Clemens Weis
ZURÜCK INS LEBEN
Impressum
1. Auflage
© egoth verlag GmbH
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Rechteinhabers.
ISBN: 978-3-903183-38-4
ISBN E-Book: 978-3-903183-64-3
Lektorat: Dr. Rosemarie Konrad
Cover und alle weiteren Bilder: Privatarchiv Clemens Weis
Grafische Gestaltung und Satz: Dipl. Ing. (FH) Ing. Clemens Toscani
Printed in the EU
Gesamtherstellung:
egoth Verlag GmbH
Untere Weißgerberstr. 63/12
1030 Wien
Österreich
Vorwort Vorwort Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor . Johann Wolfgang Goethe, Faust Ich bin ein zäher Brocken. Ich meine nicht einer jener Typen, die einmal all out gehen und denken, sie wären widerstandsfähiger als alle anderen. Diese Bluffer-Typen, die erst schwafeln und dann, wenn es um die Substanz geht, wie aus der Pistole geschossen Ausreden für alle Was-wäre-wenn-Situationen präsentieren können. Nein, ich bin das, was man einen zachen Hund nennt. Dennoch habe ich nie gedacht, dass mir das auf den folgenden Seiten Beschriebene tatsächlich einmal hätte passieren können. Der Tod gehört nicht zum Leben eines jungen Mannes. Zu mir schon gar nicht. Ich hatte einen Plan, einen Weg, den wollte ich gehen. Also ging ich ihn. Ich wurde einfach noch zäher. Der Soundtrack zu meiner Geschichte begleitet Teil 1 dieses Buches, der von meinem Aufstieg und von meiner Abfahrt erzählt. Teil 2 sucht nach Antworten, reflektiert, überlegt. Er ist eine Sammlung dessen, was mich beeinflusst und mir das Überleben ermöglicht hat. Was immer noch bleibt: Kann ich das überhaupt? Schreiben? Erzählen? Es ist ein Versuch. Für mich und meine Wegbegleiter. Meine Familie und Freunde. Für meine Tochter Hannah, damit sie nicht dieselben Fehler begeht wie ihr Papa. Für Lukas. Die Personen in diesem Buch sind nicht fiktiv. Diese Geschichte ist nicht fiktiv, sie ist tatsächlich passiert. Sie muss erzählt werden. Sie kann nur von mir erzählt werden.
PROLOG – Der Gaisberg-Aufstieg
TEIL 1: Mein Weg in 19 Songs
Tanzen
Plattenepithelkarzinom
Roswitha
Schwimmtrainer
Hannah
Schmerzen
Der Untersberg
Heldentat
Vaterunser
Sprachlos
Cisplatin
Schwimmen
Die Gsengalm
Selbstversuch
Troponin
Aufwachen
Tiefschlaf
Marinos Laptop
Comeback
Die Bremse
EPILOG – Die Gaisberg-Abfahrt
TEIL 2: Grenzgänge
Ich
Clemens
Familie und Freunde
Vertrauen
Mut und Risikobereitschaft
Zuversicht
Neugierde und Ehrgeiz
Ausdauer
Geduld
Training
Wollen
Leistung
Einstellung
Beharrlichkeit
Resonanz
Glück
Danke
Kurzbiographie
Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor .
Johann Wolfgang Goethe, Faust
Ich bin ein zäher Brocken. Ich meine nicht einer jener Typen, die einmal all out gehen und denken, sie wären widerstandsfähiger als alle anderen. Diese Bluffer-Typen, die erst schwafeln und dann, wenn es um die Substanz geht, wie aus der Pistole geschossen Ausreden für alle Was-wäre-wenn-Situationen präsentieren können.
Nein, ich bin das, was man einen zachen Hund nennt.
Dennoch habe ich nie gedacht, dass mir das auf den folgenden Seiten Beschriebene tatsächlich einmal hätte passieren können. Der Tod gehört nicht zum Leben eines jungen Mannes.
Zu mir schon gar nicht.
Ich hatte einen Plan, einen Weg, den wollte ich gehen.
Also ging ich ihn.
Ich wurde einfach noch zäher.
Der Soundtrack zu meiner Geschichte begleitet Teil 1dieses Buches, der von meinem Aufstieg und von meiner Abfahrt erzählt.
Teil 2sucht nach Antworten, reflektiert, überlegt. Er ist eine Sammlung dessen, was mich beeinflusst und mir das Überleben ermöglicht hat.
Was immer noch bleibt: Kann ich das überhaupt?
Schreiben? Erzählen?
Es ist ein Versuch.
Für mich und meine Wegbegleiter. Meine Familie und Freunde.
