Marie Louise Fischer - Michaela rettet das Klassenfest

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Michaela hat sich gut in ihrem Münchener Internat eingelebt. Das Heimweh der ersten Zeit gehört der Vergangenheit an. Jetzt geht das Jahr schon bald dem Ende zu und die Abschlussfeier ist zu planen! Es soll eine tolle Feier werden. «Wir führen ein Theaterstück auf und tanzen sogar!», diese Entscheidung elektrisiert alle. Die Mädchen sind außer sich vor Freude. Sie diskutieren über die Rollen und wühlen in den Kostümen. Doch dann beginnt die Streiterei: Wer soll die Hauptrolle spielen? Die Köpfe erhitzen sich – bis Michaela eine großartige Idee hat. Manchmal muss man nur pfiffig sein, um einen schwierigen Knoten zu entwirren. -

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Marie Louise Fischer

Michaela rettet das Klassenfest

SAGA Egmont

Michaela rettet das Klassenfest

Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, ( www.marielouisefischer.de) represented by AVA international GmbH, Germany ( www.ava-international.de)

Originally published 1973 by F. Schneider, Germany

All rights reserved

ISBN: 9788711719596

1. Ebook-Auflage, 2017

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.comund Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk– a part of Egmont www.egmont.com

Aufforderung zum Tanz

Es war November geworden, ein kalter, unfreundlicher November.

Michaela Körner war jetzt schon fast einen Monat im Münchner Internat, tatsächlich aber kam es ihr viel länger vor. Sie fühlte sich kein bißchen mehr fremd, sondern hatte sich vollkommen eingelebt. Noch vor ein paar Wochen hätte sie das nicht für möglich gehalten. Sie konnte sich schon nicht mehr vorstellen, daß sie anfangs so starkes Heimweh nach dem heimatlichen Dorf und den Bergen gehabt hatte. Natürlich freute sie sich, wenn der Samstag schulfrei war und sie am Freitagnachmittag nach Hause fahren durfte. Aber diese Wochenenden bedeuteten immer nur eine Unterbrechung ihres eigentlichen Lebens, das sich unter den Mädchen im Josef-Stift abspielte. Daß Purzel, der kleine Hund, den sie ins Internat geschmuggelt hatte, bei ihrer Erzieherin, Fräulein Esser, bleiben durfte, hatte ihr das Einleben besonders leicht gemacht.

Michaela hatte sogar eine Methode gefunden, den Samstagnachmittag kleinzukriegen, der sich, wenn die Mädchen im Internat bleiben mußten, endlos dehnte. Das war zweimal im Monat der Fall. Sie wartete immer, bis der größte Trubel in den Badezimmern vorbei war. Dann verzog sie sich selber mit einem Buch, einer Tafel Schokolade und einer Flasche Limonade nach unten. Sie ließ sich ein warmes Bad einlaufen und verbrachte darin schmökernd und knabbernd nahezu zwei Stunden: ein Vergnügen, das ihr die Eltern zu Hause nie erlaubt hätten. Aber dort hatte sie auch nie ein solches Bedürfnis, einmal allein zu sein, und allein sein konnte man im Stift eben nur im Bad.

Wieder einmal lag sie – mit sich und der Welt zufrieden – in der Wanne, als draußen an der Türklinke gerüttelt wurde.

„Micky, bist du da drin?“ rief Barbara Neuberger, genannt Babsi.

„Was ist ’n los?“ brummte Michaela unwillig.

„Unser Theaterstück!“ rief Babsi. „In fünf Minuten beginnt die erste Besprechung … Und du sitzt noch in der Wanne!“

Michaela fuhr kerzengerade hoch. „Ach herrje, das habe ich total verschwitzt!“

„Du weißt, wie die Esser es übelnimmt, wenn man bummelt!“ drängte Babsi von draußen.

„Aber ich habe mich noch nicht mal gewaschen!“

„Deine Sache!“

Michaela hörte, wie Babsis Schritte sich auf dem Gang entfernten. Um sich in dieser Lage zurechtzufinden, brauchte sie ein paar Sekunden. Sie ärgerte sich über Babsi, die sie gestört hatte, dabei wußte sie sehr gut, daß sie ihr unrecht tat. Es war – im Gegenteil – hochanständig von der Kameradin gewesen, sich um sie zu kümmern. Aber Michaela hätte eben gar zu gern noch weitergelesen, und für die Theateraufführung, die ihre Gruppe für Weihnachten plante, interessierte sie sich überhaupt nicht.

Doch da half alles nichts. Sie mußte Zusehen, daß sie rechtzeitig bei der Besprechung erschien, denn sie war schon ein paarmal wegen Unpünktlichkeit und Vergeßlichkeit unangenehm aufgefallen. Und Fräulein Esser ließ so etwas nicht ungestraft durchgehen.

