Jean Vanier - Weites Herz

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"Hoffnung für unsere Welt finden wir nicht in moderneren Waffen oder strengeren Gesetzen. Hoffnung liegt in unserer Fähigkeit, zu lieben und zu vergeben; sie steckt in unserer Sehnsucht, Versöhnung zu leben und in unserer Liebe gegenüber unseren Feinden zu wachsen." (Jean Vanier) In den sechs Abschnitten dieses Buches entfaltet Jean Vanier – in gewohnt bestechender Ehrlichkeit, Tiefe und Klarheit – die Einladung Gottes, Orte der Zugehörigkeit und des Teilens zu schaffen, wo jeder Mensch mit seiner Zerbrechlichkeit, mit seinen Fähigkeiten und Begrenzungen willkommen ist. Dabei gilt es auch, unsere eigene Armut, den «Fremden» und Einsamen in uns selbst, anzunehmen. Zahlreiche biblische Impulse beleuchten das Geheimnis der grenzenlosen Liebe Gottes, alltägliche Beispiele lassen das Evangelium konkret werden: Bei Gott sind wir willkommen. Unbedingt.

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Jean Vanier

Weites Herz

Dem Geheimnis der Liebe auf der Spur

Aus dem Englischen übersetzt von Bernardin Schellenberger 2005 Jean Vanier - фото 1

Aus dem Englischen übersetzt von Bernardin Schellenberger

© 2005 Jean Vanier

Übersetzt aus der englischen Ausgabe Befriending the Stranger , erschienen bei Darton, Longman and Todd, London

Deutsche Übersetzung autorisiert von Arche Deutschland

Dieses Buch als E-Book: ISBN 978-3-86256-719-5

Dieses Buch in gedruckter Form: ISBN 978-3-937896-92-2, Bestell-Nummer 588 775 (Neufeld Verlag, Schwarzenfeld), ISBN 978-3-7022-3057-9 (Tyrolia Verlag, Innsbruck)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.deabrufbar

Für die Bibelzitate wurde der Text der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift zugrundegelegt. © 1980 Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart. Er musste gelegentlich etwas anders formuliert werden, um den Aussagesinn zu treffen, auf den der Verfasser abzielt

Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson Umschlagbilder: John McElroy (oben)/© ShutterStock ®

© 2010 Neufeld Verlag Schwarzenfeld

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

www.neufeld-verlag.de/ www.neufeld-verlag.ch

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Inhalt

Vorwort

Einführung: Jesus weinte

Erster Tag

»Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein« (Lukas 19,5)

Gott beruft uns in die Welt der Liebe

Unseren Ruf erkennen

In der Treue verwurzelt

Zweiter Tag

»Du bist in meinen Augen teuer und wertvoll und ich liebe dich« (Jesaja 34,4)

Gott liebt uns

Zum Freund der Schwachen und

an den Rand Gedrängten werden

Absteigen, um Jesus zu begegnen

Dritter Tag

»Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht« (Johannes 4,10)

An unsere Wunden rühren

Die Quelle des lebendigen Wassers entdecken

Den schwachen und armen Menschen in uns selbst annehmen

Vierter Tag

»Liebt einander, wie ich euch geliebt habe« (Johannes 15,12)

Das Zusammenleben lernen

Bei Jesus bleiben

Vergebung schenken und Vergebung empfangen

Fünfter Tag

»Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Markus 15,34)

In den Schmerz eintreten

Das Geheimnis des Kreuzes

So mitleidend werden, wie Maria es war

Sechster Tag

»Selig die Sanftmütigen …« (Matthäus 5,5)

Lernen, voller Hoffnung zu warten

Im Vertrauen wachsen

Zärtlichkeit schenken und empfangen

Zum Abschluss: Der, der kommt, wenn wir schreien

Arche-Gemeinschaften

Über Jean Vanier

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Vorwort

In den Arche-Gemeinschaften leben Menschen mit geistigen Behinderungen mit anderen zusammen, die sich berufen fühlen, ihr Leben mit ihnen zu teilen. Bei diesem engen Zusammenleben und gemeinsamen Unterwegssein lernen wir alle Leiden und Freuden des Gemeinschaftslebens kennen. Hier öffnen die schwächsten Mitglieder uns anderen das Herz für das Mitfühlen und helfen uns auf diese Weise zu einem tieferen Einswerden mit Jesus. Wir lernen es, mit ihnen Freundschaft zu schließen, und durch sie und mit ihnen auch mit Jesus.

