Tessa Korber - Noch einmal sterben vor dem Tod (eBook)

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Noch einmal sterben vor dem Tod (eBook): краткое содержание, описание и аннотация

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Ex-Kommissar Steinberger hat alles gut geplant: den Umzug in das gepflegte Altenstift, die Jahreskarte für den Tiergarten, die Nachmittage am nahen Valznerweiher, wo auch der Club sein Trainingsgelände hat, seine letzte große Liebe. Doch dann wird ihm klar: Zu seinen neuen Mitbewohnern gehört Peter Quent, der Mörder, den er nie zur Strecke bringen konnte, der dunkle Fleck auf seiner Karriere und seiner Seele. Steinberger begibt sich auf die Jagd, im Visier einen teuflischen Verbrecher. Oder hat er sich all die Jahre in Quent getäuscht? Ein Katz- und Mausspiel beginnt, in dem die Gegner sich nichts schenken …

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Noch einmal sterben vor dem Tod eBook - изображение 1

Tessa Korber

Noch einmal sterben vor dem Tod

Kriminalroman

ars vivendi

Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (Erste Auflage November 2020)

© 2020 by ars vivendi verlag GmbH & Co. KG, Bauhof 1, 90556 Cadolzburg

Alle Rechte vorbehalten

www.arsvivendi.com

Umschlaggestaltung: FYFF, Nürnberg

Motivauswahl: ars vivendi

Coverfoto: © plainpicture/nataliadintrans

Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag

eISBN 978-3-7472-0185-5

Inhalt

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Die Autorin

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Was würde er morgen sein? Mauritius Steinberger wusste es nicht. Bis gestern war er ein Jäger gewesen. Einer, dessen Lebensinhalt es war, Verbrecher aufzuspüren. Lange Jahre als Chef der Nürnberger Kripo, danach in einem Sonderermittlungsteam des BKA, nach der Pensionierung als Berater, ein Reisender und Vortragender in Sachen Mord, in Deutschland und weltweit. Bis er beschloss, dass es gut war, ein für alle Mal. Er hatte alle Ämter niedergelegt, alle Termine abgesagt, seine Wohnung verkauft, seinen Hausstand aufgelöst. Seine Frau begraben. Ein paar Krankenhausaufenthalte hinter sich gebracht. Und jetzt stand er hier im Wohnstift, in Nürnberg, seiner Geburtsstadt, seiner alten Wirkungsstätte und dem einzigen Ort, an dem er sich vorstellen konnte – ja, was zu tun?

Morgen würde jedenfalls ein neues Leben beginnen. Für heute befand er sich in einem Übergangszustand, gegen den er wenig unternehmen konnte. Steinberger war ein organisierter Mensch, der unklare Situationen nicht mochte. Aber einen Tag war er bereit, sich das zuzugestehen.

»Fertig«, verkündete der Vorarbeiter der Möbelpacker. Steinberger unterschrieb das Protokoll und drückte dem Mann das vorbereitete Trinkgeld in die Hand. Es war alles an seinem Platz, stellte er fest, als der Trupp sein Einzimmerappartement verlassen hatte: die wenigen Möbel, die ihn über die Jahre begleitet hatten, Bett, Bord, Sessel, Schrank. Zwei, drei Fotografien in altmodischen Rahmen, ein paar Auszeichnungen hinter Glas, die alle schnell entschlossen einen Platz gefunden hatten. Der Schreibtisch, von dem altmodischen PC abgesehen, leer, wie er es mochte. Die Arbeiter hatten den Rahmen mit dem Bild von seiner Frau und ihm links neben dem Bildschirm platziert, dort, wo es stand, als sie alles eingepackt hatten. Steinberger nahm es und betrachtete es einen Moment. Die Aufnahme zeigte Brigitte und ihn in Wanderkluft auf der Terrasse eines Alm­lokals. Die Sonne schien sehr hell, und im Hintergrund war der Gipfel des Wildkogel zu sehen. Er hatte den Arm um sie gelegt, sie den Kopf an seine Wange. Entspannt blickten sie dem Fotografen entgegen. Seltsam, was das Bild alles nicht zeigte. Steinberger schaute sich um und stellte es schließlich auf das mittlere Brett des Bücherbords.

Er atmete ein. Der Geruch hier drinnen war fremd: Putzmittel, Kunststoff, ein wenig verstaubtes Polsterplüsch. Vorsichtig ließ er ihn in sich ein. Auch die Geräusche waren ihm unvertraut, das Gleiten seiner Schuhe auf dem seltsam federnden Boden, ein Hall, der vom Fehlen von Vorhängen und Kissen herrühren mochte, Stimmen irgendwo auf dem Gang. Ein Knacken in den Rohren, ein dumpfes Rauschen. Und er vernahm das leise Arbeiten des Aufzugs. Erträglich, befand er. Dennoch trieb ihn ein Impuls auf den Balkon.

