammen, als hätte sie das gar nicht tun wollen. »Babett, meine ich«, fügte sie etwas nervös hinzu. »Elies wohnt ja in München.«
»Ach so.« Zwar kannte Melanie die Angaben zu Elies Greiner aus den Unterlagen, aber sie hatte unwillkürlich angenommen, dass auch die zweite Greiner-Schwester nach so einem Brand Interesse daran haben würde, herzukommen und den abgebrannten Bauernhof zu besichtigen, dessen eine Hälfte ihr immer noch gehörte, auch in diesem Zustand.
»Babett ist die Bäuerin«, erklärte Jana. »Elies ist Lehrerin. Sie ist in München verheiratet und wohnt schon lange nicht mehr hier.«
»Aber trotzdem gehört immer noch beiden der Hof?«, fragte Melanie leicht erstaunt. »Obwohl sich die Schwester ja anscheinend gar nicht dafür interessiert?«
Diesmal zuckte Jana die Schultern. »So viel weiß ich darüber gar nicht. Da solltest du besser Zenzi fragen. Sie ist mit den beiden zur Schule gegangen.«
Ja, ich hätte wohl grundsätzlich Zenzi fragen sollen, dachte Melanie. Das erinnerte sie wieder an ihre Überlegungen, warum sie Jana Zenzi als Ansprechpartnerin vorgezogen hatte. »Denkst du wirklich, es gibt keine Klöße mehr, wenn wir zu spät in den Grünen Baum kommen?«, fragte sie etwas neckend.
»Knödel«, korrigierte Jana sie. »Hier bei uns heißt das Knödel. Klöße heißt das nur bei euch in Preußen.« Ein Zwinkern in ihren Augen, als sie Melanie nun ansah, zeigte jedoch deutlich, dass sie sich auf Melanies neckenden Tonfall eingelassen hatte.
Melanie lächelte sie an. »Dann kannst du mir ja beim Essen auch erzählen, wer diese Nicky ist, bei der Babett Greiner jetzt wohnt.«
Sie hatte erwartet, dass auch Jana lächeln würde, aber das tat sie nicht. Im Gegenteil, es schien, als ob die Erwähnung des Namens Nicky bei ihr einen Temperatursturz in ihrer Stimmung ausgelöst hätte.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte Melanie verunsichert. Schon wieder. Das war anscheinend ein Dauerzustand in Janas Gegenwart.
»Nein, nein.« Entschieden schüttelte Jana den Kopf, und nun lächelte sie doch, während sie kurz einen Blick auf Melanie warf. Doch ihr Lächeln schien ziemlich gezwungen. »Nicky ist nur . . .« Sie atmete tief durch. »Vielleicht sollte ich dich da vorwarnen. Sie ist verliebt in Babett. Schwer verliebt.«
Oh. Es war nur ein innerliches lautloses Oh, das Melanie da entschlüpfte. Ihren Lippen entschlüpfte nichts. Vielleicht konnten ein paar Leute hier in diesen Dörfern das Wort Lesbe doch buchstabieren.
»Ist das ein Problem für dich?«, fragte Jana, und eine gewisse Anspannung lag in ihrer Stimme.
»Kein Problem, nein.« Nun schüttelte Melanie den Kopf. »Natürlich nicht. Warum sollte es?«
»Könnte ja sein«, sagte Jana. »Nicky geht sehr offen damit um. Aber damit ist sie eine große Ausnahme hier, und deshalb wird sie auch allgemein als so eine Art verrücktes Huhn betrachtet, das keiner ernstnimmt.« Sie machte eine kleine Pause, dann fuhr sie etwas leiser fort: »Sie ist meine beste Freundin, seit wir zusammen zur Schule gegangen sind. Ich möchte nicht, dass ihr irgendetwas passiert.«
Zwei Fragen taten sich in Melanie auf. Was sollte dieser Nicky passieren, nur weil Melanie sie kontaktierte, um die abgebrannte Bäuerin Babett Greiner kennenzulernen? Und zweitens: Wenn Nicky Janas beste Freundin war und offenbar lesbisch, was war dann mit Jana?
Das Letzte strich sie innerlich gleich wieder. Was sollte mit Jana sein? Sie war die Freundin oder vielleicht sogar Verlobte ihres Chefs. Und vermutlich würde sie ihn bald heiraten, dann ein paar Kinderchen von ihm in die Welt setzen und sich von einer Dorfschönheit in eine Dorfmatrone verwandeln.
Wie all die anderen Frauen vor ihr hier im Dorf, die denselben Weg gegangen waren.
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