Über das Buch
Über vorhersehbare, kitschige Romantasy à la „Zwanzig Minuten vor Mitternacht“ kann sich die 14-jährige Emma eigentlich nur lustig machen. Doch dann steht ihr nachts in der Buchhandlung ihres Vaters plötzlich Bösewicht Vinzenz gegenüber – leibhaftig aus dem Roman entsprungen – und vorhersehbar ist in ihrem Leben gar nichts mehr! Sie muss ihn dringend loswerden, um nicht in seinen Roman hineingerissen zu werden. Dumm nur: Er ist ein Bad Boy zum Verlieben …
Ein lustig-romantischer Schmöker für alle Fans von Kerstin Gier!
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Vierzehn
Fünfzehn
Sechzehn
Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Dreiundzwanzig
Vierundzwanzig
Fünfundzwanzig
Sechsundzwanzig
Siebenundzwanzig
Achtundzwanzig
Neunundzwanzig
Dreißig
Einunddreißig
Zweiunddreißig
Dreiunddreißig
Vierunddreißig
Fünfunddreißig
Sechsunddreißig
Und jetzt …
Danke
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Eins |
An diesem ganz speziellen Mittwoch in der letzten Woche der Sommerferien war von Anfang an irgendetwas faul. Es begann mit dem nervigen Läuten meines Handys. Quak, quak, quak .
Wäre es nicht mein total süßer Sitznachbar Jonas gewesen, der mir den Klingelton kurz vor den großen Ferien heimlich von Shawn Mendes’ There’s Nothing Holdin’ Me Back zu Quarks, der Frosch umgestellt hatte, hätte ich es längst wieder geändert. Doch so erinnerte mich jedes Quaken an Jonas’ honigbraune Augen, den knuffigen Leberfleck auf seiner linken Wange und vor allem an die Zeit vor seiner Erdbeer-Knutsch-Aktion … Als ich eine letzte Hoffnung gehabt hatte.
Seufzend vergrub ich mich unter der Bettdecke, bis nur noch meine Nasenspitze hervorblitzte, und ignorierte das Läuten. Leider war Quarks, der Frosch, ziemlich hartnäckig. Quak, quaak, quaaak, quaaaak .
Irgendwann reichte es mir. Wie automatisch tastete meine Hand nach dem Smartphone auf dem Nachttisch. Ich schaute gar nicht, wer mich anrief, sondern nahm einfach ab. Genau als ich es gegen mein Ohr drückte und dazu ansetzte, etwas zu sagen, musste ich laut gähnen.
»Ähm, Emma, du schläfst doch nicht ernsthaft immer noch?«, fragte die Stimme meiner besten Freundin Leona.
Ich riss die Augen auf. Immer noch? Es war gerade einmal acht! Das ist eine menschenunwürdige Zeit für die Ferien.
Aber das sah Leona anders. Sie hörte sich an, als würde sie einen Hochleistungsmarathon laufen, wahrscheinlich war sie wieder einmal mit ihrer frühmorgendlichen Joggingrunde beschäftigt. Was Sport betraf, konnte Leo einem echt ein schlechtes Gewissen machen. Ich war meistens froh, wenn ich es morgens schaffte, ohne Stress meine Cornflakes zu essen. Sie hingegen lief sogar vor Unterrichtsbeginn stets eine halbe Stunde durch den Park UND aß anschließend supergesunde, vollwertige Bio-Granola-Flocken mit frischem Obst.
Einmal mitlaufen hatte mir für den Rest meines Lebens gereicht. Neben Leona hatte ich mich wie eine Achtzigjährige gefühlt, die es höchstens mit den Nacktschnecken im Schrebergarten meiner Großeltern aufnehmen konnte.
»Nee, ein Frosch hat mich geweckt«, murmelte ich und rieb mir Schlafsand aus den Augen.
»Ein Frosch?« Leona kicherte. Den Geräuschen nach zu urteilen, machte sie gerade Dehnübungen an einer Parkbank. »Hast du diesen doofen Klingelton etwa immer noch nicht umgestellt? Hm, er passt natürlich wirklich gut zu Jonas, diesem Frosch. Aber man sagt ja, die werden zu Prinzen, wenn die richtige Prinzessin sie küsst.«
»Bestimmt«, murrte ich zerknirscht. »Betonung auf richtige .«
»Vielleicht kannst du ihn beim Back-to-School-Ball doch noch erlösen«, entgegnete Leona.