Ostseite, er würde Frühsonne haben. Gut für einen Frühaufsteher wie ihn. Und hier im achten Stock einen schönen Ausblick über den Reichswald. Ob er es hören würde, wenn im nahen Tiergarten die Löwen brüllten? Der Ruf eines Löwen trug weit. Mauritius Steinberger liebte die Tiere, mehr als die Löwen aber noch die Tiger. Ihre Bewegungen, ihre Kraft. Wäre er romantisch veranlagt gewesen, oder hätte er zur Unbescheidenheit geneigt, hätte er vielleicht von einer inneren Verbundenheit gesprochen. Von Jäger zu Jäger, von einem einsamen, mit den Jahren immer melancholischer werdenden Mann zum anderen. Verborgene Kraft und Traurigkeit, das war es, was er auffing und empfand, wenn er vor dem Gehege an der Sandsteinmauer lehnte und sich dem Strom seiner Gedanken überließ. Nichts davon hätte er jemals einem anderen Menschen gegenüber in Worte gefasst.

Steinberger hatte bereits eine Jahreskarte für den Zoo besorgt. Spaziergänge durch den Tiergarten, das war einer seiner Pläne. An den Montagen und Donnerstagen vielleicht. Mittwochs und freitags dann an den Valznerweiher, im Restaurant speisen, Zeitung lesen, über Fußball sprechen, wenn es sich ergab. Für den Club empfand er nicht unähnlich wie für die Tiger, auch er war eine Konstante in seinem Leben. Und er hatte vor, auf diese Konstanten zu setzen für die Zukunft. Zukunft, seltsames Wort in seinem Alter, leicht adstringierend, mit aufsteigender Säure, und doch – immer noch – mit verheißungsvollem Aroma, wie der Saft von Zitronen.

Dienstags würde er sich Lektüre erlauben, keine Fachbücher mehr, nein: die Klassiker. Er hatte jetzt die Zeit für einen Dickens, einen Tolstoi. Oder für die Reisebetrachtungen Fontanes. Die dicken Bände, die seinem Vater gehört hatten, warteten schon seit Jahrzehnten auf ihn. Bislang hatten sie unbeachtet im kaum gebrauchten Gästezimmer vor sich hin vegetiert, nicht mehr als eine Kulisse, die Bewohntheit vortäuscht. Wenn Steinberger sich einmal vor das Regal verirrt und eines der Bücher in die Hand genommen hatte – warum eigentlich? –, hatte es sich kalt angefühlt, so tot wie der unbeheizte Raum.

Nun hatten diese Bände einen Platz im Herzen seiner Wohnung erhalten. Steinberger würde es endlich mit ihnen versuchen, würde, wie früher sein Vater, im Lehnsessel sitzen, ein Glas Single Malt in der Linken, im Schein einer Lampe mit grünem Schirm; das Bild stand Steinberger noch genau vor Augen. Es hatte ihn seine gesamte Kindheit über begleitet. Jetzt würde er hineinsteigen wie in ein verzaubertes Gemälde. Vielleicht waren zwischen den Buchseiten ja doch Weisheiten über das Leben verborgen, die er besser noch kennenlernen sollte.

Sport stand ebenfalls auf seinem Programm; Kraftsport war für jeden Polizisten Teil des Lebens. Dort, wo andere Menschen ein Sofa platziert hätten, stand seine Trainingsbank mit den Hanteln. Auch Wandern wäre eine Option. Noch war er gut zu Fuß. Herrgott, er war schließlich erst vierundachtzig, ein Silver Surfer, wie seine Kollegen bei der Abschiedsfeier vollmundig erklärt hatten, ein Golden Ager. So viel Edelmetall war ihm allerdings fast verdächtig vorgekommen. Er hatte nichts dazu gesagt, er redete nie viel; jenseits des Mains hatte er als maulfauler Franke gegolten. Seine Frau hatte ganz andere Erklärungen für seine Schweigsamkeit gehabt, aber die waren jetzt hinfällig. So oder so kehrte er zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen zurück. Er war noch kein Greis, er würde in Bewegung bleiben. Aber in Maßen, mit Muße. Er würde …

Es läutete an seiner Tür.

»Herr Steinberger? Einen schönen guten Tag.« Die junge Dame streckte ihm die Hand entgegen. Sie mochte Mitte zwanzig sein, klein, aber nicht ganz schlank, mit einem wippenden, losen Dutt mitten auf dem Kopf, der sie fröhlich und unkonventionell aussehen ließ. Ihr Rock war bodenlang und bunt, die hochgeschlossene weiße Bluse dazu ein bewusster Kontrast. Er sah Farbflecken auf ihren Händen. Keine Gesundheitsschuhe, kein Jackett. Sie war nicht vom Heimpersonal, schloss er, weder Pflege noch Verwaltung.

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