Für meine Tochter Hannah, damit sie nicht dieselben Fehler begeht wie ihr Papa.
Für Lukas.
Die Personen in diesem Buch sind nicht fiktiv. Diese Geschichte ist nicht fiktiv, sie ist tatsächlich passiert. Sie muss erzählt werden. Sie kann nur von mir erzählt werden.
Prolog – Der Gaisberg-Aufstieg
Aufgeben ist das Letzte, was man sich erlauben darf .
Hannelore Kohl
Der Gaisberg. Mein Hausberg. Salzburgs Hausberg. Hier bist du nie allein. Wenn du auf der Suche nach einem Trainingspartner bist, zieh deine Sportsachen an und fahr zum Einstieg. Bergläufer, noch mehr Radfahrer und unzählige Wanderer zu jeder Tageszeit machen meinen Hausberg zum sportlichen Mittelpunkt unserer Stadt. Egal, ob ich Gesellschaft oder Mitstreiter für meine sportliche Besteigung des Berges suche, immer finde ich die passenden Menschen. Vom Gipfel aus hat man eine unfassbar erhabene Aussicht auf die Stadt. Ich erkenne jedes Mal wieder die einzigartige Perfektion, die unsere Stadt von oben betrachtet ausstrahlt. Im Norden glänzen die Seen des Alpenvorlandes, im Süden stauen sich die Gebirge der Nordalpen auf, die meist schneebedeckten Gipfel ruhen majestätisch vor den Toren unserer Stadt, die durch die drei Stadtberge geteilt und gleichzeitig vereint wirkt. Der Gipfel ist der Lohn für den meist mehr als einstündigen steilen Anstieg.
Der Gaisberg ist 1287 Meter hoch, liegt am nördlichen Stadtrand Salzburgs und ist mit dem Rad, zu Fuß, auf Skiern, mit dem Auto, Bus oder mit Rollerskates von allen Seiten zu besteigen. Es gibt unzählige Wege, Pfade, Straßen oder Routen. Um von der Stadt aus auf den Gipfel zu kommen, muss man 863 Höhenmeter überwinden. Ein Naherholungsort für viele Salzburger, für mich jedoch immer mein idealer Trainingsberg. Ich wandere an regnerischen Tagen mit meiner Frau zum Luftschnappen und Durchbewegen meiner Knochen über den Büffelpfad zum Gipfel, laufe häufig mit meinen Freunden und Sportlern aus Parsch kommend bis zur Zistelalm, die auf gut 1000 Metern liegt, oder fahre den Gaisberg mit dem Rennrad auf und ab, oft mehrmals hintereinander.
Für einen Rennradfahrer zeichnet sich der Gaisberg ab der Zistelalm durch seine finale Steilheit auf den beiden letzten Geraden aus, die rund 250 Höhenmeter bis zum Gipfel ausmachen. Diese beiden Geraden sind meist der Scharfrichter für alle ehrgeizigen Rennradfahrer. Tief über den Lenker gebeugt, schwer atmend, versuche ich immer, auf diesen beiden letzten Geraden den Anschluss an meinen Vordermann herzustellen. Den Blick starr auf sein Hinterrad gerichtet, nehme ich die Welt um mich nicht mehr wahr. Schweißtropfen laufen mir über die Stirn in die Augen, der Rücken schmerzt von der Steilheit des Anstiegs, meine Atemfrequenz ist so hoch, dass ich nicht einmal einen – dringend benötigten – Schluck aus meiner Wasserflasche trinken kann. Die einzige Rettung ist der Vordermann.
Nur nicht abreißen lassen!
Nur nicht zurückfallen!
Koste es, was es wolle!
Die beiden Geraden werden von einer Kehre unterbrochen, für 20 Meter flacht die Steigung hier ab, um sich einem anschließend nochmals für 100 Höhenmeter entgegenzustemmen. Genau in dieser Kehre, die alle zum kurzen Durchschnaufen nutzen, forciere ich meine Attacke. Dort, wo alle eine kurze Pause einlegen, langsamer werden, die Beine kurz durchschütteln, genau dort schalte ich zwei Gänge höher und beschleunige aus der Kehre hinaus in den letzten Anstieg. Das Laktat schmecke ich auf dem Gaumen, selbst meine Nasenhaare schmerzen durch die gierige Atmung, meine Füße folgen nur mehr dem Kommando meines Ziels, bloß nicht eingeholt zu werden. Meist halte ich meinen Vorsprung aus der Kehre hinauf bis zum Gipfel, selten breche ich ein, doch immer finde ich wieder Anschluss an einen Vordermann oder halte an schlechten Tagen Kontakt zum Hinterrad eines mich überholenden Kameraden.
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