SCHLAF, REGENERATION UND WOHLBEFINDEN
Eine weitere Priorität ist, dafür zu sorgen, dass Hunde im häuslichen oder sozialen Umfeld wirklich zur Ruhe kommen können und durch einen netten und freundschaftlichen Umgang ein solides Vertrauensdepot in ihren Menschen aufbauen. Darauf können sie immer wieder zurückgreifen, wenn es brenzlig wird.
Ausreichend Schlaf kann viel zu einer positiven Verhaltensänderung beitragen. (Foto: Katrien Lismont)
Das Schlafpensum, das ein gesunder, erwachsener Hund zur Regeneration seines Nervensystems braucht, liegt bei 16 bis 17 Stunden pro Tag. Welpen brauchen 20 Stunden, und gerade im Welpenalter kann und sollte der Hund lernen, was ihm später guttut: sich zurücknehmen, schlafen und ruhen.
Das richtige Verhältnis von Auslastung und Regeneration ist einer der wichtigsten Faktoren in der Hundehaltung. Es gibt nicht viele Maßnahmen, die so schnell zu einer Verhaltensänderung führen können wie ausreichend Schlaf. Gesundes Futter, gezielte unterstützende Nahrungsergänzung, Tellington TTouch® und leichte Übungen, die zum eigenständigen Lösen von Problemen anregen, können darüber hinaus zu mehr Ruhe und Entspannung beitragen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gesundheit. Auf meine Frage, wie der körperliche Zustand des Hundes eingeschätzt wird, erhalte ich häufig die Antwort: „Pumperlgsund.“ Leider stellt sich bei genauem Hinsehen fast ebenso häufig heraus, dass die Realität leider ganz anders aussieht: Selbst bei Hunden, die bereits mehrfach tierärztlich untersucht und behandelt wurden, erkenne ich beim ersten Termin in meiner Verhaltenspraxis in der Regel schnell, dass sie gute Miene zu ihrem schmerzenden Körper machen. Hunde zeigen Schmerzen möglichst nicht: Wenn Sie aufschreien oder humpeln, ist der Schmerz schon kaum noch auszuhalten. Für einen Hund mit Schmerzen stellt jeder Spaziergang eine Überforderung dar. Und Verhaltenstraining kann nur dann wirksam sein, wenn der Hund beschwerdefrei ist. Daher empfehle ich, Gesundheitsthemen und insbesondere Schmerzen absolute Priorität einzuräumen.
Geben Sie bei besonderen Hunden nicht gleich auf, wenn bei der ersten Untersuchung nichts festgestellt wird, Sie im Training jedoch nicht weiterkommen. Es lohnt sich, dranzubleiben und genauer hinzuschauen beziehungsweise den Hund genauer untersuchen zu lassen.
Ein ganzheitlicher Ansatz
Zwar steht in diesem Buch das Spaziergehen im Vordergrund, aber es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass nur ein ganzheitlicher Ansatz nachhaltig Abhilfe schaffen kann. Ganzheitlich bedeutet, dass alle Elemente in Betracht gezogen werden: vom Ablauf des Alltags über das körperliche Wohlbefinden, die Menge und Richtigkeit der Aktivitäten, die Regenerationsmöglichkeiten, den Umgang, die Trainingsmethode bis hin zur Ausrüstung.
Je mehr wir korrigieren und justieren können, desto schneller und eleganter lassen sich die Probleme lösen. Es passiert tatsächlich, dass nach einer Erstberatung kein oder kaum Training in Anspruch genommen wird, weil sich alles gefügt und beruhigt hat oder das vorherige Training jetzt endlich fruchten kann.
Mehr über diese Vorgehensweise in Bezug auf leinenreaktive Hunde finden Sie in meinem Buch „Hund trifft Hund“.
Wie ich bereits beschrieben habe, drücken Hunde ihre Wahrnehmungen, Gedanken und Konflikte nicht so aus, wie wir es erwarten. Ihre Sprache ist zunächst unauffällig und besteht aus kleinsten Handlungen. Wenn sie laut und stark werden, bedeutet das, dass sie schon längere Zeit kleinere Zeichen ausgesendet haben, die nicht verstanden wurden. Deshalb ist es so wichtig, dass Hundehalter sich mit der Körpersprache und den Bewegungsmustern ihres Hundes auseinandersetzen. Geräusche, Bewegungen, visuelle Reize, und Gerüche prasseln auf unsere Hunde ein. Diese Eindrücke und Impulse haben eine Wirkung auf ihr Nervensystem und ihr Verhalten. All dies sollte auf unser Verständnis treffen und nicht mit einschränkenden Strafen gemaßregelt werden. Wenn Verhalten eingeschränkt wird, findet es, genau wie Wasser, neue Wege. Meistens tritt es irgendwann da hervor, wo man am wenigsten damit rechnet. Es ist wahrlich nicht alles das, wonach es aussieht.
Sich hinsetzen, übermäßig schnüffeln, immer langsamer werden, sich zurückfallen lassen oder wie verrückt an der Leine ziehen, unaufhörlich nach Mäusen buddeln oder siebenunddreißig Äpfel bei einem einzigen Spaziergang fressen: All das sind Verhaltensweisen, die uns Menschen nerven und etwas abnorm wirken. Wir verstehen nicht immer, dass es sich dabei nicht um „Marotten“ handelt, sondern häufig, ja sogar meistens, um Ventile für Stress, um Möglichkeiten, sich selbst zu beruhigen und eine schwierige Situation durchzustehen.
Wir sollten aufhören, Etiketten auf unsere Hunde zu „kleben“: Charmeur, Grobmotoriker, Proll, Kampfdackel, Angsthase, Chaot, Phlegmatiker, dominant, faul – das alles sind Bezeichnungen, die mit einer kompetenten Verhaltensanalyse nichts zu tun haben und die Hunde in eine bestimmte Ecke drängen. Dadurch verlieren wir das große Bild aus den Augen und sind motiviert, am „Problemverhalten“ herumzudoktern. Wenn nette Methoden dann nicht funktionieren, folgen härtere und weniger nette Maßnahmen. So verlieren wir uns in einer Spirale, die viel Zeit, Emotionen und Geld kostet, aber nichts bringt, sondern häufig sogar dazu führt, dass die Beziehung zwischen Hund und Halter immer schlechter wird. Das ist schade, und wie Sie feststellen werden, lässt es sich vermeiden.
Dieser Hund zeigt, dass er Schmerzen hat. Erst wenn die Ursache gefunden und beseitigt ist, kann Verhaltenstraining erfolgreich sein. (Foto: Katrien Lismont)
(Foto: Archiv Lismont/Daphne Mpaltsidis)
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