Michael Meyen - Das Erbe sind wir

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Michael Meyen erzählt in diesem Buch drei Geschichten: die Geschichte der Journalistenausbildung in der DDR, die Geschichte der Kommunikationswissenschaft in der westlichen Welt und seine eigene Geschichte, die eng mit den ersten beiden Geschichten zusammenhängt. Der Autor ist 1988 nach Leipzig gekommen, um Parteijournalist zu werden, und hat erlebt, wie erst der Staat verschwand, in dem er aufgewachsen ist, dann die Sektion Journalistik und schließlich auch jede Erinnerung an die Menschen, die dort gelehrt haben. Damit ist zugleich ein Paradigma entsorgt worden, das Forschung und Berufspraxis verbunden hat und deshalb eine Antwort auf die Medienkrise der Gegenwart liefern könnte.

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte

bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.ddb.deabrufbar.

Michael Meyen

Das Erbe sind wir .

Warum die DDR-Journalistik zu früh beerdigt wurde. Meine Geschichte

Köln: Halem, 2020

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme (inkl. Online-Netzwerken) gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2020 by Herbert von Halem Verlag, Köln

ISBN (Print) 978-3-86962-570-6
ISBN (PDF) 978-3-86962-571-3
ISBN (ePub) 978-3-86962-576-8

Den Herbert von Halem Verlag erreichen Sie auch im

Internet unter http://www.halem-verlag.deE-Mail: info@halem-verlag.de

SATZ: Herbert von Halem Verlag

LEKTORAT: Julian Pitten

DRUCK: docupoint GmbH, Magdeburg

UMSCHLAGFOTO: Armin Kühne; @ Universitätsarchiv Leipzig

GESTALTUNG: Bruno Dias, Porto (Portugal)

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Lexicon® is a Registered Trademark of The Enschedé Font Foundry.

Michael Meyen

Das Erbe sind wir

Warum die DDR-Journalistik zu früh beerdigt wurde.

Meine Geschichte

Für alle die mir ihre Geschichte geschenkt haben Für Antje meinen Bruder - фото 1

Für alle, die mir ihre Geschichte geschenkt haben.

Für Antje, meinen Bruder Andreas und meine Eltern Christa und Hans-Peter, ohne die es diese Geschichte nicht geben würde.

Für Juliane, Ferdinand und Josefine, die hoffentlich die Chance bekommen, ihre eigene Geschichte zu schreiben.

MICHAEL MEYEN Prof Dr Jahrgang 1967 studierte an der Sektion Journalistik - фото 2

MICHAEL MEYEN, Prof. Dr., Jahrgang 1967, studierte an der Sektion Journalistik und hat dann in Leipzig alle akademischen Stationen durchlaufen: Diplom (1992), Promotion (1995), Habilitation (2001). Parallel arbeitete er als Journalist (MDR info, Leipziger Volkszeitung, Freie Presse ). Seit 2002 ist Meyen Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München. Seine Forschungsschwerpunkte sind Medienrealitäten, Kommunikations- und Fachgeschichte sowie Journalismus.

INHALT

1.WAS NACH REDAKTIONSSCHLUSS PASSIERT IST

2.WARUM DAS FASS NOCH EINMAL AUFGEMACHT WERDEN MUSS

3.WIE ICH GESCHICHTE SCHREIBEN WILL

4.WARUM DIE VERGANGENHEIT NICHT VERGEHT

Ein Podium, in dem alles drin ist – sogar die Ostsee-Zeitung

5.WIE ICH PARTEIJOURNALIST WERDEN WOLLTE

Ein sehr persönliches Kapitel, das von Rügen über einen T-34 in den Leipziger Herbst führt

6.WO BRIGITTE KLUMP STUDIERT HAT

Eine Reise in die 1950er-Jahre, vermittelt von Ingeborg Schmidt

7.WIE DIE LEIPZIGER JOURNALISTIK DER NABEL DER WELT WERDEN KONNTE

Eine kurze Geschichte der Kommunikationswissenschaft

8.WIE ILSE, NIKOLAI UND TILO ZU IHREM DIPLOM GEKOMMEN SIND

Drei Studentenleben, stellvertretend für mehr als 5000 andere

9.WAS EIN WESTDEUTSCHER PASTORENSOHN AUS DEM ›ROTEN KLOSTER‹ GEMACHT HAT

Ein Ost-West-Seminar, Studenten auf der Suche und ein Minister, der mit sich reden ließ