Unsere Gemeinschaften beruhen – genau wie auch die Gemeinschaften »Glaube und Licht« 1– auf dem Glauben an den Wert, den jeder Mensch hat; ganz unabhängig von seiner Kultur oder Religion, seinen Fähigkeiten oder Behinderungen. Wir alle sind berufen, in der Liebe und Weisheit und der Fähigkeit zum Annehmen des Anderen zu wachsen. Manche unserer Gemeinschaften wurzeln im katholischen Glauben; andere wurden ökumenisch. So erleben wir die Freuden des Einsseins und die Schmerzen, die es bereitet, noch gespalten zu sein. Indem wir versuchen, die Botschaft Jesu zu leben, wachsen wir zusammen.

Der vorliegende Text wurde ursprünglich gesprochen . Es handelt sich dabei um Vorträge, die ich bei Einkehrtagen in der Dominikanischen Republik hielt. Die Teilnehmer waren Menschen aus dem Alltagsleben der Arche in Lateinamerika und der Karibik. Diese »Assistenten«, wie sie in der Arche genannt werden, brauchen immer wieder Anregungen, die sie auffrischen und neu motivieren. Da wir mit Menschen zusammenleben, die viele Ängste in sich tragen, kann unser Leben zeitweise voller Stress werden. Daher ist es für uns dringend notwendig, dass wir unsere Liebe zu Jesus vertiefen, der in den Menschen verborgen ist, die oft unerwünscht sind. Am Abschlusstag dieser Einkehrzeit gingen viele der Assistenten öffentlich ihre Verpflichtung oder ihren »Bund« mit Jesus und allen Mitgliedern ihrer Gemeinschaft ein, besonders mit den schwächsten und ärmsten. Das war ihre Antwort auf eine Berufung, die sie von Gott her verspürten.

Später wurden diese Vorträge in Buchform gebracht, wobei Struktur und Stil der Einkehrzeit beibehalten wurden: für jeden der sechs Tage ein Kapitel. Jeder Vortrag behandelt einen Schritt auf einem Weg des Glaubens und der Liebe. Daher sollte auch jeder so gelesen werden: still, in innerem Frieden, damit man beim Lesen tiefer ins Geheimnis der in Jesus offenbar gewordenen Liebe Gottes hineingezogen wird.

Zwar wurde diese Woche der Besinnung und des Gebets für in der Arche engagierte Menschen gehalten, aber sie kann auch für alle anderen hilfreich sein, die nach dem Evangelium zu leben versuchen. Ihre Themen können alle inspirieren, die der Überzeugung sind, dass die Kirche nur auf dem Weg erneuert werden kann, dass wir den Menschen dienen und mit ihnen Freundschaft schließen, und dass alle, die Jesus nachfolgen, nur auf diesem Weg zu einer Gemeinschaft vereint werden können. Das gilt in besonderem Maß für unser Verhältnis zu den Menschen, die uns als »fremd«, »fremdartig« und »anders« vorkommen, nämlich die in unserer Gesellschaft Ungewollten und Einsamen. Zudem müssen wir es lernen, auch mit unserer eigenen Armut, also dem »Fremdartigen« und Einsamen in uns selbst, Freundschaft zu schließen.

Ich möchte hier mit den Worten schließen, die Kardinal Etchegaray in Rom bei seiner Ansprache zum Beginn des neuen Jahrtausends vor Jugendlichen äußerte:

Die Kirche bittet euch, aufmerksam auf die Schwachen und Verletzlichen zu achten; auf diejenigen, über die Jesus sich freut, weil sie sehen, was den Klugen und Fähigen verborgen bleibt (vgl. Matthäus 11,25). Vergesst nie dieses Kriterium. Es ist das kostbarste, das sicherste, das konkreteste Kriterium, das euch erkennen helfen wird, was Christus von euch erwartet … Die Richtung ist klar: Arm leben, wie Christus es tat, mit dem Armen leben, um mit Christus zu leben. Die Erneuerung der Kirche gelingt immer dann, wenn wir es wagen, im Bund mit den Armen zu leben .

Jean Vanier

L’Arche, Trosly

Anmerkung

1Eine 1971 von Jean Vanier gegründete internationale Bewegung für geistig Behinderte und ihre Familien und Freunde. Siehe auch: Kathryn Spink, Jean Vanier und die Arche – Die Geschichte einer außergewöhnlichen Berufung . Neufeld/Tyrolia, Schwarzenfeld/Innsbruck 2008.

Einführung

Jesus weinte

Als Jesus sich Jerusalem näherte, weinte er. Die geheimnisvollen Tränen Jesu. Er konnte voraussehen, was geschehen würde. Er wusste, Jerusalem würde zerstört werden, die »Heilige Stadt« würde zur »Stadt des Leidens«, zur »Stadt des Kriegs und Konflikts« werden.

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