»Hast du vergessen, dass er mit Megan hingeht?«
»Na und? Ich komm übrigens gleich nach dem Joggen bei euch vorbei.«
Langsam rappelte ich mich auf, während Leona weiterkeuchte: »O Mann, ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen. Es ist so aufregend und cool! Heute erfahre ich das Ende. Kannst du dir das vorstellen? Darauf warte ich seit zwei Jahren!«
Ich kniff die Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. Welches Ende? O Gott, das Ende!
»Scheiße, Leo, sorry, aber ich muss jetzt sofort runter in den Laden. Also wenn du mich suchst, ich bin dort. Bis später!«, rief ich und pfefferte das Handy in hohem Bogen auf mein Kissen. Dann presste ich die Hände vor mein Gesicht und quiekte einmal laut: »Ahhhh!«
Mist. Mist. Mist. Heute war dieser verdammte Tag und ich war noch nicht unten in der Buchhandlung. Mit einem Schlag war die Müdigkeit verflogen. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und trat dabei mit dem nackten Fuß direkt auf die Kante eines am Boden liegenden Buches. Autsch. Das fing ja wirklich gut an. Warum hatte ich mich auch darauf eingelassen, für ein bisschen zusätzliches Taschengeld bei meinem Vater im Laden mitzuhelfen? Aber ich wollte Pa nun mal nicht im Stich lassen, nachdem seine zickige Aushilfe Philippa wieder einmal krank war. So wie jedes Mal, wenn wichtige Dinge bevorstanden.
Diese Sache heute Abend war sogar verdammt wichtig. Pa drehte seit Wochen völlig am Rad, weil die berühmte Bestsellerautorin Hannah Ruderer ausgerechnet in seiner kleinen Buchhandlung ihren neusten Fantasykitsch vorstellen würde. Ich hatte ja wirklich keinen blassen Schimmer, wie es dazu gekommen war, denn bei Bücher Grünwald handelte es sich eigentlich nicht um einen dieser Läden, in denen normalerweise große Events stattfanden. Dafür war der Laden viel zu winzig, altmodisch … unbedeutend. Pas Geschäft lebte vor allem von treuen Stammkunden und Touristen, die sich auf der Suche nach Briefmarken (obwohl Pa die gar nicht verkaufte) durch die Eingangstür verirrten.
Doch heute war alles anders. Hannah Ruderer las nämlich nicht aus irgendeiner ihrer Geschichten vor, sondern aus dem heiß ersehnten finalen Band der seit Monaten gehypten Fantasytrilogie Zwanzig Minuten vor Mitternacht . Die Meute würde uns also heute Abend die Bude einrennen. Mir graute jetzt schon davor!
Das lag nicht nur daran, dass ich grundsätzlich nicht besonders gerne im Laden aushalf – jeder, der meinen Vater schon einmal bei der Arbeit erlebt hatte, verstand das –, ich konnte die Begeisterung für diese kitschigen Romane einfach nicht nachvollziehen.
Alles drehte sich darin um den blonden Lackaffen Phil Brandfair, einen adeligen Zeitreiseschnösel aus dem britischen Sussex des neunzehnten Jahrhunderts, der mithilfe des Wandschrankes seines Opas eines Tages im einundzwanzigsten Jahrhundert landet – genauer gesagt, direkt im Zimmer des ahnungslosen Au-pair-Mädchens Esmeralda. Sie ist auf dem riesigen Landhaus der stinkreichen Familie Brandfair (Phils Nachfahren) dafür zuständig, sich um die dreijährigen Teufelsbraten William und Dorian zu kümmern. Ungefähr zehn Seiten später sind Phil und Esmeralda unsterblich ineinander verliebt, gäbe es da nicht ein Riesenproblem: Vinzenz, Phils hinterhältiger Ziehbruder, der ebenfalls über die besonderen Fähigkeiten dieses Wandschrankes informiert ist. Schlimmer noch, wie es sich für einen echten Fiesling gehört, setzt er alles daran, Phil die wunderschöne Esmeralda auszuspannen. Außerdem will er der mächtigste Zeitreisende der Welt werden, weshalb er Phil erst einmal aus dem Weg schaffen muss. Und das war es auch schon. Sehr viel mehr Handlung gab es nicht. Doch mit seinen blauen Augen, coolen Machosprüchen und vor Kitsch triefenden Liebesbekundungen brachte Phil auch ganz ohne Tiefgang tagtäglich Tausende von lesewütigen Mädchenherzen zum Schmelzen – eines dieser Herzen gehörte leider Leona.
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