10.WAS DER ABRISS DER LEIPZIGER JOURNALISTIK MIT DER KRISE DER GEGENWART ZU TUN HAT

Eine Erbengeneration, die ihren größten Schatz nicht zeigen kann

PERSONENREGISTER

1.WAS NACH REDAKTIONSSCHLUSS PASSIERT IST

Ein Buch, das den Untertitel Meine Geschichte trägt, kann den Angriff nicht auslassen, der Ende Mai 2020 auf Twitter begann und nach einem tendenziösen Bericht in der Süddeutschen Zeitung unter anderem dazu führte, dass ich meine Position als Co-Sprecher des bayerischen Forschungsverbundes »Zukunft der Demokratie« aufgegeben und meinen Blog Medienrealität eingestellt habe. 1

Auf den ersten Blick hat dieser Angriff nichts mit diesem Buch zu tun. Ich schreibe hier über die Journalistenausbildung in der DDR – über ein Thema, das ich in die Fachgeschichte der Kommunikationswissenschaft einbette und als Beispiel sehe für den Umgang mit dem Erbe der DDR. Um das zuzuspitzen: Dieses Erbe wird ignoriert. Zu diesem Erbe gehören die Erfahrungen des Scheiterns, die Debatten, die dem Scheitern im langen 89er Herbst folgten, und die Ideen, die dort produziert wurden. Egal ob an runden Tischen, auf Vollversammlungen oder in den vielen kleinen Foren, die diese Zeit für alle unvergesslich machen: Es ging um die Fragen, die uns immer noch beschäftigen. Wie wollen wir zusammenleben? Wie schaffen wir es, dass alle mitsprechen können, wenn es um ihr eigenes Leben geht? 2Wie schaffen wir es vor allem, dass auch unsere Urenkel noch darüber streiten können? Was heute die Welt bedroht, in der sich viele gemütlich eingerichtet haben, stand schon vor 30 Jahren auf der Tagesordnung.

Die Antworten von damals sind verschluckt worden von einer Vereinigungsmaschine, die nur einen kleinen Teil der Ostdeutschen brauchte, um genauso weitermachen zu können wie vorher – die Opposition und die Reste der bürgerlichen Milieus, denen Uwe Tellkamp in seinem Roman Der Turm ein Denkmal gesetzt hat. 3Man muss nur diesen Roman lesen, um zu verstehen, warum Ärzten, Künstlern, Ingenieuren, Kirchenleuten der Übergang von einer staatlichen Werteordnung in die andere längst nicht so schwer fiel wie den Kommunisten oder den vielen Aufsteigern, die die DDR getragen haben 4und denen ich mich schon deshalb verbunden fühle, weil ich wahrscheinlich einer von ihnen geworden wäre.

Das Erbe sind wir : Dieser Titel meint nicht nur Menschen wie mich, sondern auch das, was wir einbringen können. Dieses Buch erzählt eine Geschichte, die ich selbst erlebt habe. Mit der Leipziger Sektion Journalistik ist ein Paradigma entsorgt worden, das Forschung und Berufspraxis verbunden hat und heute helfen könnte, die Redaktionen aus der Umklammerung der Politik zu befreien oder von den Zwängen einer kommerziellen Medienlogik, für die Aufmerksamkeit alles ist und alles andere nichts. Das ist kein Plädoyer für eine Rückkehr zur DDR oder gar zu den ideologischen Prämissen, die die Parteipresse genauso unglaubwürdig gemacht haben wie die TV-Nachrichtensendung Aktuelle Kamera . 5Der Journalismus war damals kein Journalismus, sondern politische PR. 6

Gerade die Gängelung durch die SED hat allerdings, das hoffe ich in diesem Buch zu zeigen, ein Journalismusideal gefüttert, das »Öffentlichkeit als gesellschaftlichen Auftrag« sieht. 7In Kurzform: erst das Handwerk, dann die Haltung. Alle Perspektiven und Interessen zu Wort kommen lassen, ohne die (Ab-)Wertung gleich mitzuliefern. Dieser journalistische Auftrag lässt sich leicht mit einem Demokratieverständnis verbinden, das alle als Freie und Gleiche anerkennt und den öffentlichen Debattenraum braucht, um den Frieden nach innen und nach außen zu sichern. Auch hier wieder in Kurzform: Öffentlichkeit ist der Ort, an dem Pluralität und Heterogenität in Einklang gebracht werden können. Öffentlichkeit ist das »Herzstück« der Demokratie, weil wir hier zu »argumentativen Anstrengungen« gezwungen sind, um unsere subjektiven Interessen zu objektivieren. 8

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