Also sprang Michaela mit einem Satz aus der Wanne, trocknete sich mit rasender Geschwindigkeit ab und schlüpfte in Hose und Pullover. Sie ließ das Wasser ablaufen, raffte ihr Waschzeug, ihr Buch, die Limonadenflasche, die angebrochene Schokolade und ihre Strümpfe zusammen, riegelte die Tür auf und raste nach oben. Die Badewanne sauberzumachen, blieb keine Zeit mehr. Aber mit Herrn Kurze, dem Hausmeister, hoffte Michaela sich leichter einigen zu können als mit Fräulein Esser – falls er überhaupt darauf kam, wer das dritte Bad von rechts in diesem Zustand hinterlassen hatte.

Oben im zweiten Stock warf sie alles, was sie in den Händen hielt, einfach in das Waschbecken, das sie mit Ruth Sommer, der „Dicken“, teilte. Sie warf einen kurzen Blick in den Spiegel: auf ihr bräunliches Gesicht mit den großen dunklen Augen und dem noch vom Baden feuchten kastanienbraunen, kinnlang geschnittenen Haar. Dann rannte sie über den Gang in das Wohnzimmer hinüber.

Da hockten sie schon alle auf den Stühlen, den Couches und den ausgeleierten Sesseln, die zweiundzwanzig Mädchen der Gruppen 6 a und 6 b, und schwatzten eifrig durcheinander. Edeltraud Möhr, genannt Pieps, hatte ein Frottiertuch wie einen Turban um ihr frisch gewaschenes Haar gewunden, das dort, wo es zum Vorschein kam, noch röter schien als gewöhnlich. Y vonne Helm hatte ihr Haar gerade gefönt und war dabei, sich zu kämmen. Zum Glück war Fräulein Esser noch nicht erschienen. Michaela entdeckte keine Sitzgelegenheit mehr für sich und ließ sich mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen nieder.

Kaum saß sie, als die Türe abermals geöffnet wurde. Purzel sauste mit zurückgelegten Ohren herein. Er begrüßte eins der Mädchen nach dem anderen mit Freudengebell. Michaela hätte eifersüchtig werden können, aber dazu war sie zu vernünftig. Sie wußte, daß sie ohne Unterstützung der Freundinnen den Hund nie im Stift hätte behalten dürfen, und sie fühlte sich auch ganz sicher, daß er sie am meisten liebte. Wie immer kam er zuletzt zu ihr. Er ließ sich neben ihr nieder und legte seinen struppigen Kopf auf ihr Bein. Sie kraulte ihm das Fell und verpaßte so den Augenblick, als Fräulein Esser eintrat. Sie wurde erst aufmerksam, als die anderen „Ah!“ und „Oh!“ schrien.

Fräulein Esser hatte einen Plattenspieler auf einen der Tische gestellt. „Ihr wißt, meine Damen, daß ich mich lange bemüht habe, das geeignete Theaterstück für euch zu finden“, erklärte sie, „und ich bin schließlich zu dem Entschluß gekommen, daß wir ein Musical aufführen.“

„Ein Musical! Ich werd verrückt!“ rief Babsi. „Sollen wir etwa singen?“

Yvonne warf ihre seidige schwarze Mähne in den Nacken. „Singen und tanzen selbstverständlich“, rief sie von oben herab, „ich kann’s! Ich habe schließlich schon mit fünf Jahren …“

Wie meist kam sie auch jetzt nicht zum Weitersprechen, weil keine der anderen sich für ihre Angebereien interessierte. Yvonnes Mutter war Schauspielerin, und deshalb hielt auch Yvonne sich für eine werdende Künstlerin.

„O Gott, o Gott!“ zirpte Pieps mit ihrer hohen Stimme. „Tanzen und singen … Das wird eine Katastrophe!“

„Mir wird schlecht!“ behauptete die dicke Ruth und nutzte die Gelegenheit, das neueste Schlagwort anzubringen, das im Stift kursierte: „Kotz, kotz!“

Fräulein Esser wartete ab, bis sich die Gemüter wieder beruhigt hatten. „Wenn ihr mich erst einmal ausreden ließet“, sagte sie dann, „könntet ihr euch eure Entsetzensschreie sparen. Aber ich freue mich über euer Temperament … Hoffentlich entwickelt ihr das auch bei den Proben!“

„Temperamentvoll sein sollen wir auch noch“, murmelte Babsi und pustete sich ihren weißblonden Pony aus den Augen.

„Das Musical, das ich für euch ausgesucht habe“, fuhr Fräulein Esser fort, „heißt ,Der Zaubergarten‘. Natürlich braucht ihr nicht zu singen, sondern wir lassen einfach die Platten ablaufen, und ihr macht dazu Pantomimen und tanzt, wo es erforderlich ist.“

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